Zollanvari ist Spezialist für persische Nomadenteppiche

"Unsere Philosophie: Das Design muss Ruhe ausstrahlen"

In der Orientteppichbranche gilt Produzent Zollanvari als Vorreiter in Sachen zeitgemäßer, hochwertiger Nomaden- und Bauernteppiche aus Südpersien. Das Familienunternehmen, verwurzelt im südpersischen Shiraz, versteht es, seinen Knüpferinnen Orientierungshilfen zu geben, ohne ihre Ideen und Handwerkskunst grundsätzlich zu beeinflussen. Das Ergebnis: die Teppiche besitzen Ausdruckskraft und genuinen Duktus.

Einen Einblick in ihre Produktion gewähren innovative Unternehmen der Orientteppichbranche meist nur ungern - zu groß ist die Angst vor
Musterklau, was zweifelsfrei berechtigt ist, denn Designentwicklung erfordert hohe Investitionen. Auf Messen zeigt man sein neuestes Sortiment einem ausgesuchten Publikum sogar häufig nur noch hinter hohen Stellwänden - ebenfalls nachvollziehbar. Um so höher wiegt eine Einladung, alle Produktionseinheiten im Ursprungsland zu besichtigen, insbesondere wenn sie vom Vorreiter in Sachen zeitgemäßer, hochwertiger Nomaden- und Bauernteppiche aus Südpersien ausgesprochen wird.

Das seit etwa 1850 bestehende und aus Shiraz stammende Unternehmen Zollanvari beauftragt wandernde und halb- oder sesshaft gewordene Nomaden in ganz Süd-Persien mit der Produktion von Knüpfteppichen und Flachgeweben. Gashghai, Belutschen und Afscharen sind die Hersteller der ausdrucksvollen Zollanvari-Ware. In weiteren Gebieten laufen ebenfalls Entwicklungen, die allerdings noch der Geheimhaltung unterliegen - die Produktion wird kontinuierlich weiterentwickelt und hinsichtlich ihrer Verkäuflichkeit auf dem westlichen Markt überprüft.

Allein im Gebiet der Gash-ghais werden auf rund 1.000 Knüpfstühlen Teppiche für Zollanvari gefertigt. In ganz Persien sind Frauen an insgesamt etwa 10.000 Knüpfstühlen für das Familienunternehmen tätig und stellen zusammen jährlich bis zu 80.000 Teppiche her - beeindruckende Zahlen, zumal die Arbeiten ständig von Zollanvari-Mitarbeitern vor Ort kontrolliert werden. Spätestens alle drei Tage wird überprüft, ob die Knüpferinnen korrekt arbeiten, ob beispielsweise die Teppiche gerade gearbeitet sind - eine aufwändige Qualitätskontrolle.

Das Geheimnis der Zollanvari-Teppiche

Dabei versteht es das weltweit agierende Unternehmen, seinen Knüpferinnen Orientierungshilfen hinsichtlich des westlichen Geschmacks zu geben, ohne ihre Ideen und Handwerkskunst grundsätzlich zu beeinflussen. "Eigenentworfene" Designs der Knüpferinnen werden oftmals aufgegriffen, eventuell modifiziert und erneut in Auftrag gegeben, wenn sie als verkäuflich eingeschätzt werden. Den Knüpferinnen wird dann nur einmal eine Vorlage gezeigt, danach knüpfen sie aus dem Gedächtnis und realisieren sogar eigenständig unterschiedliche Größen. "Das Geheimnis unserer Teppiche besteht darin, dass wir den Nomaden zwar helfen, ihre Ideen umzusetzen, sie aber sonst frei von Zwängen arbeiten lassen. Anregungen für neue Designs sammeln sie auf ihren Wanderungen oder im Alltagsleben. Genauso werden aber auch alte, traditionelle Mus-ter verwendet", heißt es bei Zollanvari. Das Ergebnis: die Teppiche besitzen Ausdruckskraft und genuinen Duktus.

Die grundsätzliche Richtung des Sortiments gibt Firmenchef Hadij Gholam Reza Zollanvari vor. Hinsichtlich der Designs gilt eine einfach klingende, aber sicherlich nicht einfach umzusetzende Leitlinie: "Unsere Philosophie lautet: Das Design muss Ruhe ausstrahlen", erläutert Sohn Hamid Zollanvari, im Unternehmen zuständig für Entwicklung und Produktion. "Unsere erfahrenen Knüpferinnen besitzen an sich schon ein gutes Gefühl für Design. Dennoch ist es wichtig, dass der Auftraggeber Muster und Farbgebung optimiert und zusätzlich auf eine gute Qualität der Teppiche achtet." Und mit Blick auf die allgemein rückläufigen Importzahlen von Orientteppichen nach Deutschland fügt er hinzu: "Wenn alle Hersteller dies berücksichtigten, würde die Teppichproduktion im Iran wieder anziehen."

Neben dem Design und dem Können der Knüpferinnen spielt für Zollanvari auch die Qualität der eingesetzten Materialien eine wichtige Rolle. Der überwiegende Teil der Teppiche wird mit Wolle (Winterschur) von Zagros-Schafen gefertigt. Das raue Gebirgsklima ergibt eine sehr robuste Wolle, die eine lange Lebensdauer der Endprodukte verspricht. Außerdem sei sie Grundlage für die Ausdruckskraft und das lebendige Erscheinungsbild der Teppiche, sagt Hamid Zollanvari. Ein weiteres Qualitätskriterium ist die ausschließliche Verwendung von Pflanzenfarben beim Einfärben der Wolle. Zur Vorbereitung und Fixierung der Farben kommen ebenfalls nur natürliche Produkte zum Einsatz. Zudem werde kein Perpetin bei der Teppich-Wäsche benutzt, betont Zollanvari.

Vorbereitung und Nachbearbeitung werden selbst ausgeführt

Um den hohen Anforderungen gerecht zu werden, die das Unternehmen selbst an seine Handelsware stellt, führt es zahlreiche Produktionsschritte selbst aus. Nach der Schafschur durch die Nomaden in den Bergen wird die Wolle in Eigenregie aufgearbeitet. Das Färben erfolgt in der firmeneigenen Wollfärberei in der Nähe des Flughafens von Shiraz. Anschließend wird die Wolle zur Niederlassung nördlich der Stadt gebracht, wo sie zum Trocknen im Sommer in die Sonne gelegt und im Winter in großen, beheizbaren Lagerhallen auf Wäscheleinen gehängt wird. Wolle, die die Knüpferinnen nicht mehr benötigen oder als minderwertig einschätzen, nimmt Zollanvari zurück. Es wird ausdrücklich gewünscht, dass auf schlechte Qualitäten hingewiesen wird, die sich oft erst bei der Verarbeitung zeigen. Nur so könne das gemeinsame Ziel, hochwertige Teppiche herzustellen, erreicht werden.

Die Dependance an der Autobahn Richtung Persepolis enthält darüber hinaus auch ein eigenes Farblabor, in dem Farben aus pflanzlichen Materialien gewonnen und neue Kolorits entwickelt werden. Zudem ist sie Sammelstelle für alle von den Nomadenfrauen in den Bergen fertig gestellten Teppiche, bevor sie weiter nach Teheran transportiert werden. Zuvor allerdings wird jedes einzelne Stück einer eingehenden Qualitätskontrolle unterzogen, die Knoten werden gezählt und das Format gemessen.

Etwa einmal pro Woche trifft ein großer Lastwagen voll mit Teppichen aus Shiraz in der Zollanvari-eigenen Wäscherei in Teheran ein. Jeder Teppich durchläuft mindes-tens zweimal einen mehrstufigen Waschvorgang, einige sogar bis zu viermal. Über die Häufigkeit entscheidet der routinierte Werksleiter. Die Teppiche werden getrocknet und anschließend geschoren, dann in die nahe gelegene Zollanvari-Niederlassung gebracht, wo die letzten Arbeitsschritte erfolgen: Endtrocknung, Spannen, Endschur und Auszeichnung mit Label und Barcode. Von hier aus werden die Knüpfungen und Flachgewebe schließlich in die ausländischen Niederlassungen verschickt. Der schnellste Zollanvari-Fahrer benötigt nur sieben Tage bis Hamburg oder Zürich, wo sich die beiden ausländischen Tochterunternehmen des Produzenten befinden.

Ausbau der Knüpfstühle geplant

Europa stellt für Zollanvari den nach wie vor wichtigsten Exportmarkt dar. Ebenfalls gute Verbindungen bestehen nach Japan und in den Fernen Osten, teilweise wird auch in die Golfstaaten exportiert. Neu im Aufbau befindet sich eine Niederlassung in den USA.

Um allen in- und ausländischen Verpflichtungen gerecht zu werden, setzt die Familie Zollanvari auf Aufgabenteilung: Firmenchef Hadij Zollanvari gibt die grundsätzliche Richtung vor, sein Sohn Hamid verantwortet, wie gesagt, Entwicklung und Produktion. Sein älterer Bruder Reza leitet die Niederlassung in Zürich und betreut Europa (außer Deutschland) und die USA, Schwager Ali Parto führt die Hamburger Dependance und ist für den deutschen, skandinavischen und südamerikanischen Markt zuständig.

Für die Zukunft will das Traditionsunternehmen, das in Shiraz und Teheran insgesamt rund 170 Mitarbeiter beschäftigt, in wohl überlegten Schritten weiter wachsen. Basis dafür sind Erfahrungen aus einer 150jährigen Firmengeschichte: Seit etwa 1850 handelt die Familie Zollanvari, die nach wie vor in Shiraz fest verwurzelt ist und ein eigenes Geschäft im berühmten Bazar der Stadt betreibt, mit südpersischen Nomadenteppichen. In das Exportgeschäft stieg sie vor etwa 40 Jahren ein und lieferte zunächst in die Golf-Staaten. 1989 gelang mit dem Gabbeh der Durchbruch in Europa, als man als eines der ersten Unternehmen die vom Westen geforderten Formate anbot. Jetzt soll die Zahl der Knüpfstühle im Heimatland weiter erhöht werden - Zollanvari sieht auf dem Weltmarkt noch
Expansionschancen.
aus Heimtex Orient 03/01 (Wirtschaft)