Wettbewerb Tapetenwechsel 2009

Eine Wand erzählt Geschichte

Die Jury hatte die Qual der Wahl - sie musste im Rahmen des Ideenwettbewerbs "Tapetenwechsel 2009 - Zwischen Tradition und Innovation im Innenraum" aus einer Vorauswahl von sechs Entwürfen den Sieger ermitteln. Nach ausführlicher, öffentlicher Diskussion stand fest: Birgit Maier aus Köln lieferte die innovativste Idee und landete damit auf Platz eins. Sie verknüpft in ihrem Entwurf Vergangenheit und Gegenwart miteinander.

Tapetenhersteller haben zwar ein Faible für schöne Muster, was die zahlreichen Designer-Wandverkleidungen beweisen. Aber die Entwürfe müssen auch umsetzbar sein. Auch aus diesem Grund gewann Birgit Meier von ai architektur innenarchitektur plus in Köln den Wettbewerb "Tapetenwechsel 2009 - Zwischen Tradition und Innovation im Innenraum". Die Jury lobte bei der Preisverleihung im Hamburger Architektursalon die innovative Idee. Meiers transparente Tapete lässt freigelegte und verputzte Wände sowie Reste von farbigen Anstrichen durchblicken. Somit bleibt Altes erhalten und Neues kommt hinzu.

Architekten und Innenarchitekten nähern sich an

Im Vorfeld der öffentlichen Juryentscheidung ging Karsten Brand, Geschäftsführer des Deutschen Tapeten-Instituts, auf die Intention des Wettbewerbs ein, zu dem das Tapeteninstitut erstmals Architekten und Innenarchitekten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aufgerufen hatte. "Das Interesse von Architekten an Innenarchitektur wächst. Dieser Wettbewerb bringt die Player zueinander", sagte er mit Hinweis auf die Teilnehmer und die Jury, die sich ebenfalls aus Architekten und Innenarchitekten sowie Designern zusammensetzte.

Die Tapete sei nicht nur Dekoration, sondern auch Selbstdarstellung, meinte Brand in seiner Begrüßungsrede. Die Wandverkleidung erfreue sich zunehmender Beliebtheit. Inzwischen kämen aus den wenigen am Markt verbliebenen deutschen Tapetenfabriken pro Jahr rund 40 Mio. Rollen - was einer Fläche von 200 Mio. qm entspreche sowie einem Umsatz von 130 Mio. EUR in Deutschland. Die Entwürfe der Wettbewerbsteilnehmer könnten dazu führen, das Geschäft weiter zu beleben.

Vor allem der Idee von Birgit Maier trauten die Juroren dies zu. Sie hatten vor der endgültigen Entscheidung aus 182 eingesandten Arbeiten die ihrer Meinung nach sechs besten Entwürfe für prototypische Räume ausgewählt. Darunter waren sowohl unkonventionelle Ideen von eher weniger praktischem Nutzen als auch solche, die sich in der Produktion realisieren lassen.

Die Sieger-Tapete schreibt Geschichte, indem sie unter dem Motto "Less shows more" mit einem neuen dezenten Muster das alte nicht ganz überdeckt, sondern sichtbar lässt. "Auf diese Weise kann ich im Sanierungsfall das Muster auf dem Hintergrund sprechen lassen", erklärt Maier ihr Konzept. Je nach Dessin, Material und Farbwahl entsteht so ein immer neues und jeweils individuelles Bild. Als Material stellt sich die Gewinnerin beispielsweise ausgestanzte oder gelaserte Papiertapeten vor. "Im Zeitalter der imaginären Trends ist der Entwurf eine Wohltat. Hier werden herkömmliche, altbekannte und von Spuren gekennzeichnete Wandoberflächen neu interpretiert. Der Entwurf besticht durch seine klare und überlegene Idee, die viele Ausführungswünsche möglich macht", begründete die Jury ihre Entscheidung.

Die weiteren Wettbewerber landeten alle auf dem zweiten Platz: Ähnlich wie bei Meiers Tapete geht es auch bei Ralf Peter Knoblochs Entwurf "Be inspired" um den Hintergrund, der sichtbar bleibt und sich dreidimensional wie ein Netz im Raum über Boden, Wand und Decke spannt. Die Struktur kann abgenommen werden, um sie an anderer Stelle wieder zu verwenden. Die Materialien für diese Erlebnistapete sind laut Knobloch, der bei Plan2Plus in München tätig ist, frei wählbar.

Einen Raum für eine Berühmtheit, die sich als "Glamorous Star" von einem Wandfries inspirieren lässt, entwarf Susanne Thurn vom Atelier F in Hamburg. Sie war dafür bereits mit einem Sonderpreis für Designer ausgezeichnet worden.

Nach Ansicht von Jurymitglied und Architekt Bert Haller entspricht dieses Werk am stärksten der herkömmlichen Tapete und sei sehr dekorativ.

Die Rolle eines Relax-Objekts schrieb Dominika Rompkowski von Pook Leiska Partner in Hamburg der Tapete zu. Sie fordert zum Sitzen, Liegen, Anlehnen und Bewegen auf, denn die Tapete endet in Rollen auf dem Fußboden oder noch an der Wand. Gewählt wurde für die Vorstellung ihrer Idee die Pausenzone in einem Schulgebäude, in der das Material in unterschiedlichen Grüntönen zusätzlich den Lärm dämpft. Die Tapete gleicht den Erosionsschutzmatten im Landschaftsbau.

Spiegelbild der zeitgenössischen Kunst

"ZickZack" lautet der Titel des Entwurfs von Hannah Krautwig und Raiser Lopes aus Stuttgart. Ihre Tapete, die nach dem Prinzip der Faltbilder im Kindergarten hergestellt wird, besteht aus zwei in Streifen geschnittenen Bildern, im Wechsel nebeneinander geklebt und gefaltet. So lassen sich verschiedene Effekte herstellen, auch farbig. Die Idee fand zwar großen Anklang, aber die Umsetzung erschien problematisch.

Sehr modern ist das dreidimensionale Wandspiel "Metamorphose - DPI/Dots Per Inch" von Jürgen Grünig und Joanna Widenka vom Büro für Interior Design in Wiesbaden. Die dreideimensionale Oberfläche der Tapete strukturiert die Wand in ein tages- oder kunstlichtabhängiges Schattenspiel. Durch das Entfernen von Punkten (Dots) erscheint ein Schriftzug oder ein Muster. Die Gestaltung kann jederzeit spontan geändert werden.

Insgesamt stellten die eingereichten Entwürfe unter Beweis, was Karsten Brand vom Deutschen Tapeten-Institut bereits eingangs festgestellt hatte: "Die Tapete ist ein Spiegelbild der zeitgenössischen Kunst."
aus BTH Heimtex 01/10 (Marketing)