Designteppiche Ganzert

Nepalteppiche im Sonderbestellsystem

Lagerbestand abgebaut, den Umsatz konsolidiert, in Design und Sonderbestell-Teppich vorn geblieben - das ist die Vierjahres-Bilanz von Designteppiche Ganzert. 1985 von Herbert Ganzert im Frankfurter Westhafen, dem damaligen Teppichumschlagplatz Süd der Bundesrepublik, gegründet und 1991 vom Sohn Alexander Ganzert übernommen, hat der Nepalspezialist aus Offenbach sein Lager kontinuierlich verringert und an den Knüpfort verlagert. Direkt aus Katmandu kommt jetzt der Teppich zum Kunden.

Der große Aufschwung kam bei Ganzert 1998. Da stieg der Umsatz von vormals 7,5 Mio. DM auf 10 Mio. DM. Der Designspezialist hatte den Nerv der Verbraucher getroffen. Auslöser war auch die Konzentration auf einen neuen Absatzmarkt: große Möbelverbände im In- und Ausland. 1999 dann das Wachstums-Hoch: über 10,5 Mio. DM Umsatz. Anschließend begann eine Konsolidierungsphase, die 2000 mit 10 Mio. DM abschloss und für 2001 einen leichten Rückgang erwartet.

Das Sonderbestellsystem

"Die Firma ist vom Jäger zum Gejagten geworden", sagt Verkaufsleiter Michael Brenner, der das Unternehmen nach der Domotex verlassen wird, um sich neuen Herausforderungen zu stellen. "Erst wurden wir belächelt, weil wir als Importeur nur ein Herstellungsland haben, dann nachgemacht. Heute verfügt jeder, der in Nepal operiert, über ein Sonderbestellsystem."

Teppiche in beliebigen Designs, Farben und Größen nachbestellen zu können - das war die Ausgangsidee. Statt den klassischen Weg des Wareneinkaufs im Orient zu gehen und zu hoffen, dass das Muster stimmt, verfolgte Ganzert den Kundenwunsch nach einem individuellen Teppich.

Im Laufe der Zeit wurde das System verfeinert. Heute gibt es für jedes Teppichgrundmuster eine Schwarz-Weiß-Vorlage, in die der Auftraggeber beliebige Veränderungen einzeichnen kann. Bis zu 1.200 Bestellungen gehen so jährlich über den Tisch. Und 90 % davon sind Sondereditionen, meist sogar Einzelstücke.

Stimmige Voraussetzungen im Knüpfland

"Die Schnittstelle ist Nepal", sagt Michael Brenner. "Dort müssen die Voraussetzungen stimmen. Das haben viele Konkurrenten unterschätzt."

Ganzert arbeitet konsequent. Qualitätskontrolle und Lieferzeit - maximal 12 Wochen - sind nicht verhandelbar. Die Produktion in Katmandu arbeitet exklusiv für den deutschen Importeur.

Jeweils zwei Produktionsstätten beschäftigen sich mit der 60-Knoten Makalu-Edition und der 100-Knoten Century-Classics-Edition. 1.000 Knüpfer und Wäscher sind das allein für die Makalu-Linie.

Dazu steuert Ganzert eigene soziale Komponenten bei. Ärztliche Versorgung, Kindergärten und die Installation einer Wasseraufbereitung in der Wäscherei gehören dazu. Speziell für den Großkunden Karstadt ist das Unternehmen auch Teilnehmer am Rugmark-Label geworden.

Thomas Graf: "Die Mitarbeiter in und um Katmandu begleiten unsere Firma seit 1985. Das ist ein familiäres Verhältnis. Täglich haben wir Verbindung und alle ein bis zwei Monate fliegt jemand von uns dort hin."

In einem Warenlager in der nepalesischen Hauptstadt - seit einem Jahr neu errichtet - fließt die Ware zusammen. Intensive Qualitätsprüfung ist hier der erste Schritt. Bei Bedarf folgen Nacharbeit und Nachschnitt. Gemäß der Kunden-Packliste wird der Teppich etikettiert, erhält eine Lager- und eine Designnummer, anhand derer der Kunde den Abgleich mit seiner Auftragsbestätigung vornehmen kann.

Einzeln verpackt geht die Ware von Nepal aus direkt an die Abnehmer in aller Welt. Für Deutschland ist Frankfurt die Drehscheibe. Auf der Lagerfläche eines Spediteurs werden die ankommenden Teppiche für den jeweiligen Kunden selektiert. Michael Brenner: "Wir selber sehen nur noch die Ware, die für den Show-Room bestimmt ist." Deshalb hält sich das Unternehmen auch nicht mehr für standortgebunden.

10.000 Nepal-Teppiche

Pro Jahr verlassen so etwa 10.000 Teppiche das Land am Himalaya. Das macht für Ganzert eine Fläche von etwa 40.000 qm aus. Die größten Einzelstücke gehen in die USA. Brenner: "Dort vertreiben wir eine Durchschnittsgröße von 7,5 qm." Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten werden aber auch "Riesen" von bis zu 17 qm geordert. In Deutschland wird der Teppich dagegen eher kleiner. "Weil sich die Einrichtungsform ändert und das Sofa nicht mehr auf den Teppich gestellt wird." Für Designteppiche ist diese Entwicklung förderlich. "Man will die schönen Stück schließlich auch sehen."

Nach Auftragseingang hält sich Ganzert an eine Lieferzeit von zwölf Wochen. Der Knüpfprozess macht dabei den geringeren Anteil aus. Waschen, Scheren, Spannen, Trocknen und Versenden dauern länger.

Einen deutlichen Preisvorteil bietet die Verschiffung per See-Container. 1,50 DM pro Quadratmeter Teppich kostet die Seefracht, während Luftfracht derzeit bei rund 5 DM pro Kilogramm und damit rund 30 DM pro Teppich-Quadratmeter beträgt. Aber nur wenn sich mehrere Möbelhäuser zusammen tun und eine Prospektkampagne starten, kann die Ladekapazität eines Schiff-Containers mit 1.000 qm Teppich auch genutzt werden. Einzelstücke bleiben eine Sache für den Luftweg.

Klare Preisphilosophie

Die Editionen von Designteppiche Ganzert fangen preislich in der oberen Mitte an und gehen aufwärts in den High-End-Bereich. Bei 650 DM pro Quadratmeter beginnen die Makalu-Teppiche, die 100-Knoten-Ware liegt zwischen 1.100 und 1.300 DM pro Quadratmeter.

Der Vertriebsleiter nennt die Marketingstrategie: "Wir wollen nicht, dass unser Produkt verramscht wird. Das bringt dem Markt nichts. Dort, wo unsere Preisempfehlung nicht eingehalten wurde, haben wir uns auch schon von Kunden getrennt."

Aktuelle Vermarktungspläne sind sogar noch kühner. "Wir möchten, dass unsere Ware aus dem Stapel heraus kommt und eine eigene Präsentation erhält." Seinen Top-Kunden, Möbel Pfister in der Schweiz, hat Ganzert für das langfristige Ziel, eine eigene Marke zu etablieren, schon gewonnen. Dort hat die Makalu-Edition in einem A-la-carte-Shop eine eigenständige Darstellungsform erhalten. Auch bei Finke in Paderborn wird dieses Konzept umgesetzt.

Ganzert-Geschäftsführer Thomas Graf: "Wir bieten jedem Kunden an, uns als Marke darzustellen." Damit, so die Hoffnung, wird Nachahmern ein Riegel vorgeschoben und obendrein mehr Nachfrage generiert. "Der nächste Schritt wird sein, Makalu auch beim Endverbraucher zu platzieren." Der nämlich weiß oft nichts von der Möglichkeit zur Sonderbestellung. Für den Verkäufer im Einzelhandel bedeutet das zunächst mehr Aufwand in Sachen Beratung, aber, so Graf: "Wer dazu bereit ist, wird auch Erfolg haben."

Die nötige CI hat Ganzert vom Grafiker Paul Schleyer entwickeln lassen. Von der Visitenkarte bis zum Endverbraucherprospekt bilden Schwarz und Anthrazit den Rahmen und Hintergrund. Wenig Teppich, dafür blau-weiße Wellen und gelbe Blütenträume beherrscht eine Image-Broschüre zur emotionalen Unterstützung der Makalu-Offensive.

Die Darbietung der limitierten Century-Classics-Edition nach dem Zyklus "Liebesbilder" hebt sich mit edlem Weinrot auf der Außenseite einer geriffelten Kartonage von ihrer populären Schwester ab.

Natürlich ist die Käuferschicht bei Century Classics dünner. Ähnlich konzipiert wie Makalu, aber höherwertig und im Design klassisch, floral und zeitlos, spricht diese Edition einen Endverbraucher an, der sich auskennt, aber keinen reinen Orientteppich wünscht. Die ursprünglich "Rug Gallery" titulierte Linie aus tibetanischer Wolle, vielfach mit Naturseide gemischt, aber neuerdings auch mit Flachs und Hanf verarbeitet, wird in einem aufwändigen Prozess hergestellt, der 16 bis 18 Wochen Lieferzeit bedeutet.

Starker Auslandsmarkt

"Der englische Markt ist in den vergangenen zwei Jahren geradezu explodiert", sagt Michael Brenner. Ganzert durfte an dem Boom teilhaben, weil sein amerikanischer Kunde ABC die Teppichabteilung des Londoner Nobelkaufhauses Harrods übernommen hat.

Im niederländischen Tillburg sitzt ein exklusiver Importeur, der in Form einer Handelsagentur für Ganzert den Benelux-Raum abdeckt. Selbstständig operierende Agenten hat das Unternehmen auch in Griechenland, Skandinavien und Frankreich. Diese Leute koppeln ihre Teppichtätigkeit mit dem Vertrieb anderer Produkte aus dem Bereich Innendekoration.

Michael Brenner: "Im Ausland versuchen wir, Partner zu bekommen, die ihren Markt kennen. Wichtig sind für uns etwa neue Kontakte nach Ungarn." Auch Russland ist im Kommen. Thomas Graf: "Wir verkaufen um den Teppich herum eine Menge Dienstleistungen. Und das wird im Ausland mehr geschätzt."

Grundsätzlich sind es Möbelhäuser und Filialisten, die jenseits deutscher Grenzen als Ansprechpartner in Frage kommen. Brenner: "Die besitzen nämlich eine klare Vermarktungsstrategie, die auch an den Endverbraucher getragen wird."

Hauptabsatz im Möbelhandel

In Deutschland arbeitet Ganzert mit Möbelhäusern und großen Verbänden, wie WK-Möbel und dem Südbund zusammen. Mit diesen werden auch spezielle Kollektionen entwickelt, bei denen Ganzert nur als Produzent auftritt. Dieser Geschäftsbereich - derzeit mit 8 bis 10 % vom Umschlag angegeben - zeigt steigende Tendenz. Wie in den USA, wo die Einrichtung aus einer Hand zum Standard zählt, können sich Ganzert-Kunden auch in Europa mit einem auf den Innenbereich abgestimmten Teppich einrichten. Das Ziel: Etablierung im exklusiven Dekorationsbereich dank eines integrierten Systems.

70 % des Absatzes von Ganzert läuft mittlerweile über den Möbelhandel. 30 % gehen in den Fachhandel. Der aber kann sich nach Ansicht von Michael Brenner nur noch mit klarem Bekenntnis zum hochwertigen Bereich erfolgreich positionieren.

Im Randsortiment bietet Ganzert für einen speziellen Kundenkreis eine kleine, hochwertige Handtuft-Kollektion an, sowie eine gröbere, berberähnliche Qualität mit einem Wolleinsatzgewicht von sieben Kilogramm pro Quadratmeter. Frühere Experimente mit ägyptischer, pakistanischer und türkischer Ware sind wieder auf das nepalesische Kerngeschäft zurückgefahren worden.

Personal neu strukturiert

Allgemein will das Unternehmen Umsatzrückgänge, resultierend aus dem Wegfall deutscher Händlerstrukturen, über mehr Kontakte ins Ausland wettmachen. Aber auch sonst muss umgeschichtet werden. Durch die Aufgabe des Lagers konnte das Personal im Bürobereich aufgestockt werden. Das war wichtig, denn auch Arbeitszeiten wurden neu strukturiert. Der Grund: Um mit anderen Zeitzonen in Japan und den USA zu konferieren, kann nicht um 17 Uhr der Griffel fallen gelassen werden.

Im Büro betreuen derzeit vier Mitarbeiter die Kundschaft. Kommunikation, Orderverwaltung und Telefonverkauf zählt zu ihren Aufgaben. In der Buchhaltung sitzen zwei Personen. Logistik liegt in den Händen von Michael Janack. Direct-Shipment spart hier Zeit und Kosten.

Den Vertrieb und Außendienst im norddeutschen Raum nimmt Andreas Haupt wahr. Mindestens alle zwei Monate sollen Kunden aufgesucht werden, lautet die Vorgabe. Den süddeutschen Raum, Österreich und die Schweiz betreut Michael Brenner.

Eigenen Teppich entwerfen

105 abwechslungsreiche und moderne Designs zeigt die Makalu-Kollektionsübersicht. Sie steht deutlich im Vordergrund und macht 80 % vom Ganzert-Umsatz aus.

Aber - es lebe die Variation. Ein nicht zu unterschätzender Teil der Teppiche wird im Vergleich zum Katalog-Original in irgendeiner Art und Weise verändert.

Die Reklamationsquote von 3 % scheint unproblematisch. Thomas Graf: "Wenn der Kunde bei einem kleinen Farbfehler enttäuscht ist, gilt das für uns bereits als Reklamation."

Zuverlässigkeit hält das Unternehmen für sein Markenzeichen und allemal für wichtiger als einen günstigen Preis. Graf: "Wir versuchen, das Unmögliche möglich zu machen."

Anhand einer speziellen Software kann der Fachberater zusammen mit seinem Endkunden auf dem Bildschirm "seinen" Teppich entwerfen. Für die dazu nötige Makalu-Paint-CD hat das Wollforschungsinstitut Aachen über eine Spektralanalyse 190 möglichst originaltreue Farben digitalisiert. Im Programm enthalten sind auch Videosequenzen, Informationen über die Herstellung und textliche Erläuterungen. Im Möbelhaus soll der Endkunde dieses System an einem PC-Terminal auch eigenständig bedienen können. Die eingebaute Bestellfähigkeit bleibt aber dem Fachberater vorbehalten.

Philosophie und Marketing geändert

Mit den vielfältigen Möglichkeiten der kreativen Veränderung hat Ganzert seine Philosophie vom traditionellen Nepalbezug zum rein Gestalterischen hin entwickelt. Makalu soll nicht ein reiner Teppich sein, sondern als Begriff ein Gefühl vermitteln, das sich in Stimmungen, Formen, Farben und Bewegungen manifestiert.

Diesem Stil verschreibt sich auch ein Videofilm, der Land, Leute und Produktion zeigt und unter anderem dokumentieren soll, dass keine Kinderarbeit im Spiel ist. Die informative Kassette kann der Berater auch seinem Endkunden an die Hand geben.

Jedes Jahr entsteht ein neuer Makalu-Prospekt. Für die 100-Knoten-Linie Century Classics gibt es Produktflyer, sowie, um Highlights zu setzen, limitierte Editionen in Form der "Herzbilder" eines Frankfurter Künstlers.

Großplakate, ausgefeiltes Katalogmaterial für beide Editionen als Verkaufsmappe und ein Anzeigen-Layout zur Übernahme durch den Kunden gehören zum Werbeservice.

Der A-la-carte-Shop, seit einem Jahr ein eigener Point of Sale, ist eine modifizierte Schiebeanlage von der Firma Schneider. 20 Teppiche hängen in einem Ständer. Der Shop lässt sich in verschiedenen Größen aufbauen, auch beidseitig begehbar in der Mitte eines Raumes. Zum Anbringen an der Blende stehen die Logos von Makalu und Century Classics bereit. Thomas Graf: "Aber daran ist nicht jeder Händler interessiert."

Kundenpflege betreibt Ganzert durch regelmäßige Besuche. Zu Weihnachten gibt es einen Tischkalender. Wichtig sind dem Unternehmen aus Offenbach Produktschulungen - mal im eigenen Hause, meist aber beim Kunden. "Weil bei einem Naturprodukt Kenntnisse über Problemfelder nötig sind und die Form der Sonderbestellung geübt werden kann", wie Geschäftsführer Graf erläutert. In Informationslehrgängen von zwei Stunden bis zu einem ganzen Tag bereitet Ganzert verkäuferische Argumente auf und schult Fachpersonal in Sachen Preisgespräch und Themen wie Qualität und Kinderarbeit.

Defensive Marktlage

Weder in Deutschland noch in den USA ist eine expansive Marktlage zu erkennen. Die Lagerbestände sind hoch, das Einkaufsverhalten gemäßigt. In Deutschland brechen alte Kunden weg, vor allem im Fachhandel - wegen Geschäftsaufgabe und Nachfolgeproblemen. Thomas Graf glaubt, mit zusätzlichen Anstrengungen gegenhalten zu können. "Wir müssen stark an der Qualifikation der Verkäufer arbeiten, vor allem in den neuen Bundesländern. Viele Verkäufer haben selber Berührungsängste mit hochwertiger, teurer Ware. Sie müssen lernen, mit dem Produkt umzugehen."

Mit guten Kunden veranstaltet Ganzert Meetings, auf denen Geschäftsfragen, Probleme und Reklamationen besprochen, vor allem aber - unter Beisein der Designerin Alette Jasper, neue Kollektionen vorgestellt werden.

Für das kommende Jahr steht zunächst die Domotex im Mittelpunkt des Interesses. Thomas Graf ist klar: "Im Gegensatz zu früher lässt sich der Kunde auf Messen eher inspirieren, ordert nicht direkt, sondern bestellt erst anschließend."

Weniger Ware wird das Unternehmen zur Messe mitbringen, dafür nach drei Jahren aber ein neues Konzept, das die Makalu-Neuheiten für 2002 zum Schwerpunkt hat.

Andere Messen hat Ganzert nicht im Blick. Früher war man auf der Eurotefa und über die Kooperation mit einem spanischen Möbelhersteller in Valencia, sogar an der ständigen U.S.-Messe in Atlanta haben die Nepalexperten 1999 teilgenommen, aber, so Graf: "Wenn man dort keinen ständigen Showroom betreut, passt das Ambiente nicht."

Also setzt man ganz auf die Domotex. Dort wird in Halle 2 die ganze Mannschaft vor Ort sein, inklusive Designerin, Grafiker und Inhaber Alexander Ganzert.
aus Heimtex Orient 04/01 (Wirtschaft)