Interview des Monats: Vespo Groep, Eindhoven/NL

"Mit der Marke Walra habe ich noch große Pläne"

Der deutsche Markt ist dem niederländischen Textilunternehmen Vespo Groep nicht unbekannt, bislang allerdings eher im Bekleidungsbereich. Doch jetzt möchte Firmeninhaber Ed Veelenturf den deutschsprachigen Raum auch mit seinen Haustextilien erobern, allen voran mit seiner Traditionsmarke Walra. Wie ist diese Marke konzipiert? Wen spricht das Unternehmen mit dieser Kollektion an? Wie ist die Vespo Groep aufgestellt? Diese Fragen, und viele andere, beantworten im Haustex-Gespräch Firmenchef Ed Veelenturf und Peter Schneider, Marketing- und Salesmanager der Düsseldorfer Deutschland-Tochter.

Haustex: Seit einem Jahr ist Vespo auf dem deutschen Markt aktiv. Welche Erfahrungen haben Sie in der Zeit gemacht?

Ed Veelenturf: Wir haben die Vespo GmbH in Düsseldorf zum 1. November letzten Jahres gegründet. Die erste Ware haben wir Anfang dieses Jahres ausgeliefert. Das Geschäft läuft gut an. Wir haben mit unserer Schlumpf-Kollektion begonnen, den deutschen Haustextilien-Markt für uns zu erschließen, für die wir die Lizenzrechte für den gesamten europäischen Markt besitzen. Diese Kollektion haben wir wegen ihrer Bekanntheit als strategischen Türöffner für den deutschen Markt genutzt. Durch den Kinofilm ist diese Kollektion derzeit ziemlich gefragt. Ein weiterer Film wird 2015 folgen, so dass wir hoffen, die Lizenz noch über einige Jahre nutzen zu können. Aber langfristigen, wirklich nachhaltigen Erfolg erwarten wir uns von unserer eigenen Marke Walra, die wir dem Handel im Anschluss in einem zweiten Schritt vorgestellt haben.

Peter Schneider: Ich kann das nur bestätigen. Die Schlumpf-Bettwäsche war bestens dazu geeignet, den gesamten deutschen Bettenhandel auf Vespo aufmerksam zu machen. Dadurch habe ich den Zutritt zu zahlreichen interessanten Firmen bekommen. Wenn ich dort dann auch noch unsere Kollektion Walra vorgestellt habe, fand ich häufig lebhaftes Interesse. Alleine mit Walra wäre mir dieser Erfolg allerdings nicht so leicht gelungen, denn hierzulande kennt man diese Marke, im Gegensatz zu Benelux, noch so gut wie gar nicht.

Veelenturf: Die Bekanntheit bei uns ist aber auch nicht zu toppen, denn laut einer Umfrage kennen 82 Prozent aller Verbraucher in den Benelux-Staaten diese Marke.

Haustex: Von solch einem Wert träumen die deutschen Bettwäsche-Hersteller.

Veelenturf: Der Erfolg der Marke kam natürlich auch nicht von gestern auf heute. Es gibt sie bereits seit 1873, also 140 Jahre. Dank der langen Tradition kann sich die Marke auch als Hoflieferant des Königshauses bezeichnen. Sie wurde gegründet von der Familie Van Dijk. Walra war über Jahrzehnte die Aussteuer-Marke für frisch verheiratete Ehepaare in Holland. Ihre Besonderheit war neben der sehr hohen Qualität auch die Art der Vertriebsform, denn die Ware wurde über Berater vor Ort, also zu Hause bei den Kunden angeboten und verkauft, verbunden mit dem Versprechen, dass die Ware ein Leben lang halten würde. Und die Qualität war wirklich ganz hervorragend. Erst kürzlich hat sich bei uns eine Kundin beschwert, dass die Kopfkissenbezüge, die sie immerhin schon 50 Jahre hat, verschlissen seien und Ersatz gefordert. Doch das nur nebenbei.

Diese Vertriebsform bei den Verbrauchern zu Hause funktionierte sehr lange sehr gut. Aber dann änderte sich das Konsumverhalten, die vormals fast ausschließlich weiße Bettwäsche wurde farbig und die Konsumzyklen verkürzten sich. Damit verschwanden auch allmählich die Walra-Verkäufer, der Stellenwert der Marke sank. Zuletzt hatte die Marke keine große Bedeutung mehr im Markt. 2010 hat mir dann die Familie Van Dijk die Markenrechte angeboten, und nach nur kurzer Überlegung habe ich zugeschlagen.

Haustex: Welche Ziele verfolgt Vespo mit der Marke Walra auf dem deutschen Markt?

Veelenturf: Ich möchte das nicht nur auf den deutschen Markt begrenzen, vielmehr betrifft es die Vespo Groep als Ganzes. Etwa 70 Prozent unseres Umsatzes erzielen wir derzeit noch mit so genannten Private-Label-Produkten für große Kunden. Damit könne wir uns auf den Auslandsmärkten aber nicht profilieren. Mit Walra verfügen wir nun über eine Marke mit Tradition und hoher Bekanntheit, deren Pflege und Entwicklung alleine bei uns liegt. So etwas hatten wir im Haustextilien-Sektor bislang nicht. Wir haben Anfang dieses Jahres zwar auch die in Holland sehr bekannte und erfolgreiche Marke Lief! für unser Marken-Portefeuille erwerben können, aber dabei handelt es sich um eine Lizenz-Kollektion.

Daher bietet Walra uns strategische Möglichkeiten, die wir bislang nicht hatten. Ich habe darum mit der Marke noch einiges vor. Generell kann ich sagen, dass es mein Ziel ist, dass die Vespo Groep in fünf Jahren in Europa die Nummer eins als Lieferant von Textilien für das komplette Heim sein soll. Ich bin überzeugt, dass uns das gelingen wird. Es wird nicht einfach werden, aber gerade das liebe ich. Rom ist auch nicht an einem Tag erbaut worden. Und Walra wird dabei eine große Rolle spielen.

Haustex: Welche Konzept steckt hinter der Marke Walra?

Veelenturf: Wir haben die Ausrichtung der Marke grundsätzlich überarbeitet. Generell kann man sagen, dass sie jetzt erschwinglichen Luxus für eine möglichst breite Käuferschicht bieten soll. Für die Kollektion stehen Begriffe wie Zeitlosigkeit, Schlichtheit, Verlässlichkeit, Qualität, Kultiviertheit, Wiedererkennbarkeit, Luxuriosität und Erschwinglichkeit.

Haustex: Ist das nicht ein Widerspruch in sich selbst: Luxus und Erschwinglichkeit?

Schneider: Überhaupt nicht. Wenn Sie sich die Kollektion ansehen, werden Sie sehen, dass die Optik der Ware sehr edel und luxuriös ist. Aber preislich liegen wir bei Walra in einem sehr konsumigen Bereich. Wir können das obere Preissegment bedienen, wie auch konsumige Preislagen. Ganz teuer oder ganz billig ist nicht unsere Stärke, das überlassen wir gerne anderen. Preislich beginnen wir bei Walra bei 39,95 Euro für eine Renforcé-Qualität und in der Spitze liegen wir bei einer schönen Satin-Qualität mit 250 thread counts bei 69,95 Euro.

Haustex: Warum so günstig?

Veelenturf: Wir lassen die Ware in Fabriken herstellen, die auch für andere Bettwäsche-Anbieter arbeiten, aber wir sind in der Lage, ganz andere, günstigere Preise zu realisieren.

Haustex: Wie erreichen Sie das?

Veelenturf: Ich setze auf Menge und nicht auf besonders hohe Margen. Dadurch verdient die Gruppe trotzdem. Wir denken grundsätzlich in hohen Stückzahlen.

Schneider: Wir sind preislich schon fast zu günstig für eine attraktive Marke, haben aber den Vorteil der attraktiven Optik, die bei meinen Kunden eine hohe Begehrlichkeit weckt. Die Kollektion ist anders konzipiert und hebt sich optisch ab von der Masse des Marktes, mit zum Teil doch sehr farbintensiven Dessins.

Veelenturf: Die gesamte Kollektion überzeugt durch eine einheitliche, edle Handschrift. Bei der Bettwäsche ist Weiß ein ganz wichtiges Element, in Kombination mit reduzierten Farben. Und bei den Frottierartikeln konzentrieren wir uns beispielsweise auf nur sechs edle Farbtöne. Wenn ein Kunde unter der Marke Walra ein knalliges Rot oder ein leuchtendes Blau haben möchte, sage ich nein. Das passt nicht zum Walra-Konzept, also verzichte ich dann lieber auf Umsatz, als den Kern der Marke zu verwässern.

Haustex: Und welche Vertriebsformen im Handel wollen Sie mit Walra bedienen?

Schneider: Es versteht sich bei unserer Mengenphilosophie, dass wir uns nicht allein auf den klassischen Bettenfachhandel konzentrieren können. Er ist sicherlich ein wichtiger Absatzmarkt für uns, aber nicht der einzige. Wir wollen auch Lieferant bei Kaufhäusern und Möbelhäusern sein.

Haustex: Sie meinen, das funktioniert?

Veelenturf: Warum nicht? Warum soll bei Haustextilien nicht funktionieren, was beispielsweise bei Elektroartikeln gut klappt? Elektrorasierer finden Sie auch in Kaufhäusern wie bei Elektromärkten. Wichtig ist doch nur eines: Dass unsere Kunden die empfohlenen Verkaufspreise einhalten. Das ist für uns allerdings sehr wichtig.

Haustex: Ist Walra eine reine Bettwäsche-Kollektion?

Schneider: Bei weitem nicht! In Holland kann der Kunde im Grunde sein gesamtes Haus mit der Marke ausstatten. Walra steht auf drei Säulen: Home&Living sind unter anderem Bettwäsche, Bettwaren, Frottierartikel und sogar Gardinen. Unter Dinner&Kitchenware gibt es Tischdecken, Servietten und Geschirrtücher. Body&Soul umfasst Wellness-Produkte wie Seifen, Shampoos und Lotionen. Wir bieten sogar etwas Hardware an wie zum Beispiel Geschirr. Den deutschen Markt werden wir erst einmal mit Bettwäsche bedienen.

Haustex: Und wie wird die Ware in Deutschland vertrieben?

Schneider: Für den Anfang reise ich allein in Deutschland. Dabei setze ich auf den Kontakt zu so genannten Key Accounts, bei Verbänden und Unternehmen. Hier in Eindhoven haben wir außerdem eine kompetente Ansprechpartnerin für die deutschen Kunden. Sie kommt aus Deutschland, spricht aber auch fließend Holländisch, so dass die Anliegen der deutschen Kunden bei ihr in besten Händen sind.

Veelenturf: Den Außendienst bauen wir Schritt für Schritt aus, der Umsatzentwicklung entsprechend. Sicherlich werden wir über kurz oder lang auch noch einen zweiten Mitarbeiter in Deutschland einsetzen. Aber es bringt nichts, einen großen Verwaltungsoverhead zu installieren, wenn noch gar nicht die Umsätze dementsprechend sind. Wir wollen das Deutschland-Geschäft lieber stetig und nachhaltig entwickeln und kein Strohfeuer entfachen, das schnell wieder verglimmt. Und wenn ich fünf Jahre bis zum Durchbruch auf dem deutschen Markt brauche, dann stört mich das auch nicht. Darum sind wir auch schon seit vier Jahren mit einem Stand auf der Heimtextil in Halle 8 vertreten. Aber im nächsten Jahr werden wir nicht mit einem Schlumpf-Stand auffallen, sondern mit einem sehr schönen Walra-Stand, auf dem man die gesamten Produkte finden wird. Die Pläne für den Stand sehen sehr schön aus. Entscheidend ist für mich bei der Erschließung des deutschen Marktes, dass wir im ersten Jahr kostendeckend arbeiten, und das ist tatsächlich der Fall.

Haustex: Wovon reden wir eigentlich, wenn von der Vespo Groep die Rede ist?

Veelenturf: Das Unternehmen wurde vor 53 Jahren von meinen Eltern, Joop Veelenturf und Tilly Spoorenberg, als kleines Geschäft für Heim- und Haustextilien gegründet. Daraus entstand im Laufe der Jahre ein Industrie-Unternehmen unter dem Namen Vespo, eine Kombination der Namen Veelenturf und Spoorendonk, das mit der Entwicklung, Beschaffung und dem Vertrieb von Textilien befasst ist. Schließlich wurde das Unternehmen in zwei selbständige Unternehmen geteilt. Vespo Home Textiles befasst sich mit Haustextilien. Vespo Corporate Textiles ist im Bereich der Berufsbekleidung und Promotion-Bekleidung tätig. Beide Unternehmen sind in der Vespo Groep zusammengefasst. Vor acht Jahren habe ich die Gruppe von meinem Vater übernommen. Seitdem bin ich der alleinige Inhaber und Geschäftsführer.

Haustex: Wie groß ist das Unternehmen?

Veelenturf: Wir beschäftigen hier in Eindhoven gut 80 Mitarbeiter und erzielen einen Umsatz von rund 50 Millionen Euro.

Haustex: Welche Stufen der textilen Kette erfolgen im Unternehmen selbst?

Veelenturf: Wir haben eine Design-Abteilung mit acht Mitarbeiterinnen, die sämtlich Dessins unserer Kollektion entwickelt. Die Ware beschaffen wir über sieben Einkaufsbüros weltweit in den wichtigsten Textilnationen: Portugal, Türkei, Ägypten, Pakistan, China, Indien und Bangladesh. Vor Ort beschäftigen wir Techniker, welche die Produktion und die Qualität der Produkte überwachen. Unser Zentrallager befindet sich hier in Eindhoven und hat eine Fläche von gut 11.000 Quadratmetern.

Haustex: Wo entsteht die Walra-Kollektion?

Veelenturf: Für Walra konzentrieren wir uns auf unsere besten Produktionsstätten in Portugal und der Türkei. Auch in dieser Hinsicht gehen wir keine Kompromisse ein.

Haustex: Wird die Kollektion ausschließlich auf Bestellung produziert?

Veelenturf: Nein, wir gehen mit Walra ins Risiko, produzieren die Kollektion vor und nehmen sie dann zum Absortieren auf Lager, so dass wir nach der Order eine schnelle Lieferung gewährleisten können.

Haustex: Ist Walra eine europäische Kollektion, oder gibt es spezielle Dessins für den deutschsprachigen Markt?

Schneider: Was die unterschiedlichen Maße in den Ländern betrifft, kann die Kollektion schon mal nicht europäisch sein. Aber auch von den Dessins her gibt es von Land zu Land sehr unterschiedliche Geschmäcker. Darauf stellt sich die Design-Abteilung mit einer sehr breit aufgestellten Kollektion ein.

Veelenturf: Das betrifft auch die Qualitäten. Was in Holland und Benelux qualitativ völlig ausreichend wäre, würde den deutschen Ansprüchen nicht genügen. Daher haben wir das Gewebe mit 250 thread counts zusätzlich mit ins Programm genommen.


Vespo in Kürze


Vespo GmbH
Königsallee 61
40215 Düsseldorf
Tel.: 0211/42471 349
Fax: 0211/42471 450
E-Mail: verkauf@vespo.de
Internet: www.vespo.nl,
www.walra.com

Muttergesellschaft:
Vespo Groep
Adriaan Mulderweg 4-10
5657 EM Eindhoven
Postbus 8585
5605 KN Eindhoven
Niederlande

Geschäftsführender Gesellschafter: Ed Veelenturf

Marken:
Haustextilien: Walra, Lief!, Schlümpfe (The Smurfs), Sesamstraße, Lego;
Bekleidung: Santino, Matterhorn, B&C Collection, Custom Choice.

Produkte: u.a. Bettwäsche, Bettwaren, Tagesdecken, Kissenhüllen, Frottier-Waren, Küchentextilien, Tischdecken

Mitarbeiterzahl: 83

Umsatz: rund 50 Mio. Euro

Absatzmärkte: Benelux, Frankreich, Deutschland, sterreich, die Schweiz
aus Haustex 10/13 (Wirtschaft)