Imm Cologne 2014: Einrichtungstrends von der Kölner Möbelmesse

Kombinieren schafft die "neue Gemütlichkeit"

Informationen, Inspiration und Ideen zu den Einrichtungstrends der kommenden Saison bietet die Kölner Möbelmesse auch Händlern und Handwerkern aus dem Bereich der Raumausstattung. In diesem Jahr konnten sie auf der Imm Cologne die Renaissance des gemütlichen Wohnens erleben. Materialien und Formen werden weicher und emotionaler. Den Spagat zwischen dem Wunsch nach Natürlichkeit und der Lust auf Farben schafft man spielend mit entsprechend mutigen Kombinationen, für die es derzeit kaum Grenzen zu geben scheint. Das passt zum anhaltenden Trend zu individueller Einrichtung - und spielt auch der Tapetenindustrie in die Hände, die sich auf der Messe mit einem außergewöhnlichen Auftritt aufmerksamkeitsstark in Szene gesetzt hat.

Neben Heimtextil und Domotex ist die Imm Cologne die dritte Großveranstaltung im Januar, auf der man sich über das informieren kann, was derzeit beim Verbraucher in puncto Wohnen und Einrichten angesagt ist. Und da sind die Entwicklungen durchaus gegenläufig: Einerseits stehen natürliche Materialien nach wie vor hoch im Kurs. Holz - von dunkler Eiche bis heller Birke -, Leder und auch Filz vermitteln ein Gefühl von Ursprünglichkeit und Nähe zur Natur. Entsprechend sind auch Naturtöne immer noch en vogue. Andererseits wollen es die Menschen gerne wieder bunt. Weiß wird zwar bleiben, ist aber auf dem Rückzug; stattdessen kommen Blau, Violett und Perltöne.

Die Lösung für dieses Dilemma: Der eigentliche Trend ist das Kombinieren an sich. Holz wird mit starken Farbakzenten in Kontrast gesetzt, unterschiedliche Hölzer kombiniert, Natur-Look mit bunt lackierten Kleinmöbeln aufgefrischt und mit offenkundig künstlichen Elementen und Materialien wie Hightech-Textilien, Plastik-Stühlen und futuristischen Strukturen konfrontiert.

Der Clash der Designkulturen geht sogar quer durch einzelne Möbel, deren Elemente fragmentiert und neu zusammengesetzt erscheinen - Verschraubungen, Verzahnungen, Materialcollagen und individuell wählbare Kombinationen verschiedener Polster-, Textil- und Farbqualitäten sind etwa bei Stühlen das ästhetische Merkmal auch und gerade bei hochwertigen Produkten. Wer es noch origineller mag oder regelmäßig Flohmärkte besucht, versammelt um den Esstisch gleich eine Reihe völlig unterschiedlicher Stühle, Sessel und Hocker - Hauptsache kein Einheitsbrei. Und die Wohnwand - sie wird nochmals kleiner, ist aber mit viel Technik fürs Home-Entertainment ausgestattet - wartet mit farblich abgesetzten Akzenten auf, deren Platzierung auch schon mal frei gewählt werden kann. Zusammensetzung ist das Zauberprinzip individueller und individualisierbarer Möbel.

Der Einrichtungsstil ist kein Dogma

Heute verschreibt man sich nicht mehr auf Jahrzehnte ein und demselben Einrichtungsstil. So schnell und dynamisch wie das Leben inzwischen geworden ist, wird auch die Wohnung alle paar Jahre einmal umgekrempelt. Das bedeutet aber nicht, dass dann die alten Möbel einfach durch neue ersetzt werden. Die Lieblingsstücke bleiben erhalten, werden aber neu inszeniert oder aufgearbeitet; hier kommen Raumausstatter und Polsterer ins Spiel. Ohnehin ist die Wegwerfgesellschaft passé, Nachhaltigkeit angesagt.

Und wenn es doch etwas neues sein soll, muss man dem Möbel nicht unbedingt ansehen, dass es gerade erst aus der Fabrik kommt. Individuelle Stücke oder solche mit Gebrauchsspuren - original oder mit Used-Optik auf Vintage getrimmt - vermitteln zumindest den Eindruck, als hätten sie eine Story zu erzählen. Hölzerne Hocker mit Häkelbezug oder stählerne Stühle mit folkloristisch gemustertem Kissen sehen aus wie von der Oma selbstgemacht oder geerbt und lassen sich auch schnell wieder verändern; puristische Esstische aus altem Holz, das Abrissbauten entnommen wurde und den Charme authentischer Geschichte atmet, auf einem filigranen Eisengestell montiert, wirken alt und modern zugleich. Solche Möbel lassen sich immer wieder neu kombinieren, farblich in neuen Kontrast setzen - Stichwort: Colour-Blocking - und selbst in ihren Funktionen verändern.

Hauptsache individuell

Angesagt sind auch Do-it-yourself-Möbel und -Accessoires. Hier wird dem Charakterstück gerne mit Lack und LED, Schablone und Pinsel, Nadel und Faden oder schlicht neuen Knäufen nachgeholfen. Handmade-Portale im Internet lassen den Traum vom handgemachten Original von der Garderobenleiste bis zur Kommode wahr werden. Doch es gibt auch Möbel, die Individualisierung und die Möglichkeit zur Veränderung vom Werk aus mitbringen. Schon fast Standard ist das Customizing-Prinzip bei Polstermöbeln, die bei Füßen und Bezügen eine immer breiter werdende Auswahl bieten. Nachträglich auswechselbare Bezüge kommen dem Wunsch nach einem Updating noch weiter entgegen.

Doch auch Regalsysteme und Schränke, deren Module sich ohne großen Aufwand neu zusammensetzen lassen, legen bei Variantenbreite und Ausdrucksmöglichkeiten zu. Stühle, deren Polsterteile man in diversen Farb- und Bezugsqualitäten zusammenstellen kann, eröffnen neue Möglichkeiten zur Individualisierung und zur Anpassung an individuelle Interior Designs. Und sogar Leuchten lassen sich aus mehreren Modulen zu individuellen Strukturen verbinden.

Das Möbeldesign wird weicher

Unverkennbar ist auch der Trend zu einer "neuen Gemütlichkeit", dem sich selbst Designermöbel nicht entziehen können. Die angesagtesten Labels bieten Möbel und Ambiente zum Kuscheln an, scheuen sich nicht vor dekorativen Mustern oder traditionellen Formen - häufig aus den 50er- und 60er-Jahren - und holen fast vergessene Designklassiker und Möbeltypen wie das Pappmöbel wieder aus dem Keller, um sie in neuem Glanz oder in neuem Street Art-Look erstrahlen zu lassen. Das Möbeldesign wird insgesamt weicher und emotionaler. Die großen Premium-Marken haben ebenso wie die progressiven, jungen Labels zunehmend Produkte mit weicheren, freundlich wirkenden Formen und Farben im Programm.

Sowohl bei den Polstermöbeln als auch bei Betten und Matratzen geht die Entwicklung weg vom harten Sitz- und Liegegefühl. Bequem und weich soll es sein, um als angenehm empfunden zu werden. Und dass Bäder als Wohlfühloasen gestaltet werden, ist ja auch schon seit einiger Zeit zu beobachten.

Als gemütlich im besten Sinne wurde auch die Inszenierung von "Das Haus - Interiors on Stage" der dänischen Designerin Louise Campbell empfunden. Es verströmte auf 240 m2 eine warme und leichte Atmosphäre. Insgesamt eine gelungene Mischung aus Ornament und Geradlinigkeit, aus maskuliner und femininer Ästhetik. Mit dabei, der 16 m lange "Soft Space", ein dickes Sitz- und Liegemöbel, bestehend aus mit Decken und Kissen überhäuften Matratzen und mit luxuriösen Textilien bezogen.

In dieser Vision des Wohnens kann man auch aktiv sein, sei es handwerklich oder künstlerisch, beim Nähen oder Kochen. Heimkino hingegen gehört nach Campbells Überzeugung nicht in die Wohnung. In ihrem Low-Tech-Haus soll man sich seines Körpers und seiner Hände bedienen; technische Hilfsmittel wie Smartphones sind nur als Gäste gern gesehen.
aus BTH Heimtex 03/14 (Wirtschaft)