EUCA-Award für Digran Kiskan

Chemiker, Forscher und Innovator


Auf der Domotex wurde zum 8. Mal der EUCA-Award verliehen, der Ehrenpreis des Verbandes der Europäischen Teppichimporteure. Die Auszeichnung prämiert bedeutende Verdienste für die Branche. In diesem Jahr wurde mit dem Award das Lebenswerk von Digran Kiskan geehrt, dem legendären Teppichwäscher, der über den Zeitraum von mehreren Generationen neue Reinigungs- und Färbeverfahren entwickelte und damit zum Innovationstreiber für die ganze Teppichindustrie avancierte. Die Laudatio hielt Dr. Ali Ipektchi.

Kiskan wurde in eine Familie von Teppichwäschern hineingeboren, die zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert von Armenien nach Wien übersiedelte, das schon damals ein Zentrum des europäischen Teppichhandels war. Das 1919 gegründete Familienunternehmen erlangte mit seiner "Wiener Wäsche", die Teppichen einen besonderen Glanz verlieh, schnell europäische Bedeutung. Der Vater hieß mit Vornamen Migergitsch, und so nannte er seine Firma damals nach der Kurzform: Migo. Ein Name, der nicht nur in Wien, sondern danach auch in Hamburg für das Unternehmen stand. Später wurde es in Kiskan Process umbenannt.

Der 1925 geborene Digran Kiskan erlernte den Beruf des Teppichwäschers im Betrieb seines Vaters und erweiterte mit Chemiestudien und Besuchen bei großen Unternehmen der Chemie wie BASF oder Bayer sein Wissen. 1952 zog Kiskan nach Hamburg, wo sich der Freihafen nach dem 2. Weltkrieg und zu Beginn des Wirtschaftswunders anschickte, zu einem weltweiten Zentrum des Teppichimports zu werden. Der Standort Hamburg brauchte damals dringend einen Fachmann für Teppichwäsche und -veredelung. Und daher hatten einige Importeure zusammen mit dem Wirtschaftssenator das Familienunternehmen in Wien kontaktiert. Der Senat stellte damals ein Grundstück in Hamburg-Altona zur Verfügung.

Digran Kiskan hatte großen Anteil am Aufstieg der Hansestadt zum Umschlagplatz für Teppiche. Denn schon damals galt: Ohne die entsprechende Veredelung ist das Produkt kaum verkäuflich. Das Geschäft boomte, und ein neues, geeignetes Grundstück musste her. Daher zog das Unternehmen Anfang der 60er Jahre auf das heute existierende Firmengelände im Hamburger Westen um. Während der Sturmflut von 1962, als große Teile der Stadt und vor allem auch der Hamburger Freihafen unter Wasser standen und Teppiche geborgen und gewaschen werden mussten, rettete Kiskan so manchem Händler die Existenz.

Aber Kiskan ist Zeit seines Lebens auch Forscher. Ihn treibt die Neugier, die bestehenden Verfahren zu verbessern. Und bei dieser Arbeit macht der Chemiker eine Entdeckung: Die roten Afghanteppiche können im Reinigungs- und Bleichprozess ihre Farbe verändern, und dies führt zu attraktiven neuen Farbkonstellationen. Kiskan meldet die Verfahren zum Patent an und erschafft damit den Kupfer-, Silber- und Gold-Afghan. Sie treiben die afghanischen Teppichimporte nach Europa an.

Außerdem findet Kiskan einen neuen Weg bei der Veredelung von flortragenden Wollgeweben, das Rofix-Verfahren, für das der damals schon fast 70-Jährige ein europaweites Patent erhält. Auch für den heutigen Trend überfärbter Teppiche entwickelt Kiskan eine wollschonende Methode. Heute noch, an der Schwelle zu seinem 90. Lebensjahr, ist Kiskan in seinem Unternehmen aktiv und arbeitet an der Weiterentwicklung seiner Verfahren.
aus Carpet Magazin 02/14 (Wirtschaft)