Fachanwalt Andreas Hanfland informiert

Neue Rechtsprechung: Vertrag auch bei nur teilweiser Schwarzarbeit nichtig


Ist vereinbart, dass Handwerkerleistungen zum Teil ohne Rechnung erbracht werden, damit der Umsatz den Steuerbehörden teilweise verheimlicht werden kann (Schwarzgeldabrede), kann der Handwerker von dem Auftraggeber weder die vereinbarte Zahlung noch die Erstattung des Wertes der von ihm bereits erbrachten handwerklichen Leistungen verlangen. Durch die aktuelle Rechtsprechung will der BGH für eine verschärfte Bekämpfung der Schwarzarbeit sorgen. FussbodenTechnik-Autor Andreas Hanfland stellt zwei aktuelle Urteile zum Thema Schwarzarbeit vor. Von zentraler Bedeutung ist die Frage: Welche Auswirkungen hat die Nichtigkeit des gesamten Werkvertrags für den Werkunternehmer?

'Schwarzgeldabrede I" - keine Gewährleistungsansprüche


Einführung: Am 01.08.2013 hat der BGH das Urteil des OLG Schleswig vom 21.12.2012 bestätigt, in dem das Gericht entschieden hatte, dass bei einer teilweisen Schwarzgeldabrede der geschlossene Vertrag insgesamt nichtig sei und daher keine Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden können.

Der Fall: Dem Urteil lag der Fall zugrunde, dass die Parteien einen Werkvertrag über Pflasterarbeiten an einer etwa 170 m großen Auffahrt geschlossen hatten und die Arbeiten zum Preis von 1.800 EUR ohne Rechnung erbracht werden sollten. Nach der Ausführung der Arbeiten traten Unebenheiten auf, die nach der Feststellung eines Sachverständigen auf die unsachgemäße Ausführung der Sandschicht unter dem Pflaster zurückzuführen war. Die beklagte Firma hatte diese Schicht zu dick ausgeführt. Der Auftraggeber klagte daraufhin auf die Kosten für die Beseitigung der Unebenheiten in Höhe von über 6.000 EUR, jedoch ohne Erfolg.

Begründung: Das Gericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Vereinbarung, die Werkleistung teilweise ohne Rechnung zu erbringen, um den Umsatz gegenüber den Steuerbehörden zu verheimlichen, gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) verstoße. Da es sich hierbei um ein Verbotsgesetz handele, sei der Werkvertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 134 BGB) nichtig. Die Preisabrede stelle einen entscheidenden Bestandteil des gegenseitigen Vertrages dar, weshalb auch der gesamte Werkvertrag und nicht nur die Abrede wegfallen müsse. Da der Vertrag dann praktisch nicht vorhanden sei, stünden dem Auftraggeber auch keine Gewährleistungsansprüche zu - auch nicht aus Treu und Glauben. Dies bedeutet, dass das Gericht kein schutzwürdiges Interesse des Auftraggebers gesehen hat, weil der Zweck des SchwarzArbG ansonsten umgangen werde. Der Auftragnehmer verhalte sich auch nicht widersprüchlich, wenn er sich auf die Nichtigkeit des Vertrages berufe.

Konsequenzen: Im Gegensatz zu der früheren Rechtsprechung, die auf die Teilnichtigkeit nur der Ohne-Rechnung Abrede abstellte und im Übrigen den Vertrag bestehen ließ, nimmt das OLG - und in der Folge auch der BGH - bei Verstoß gegen das SchwarzArbG nunmehr eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages an. Das bedeutet für den Werkunternehmer insbesondere, dass sowohl für die Arbeiten, die nach Rechnung ausgeführt sind als auch für die Arbeiten, die ohne Rechnung geleistet wurden, keine Gewährleistungsansprüche geltend gemacht werden können. Neu ist auch, dass der Werkunternehmer nicht gegen den Grundsatz von 'Treu und Glauben" verstößt, sich also nicht widersprüchlich verhält, wenn er einerseits zwar die Ohne-Rechnung Abrede gemeinsam mit dem Auftragnehmer geschlossen hat, sich andererseits aber auf die Nichtigkeit des Vertrags wegen der gesetzeswidrigen Abrede beruft, um Gewährleistungsansprüchen zu entgehen.

Nun könnte man vielleicht denken, dass diese Rechtsprechung insofern für den Werkunternehmer vorteilhaft und günstig ist, als dass er sich nachträglichen Gewährleistungsansprüchen nunmehr komplett entziehen könnte. Dies ist jedoch ein gefährlicher Trugschluss, denn die Annahme der Gesamtnichtigkeit hat für die Ansprüche des Werkunternehmers womöglich weitere, weitreichende Konsequenzen.

'Schwarzgeldabrede II" - kein Wertersatz für bereits erbrachte Leistungen?


Einführung: In einem noch nicht rechtskräftigen Urteil des OLG Schleswig vom 16.08.2013 hat sich das Gericht mit der Werklohnzahlungsklage einer Elektro-installationsfirma befasst. Die Firma hatte mit den Eigentümern von vier neu errichteten Reihenhäusern vereinbart, dass für die Elektroinstallationsarbeiten ein Betrag von 13.800 EUR auf Rechnung und zusätzliche 5.000 EUR ohne Rechnung gezahlt werden. Dabei zahlten die Eigentümer jedoch nur teilweise; ein Betrag von 6.000 EUR blieb noch offen. Daraufhin verklagte die Installationsfirma die Eigentümer, die ihrerseits Mängelansprüche geltend machten.

Das OLG hat entschieden, dass die Vereinbarung, die Werkleistung teilweise ohne Rechnung zu erbringen, gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) verstößt. Im Einklang mit seiner vorherigen Entscheidung nimmt es bei Verstoß gegen das SchwarzArbG eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages an, um eine entsprechende Abschreckungswirkung für die vertragsschließenden Parteien herbeizuführen. Soweit, so bekannt.

Neue Auswirkung: Für den Werkunternehmer, der bisher mit 'Ohne Rechnung"-Abreden gearbeitet hat, dass das OLG entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BGH bereicherungsrechtliche Ansprüche des Werkunternehmers (§§ 812 ff. BGB) ausschließt. Bisher wurde angenommen, dass dies unbillig sei, weil es nicht Zweck des SchwarzArbG sein könne, dem Empfänger der Leistung die Zahlung des Werklohns zu sparen. Es diene vielmehr der Wahrung öffentlicher Interessen in Form der Steuereinahmen, das durch Bestrafung einer Steuerhinterziehung ausreichend erreicht werde könne.

Das OLG stellt jedoch auf den Wortlaut des Gesetzes ab. Wer bewusst gegen ein Verbotsgesetz verstoße, verdiene auch keinen Schutz vor den Folgen des Verstoßes. Billigkeitserwägungen seien bei beiderseitigem Gesetzes-verstoß nicht angebracht. Der mögliche Vorteil des Auftraggebers müsse in Kauf genommen werden.

Fazit: Diese Rechtsprechung ist problematisch. Bezeichnend ist nämlich, dass der BGH noch in seinem Urteil vom 01.08.2013, dass das Urteil 'Schwarzgeldabrede I" bestätigt hat, zur Anwendbarkeit der Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung Stellung genommen hat. Danach sind zur Verhinderung von 'unerträglichen Ergebnissen" bereicherungsrechtliche Ansprüche geeignet, die in besonderem Maße von den Grundsätzen von Treu und Glauben beeinflusst seien.

Jedoch sollte sich jeder Werkunternehmer bewusst sein, dass zu Abschreckungszwecken und Stärkung der Bekämpfung von Schwarzarbeit ein bereicherungsrechtlicher Anspruch dann wegfallen könnte, wenn der BGH der Auffassung des OLG folgen und kein schutzwürdiges Vertrauen annehmen sollte. Da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, wurde die Revision zugelassen. Es handelt sich hierbei um Wertungsfragen, weshalb keine sichere Aussage getroffen werden kann und abzuwarten bleibt, wie sich im Falle der Revision der BGH zu der Auffassung des OLG Schleswig positionieren wird. Folgt der BGH seiner bisherigen Linie, so stehen dem Werkunternehmer nach wie vor Bereicherungsansprüche zu. Sollte es zu keiner Revision und damit keiner Entscheidung des BGH kommen, ergibt sich hieraus wegen der Rechtsunsicherheit ein Risiko für jeden, der aufgrund von Unstimmigkeiten und Problemen mit Schwarzgeldabreden den Weg des gerichtlichen Verfahrens beschreitet. Der bisherigen Rechtsprechung des BGH ist in einem Punkt jedoch bereits jetzt zuzustimmen: Der 'treuwidrige" Werkunternehmer wird wohl auch bei einer Rechtsprechungsänderung insofern nicht abgeschreckt sein, als dass er nunmehr auf eine Vorleistung des Auftraggebers bestehen wird.
aus FussbodenTechnik 06/13 (Recht)