BTH Heimtex/B+L-Kundenbarometer Tapete Teil 2

Marburg genießt höchste Sympathie bei den Fachhändlern

Die Marburger Tapetenfabrik macht immer wieder von sich reden. Namhafte Designer stellen sich in den Dienst der Kirchhainer Kreativschmiede und das alteingesessene Familienunternehmen ist aus technischer Sicht hoch anerkannt. Nun kann sich die Tapetenfabrik auch noch über eine Auszeichnung emotionaler Natur freuen: Im Kundenbarometer wählten die befragten Fachhändler Marburg zum sympathischsten Anbieter von Tapeten. Die beste Durchschnittsnote - und das ist die Überraschung der diesjährigen Umfrage - heimst dagegen Rasch Textil ein, gefolgt von Marburg auf Platz zwei sowie A.S. Création und der Mutter Rasch auf Rang drei. Auch nach Zahl der Bestnoten kämpfte sich Rasch Textil nach vorn - zusammen mit Erismann. Beide Unternehmen erreichen jeweils vier Top-Positionen in einzelnen Kriterien, wobei der 175 Jahre alten Fabrik Erismann die größten Zukunftschancen aller bewerteten Hersteller eingeräumt werden.

Im großen und ganzen sind die wenigen am Markt verbliebenen Tapeten-Anbieter beim deutschen Fachhandel gut angesehen, wie das im Auftrag der BTH Heimtex von B+L durchgeführte Kundenbarometer Tapete 2013 ergibt. Die Noten, die über 16 verschiedene Kriterien hinweg vergeben wurden, bewegen sich in einem Korridor von 1,52 für beste Lieferzuverlässigkeit (Rasch Textil) bis 3,13 für geringste Markenstärke (Essener). Dabei kristallisierte sich Marburg als sympathischster Anbieter (1,96) heraus, gefolgt von Rasch Textil (2,00) und Rasch (2,03). Die beste Durchschnittsnote über alle Kriterien hinweg erhielt Rasch Textil mit 2,13 und verwies Marburg damit auf den zweiten Platz, während sich A.S. Création und Rasch den dritten Rang teilen.

Sieger nach Punkten ist wiederum Marburg (107), was an einer hohen Zahl von Platzierungen im oberen Bereich liegt. Zwar belegen die Kirchhainer mit dem höchsten Sympathiewert nur einen ersten Platz, dafür aber jeweils fünf zweite und dritte. Zweiter nach Punkten ist Rasch Textil (106), dritter
A.S. Création (100).

Wenn auch Marburg der sympathischste Tapetenanbieter für den Fachhandel ist, dürfen sich Rasch Textil und Erismann doch als heimliche Gewinner des Kundenbarometers sehen. Immerhin erhielten sie in jeweils vier Kriterien Top-Bewertungen. Rasch Textil punktet mit bester Vertriebspolitik, Lieferzuverlässigkeit, Kulanz und Reklamationsbearbeitung. Mitbewerber Erismann wird für höchste Produktqualität, Außendienst- sowie Innendienstqualität gelobt und hat nach Einschätzung der befragten Fachhändler beste Zukunftsaussichten.

Dieses Ergebnis ist überraschend, denn in den Vorjahren standen vor allem die drei großen Hersteller A.S. Création, Rasch und Marburg besonders hoch in der Gunst des Fachhandels. Dass diese abrutschten und in vielen Kriterien Rasch Textil sowie Erismann das Feld überlassen mussten, liegt sicherlich auch an dem bereits seit drei Jahren laufenden Kartellverfahren, in dessen Verlauf insbesondere A.S. Création, Rasch und Marburg in den Fokus rückten. Wie mehrfach berichtet, wurden fünf Tapetenhersteller vom Bundeskartellamt ins Visier genommen. Der Vorwurf lautet auf illegale Preisabsprachen.

Ein Ende des Verfahrens ist noch nicht in Sicht, doch sorgte es im Verband der deutschen Tapeten-Industrie für erheblichen Aufruhr. Während Erfurt dem VDT vor zwei Jahren den Rücken kehrte, erklärte A.S. Création kürzlich den Austritt zum Januar 2014. Zahlreiche Gerüchte - unter anderem über mögliche Kronzeugen - sind im Umlauf, was bei den Fachhändlern augenscheinlich nicht auf Wohlgefallen stößt. Deutlich wird dies bei den Noten für die Zukunftsfähigkeit. Hier liegen Erismann (2,13) und P+S (2,23) vorn, während A.S. Création auf dem dritten Platz landete, gefolgt von Rasch Textil auf Platz vier, Rasch auf dem fünften und Marburg auf dem sechsten.

Auffällig aber ist, dass die Befragten den drei Großen nach wie vor erhebliche Markenstärke attestieren. Dieses Kriterium wird in der Reihenfolge von Rasch, A.S. Création und Marburg angeführt. Auch wenn diese Anbieter einen kräftigen Dämpfer erhalten haben, können sie doch insgesamt mit der Bewertung zufrieden sein. Allerdings bleibt noch einiges zu tun.

In welchem Bereich Verbesserungen nötig sind, zeigt auch dieses Jahr das Kundenbarometer Tapete wieder auf. Die Unternehmen können aus den vergebenen Noten ihre Stärken und Schwächen herauslesen und darauf fußend Maßnahmen ergreifen.

Die Unternehmen im Detail


A.S. Création gehört eindeutig zur Spitze der deutschen Tapeten-Anbieter. Das börsennotierte Unternehmen aus Gummersbach führt drei Einzelbewertungen an. Es wird von den Fachhändlern als besonders freundlich angesehen (1,8). Lob erntet es auch für seine Lieferschnelligkeit und Verkaufsförderung. Schließlich hat A.S. Création ein komplettes, aus einzelnen Modulen bestehendes Shop-Konzept entwickelt, das im Flagship-Store 'Livingwalls Cologne" in Köln betrachtet werden kann.

Auch andere Platzierungen können sich sehen lassen. So steht A.S. Création in den Kriterien Warenverkäuflichkeit, Lieferzuverlässigkeit, Innendienst und Markenstärke jeweils auf dem ersten Platz. Vor allem die gute Note für Warenverkäuflichkeit (2,15) dürfte man als gutes Zeichen dafür werten, dass es mit seiner stark auf Lizenzen ausgerichteten Kollektionsstrategie auf einem erfolgreichen Weg ist. Namhafte Designer arbeiten für das Unternehmen, das darüber hinaus unter anderem Lizenzpartner vom Porsche-Design-Studio und Versace ist.

Allerdings hat der Hersteller gegenüber vorangegangenen Umfragen Federn lassen müssen. So landete er über alle Kriterien hinweg mit einer Durchschnittsnote von 2,17 nur auf dem dritten Platz. Den belegt er auch beim Ranking nach Punkten, ebenfalls hinter Marburg und Rasch Textil. Möglicherweise hinterlässt das Kartellverfahren seine Spuren. Anders lässt sich der schlechte Wert für Produktqualität nicht erklären, die nun wahrlich nicht im unteren Bereich anzusiedeln ist. Wenig schmeichelhaft fallen auch die Noten für Vertrieb und Außendienst aus. Doch hier gibt es sicherlich Handlungsmöglichkeiten.

Erfurt spielt eine Sonderrolle unter den Anbietern von Tapete. Schließlich geht die in Wuppertal entwickele Rauhfaser nicht mit in die Bewertung ein. In diesem Segement ist man Marktführer und das hat Strahlkraft: Entsprechend stark erscheint den Befragten die Marke. Auch die Produktqualität wird gelobt. In den übrigen Leistungskriterien steht Erfurt dagegen im unteren Bereich. Sollte es das Bestreben des Unternehmens sein, sich im Fachhandel stärker zu etablieren, ist Handeln geboten.

Erismann ist der Shooting-Star des diesjährigen Kundenbarometers Tapete. Gleich in vier Leistungskriterien setzt sich das vor 175 Jahren in Breisach gegründete Traditionsunternehmen, das im Jubiläumsjahr mit 21 Kollektionen und Projekten auf den Markt kam, an die Spitze: Produktqualität, Außen- und Innendienstqualität sowie Zukunftsperspektiven. Ein Ergebnis, das sicher auf langfristiges Handeln zurückzuführen ist, aber eben auch auf die öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten im Jubiläumsjahr. Man hört wieder von Erismann.

So soll es nach den Planungen des Herstellers auch bleiben. Er will vor allem im Hochwertbereich noch zulegen. Deshalb hat sich das Unternehmen den freiberuflichen Designer Bernhard Holzapfel ins Haus geholt, der schon als Designchef bei Rasch für seine außergewöhnliche Kreativität bekannt war. Für Erismann schuf der die 3D-Jubiläumskollektion 'One Seven Five". Weitere Karten sollen folgen. Neu im Team ist zudem Silvia Reddmann, die die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortet.

Zu tun gibt es noch einiges, denn im Noten-Ranking liegt Erismann lediglich auf Platz fünf. Denn Vertrieb, Lieferung, Kulanz, Verkaufsförderung und Markenstärke könnten nach Einschätzung der Fachhändler besser sein.

Die Essener Tapeten Import-Gesellschaft ist ein kleiner Verlag, zu dem auch Schmitz Tapeten und die Objektmarke Tescoha gehören. Die Tapeten, die Essener anbietet, sind von hoher Qualität, die Designs außergewöhnlich. Alles in allem wird das Unternehmen im Fachhandel auch geschätzt, aber die Großen dominieren die Branche. Esseners Vertriebspolitik und Liefergebaren erhalten gute Noten. Aber es mangelt an Markenstärke, Warenverkäuflichkeit und Verkaufsförderung.

Die Marburger Tapetenfabrik hat ein entscheidendes Kriterium im Kundenbarometer Tapete gewonnen: Sie wurde von den Fachhändlern mit der Note 1,96 zum sympathischsten Tapeten-Anbieter gekürt. Das ist zwar der einzige erste Platz, dafür aber liegt Marburg jeweils in fünf einzelnen Kriterien an zweiter und dritter Stelle. Damit gehört das 1827 gegründete Familienunternehmen zu den Top 3 der Branche, wie der Sieg nach Punkten (107) deutlich macht. Auch bei der durchschnittlichen Note über alle Kriterien hinweg schneidet Marburg mit einem zweiten Platz gleich hinter Rasch Textil sehr gut ab. Geschätzt werden Freundlichkeit, das Preis-Leistungs-Verhältnis, die Produktqualität, die Vertriebspolitik und die Verkaufsförderung. Aber auch die Lieferzuverlässigkeit, die Kulanz, der Außendienst und die Markenstärke kommen gut an.

Das alles deutet darauf hin, dass der auf Designer-Kollektionen fokussierte Hersteller hochwertiger Tapeten fast alles richtig macht - zumal er im Barometer lediglich bei der Qualität des Innendienstes abfällt. Da wundert es schon, dass die Zukunftsperspektiven der Kirchhainer, die gerade mit Harald Glööcklers Kollektionen große Erfolge feiern, eher mittelmäßig eingestuft werden. Auch dies eine Folge des Kartellverfahrens?

P+S hat die Tapetenwelt bei der Heimtextil 2013 mit einer Kollektion des Pop-Titan Dieter Bohlen aufgerüttelt - was die Fachhändler allerdings auch kritisch betrachten (siehe Kasten rechts). Wie dem auch sei, der Gummersbacher Hersteller hält sich mit seinem Preis-Leistungs-Verhältnis und den Konditionen stabil auf Platz eins, mit seiner Kulanz liegt er auf Rang zwei.

Enttäuschend dürfte aber der Sympathiewert sein, hier bildet P+S das Schlusslicht. Auch die Produktqualität lässt nach Ansicht der Befragten zu wünschen übrig. Dennoch rückte das Unternehmen mit guten Zukunftsperspektiven auf die zweite Position vor, was durch den Wirbel um Bohlen möglicherweise befördert wurde. Mit einer Durchschnittsnote von 2,23 liegt P+S im mittleren Bereich und ist damit eine feste Größe im Fachhandel.

Rasch war bis zum vergangenen Jahr lange Zeit Platzhirsch als sympathischster Anbieter von Tapeten. Das ist jetzt Marburg, gefolgt von Rasch Textil - und dann erst Rasch. Bestnoten in einzelnen Kriterien erhielt der Hersteller aus Bramsche dagegen für Warenverkäuflichkeit, was für die Kollektionen spricht, und Markenstärke. Dieses Ergebnis stellt eine breite Basis für erfolgreiche Entwicklung dar. Rasch ist sicherlich der bekannteste Tapetenhersteller Deutschlands, seine Markenkraft unangreifbar. Dennoch soll diese durch eine dreistufige Differenzierung von consuming bis high level noch weiter ausgebaut werden. Auf die Zukunftsperspektiven wirkt sich diese Maßnahme offenbar kaum aus, in diesem Kriterium landet das Familienunternehmen inzwischen auf Platz fünf.

Möglich, dass die Meinung der Fachhändler auch bezüglich Rasch vom Kartellverfahren negativ beeinflusst ist. Denn wie bei A.S. Création wird die Produktqualität mit dem sechsten Platz honoriert und damit als eher mäßig eingestuft - was nicht nachvollziehbar ist. Handlungsbedarf besteht auf alle Fälle bei der Lieferzuverlässigkeit und -schnelligkeit. Nach Durchschnittsnoten belegt Rasch den dritten Platz, nach Punkten den vierten.

Rasch Textil aus der Bramscher Rasch-Gruppe hat als Anbieter von Stofftapeten im Premium-Bereich die Mutter inzwischen überflügelt. Das Unternehmen fährt durchweg gute Noten ein. Top-Bewertungen erhält es für seine klare Vertriebspolitik, Lieferzuverlässigkeit, Kulanz und Reklamationsbearbeitung. Dies führt zu einem ersten Platz bei der durchschnittlichen Gesamtbeurteilung und einem zweiten nach Punkten. Beim wichtigen Sympathiewert landet es an zweiter Stelle. Allerdings meinen die Fachhändler, dass die Marke noch nicht stark genug ist und sehen die Zukunftsperspektiven von Rasch Textil nur im mittleren Bereich.

Die Schmitz Tapeten Import-Gesellschaft bringt wie Schwester Essener hochwertige Tapeten auf den Markt. Die Fachhändler bescheinigen ihr einen hohen Sympathiewert. Ansonsten gilt für Schmitz wie für Essener: Die Markenstärke lässt zu wünschen übrig.

BTH/B+L-Fachhandelsumfrage Panel und Methodik


Das BTH Heimtex/B+L-Kundenbarometer wird in zwei Etappen durchgeführt: In der ersten wird recherchiert, bei welchen Anbietern der Fachhandel überhaupt ordert, woraus sich der Verbreitungsgrad der einzelnen Lieferanten ergibt. Diese Befragung erfolgt gestützt, aber offen. Die Interviewten können also zusätzliche Bezugsquellen zu den von BTH Heimtex vorgegebenen Unternehmen nennen.

In der zweiten Etappe bewerten die Händler detailliert einzelne Anbieter mit (Schul-)Noten: 1 für sehr gut, 2 für gut, 3 für mittel bzw. normal, 4 für ausreichend, 5 für mangelhaft bis schlecht. Für jedes Unternehmen werden dabei konkret 16 Benchmarks abgefragt, darunter objektiv messbare, aber auch subjektiv empfundene.

150 Fachhändler wurden im Oktober 2013 befragt: klassischer Facheinzelhandel, Handwerksbetriebe mit Ladengeschäft und entsprechenden Handelsaktivitäten sowie Fachmärkte in ganz Deutschland, regional verteilt im Norden und Süden, Osten und Westen. Nicht in diese Befragung eingeschlossen sind Filialisten, der Großhandel und Kooperationszentralen sowie Großflächenanbieter wie Discounter oder C +C-Betriebe.
aus BTH Heimtex 12/13 (Wirtschaft)