Uzin-Projekt "Die Zukunft unter uns" auf der Domotex

Auf der Suche nach dem Boden der Zukunft


Täglich nutzen und strapazieren wir ihn, aber so richtig beachtet wird er eigentlich nicht, der Boden unter unseren Füßen. Anlässlich des 100-jährigen Firmenjubiläums hat sich das Unternehmen Uzin Utz seiner angenommen und das Projekt "Die Zukunft unter uns" ins Leben gerufen. Wie kann der Boden der Zukunft aussehen, sich anfühlen? Was soll er können, wie unser Leben beeinflussen? Verschiedene Arbeitsgruppen sind diesen Fragen nachgegangen. Auf der Domotex waren in einer Uzin-Utz-Ausstellung sechs Bodenkonzepte von morgen zu sehen - Visionen, die völlig neue Perspektiven eröffnen.

Böden, die Füße massieren, Elektrizität erzeugen, sich zusammenrollen lassen ... Zukunftsforscher, Materialexperten, Physiker, Balletttänzer, Soziologen - um nur einige zu nennen - haben sich Gedanken über den Boden gemacht und Ideen geschmiedet. Dahinter steckt das Ulmer Traditionsunternehmen, das zu seinem 100-jährigen Jubiläum einen Blick in die Zukunft wirft: "Mit dem Projekt und der Ausstellung ,Die Zukunft unter uns möchten wir dazu anregen, das Potenzial des Bodens auszuschöpfen und den Boden in seinen vielen Facetten fit für die Zukunft zu machen", erklärt Initiator Dr. H. Werner Utz. Tenor des Projekts: "Passiver" Boden gehöre der Vergangenheit an, Boden müsse mehr auf Bedürfnisse reagieren. Sechs internationale Kreativteams aus Design, Kunst, Architektur und Film haben aus ihren Ideen-Pools geschöpft, Visionen entworfen und in der imposanten Schau umgesetzt. Die Macher der Ausstellung des Stuttgarter Büros Münzing 3D Kommunikation haben es geschafft, die recht abstrakten Vorstellungen auf anschauliche und spannende Art zu vermitteln. Der Besucher erfährt die Ideen mit allen Sinnen, kann sie hören, fühlen, sehen, anfassen und sogar begehen.

Boden als Kunstwerk, Fasergewebe oder Energiespender

Chris Lefteris Konzept "Breakable" soll unsere Wahrnehmung sensibilisieren und gleichzeitig Geschichte schreiben. Die Idee des Designers und Materialexperten aus London: Der Boden zeichnet unsere Bewegungen und Schritte auf und lässt dabei verschiedene Muster zum Vorschein kommen. Er könnte so zum Speicher unseres täglichen Lebens werden. Lefteris zweite Vision "Superminimal" zeigt Boden zugleich minimalistisch und spannend in Konstruktion und Belag. Dahinter steckt die Technik Vectran. Ähnlich wie bei der Bespannung eines Tennisschlägers wird ein hauchdünnes, aber hochstabiles Fasergewebe gespannt und verwoben. Dabei passt sich der Boden der jeweiligen Belastung an - und verändert so individuell seine Wirkung auf emotionale Wahrnehmung. Praktisch wäre auch ein Boden, der Energie leitet und Strom erzeugt - ohne Kabel, ohne Steckdose, ohne Akku. Diese Vision "Unplugged" stammt von der kanadischen Künstlerin Jasna Stefanovic. Inspirieren ließ sie sich vom Physiker und Elektroingenieur Nikola Tesla. Mit so einem Boden würden wohl viel mehr Elektroautos über unsere Straßen rollen. Auch Licht oder Wärme wären nach Wunsch abrufbar. Stefanovic setzt ihre Idee mit Hilfe einer schlichten schwarzen Platte und schwebenden leuchtenden Kugeln um. Das Exponat im Modell hält freilich nicht ganz das, was es verspricht: Die Kugeln leuchten nur dann, wenn sie an exakten Punkten positioniert werden. Die Idee vom stromerzeugende Boden ist übrigens gar nicht so weit hergeholt - in den Niederlanden gibt es bereits eine Diskothek, deren Boden Strom erzeugt, sobald darauf getanzt wird.

Boden für die Sinne und als Speicher für Geschichte

Das Konzept "Change" wiederum veranschaulicht, wie der Boden der Zukunft seine Beschaffenheit auf Schritt und Tritt verändern könnte. Der Boden schwingt, federt, prickelt oder produziert Licht und Klänge - kurz: all unsere Sinne werden stimuliert. So könnte im Badezimmer Sand unter den Sohlen zu spüren sein, federnder Waldboden im Flur, beruhigendes Moos im Schlafzimmer ... Ein individuell programmierbarer Bodenbelag für das Wohlbefinden in den eigenen vier Wänden würde entstehen, so die Idee des Ulmer Gestalter-Duos Sternform. Das Team Uzin Utz spinnt diese Vision noch weiter und hat sich Gedanken über einen intelligenten Boden gemacht. Will heißen: Der Boden erkennt automatisch, was uns gerade gut tun würde und passt sich entsprechend an. Zum Beispiel bei der Raumtemperatur, der Weichheit oder den Schwingungen.

"Der Boden der Zukunft besteht hauptsächlich aus Nichts" ist die These eines Teams der Universität der Künste aus Berlin. Es geht dabei um den Traum von einem mobilen Boden. Stichwort Flexibilität: Das Team hat dazu eine ultraleichte Vakuum-Konstruktion erdacht, die aus einer weichen Hülle und einem Skelett aus elastisch verformbaren Stäben besteht. Stabilität erhält der Boden durch Unterdruck. Für ihre Ideen nutzten die Erfinder das Prinzip des Vakuums, die "Wurf-Zelt-Technik" und Waldboden. Das Team entwickelte für den Boden der Zukunft folgende Eigenschaften: Er sollte transportabel sein und sich ein- und wieder entrollen lassen. Einsatzmöglichkeiten: unter freiem Himmel, in temporärer Architektur oder in Zwischengeschossen mehrstöckiger Gebäude. Mit dem Konzept "Mappa Mundi" (Karte des Erdbodens) versucht das Team Raumlabor Berlin schließlich, unseren Planeten in seiner Ganzheit zu begreifen und wirft dabei einen Blick in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Für die einen vielleicht Utopie, für die anderen gar Spinnerei auf hohem Niveau - "Die Zukunft unter uns" zeigt, wie viel Potential im Boden von morgen steckt. Die Ausstellung erhielt übrigens die Auszeichnung Gold des Deutschen Designer Clubs (DDC).
aus BTH Heimtex 02/12 (Marketing)