EUCA-Jahreshauptversammlung, Hamburg

Talsohle erreicht

Viel Neues war auf der diesjährigen EUCA-Mitgliederversammlung Ende November in Hamburg zu erfahren. Die Importstatistik zeigt, neben einigen erklärungsbedürftigen Überraschungen, erstmals seit vielen Jahren einen positiven Trend. Erfreulich auch die Aktivitäten der Arbeitskreise, die erste Früchte tragen. Viel Wissenswertes wurde über die Domotex berichtet. Gleichzeitig war sie Gegenstand intensiver Diskussionen, ebenso die Frage nach einer Herbstmesse.

Weniger eine Mitgliederversammlung, eher eine Diskussionsrunde war das diesjährige Treffen der European Carpet-Importers Association (EUCA) Ende November in Hamburg. Lebhaft, meinungsgeladen, konstruktiv und informationsreich ging es zu. Zwar nahmen wieder nur einige wenige Mitglieder teil, die jedoch nutzten ausgiebig die Gelegenheit, mit Vorstand und Kollegen intensiv die aktuellsten Themen der Branche zu diskutieren. Allgemein gilt: Über Erfolg oder Misserfolg entscheidet manchmal der Informationsvorsprung - verwunderlich, dass nicht mehr Mitglieder anwesend waren.

Entwicklung der Importe

Ein zentrales Thema war die aktuelle Importstatistik für das erste Halbjahr 2006, erstellt von der EUCA-Geschäftsstelle. Die Zahlen für nach Deutschland importierte, handgefertigte Teppiche weisen "einen Trend nach oben" aus, so EUCA-Vorstandsvorsitzender Dr. Ali Ipektchi. "Und wenn ich mir die Pluszahlen beim Wert und die Minuszahlen bei der Menge ansehe, die alle relevanten Länder vorweisen, dann spricht das für eine Durchschnittspreiserhöhung von etwa 10 %", fügte er hinzu.

"Dieses Jahres sind wir in den ersten sechs Monaten nach ganz langer Zeit zum ersten Mal wieder gewachsen, europäisch immerhin zweistellig und für Deutschland haben wir ein kleines Plus hingelegt. Vielleicht lässt sich sagen, dass wir die Talsohle erreicht haben", formulierte der Vorstandsvorsitzende vorsichtig und empfahl dennoch: "Wir Importeure müssen beobachten, was sich außerhalb der deutschen Grenzen tut, denn echtes Wachstum hat es im Moment nur dort gegeben."

Mitgliederstand

Zum Ende des Jahres 2006 zählt die EUCA 40 Mitglieder, darunter 5 Fördermitglieder. 2 Mitglieder sind im Laufe des Jahres ausgeschieden, 4 konnten neu hinzu gewonnen werden. "Wir haben uns im Gegensatz zum Vorjahr stabilisiert", kommentierte EUCA-Geschäftsführer Peter Fliegner.

Arbeitskreise

Vor zwei Jahren hat der Verband angefangen, stärker nach Strategiethemen zu arbeiten. Eine Struktur dazu hat Vorstandsmitglied Klaus A. Günther erarbeitet.

"Ziel für 2006 war es, intensiv an der Umsetzung der im Jahr zuvor vorgestellten Prioritätenliste zu arbeiten. Das ist auch teilweise geschehen, die Arbeitskreise haben getagt, allerdings konnten sie nicht so intensiv arbeiten, wie geplant", berichtet er. Die Gründe dafür: Aufgrund der allgemein schwierigen Marktsituation waren einzelne Vorstandsmitglieder zu sehr in der eigenen Firma gefordert. Zudem waren die Aufgaben teilweise zu komplex. Der Versuch jedoch, sie auf weitere Schultern außerhalb des Vorstandes zu verteilen, schlug fehl.

Dennoch gibt es viel Positives zu vermelden: Der Arbeitskreis Mitgliederpolitik, der unter dem Slogan arbeitet "EUCA-Mitglieder wissen mehr", gibt mittlerweile viermal im Jahr die EUCA-News heraus, zudem bei aktuellen Anlässen Sonderinformationen. Der Info-Dienst hat sich sehr gut etabliert und ist auf ein überaus positives Feedback gestoßen.

Der Arbeitskreis Presse- und Öffentlichkeitsarbeit hat eine Analyse durchgeführt und 525 relevante Adressen von Medien zusammengestellt, so dass der Verband in Zukunft in der Lage ist, mehr für den Teppich in der Öffentlichkeit zu tun. Außerdem wird der Verband auf der kommenden Domotex als Supporter des Carpet Design Awards auftreten.

Der Arbeitskreis Umwelt- und Gesellschaftspolitik hat bisher Themenschwerpunkte gesetzt, beispielsweise Schadstoffe, Arbeitsschutz oder Verpackungsmaterial. Zu den einzelnen Themen werden derzeit Informationen gesammelt, um bei Bedarf dem einzelnen Mitglied fundiert Auskunft geben zu können. Mittelfristiges Ziel ist, Standards für die Branche zu schaffen.

Das Ziel des Arbeitskreises Lobbypolitik besteht darin, dass der Zoll fällt. In mehreren Sitzungen und einem Gespräch mit einer Europa-Politikerin wurde sondiert, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Das Ergebnis: Die Entscheidung kann nur in Brüssel fallen. Deshalb sollen jetzt europaweit Kollegen angesprochen werden, die ebenfalls "Druck" auf ihre Regierungen ausüben.

Bis auf das Tagesgeschäft hat der Arbeitskreis Corporate Design bereits alle seine Aufgaben abgeschlossen. Der Verband tritt jetzt nach außen hin komplett einheitlich auf, vom Briefpapier bis zum Newsletter.

Der Arbeitskreis Mitgliederwerbung will in 2007 seine Aktivitäten verstärken, fordert aber alle Mitglieder auf ihn zu unterstützen. "Nur die persönliche Ansprache zeigt Wirkung", betonte Günther.

Domotex

Auf der Domotex stellen die Anbieter handgefertigter Teppiche nach wie vor die größte Aussteller-Gruppierung, sowohl von der Gesamt-Quadratmeterzahl als auch von der Ausstellerzahl her. Zuwächse sind dabei derzeit nur noch bei der Anzahl, nicht aber bei der Fläche zu verzeichnen. Diese Entwicklung wird auf eine immer stärkere Teilnahme von kleinen Anbietern aus dem Ausland zurückgeführt, was der EUCA "keine große Freude" bereitet.

Als Problem wurden auf der Mitgliederversammlung auch die sogenannten "Kofferleute" bewertet, die meist aus Indien und China anreisen und in den Gängen ihre Muster zeigen. Ipektchi wies daraufhin, dass die Messeorganisation Verweise aussprechen kann.

Die Besucherzahlen, die die Messe jedes Jahr ermittelt, lassen keine Aussagen über die Qualität der Besucher zu, bemängelten die Importeure. Andere Messen wären dazu in der Lage.

Von Seiten der Deutschen Messe wird massiv kritisiert, so Ipektchi, dass am Messedienstag in den Hallen 14 bis 17 immer schon um 12 Uhr die Hälfte der Stände abgebaut seien, worüber sich Besucher mehrfach beschwert hätten. Zudem plane die Messe, die Aufbaufristen zu verkürzen. Beide Punkte habe er deutlich mit den Verantwortlichen diskutiert und dabei unter anderem auf die ökonomischen Gründe hingewiesen.

Ein weiterer Kritikpunkt sei, dass immer häufiger Paletten in den Gängen gelagert würden und dadurch nicht nur Wege blockiert und die Sicht auf Stände versperrt, sondern auch Flucht- und Rettungswege unpassierbar seien. Die Beschwerden hätten sich auf der letzten Domotex gehäuft, so dass die Messe für die kommende Veranstaltung ein umfangreiches Konzeptpapier zu diesem Problem ausgearbeitet habe.

Der Inhalt: Inspektoren werden in den Hallen kontrollieren und bei Blockierungen den Sachverhalt aufnehmen und um Beseitigung innerhalb einer Frist bitten.

Sollte danach seitens des Ausstellers nichts unternommen worden sein, werden ein Spediteur mit dem Abtransport und ein Sachverständiger mit einem Protokoll beauftragt. Kann der Aussteller Möglichkeiten der Zwischenlagerung nachweisen, wird die Ware zurück transportiert, ansonsten bleibt sie bis zum letzten Messetag um 18 Uhr verwahrt. Die Kosten hat der Aussteller zu tragen. Zudem sollen künftig massive Standüberschreitungen geahndet werden. Diese Verfahren werden von der EUCA unterstützt.

Herbstmesse

"Brauchen wir eine zweite Messe zu einem anderen Termin?", fragte Ipektchi. Die folgende, lebhafte Diskussion zeigte kein einheitliches Bild. Deshalb einigten sich Vorstand und Mitglieder darauf, nach der Domotex zu einem EUCA-Abend einzuladen, um den Meinungsaustausch darüber fortzusetzen. In diesem Zusammenhang berichtete Schatzmeister Höge: "Der Markt moniert mehr und mehr den Januar-Termin der Domotex. Deshalb haben wir investiert und den Markennamen Eurotefa noch einmal für zehn Jahre europaweit lizenzieren lassen. Damit haben wir uns die Möglichkeit offen gehalten, zu alten Quellen zurück zu kehren."

Care & Fair

"Die finanzielle Lage ist nach wie vor nicht rosig, wir sind aber optimistisch, dass wie alle notwendigen Gelder zusammenbekommen", teilte Care & Fair-Geschäftsführer Peter Flieger bei seinem Überblick über die Entwicklung der Hilfsorganisation mit (ein ausführlicher Bericht folgt in der nächsten Ausgabe). Unter anderem arbeitet die Organisation eng mit einem amerikanischen Verband zusammen, der regelmäßig Spenden seiner Mitglieder direkt in die Ursprungsländer schickt. Derzeit wird eine größere Summe erwartet. Dennoch forderte Fliegner erneut die deutschen Importeure auf, zum Erfolg von Care & Fair beizutragen und selbst geringe Beiträge zu spenden, um kleinere Wünsche in den Schulen zu erfüllen.

Petersen

Eines der zentralen Branchenthemen war in diesem Herbst die Insolvenz von Importeur Petersen. Auch auf der EUCA-Sitzung wurde es noch einmal angeschnitten. "Mit dem Unternehmen Petersen, den ehemals ältesten, noch aktiven Importeur Deutschlands, hat der schwierige Markt wieder ein großes Opfer gefordert. Gott sei Dank bleibt uns Peter Höge als Schatzmeister erhalten", sagte Ipektchi.

Petersen-Firmenchef Höge informierte die Anwesenden, dass er sofort nach Einleitung des Insolvenzverfahrens alle seine Ämter im Verband zur Verfügung und im Vorstand die Vertrauensfrage gestellt hatte. Aufgrund eines positiven Bescheids werde er seine Tätigkeit zunächst bis zu nächsten Vorstandswahl fortsetzen. Die anwesenden EUCA-Mitglieder dokumentierten ihm ebenfalls ihr vollstes Vertrauen.
aus Heimtex Orient 01/07 (Wirtschaft)