Fachinformation

Pakistanische Teppiche: Große Vielfalt

Teppiche aus Pakistan sind für ihre am Markt angepasste Dessinierung und Kolorierung bekannt. Im Handel erfreut sich Ware dieses Ursprungslandes außerdem wegen der weit gespreizten Qualitätsabstufungen und dem damit zusammenhängenden Preisaufbau großer Beliebtheit. Allerdings können die fehlenden Provenienzuweisungen, wie sie zum Beispiel im Iran üblich sind, für einige Verwirrung sorgen. In dieser Fachinformation gibt Carpet XL einen Überblick über die gängigen Qualitäten.

Pakistan gehört neben Indien und Iran zu den wichtigsten Ursprungsländern für Knüpfteppiche. In der EU-Importstatistik nimmt es den dritten Platz ein. Pakistanische Teppichknüpfereien reagierten schon in den 1960er Jahren auf den zunehmendem Knüpfteppichbedarf der westlichen Märkte. Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre hatte der Pakistan-Teppich bereits ein festes Marktpotenzial besetzt. Besonders die Preise, die deutlich unter denen vergleichbarer persischer Teppiche lagen, halfen beim Ausbau der Marktposition. Heute steht der persisch gemusterte Teppich aus Pakistan mit Nachknüpfungen aus Indien in Konkurrenz.

Wie in den meisten anderen Ursprungsländern, schrumpft die Zahl der Knüpfer auch in Pakistan. Durch niedrige Löhne und gleichzeitig gestiegene Lebenshaltungskosten möchten viele Knüpfer in besser bezahlte Jobs abwandern. Allerdings ist zu betonen, dass das Knüpfen von Teppichen in Pakistan gerade für die arme Landbevölkerung eine wichtige - wenn nicht die einzige - Einnahmequelle darstellt. Durch die extremen Regenfälle in den Jahren 2010 und 2011 wurden große Teile des Landes überflutet und die Knüpfstühle vieler Knüpfer vernichtet. Nur die wenigsten von ihnen konnten sich neue Knüpfstühle leisten, sie arbeiten nun vor allem als Bauern.

Bei pakistanischen Teppichen werden als Qualitätsbezeichnungen sowohl Ortsnamen wie Karachi und Lahore, als auch Knüpfeinstellungen wie zum Beispiel 9/16 oder 16/16 genannt. Zusätzlich ist die Rede von Single-Knot, Double-Knot, 2-ply und 3-ply. Vor der Beschreibung der einzelnen Wareneinstufungen sollten diese Begriffe eindeutig definiert sein, denn hier gibt es im Handel durchaus stark von einander abweichende Erläuterungen.

Pakistanische Produzenten passen sowohl Musterstellung als auch Farben ständig dem Geschmack der Verbraucher an. Die für diese Region und vor allem für die vielen turkmenisch-stämmigen Knüpfer typischen Rottöne werden zwar verwendet, sämtliche Qualitäten sind jedoch auch in den aktuellen Wohnfarben Beige, Grün, Blau und Rosa erhältlich. Über alle Preislagen hinweg werden vor allem die turkmenisch inspirierten Buchara-Muster (Elefantenfuss-Muster) und Yalda-Muster und unendlichen Abwandlungen geknüpft. Zusätzlich gibt es persisch sowie modern gemusterte Ware. Produziert wird meist im Heimfleiß in den Provinzen Punjab und Sinth. Zum Einsatz kommt der asymmetrische Knoten, der ausschließlich auf einem Baumwollgrundgewebe geknüpft wird.

Knüpfdichten

In Pakistan beziehen sich die Knotenangaben auf die Maßeinheit Zoll (ca. 2,54 cm). Ein pakistanischer Teppich mit 9/14-Einstellung hat also auf einem Einheitsquadrat von einem Zoll Länge und Breite 9 Knoten in Schussrichtung und 14 Knoten in Kettrichtung.

Als pakistanische Standardqualität ist Ware mit einer Knüpfeinstellung zwischen 9/14 und 9/18 zu betrachten. Die Skala ist nach oben hin offen, Knüpfeinstellungen jenseits von 16/16 sind relativ selten. Aus Kostengründen werden auch Qualitäten in 11/11 angeboten, bei denen Kette und Schuss recht dick sind und der Flor durch einen Florfaden, der aus drei Einzelfäden verzwirnt ist (3-ply); geknüpft werden auch diese Buchara- und Yalda-Muster in den Provinzen Punjab und Sind.

Weitere Informationen zu den pakistanischen Knüpfeinstellungen sowie Tabellen mit Knüpfdichten finden Sie im Carpet XL Compass.

Single-Knot oder Double-Knot?

Je nach Ursprungsland existieren unterschiedliche Erklärungen für die Begriffe Single-Knot und Double-Knot, und auch im Handel werden sie zum Teil verwirrend und widersprüchlich verwendet. Im Allgemeinen wird Double-Knot mit einer besseren Qualität als Single-Knot gleichgesetzt - allerdings werden in Pakistan bei Double-Knot-Ware keine zwei Knoten geknüpft, wie der Name vermuten lässt.

Bei pakistanischer Single-Knot-Ware wird nach jeder Knotenreihe ein Schuss eingefügt, bei Double-Knot zwei Schüsse. Korrekt müsste es also Single-Weft oder Double-Weft heißen. Durch die Verwendung des zweiten stramm eingetragenen Schussfadens bei der Double-Knot-Ware, ergibt sich eine Schichtung im Grundgewebe: Die Kettfäden liegen nicht mehr parallel, sondern auf zwei Ebenen. Man erkennt das am einfachsten auf der Rückseite des Teppichs. Ist nur ein Knotenbogen pro Knoten auf der Rückseite zusehen, wurden zwei Schussfäden nach jeder Knüpfreihe eingetragen - es ist ein Teppich in Double-Knot-Technik. Durch die zwei Schüsse bekommt der Teppich einen deutlich festeren Griff. Sind pro Knoten zwei Knotenbögen zu erkennen, liegen die Kettfäden parallel. Dann handelt es sich um weichgriffige Single-Knot-Ware.

Sonderfälle Ziegler und Kazak-Nachknüpfungen

Gut 3,5 Mio. Menschen flüchteten 1979 während der russischen Invasion in Afghanistan nach Pakistan. Viele davon waren Teppich-Knüpfer und brachten ihre Kenntnisse nicht nur ihren Landsleuten bei, die so für ihren Lebensunterhalt sorgen konnten, sondern auch Pakistanern. Die afghanischen Knüpfer fertigen vor allem Choubi-Teppiche in allen denkbaren Qualitätsstufen. Seit einigen Jahren wandern viele dieser Flüchtlinge zurück in ihr Heimatland Afghanistan, weil sie dort wieder eine Zukunft für sich und ihre Familien sehen. Der Bund zwischen Afghanen und Pakistani besteht allerdings noch immer. Und so werden vor allem Ziegler und Kazak-Knachknüpfungen meist in Afghanistan gefertigt. Wegen der mangelnden Infrastruktur in Afghanistan gelangen die Teppiche nach Pakistan und werden meist über den Umschlagplatz Peschawar in alle Welt gebracht und als pakistanische Teppiche deklariert. Ware aus Afghanistan lässt sich in der Regel am verwendeten symmetrischen Knoten erkennen.

Einstiegspreislage

Insbesondere für Prospekt-Aktionen im Einzelhandel eignen sich Qualitäten in den Knüpfeinstellungen 6/6 und 8/8. Beliebt ist die Ware wegen ihrer plakativen Musterung, die besonders auf Fotos gut zur Geltung kommt. Diese sehr grobe Ware wird selten absortiert, sondern meist auf Bestellung geknüpft. Verwendet wird hier preiswerte einheimische Wolle, die im Gegensatz zu hochwertiger Wolle trockener ist und über weniger Glanz verfügt. Durch die Single-Knot-Knüpfung erhält diese 2-ply-Ware ihren sehr weichen Griff. Geknüpft wird die Einstiegspreislage überwiegend in der Provinz Punjab.

Lahore-Ware

In der Regel wird bei Lahore-Ware gute pakistanische Wolle eingesetzt. Die Knüpfeinstellungen bewegen sich zwischen 9/14 und 9/16 und sind somit deutlich feiner, als bei der namenlosen Einstiegspreislage. Geknüpft wird meist mit einem Florfaden, der aus zwei Einzelfäden verzwirnt ist (2-ply) im Heimfleiß in der Provinz Punjab. Die Auftraggeber sitzen in der Provinzhauptstadt Lahore, sammeln dort die Ware ein und waschen sie. In Lahore findet auch das Finishing statt - daher die Bezeichnung Lahore-Ware. Die in Lahore fertiggestellten Teppiche werden für den Export nach Karachi gebracht und von dort aus verschifft.

Bei hochwertiger Lahore-Ware wird ein Mix aus pakistanischer und australischer Wolle eingesetzt und dann mit einem Florfaden, der aus drei Einzelfäden verzwirnt ist (3-ply), geknüpft. Diese Ware, bei der überwiegend das Buchara-Muster verwendet wird, hat einen anderen Griff als die 2-ply-Ware. Sie fühlt sich fleischiger und damit hochwertiger an.

Karachi-Ware

Die unter dem Begriff Karachi-Ware gehandelten Teppiche gelten als hochwertigste pakistanische Ware. Das hat gleich mehrere Gründe: Mit 9/16 und 9/18 ist die Knüpfeinstellung deutlich feiner als bei Lahore-Ware. Zusätzlich wird ein Mix im Verhältnis 50:50 aus einheimischer und der besonders hochwertigen australischen Wolle verwendet. Die meisten Qualitäten weisen heute außerdem einen Seidenanteil von 10-15 % auf. Schon die hochwertige Wollmischung in Kombination mit der Seide verleiht der Karachi-Ware einen besonders intensiven Glanz. Verstärkt wird dieser Glanz bei der Teppichwäsche durch das salzhaltige Wasser aus Region. Produziert wird sowohl 2-ply- als auch 3-ply-Ware in der Provinz Sinth. Auch bei Karachi-Ware ist der Heimatort der Produzenten Namensgeber.

Persisch gemusterte Ware

Während die bisher beschriebenen Qualitäten nur als Single-Knot-Ware erhältlich ist, wird persisch gemusterte Ware als Double-Knot-Ware geknüpft. Über viele Jahre wurden persische Muster von pakistanischen Knüpfern in großen Mengen kopiert und auch den unterschiedlichen Geschmäckern der verschiedenen Märkte angepasst. Nach Europa gelangt diese Ware derzeit nur noch selten. Preiswertere persisch gemusterte Teppiche aus Indien haben ihnen dort den Rang abgelaufen.
aus Carpet Magazin 04/12 (Teppiche)