CarpetXL persönlich

Alberto Levi


Alberto Levi wurde am 15. Juni 1962 in Mailand geboren. Er ist verheiratet und hat einen kleinen Sohn. Levi ist Besitzer der Alberto Levi Gallery in Mailand, die neben Kunstwerken auch antike Textilien und Teppiche präsentiert. Als Teppichhändler, Sammler und Kenner ist Levi weit über die Grenzen Italiens hinaus bekannt. Er ist laut eigenen Angaben unheilbar vom Teppichvirus befallen. Levi war im September 1999 Präsident der 9. International Conference on Oriental Carpets (ICOC) in Italien.

Wie sind Sie in die Teppichbranche gekommen?
Ich bin seit meiner frühesten Kindheit süchtig nach Teppichen, denn damals war das Teppichlager meines Vaters einer meiner liebsten Spielplätze. Nach meinem Universitätsabschluss in Chemie nutzte ich eines der Büros im Lagerhaus für meine Arbeit. Ich entdeckte schnell eine völlig neue Facette dieser wunderbaren Welt der Teppiche und mir wurde klar, dass ein Teppich nicht einfach nur ein Gebrauchsgegenstand ist, sondern dass er von einer langen Geschichte und Kultur erzählt.

Einige Monate später schickte mich mein Vater allein auf einen Einkaufstrip nach New York, mit der Entschuldigung, er habe zu viel zu tun. Es war der typische Fall von Anfängerglück: Ich fand nie wieder so unglaubliche Raritäten zu solchen Schnäppchenpreisen wie auf dieser Reise, die mein Leben verändert hat. Nachdem wir innerhalb weniger Tage alles verkauft und damit so viel Gewinn gemacht hatten, dass ich in der Chemiebranche Jahre dafür gebraucht hätte, dasselbe Geld zu verdienen, wurde mir klar, dass ich jetzt offiziell vom Teppichvirus befallen war.

Was fasziniert Sie an der Branche?
Auch nach zwanzig Jahren fühle ich immer noch dieselbe Aufregung, wenn ich tolle, antike Teppiche sehe. Das ist eine unendliche visuelle und intellektuelle Erfahrung. Einerseits wird das Auge manchmal müde von den Tausenden von mittelmäßigen Produkten, denen wir auf unseren Reisen begegnen. Andererseits macht es uns extrem glücklich, durch die ganze Welt zu fliegen und stundenlang über ein besonders komplexes Muster und die einzigartigen Farben eines kleinen Stücks geknüpfter Perfektion zu diskutieren. Die Tatsache, dass wir nicht die einzigen sind, die diesem augenscheinlichen Wahnsinn verfallen sind, fasziniert mich besonders an der Teppichbranche.

Welches ist in Ihren Augen der wichtigste aktuelle Trend?
Eine der Folgen der aktuellen Wirtschaftskrise liegt darin, dass der Markt jetzt ganz klar in zwei Segmente aufgeteilt ist: Im einen Segment geht es nur um die beste Qualität und Preis spielt keine Rolle, im anderen geht es darum, Raritäten zu einem möglichst günstigen Preis zu finden. Meiner Ansicht nach führt dieser Tunnelblick dazu, dass man den einen oder anderen unentdeckten Schatz, der irgendwo dazwischen liegt, einfach übersieht.

Welche Entwicklung erwarten Sie im Teppichhandel?
Nachdem das Internet mittlerweile die Barriere zwischen Verkäufer und Endkunden beträchtlich reduziert hat, sodass sich in manchen Fällen sogar gewisse Umkehrtendenzen ergeben haben (Sammler, die einige ihrer Stücke mit Hilfe von, sagen wir mal, nicht ganz astreinen Händlern auf den Markt bringen), sollten wir uns meiner Meinung nach darum bemühen, wieder diese aufregende Atmosphäre zu schaffen, die die Teppichbranche früher ausmachte. Wir müssen wieder die Grundlage dafür schaffen, dass sich auch junge Leute mit dem Teppichvirus anstecken.

Haben Sie einen Lieblingsteppich?
Natürlich! Das ist ein sogenannter Karapinar-Teppich aus dem 16. Jahrhundert, den ich auf einer meiner vielen Einkaufsreisen nach New York erstanden habe. Er verkörpert all die einzigartigen Qualitäten, die ich an den türkischen Teppichen so liebe: kühn und raffiniert und doch ganz naiv in seiner Interpretation eines klassischen Musters, mit einer künstlerischen Sensibilität für die perfekte Verteilung der satten Farben. Ein Foto davon prangte auf der Überraschungstorte für meinen 40. Geburtstag. Die Torte hat mir dadurch natürlich gleich doppelt so gut geschmeckt!
aus Carpet Magazin 03/12 (Teppiche)