Stellungnahme

Hochwertige Malerarbeiten zur Discountware degradiert?

Die maßgebliche Beteiligung der Sto AG an der Tchibo-Sto-Aktion sieht Thomas Heymann als eine freie unternehmerische und daher auch völlig legitime Entscheidung. Trotzdem will er sie nicht kritiklos hinnehmen und sagt seine Meinung dazu. Der Diplomkaufmann ist geschäftsführender Gesellschafter der Gebr. Heymann GmbH und ehrenamtlicher Vorstand der Maler-Einkauf Süd-West eG, in deren Namen er diese Stellungnahme verfasste.

Es ist seit langem hinlänglich bekannt, dass Tchibo einen Großteil des Umsatzes nicht durch den Verkauf von Kaffee, sondern durch Discount-Angebote macht. In diesem Bereich gehört Tchibo sicher zu den Vorreitern der "Geiz-ist-geil"-Bewegung.

Im Umfeld der Angebote von Billigprodukten hat Tchibo jetzt auch Malerleistungen angeboten, die damit quasi zur Discountware degradiert werden. Plakativ wird ein Festpreis pro Quadratmeter Wohnfläche beworben. "Alles drin: Anfahrt, Farbe, Abdecken, Verrücken, Anstreichen. Für nur RUR 16.99/qm Wohnfläche", heißt es auf der Internetseite. Dass Zuzahlungen notwendig werden, wenn der eng gefasste Leistungsrahmen überschritten wird, erfährt der Verbraucher erst im Kleingedruckten auf der nächsten Seite. Ausgeführt werden die Malerleistungen über die QHP HausProfis GmbH. Aus den Vertragsentwürfen der HausProfis als Angebot an ausführende Malerbetriebe geht hervor, dass das Material, Sto Climasan, deutlich unter den von Sto bekannten Listenpreisen zur Verfügung gestellt wird. Es handelt sich also allem Anschein nach um eine gemeinsame Aktion des Kaffeerösters Tchibo und der Sto AG.

Darf und kann jeder Malerleistungen erbringen?

Das Angebot von Malerleistungen im Tchibo-Discountumfeld weckt oder bestätigt beim Endverbraucher den Eindruck, Malerarbeiten seien so simpel, dass sie jeder ausführen könne, und dass es nur auf den Preis ankäme. Die Schnäppchen-Jagd steht im Vordergrund. Kriterien wie Fachberatung, Service, Qualität, Zuverlässigkeit, Vertrauen, Fachkenntnis und Fachpersonal spielen eine völlig untergeordnete Rolle.

(Zer-)störung der Kundenbeziehungen

Für die Interessenvertretung unseres Verbandes gegenüber der Politik ist ein derart erzeugter Eindruck natürlich katastrophal, vor allem im Hinblick auf die dauernd schwelende Diskussion um die Berechtigung des Meisterzwangs im Maler- und Lackiererhandwerk. Politiker wie zum Beispiel Rezzo Schlauch, werden die Frage neu und anders stellen: "Wozu brauchen wir noch eine qualifizierte Meisterausbildung als Voraussetzung, wenn schon der Discounter Tchibo Malerleistungen anbietet?"

Die Tchibo-Aktion, darauf wurde von Verbandsseite auch schon hingewiesen, ist geeignet, lange bestehende Kundenbeziehungen der Malerbetriebe zu zerstören, zumindest massiv zu stören. Unkritische Kunden werden das Tchibo-Angebot wahrnehmen; der bisher für den Kunden tätige Betrieb ist zumindest einen Auftrag erst einmal los. Dem kritischen und fragenden Kunden müssen die Unterschiede zwischen VOB-üblicher Abrechung und der von Tchibo/Sto angebotenen Abrechung, die von Haupt- und Nebenleistungen sowie vor allem die neben dem Preis weiteren maßgeblichen Kriterien für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aufwändig erläutert werden. Eine allgemeine Verunsicherung von Malerkunden ist als Mindestergebnis der Aktion zu erwarten.

Da die an der Aktion teilnehmenden Betriebe Sto Climasan in der Regel günstiger als alle anderen Malerbetriebe von Sto beziehen können, wird hier massiv in den Wettbewerb eingegriffen. Falls ein Kunde ein Vergleichsangebot zu den Konditionen der Tchibo-Sto-Aktion haben möchte, ist der Malerbetrieb dadurch grundsätzlich gezwungen, mit höheren Materialkosten zu kalkulieren.

"Mein eigener Lieferant macht mir Konkurrenz!"

Selbstverständlich ist die maßgebliche Beteiligung der Sto AG an der Tchibo-Aktion eine freie unternehmerische Entscheidung des Hauses Sto und daher auch völlig legitim. Man kann auch, muss aber nicht der Meinung sein, das Angebot von Malerleistungen über einen Discounter entspreche unserem Zeitgeist und der sei nicht aufzuhalten. Man kann auch sagen, dass sich andere Hersteller, hätten sie die Gelegenheit gehabt, auch nicht anders entschieden hätten.

Für mich bleiben, kritisch betrachtet aber einige Fragen offen. Entspricht das alles einer klaren Strategie? Kann man tatsächlich auf allen möglichen Hochzeiten tanzen? Kann man gleichzeitig Partner des Handwerks, der Verbände, jedes einzelnen Maler- und Lackiererbetriebes sein wollen und dennoch über Tchibo Kundenbeziehungen stören, Malerleistungen massiv entwerten und mit Billigprodukten gleichsetzen, Verbandsarbeit extrem schwächen und durch stark unterschiedliche Materialpreise einseitig in den Markt eingreifen?

Die Verbände unseres Handwerks und alle Maler- und Lackiererbetriebe müssen diese Fragen für sich beantworten. Für unseren Betrieb stelle ich fest und frage mich: "Mein eigener Lieferant macht mir Konkurrenz. Soll ich weiterhin Produkte von ihm kaufen?"
aus BTH Heimtex 05/07 (Wirtschaft)