Neues Betätigungsfeld für Raumausstatter

Home Staging - Schöne Räume verkaufen sich leichter

In den USA und Skandinavien längst ein florierendes Geschäft, in Deutschland noch so etwas wie ein Geheimtipp: Home Staging. Mit dem professionellen "Aufhübschen" von Immobilien für Vermietung oder Verkauf können auch Raumausstatter ihr Dienstleistungsspektrum erweitern. BTH Heimtex hat mit einer Reihe von Homestagern gesprochen und zeigt, wie Home Staging funktioniert.

Wer eine Wohnung mieten oder ein Haus kaufen möchte, hat häufig Schwierigkeiten, sich die leeren Räume mit den eigenen Möbeln vorzustellen - oder die derzeitige Einrichtung im Kopf durch die eigene zu ersetzen. Nur jeder Fünfte schafft das und so gestalten sich Vermietung oder Verkauf oft schwieriger als nötig. Doch es gibt Hilfe: Home Staging heißt eine bei uns noch relativ neue und unbekannte Dienstleistung, deren wörtliche Übersetzung schon sagt, worum es geht: das Heim in Szene zu setzen.

Home Staging kommt aus den USA und ist auch in Skandinavien sehr verbreitet. "Eigentlich ist die Sache ganz einfach: Wir machen etwas hübsch, damit es sich besser verkaufen oder vermieten lässt", erklärt Ina Kohls-Krüger, die sich in Hamburg vor einigen Jahren als Homestagerin selbstständig gemacht hat. Der Blick wird auf das Schöne fokussiert, Stärken werden betont und Schwachpunkte - beispielsweise eine dunkle Ecke oder eine Wand aus Glasbausteinen - optimiert. "Baumängel zu verdecken, ist allerdings tabu", hebt Kohls-Krüger hervor.

Der erste Eindruck zählt


Sie arbeitet vor allem für Makler, die beim ersten Eindruck der Immobilie nichts dem Zufall überlassen wollen. Denn egal ob Foto, Video oder Besichtigung vor Ort: Fühlt sich der Interessent unwohl oder wird vom Erscheinungsbild der Wohnung sogar abgeschreckt, sinken die Chancen für einen Verkauf rapide.

Auch die Statistik spricht für das Home Staging: Immobilien werden schneller verkauft - der Leerstand reduziert sich bis zur Hälfte - und erzielen häufig einen höheren Preis, wenn sie vorher richtig in Szene gesetzt wurden, heißt es von der Gesellschaft für Home Staging und Redesign. In der DGHR haben sich 150 der rund 250 in Deutschland tätigen Homestager zusammengeschlossen. Die arbeiten vor allem in Großstädten und Ballungszentren, wo trotz des Immobilienbooms nicht jedes Objekt sofort und zum gewünschten Preis zu veräußern ist. Aber auch bei Feriendomizilen und Musterhäusern bedient man sich inzwischen häufiger der Dienste eines Homestagers.

Das Home Staging simuliert eine reale Wohnsituation - nicht nur in einem Raum, sondern in der ganzen Wohnung, "denn es geht um den Gesamteindruck", wie Kohls-Krüger betont. In der Regel werden sämtliche Einrichtungsgegenstände von ihr mitgebracht und auf Zeit so arrangiert, dass sich ein möglichst breiter Interessentenkreis davon angesprochen fühlt. Das Umgestalten einer bewohnten Wohnung ist eher die Ausnahme, kommt aber auch vor. Dann heißt es, die Zimmer so weit zu entpersonalisieren, dass der besondere Charakter der Immobilie zum Vorschein kommt und nicht der seiner momentanen Bewohner.

Neutralisieren statt Dekorieren


Darin liegt der wesentliche Unterschied zur Arbeit des Raumausstatters: "Es ist eine andere Denk- und Herangehensweise, kein Dekorieren, sondern Neutralisieren", fasst es Sylvia Hackhausen zusammen. Die gelernte Raumausstatterin aus Euskirchen bei Bonn arbeitet seit zwei Jahren als Homestagerin. Sie setzt dabei in erster Linie auf positive Emotionen, denn bei mehr als einem Dreiviertel der Immobiliensuchenden entscheide das Bauchgefühl; bei Frauen sei der Anteil sogar noch höher.

Grundsätzlich sind die Fähigkeiten und Kenntnisse eines Raumausstatters aber eine hervorragende Basis für das Home Staging. "Den Rest kann man bei der DGHR lernen", weiß Wiebke Rieck aus Witten, die als Innenarchitektin zum Home Staging gekommen ist. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern des Verbandes und ist dort nicht nur im Vorstand aktiv, sondern auch als Referentin in den Seminaren, die für den Nachwuchs angeboten werden. Darin werden unter anderem die Gestaltung des Werkvertrages, Fragen zur Raumaufteilung und der Optimierung von Licht und Gerüchen, aber auch die günstige Beschaffung von Möbeln angesprochen.

Investitionen und Durchhaltevermögen erforderlich


Letzteres spielt eine große Rolle unter finanziellen, aber auch logistischen Gesichtspunkten. "Es sind nicht unbedingt Designermöbel, sondern ein guter Mix, in dem auch mal Ikea auftaucht", erklärt Ina Kohls-Krüger. "Die Einrichtungsgegenstände müssen zeitlos sein, gut kombinierbar, leicht zu transportieren und zu verpacken - lieber klein als groß", nennt sie die wichtigen Kriterien jenseits des Preises. Sie selbst hat derzeit drei Wohnungen und Häuser ausgestattet.

Auch wenn Kohls-Krüger Raumausstattern das Home Staging grundsätzlich als zusätzliches Betätigungsfeld empfehlen kann, warnt sie davor, die damit verbundenen Investitionen und den zeitlichen Aufwand zu unterschätzen: "Als Startkapital würde ich mindestens 20.000 EUR veranschlagen. Dann braucht man ausreichende Lagerräume für Möbel und Dekorationsartikel." Außerdem könne man Home Staging nicht nebenher betreiben. "Wer hier erfolgreich sein will, muss zumindest in der Anfangszeit viel Akquise betreiben, weil die Kunden hierzulande noch nicht von sich aus auf einen zukommen", so ihre Erfahrungen.

Potenzial für Raumausstatter


Aber der Markt wächst und damit auch die Verdienstmöglichkeiten. Die Honorare richten sich in der Regel nach Aufwand und Wert der Immobilie. Das Spektrum reicht von der Beratung über die reine Ausstattung bis zum Rund-um-sorglos-Paket inklusive Entrümpelung und handwerklicher Leistungen zur Instandsetzung. In der Regel liegt die Vergütung zwischen 1 und 3 % des Verkaufspreises bzw. bei anderthalb Monatsmieten. Hinzu kommen mögliche Folgeaufträge der neuen Eigentümer oder der privaten Auftraggeber für die eigene Wohnung.

"Mitunter sind es ja völlige Neugestaltungen, von denen sich Privatkunden vorher kaum eine Vorstellung machen können", erzählt Kohls-Krüger. "Die sind in der Regel begeistert von dem, was ich aus ihren Räumen gemacht habe. Wäre ich Raumausstatter, wäre das ganz sicher eine Möglichkeit, neue Kunden zu gewinnen."

Wer selbst nicht ins Home Staging einsteigen will, kann trotzdem als Kooperationspartner zusätzliche Umsätze generieren. So arbeitet Conni Suhr, die in Hamburg zwei Raumausstattungsgeschäfte betreibt, mit dem Home Staging-Unternehmen Woon Mooi zusammen: "Wir bekommen von dort seit vier Jahren regelmäßig Aufträge, beispielsweise für die Fensterdekoration in Musterwohnungen."

Home Stager-Verband gibt Starthilfe


Seit 2010 gibt es die Deutsche Gesellschaft für Home Staging und Redesign (DGHR). Von Wiesbaden aus vertritt der Verband die Interessen seiner derzeit rund 150 Mitglieder. Es gibt neun Koordinatoren auf Landesebene sowie je eine Repräsentantin in Österreich und der Schweiz. Neben der Vernetzung der Mitglieder gehören auch Aus- und Weiterbildung in diesem vergleichsweise neuen Berufsfeld zu den Aufgaben der Mannschaft um die Vorsitzende Iris Houghton. Neben fachlichen Fertigkeiten werden dort auch eher betriebswirtschaftliche, organisatorische und Marketingthemen behandelt.

Deutsche Gesellschaft für Home Staging und Redesign e.V.
Vorsitzende: Iris Houghton, Geschäftsführer: Frank Korte
Wörthstraße 5, 65185 Wiesbaden, Tel.: 0611/52 54 11
Fax: 0611/5 89 38 32, www.dghr-info.de, kontakt@dghr-info.de


Interview mit Ina Kohls-Krüger, Homestagerin aus Hamburg

"Home Staging ist etwas anderes als Raumausstattung"


Ina Kohls-Krüger arbeitet seit 2011 als selbstständige, von der Deutschen Gesellschaft für Home Staging und Redesign (DGHR) zertifizierte Home Staging-Professional (www.wohngesicht.de). Für den Verband ist sie auch als Koordinatorin in Hamburg tätig.

BTH Heimtex: Frau Kohls-Krüger, wie sind Sie zum Home Staging gekommen?

Ina Kohls-Krüger: Ich habe 2009 das Home Staging für mich entdeckt. Nach einem Fernstudium Raumgestaltung und Innenarchitektur bin ich zur DGHR gestoßen und habe dort eine Ausbildung gemacht. Seit 2011 biete ich unter dem Namen Wohngesicht professionelles Home Staging in und um Hamburg an.

BTH Heimtex: Was waren die ersten Schritte nach der Ausbildung?

Kohls-Krüger: Ich habe mir einen Lagerraum gesucht, Möbel und Dekoartikel besorgt und bin in die Akquise eingestiegen. Das war anfangs sehr hart, weil Home Staging in Deutschland erst nach und nach bekannt wird. Auch heute rennen die Kunden einem nicht unbedingt die Türe ein, aber unter Maklern spricht es sich mehr und mehr herum, dass sich mit vergleichsweise geringem Aufwand große Effekte erzielen lassen. Und mit dieser zusätzlichen Dienstleistung für seine Kunden kann sich der Makler von der Konkurrenz abheben.

BTH Heimtex: Bekommen Sie auch Aufträge von Privatleuten?

Kohls-Krüger: Ja. Aber die versuchen meist erst einmal selbst, das Haus oder die Wohnung aufzuhübschen. Erst wenn sie damit keinen Erfolg haben, wenden sie sich an einen Profi.

BTH Heimtex: Wie gehen Sie vor, wenn Sie eine Wohnung umgestalten?

Kohls-Krüger: Die Ausgangslage ist ähnlich wie in einem Hotel: Da weiß man auch, dass vorher jemand das Zimmer bewohnt hat, aber man will es nicht sehen. Das ist mein Ziel. Natürlich habe ich auch bestimmte Vorstellungen, wie das zu erreichen ist, aber ein Gesamtkonzept gibt es nicht immer - die Ideen kommen oft nach und nach. Ich mache mir Gedanken über mögliche Nutzungen der Räume, die von der aktuellen durchaus abweichen können. Und ich muss mir überlegen, wer als Käufer oder Mieter in Frage kommt.

Beim Gang durch die Wohnung wäge ich dann ab: Was kann bleiben, was muss unbedingt ausgetauscht, erneuert oder gemalt werden? Natürlich spielen auch die Kosten dabei eine Rolle.

BTH Heimtex: Worauf legen Sie bei der Gestaltung Wert?

Kohls-Krüger: Meine Devise lautet: Weniger ist mehr. Alles soll luftig wirken, den Blick auf bestimmte Elemente oder Teile der Wohnung richten, aber dem Betrachter auch Raum für eigene Ideen lassen.

BTH Heimtex: Arbeiten Sie alleine?

Kohls-Krüger: Was die Planung angeht, ja. Bei der Umsetzung kooperiere ich nach Bedarf mit Maler, Elektriker oder Entrümpler, auch mit einem Gärtner, damit der Blick in den Garten den Gesamteindruck nicht kaputt macht. Denkbar wäre auch eine Zusammenarbeit mit einem Fotografen - denn die Wohnung muss ja auch auf Bildern im Internet vorgestellt werden.

BTH Heimtex: Würden Sie denn einem Raumausstatter den Einstieg ins Home Staging empfehlen?

Kohls-Krüger: Es spricht nichts dagegen. Aber man darf Home Staging und Raumausstattung nicht verwechseln. Ich empfehle daher, auf jeden Fall eine Weiterbildung etwa bei der DGHR zu machen. Dann kann das ein interessantes zusätzliches Standbein werden.

BTH Heimtex: Worin sehen Sie denn den wesentlichen Unterschied?

Kohls-Krüger: Ich nehme nicht immer die Bohrmaschine wie der Raumausstatter, manchmal reichen auch Kleber oder Nägel. Als Raumausstatter konzentriert man sich auf die Wünsche des Bewohners und verkauft ihm Produkte nach dessen individuellem Geschmack. Ich dagegen schaue mit den Augen potenzieller Käufer. Um denen ein "hier will ich leben"-Gefühl zu geben, zählt der optische Gesamteindruck der Immobilie, innen wie außen. Alle Maßnahmen sind darauf ausgerichtet, den besten Eindruck zu hinterlassen. Dabei muss ich nicht den Geschmack des Eigentümers treffen, sondern ein möglichst neutrales, aber gleichzeitig ansprechendes Ambiente schaffen.
aus BTH Heimtex 09/13 (Handwerk)