Natural Naturfarben mit "unangreifbaren" Fußbodenölen

"Wir haben nichts zu verschweigen"

Als Parkett- und Fußbodenöl und Hartglanz-Wachs von Natural zu den Produkten gehörten, die im Mai 1999 aus dem Öko-Test als "empfehlenswert" hervorgingen, war das eine kleine Sensation. Denn insgesamt wurden Produkte von 24 Herstellern untersucht, aber nur fünf in die höchste Kategorie eingestuft. Wer und was ist Natural? In Deutschland ist der österreichische Hersteller Scherzenlehner Harze in Leonding bei Linz mit seiner Dachmarke Natural noch weitgehend unbekannt. Dennoch hat er mit dem Steirer Parkett der Scheucher Holzindustrie auch hier schon eine weite Verbreitung erlangt. Scheucher schwört auf die in Heißtechnik zu verarbeitenden Industrieöle von Natural.

Die Heißtechnik hat bei Natural ihren Ursprung in der Entstehungsgeschichte des Unternehmens. Diese Technik wird heute als Spezialangebot für den Profi gepflegt, der mit der Oberflächenbehandlung von Holzfußböden und Möbeln in großem Stil - also mit der Herstellung oder der Objektausstattung - befasst ist. Für kleinere Handwerksbetriebe und den gesamten DIY-Bereich hält Natural Produkte zur herkömmlichen Verarbeitung bereit.

Mit Ölen und Wachsen für die Heißtechnik und mit den entsprechenden Produkten für die Kalttechnik ist Natural auf dem österreichischen Markt stark vertreten. Etwa die Hälfte der Erlöse wird mit der Parkett- und Möbelindustrie erzielt, die andere Hälfte mit Endverbrauchern. Dabei werden sowohl Fachgeschäfte mit Ausrichtung auf Öko-Produkte als auch Baumärkte beliefert. Mit einem Marktanteil von etwa 60 % ist die Marke Natural in Österreich mit Abstand Marktführer. Innerhalb der EU nimmt sie nach eigenen Angaben immerhin Platz vier ein.

In Deutschland überwiegt derzeit - auch im handwerklichen Bereich - der Umsatz mit den Kalttechnik-Produkten. Aber der "heiße" Tip wird immer aktueller. Diese Beobachtung machen derzeit die Mitarbeiter der 1988 eingerichteten Verkaufsniederlassung in Freilassing und der Außendienst von Natural, der in einigen Bundesländern mit Ballungszentren aktiv ist. Außer dem parkettverlegenden Handwerk, das Natural über den Vertriebspartner Janser erreicht, werden der Farbengroß- und Einzelhandel, kleine Baumärkte und insbesondere Spezialanbieter für Öko-Produkte beliefert. Als ausfuhrorientiertes Unternehmen mit einer gegenwärtigen Exportquote von etwa 70 % hat sich Natural nicht nur europäische Märkte erschlossen; die Verbindungen reichen bis in die USA und vor allem nach Japan.

Mit Pech zum Erfolg

Natural ist ein kleines Familienunternehmen, das in den aller ersten Nachkriegsjahren aus der Not, "irgendwie eine Existenzgrundlage zu finden", geboren wurde. Oskar Scherzenlehner, gelernter Bäcker und bis Kriegsende im Zivilberuf Polizeibeamter, sowie sein Bruder, der als Heimkehrer aus russischer Kriegsgefangenschaft Kenntnisse in der Pechherstellung mitbrachte, begannen 1948 in einem Bunker in Linz, Saupech und Lederfett herzustellen - Saupech für das Entfernen der Borsten bei geschlachtetem Borstenvieh, Lederfett oder "Schusterpech" für das Einfetten und Härten von Nähfäden. Der Bedarf war von der Konjunktur unabhängig, das Geschäft entwickelte sich gut: Von (unternehmerischem) Pech konnte keine Rede sein. Bis heute machen Saupech und Schusterpech etwa 10 % des Umsatzes bei Natural aus.

Die ersten Rohstofflieferanten waren die Wälder der Umgebung. Um hier Baumharze abtragen zu dürfen, war eine Konzession erforderlich. Die Harze wurden im Wald gekocht und gereinigt. Saison war von März bis Oktober. Als es immer schwieriger wurde, Harze in ausreichender Menge herbeizuschaffen, gleichzeitig aber immer größere Mengen benötigt wurden, mussten Kolophonium-Importe aus Portugal die Lücken füllen.

Mehrjährige Erfahrung beim Kochen von Harzen machten Oskar Scherzenlehner zum Erfinder: Er stellte als erster gemahlene Harze her. Um dieses Pulver, das dem sprichwörtlichen "Kleben wie Pech und Schwefel" alle Ehre machte, abfüllen zu können, machte Scherzenlehner maschinelle und entwicklungstechnische Anleihen in der Zuckerindustrie.

Dann geriet die "schwarze Küche" im Zuge der Umweltdiskussion in die Kritik. Wenig später erschütterte der Desowag-Skandal das Land. Wo fast jedes Haus mit oder ganz aus Holz gebaut ist, musste der Nachweis von hochtoxischen Substanzen in Holzschutzmitteln umso verheerendere Folgen haben. Oskar Scherzenlehner entschloss sich, auf naturbasierte Rohstoffe und Rezepturen umzustellen. Der Firmenname Natural wurde geboren, unter dem zunächst Holzlasuren für den Außenbereich angeboten wurden. Das neue Produkt-Segment entwickelte sich gut. 1976 wurden die "Pechküche" und die neue Holzlasuren-Produktion von Linz ins benachbarte Leonding verlegt. Dort begann Scherzenlehner ab 1984, die Produktpalette schrittweise auszuweiten - auf Wandfarben, Bienenwachsbalsam, pflanzliches Wachs für Klinkerböden, Kleber für Kork, Linoleum und Parkett sowie ein Hartwachs, das als Universalprodukt lange den gesamten Fußbodenbereich abdeckte. Erst ab Anfang der 90er Jahre, als mit Hanspeter Scherzenlehner und Oskar Scherzenlehner junior die zweite Generation das Unternehmen weiterführte, wurde dieser Bereich intensiver entwickelt. Über das bisher Erreichte sind Hanspeter Scherzenlehner und Betriebsleiter Anton Weitenthaler zu Recht stolz.

"Unser Labor ist die Natur"

"Unser Labor ist die Natur" hat Natural Naturfarben eine Informationsbroschüre betitelt, in der Philosophie und praktische Vorgehensweise des Unternehmens dargestellt werden. Die Lektüre vermittelt viel Wissenswertes. Sie beinhaltet neben einer kleinen Rohstoffkunde alle Angaben zu den Inhaltsstoffen sämtlicher Natural-Produkte. Durchweg wird konsequent auf solche chemischen Substanzen verzichtet, die in Bio-Qualität nichts zu suchen haben: Formaldehyd-Abspalter, halogenorganische Verbindungen, aromatische Kohlenwasserstoffe, Kunstharze und andere. Für Bindemittel werden nur Rohstoffe aus dem Ökokreislauf - wie Kiefernbalsamharze, Bienenwachs, Leinöle, Nussöl, Palmenwachs, Schellack usw. verwendet. Die Raumluft wird nicht belastet, es entsteht kein Sondermüll und keine Umweltproblematik. Natural beweist: "Es geht auch anders". Die Selbstverpflichtung, die das Unternehmen eingeht, liest sich eindrucksvoll:

- Offenlegung der Rezepturen zur Überprüfung aller Inhaltstoffe durch den Konsumenten. Natural gehört damit zu den wenigen Herstellern, die eine Volldeklaration wagen: "Wir haben nichts zu verschweigen".
- die eingesetzten Rohstoffe entstammen nach Möglichkeit dem natürlichen Kreislauf (nachwachsende Rohstoffe, Anbau/Ernte)
- nur natürliche Rohstoffe können von Mikroorganismen rückstandslos abgebaut werden. Daher Verzicht auf nicht abbaubare Inhaltsstoffe wie Kunstharze (z.B. Alkydharze) oder Schwermetalle (z.B. Blei, Kobalt), die für Trockner/Sikkative in der Farben- und Lackindustrie vielfach noch für unentbehrlich gehalten werden und durchaus gebräuchlich sind.
- die "sanfte" Produktion von Farben vermeidet Abfälle (Reaktoren)
- die Verarbeitung durch den Konsumenten ist im Hinblick auf eine Gefährdung durch chemische und synthetische Gifte absolut unproblematisch
- die Produkte spalten keine Gase ab und bergen daher kein Langzeitrisiko
- die verwendeten Konservierungsstoffe sind dieselben, die auch im Lebensmittel- und Medikamentenbereich eingesetzt werden

Spezialist fürs Ölen in Heißtechnik

In Österreich, wo der Markt mit Bio- und Ökoangeboten bereits gut entwickelt ist, sind die Kalttechnik-Produkte von Natural sehr populär. Große Bedeutung misst Scherzenlehner aber auch der Entwicklung der Heißtechnik bei. Dieses Verfahren, bei dem Öl/Wachs unter Wärmezufuhr "heiß" in das Holz einmassiert werden muss, erfordert den geübten Profi und führt zu Ergebnissen, "die bisher jeden, der einmal den Anfang gemacht hat, überzeugten", betont Hanspeter Scherzenlehner.

Die Industrieöle sind dem Bereich der Heißtechnik zuzuordnen. Der Auftrag kann dabei flexibel gehandhabt werden. Um den Eindringprozess zu optimieren, kann das Öl - um eine bessere Viskosität zu bewirken - erwärmt werden, es kann mit heizbaren Walzen einmassiert werden, und auch eine Kombination beider Methoden ist möglich, und als weitere Möglichkeit kann ein Vorwärmen der Parkettdiele mit Infrarotstrahlern praktiziert werden.

Die Holzindustrie Scheucher hat das Ölen mit Natural Industrieöl immer weiter perfektioniert, und die Kunden des "Steirer Parketts" schwören auf die Qualität. Mit Natural industriell geölt Parkettböden sind stuhlrollengeeignet. Das stellte die Holzforschung Austria auf Antrag der Firma Scherzenlehner fest. Den Anlass bot ein Großprojekt: Im ehemaligen Fabrikgebäude des Schuherstellers Hassia richtete sich eine Werbeagentur ein. Sie wollte wissen, ob das geölte/gewachste Parkett, das sie weitflächig einbauen lassen wollte, auch ohne unschöne Schonunterlagen die Belastung durch Stuhlrollen aushalten würde. Hanspeter Scherzenlehner stellte daraufhin ein mit Natural industriell geöltes, gewachstes und mit Fußbodenwachs poliertes Massivholzparkett aus Birne zur Verfügung. Die Prüfung erfolgte in Anlehnung an EN 425. Das Prüfmuster zeigte nach beendetem Test lediglich eine geringe Glanzveränderung. "Eine wesentliche Beeinträchtigung der Oberflächenbeschichtung oder des Holzuntergrundes konnte nicht festgestellt werden", betont der Prüfbericht (16.12.1999). Damit stand fest: Die geölte Oberfläche ist nicht nur ökologisch und biologisch, sondern auch mechanisch "unangreifbar". Das Referenzobjekt war gesichert.

Wenn es um die Heißtechnik im Handwerksbetrieb geht, scheut mancher Parkettleger den vermehrten Aufwand. Natural hält dem die hohe Effizienz gegenüber: Nicht allein, dass die Oberfläche einen seidigen Glanz aufweist und hoch strapazierfähig ist - schon beim Verbrauch beweist die Heißtechnik eine Überlegenheit. Natural ermittelte für eine Fläche von 300 qm, die vom Parkettleger mit Natural-Fußbodenöl eingelassen wird, einen Mengenbedarf von etwa 23 l. Für dieselbe Fläche würden bei einer Versiegelung mit Wasserlack 145 l benötigt. "Ökologie und Ökonomie vereinigen sich", widerlegt Scherzenlehner damit ein weit verbreitetes Vorurteil.

Schulungsveranstaltungen in Leonding halten Kunden und deren Mitarbeiter ständig auf dem Laufenden, nach draußen präsentiert sich Natural gerne auf Verbrauchermessen in Österreich sowie auf Fachmessen im In- und Ausland. Erstmals wurde in diesem Jahr die Interzum genutzt, um den Kreis der Auslandskunden zu erweitern.

Jährlich werden bei Scherzenlehner in Leonding etwa 500.000 l Farben, Lacke, Öle, Wachse, Pflegemittel u.a. in Bio-Qualität hergestellt. Bis zu 20 Beschäftigte erwirtschaften einen Jahresumsatz von über 30 Mio. ÖS.


Natural Naturfarben Angebot

Die Produkte für die Oberflächenvergütung sind in der Regel für Holz-, Kork- und Linoleumböden gleichermaßen einsetzbar. Das gilt für das Natural Parkett- und Fußbodenöl, Natural Hartglanzwachs und die Pflanzenölseife. Bei Klebstoffen wird unterschieden zwischen dem Parkettkleber und dem Kork- und Bodenbelagskleber.

Das Natural Parkett- und Fußbodenöl basiert auf einer Rezeptur aus Leinöl, Distelöl, Holzöl, Leinöl-Standöl, Orangenschalenöl, Kiefernharze, Dammar, Kieselgur, Alkohol und bleifreien Trocknern (Ca/Co/Zr). Es wird von Hand zweimal aufgetragen, wobei nach dem zweiten Auftrag der Überstand nach etwa 30 Minuten abgenommen werden muss. Nach 24 bis 48 Stunden ist der Boden begehbar, nach zwei Wochen ausgereift (Endhärte). Das Natural Hartglanzwachs, eine lösungsmittelfreie Wachsemulsion aus Carnaubawachs, Bienenwachs, Sojalecithin, Wasser, Leinölseife, Kieselsäure und Eukalyptusöl, wird für die Erst- und Unterhaltspflege von Holzfußböden eingesetzt. Ferner gibt es für die Reinigung von Holzfußböden die Pflanzenölseife.

Ebenso streng ökologisch konzipiert ist der Parkettkleber ("sehr ergiebig, klebstark und gebrauchsfertig") aus Naturlatexmilch, Kolophonium, Kasein, Dammarharz, Türkisschrotöl, Orangenschalenöl, Natronlauge, Borax, Porzellanerde, Dolomit, Quellton, Wasser und Alkohol.

Außer Öle und Wachse für die Erstbehandlung und Pflege von Holzfußböden ist Natural mit Öl für Klinkerböden, Pflegeölen und Bienenwachs- Produkten für die Möbelpflege, farbigen Holzlasuren (für innen und außen), Weiß- und Buntlacken, Naturharz-Dispersionsfarbe, Naturharzölimprägnierung (für außen und innen) und einem Wetterschutzanstrich mit UV-Schutz (z.B. für Balkone) erfolgreich.
aus Parkett Magazin 05/01 (Wirtschaft)