Interview des Monats: Thomas Sitz- und Liegemöbel, Bremervörde

"Lattoflex ist ganz klar positioniert – Rückenschmerzen müssen nicht sein!


Die Firma Thomas Sitz- und Liegemöbel ist weniger unter ihrem eigenen Namen bekannt als durch ihre Marke: Lattoflex. Das Unternehmen ist weit mehr als der Erfinder des Lattenrostes. Seit damals hat das Unternehmen im Bereich der Unterfederung zahlreiche Neuheiten zur Marktreife gebracht, die heute allgemein verbreitet sind. Die vorerst letzte Etappe war die letztjährige Präsentation der neuen 200er- und 300er-Unterfederung in München. Haustex besuchte Geschäftsführer Boris Thomas und Verkaufsleiter Dieter Tost, um mit ihnen über das Erfolgsgeheimnis des Unternehmens zu sprechen. Außerdem: Wie steht es um die Entwicklung eigener Marken-Stores? Warum führt auch der Recticel-Konzern die Marke Lattoflex?

Haustex: Im vergangenen Jahr stellten Sie, Herr Thomas, Ihren Kunden die neue Unterfederungs-Generation in München vor. Inwieweit hat diese Produktpremiere das Wirtschaftsjahr von Thomas Sitz- und Liegemöbel beeinflusst und wie haben Sie das vergangene Jahr abschließen können?

Boris Thomas: Wir konnten im letzten Jahr im Umsatz einen prozentual zweistelligen Zuwachs erzielen. Insofern lief es 2013 für uns ziemlich gut. Das jetzt allein auf die neue Unterfederungs-Generation zurückzuführen, wäre aber übertrieben, denn wir konnten in den letzten Jahren regelmäßig zweistellige Umsatzzuwächse erreichen.

Ich denke, dass wir in den letzten Jahren mit Lattoflex Marktanteile gewinnen konnten, denn der Markt ist sicherlich nicht jedes Jahr zweistellig gewachsen. Und unser Wachstum ist nachhaltig. So wuchs unser Umsatz seit 2007 um 78,2 Prozent. Das ist umso beachtlicher, als wir im Premium-Markt zuhause sind. Unsere Marktentwicklung zeigt, dass man auch im Premium-Markt richtig etwas bewegen kann. Ohne irgendwelche Aktionen zu starten, die uns wirklich fremd sind, haben wir ein konstantes Wachstum hingelegt.

Haustex: Zu der Produktvorstellung ist es Ihnen gelungen, rund 350 Leute nach München zu locken. Wie schaffen Sie es, so viele Menschen zu einer Veranstaltung zu bewegen?

Thomas: Erschwerend kommt sogar hinzu, dass wir die Veranstaltung nicht mit großem Aufwand angekündigt haben. Ich hatte lediglich ein Jahr vorher in einem Geschäftsleitungs-Brief angekündigt, dass wir eine Veranstaltung planen, wer kommen wolle, sei herzlich eingeladen. Das war es.

Ich denke, es waren im Wesentlichen zwei Faktoren. Natürlich haben wir den Spannungsbogen bis München relativ hoch gehalten, sodass es eine große Neugierde darüber gab, was Lattoflex dort wohl zeigen würde. Der zweite Punkt ist sicherlich, dass wir eine hohe emotionale Verbundenheit mit unseren Kunden haben. Darum sind wir wahrscheinlich in den letzen Jahren auch kontinuierlich gewachsen. Wir mögen unsere Kunden und unsere Kunden mögen uns. Wir bilden mit ihnen eher eine Lattoflex-Familie, als dass wir eine nüchterne Geschäftsbeziehung zwischen Lieferant und Kunden haben. Wenn Lattoflex ankündigt, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Treffen stattfindet, dann kommt einfach die gesamte Lattoflex-Familie zusammen.

Haustex: Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl muss man aber auch erst mal erzeugen.

Thomas: Sie haben Recht und ich habe darüber lange nachgedacht. Ein wichtiger Grund ist der Faktor Mensch. Wir bedienen überwiegend den mittelständischen Fachhandel. Dort arbeiten Menschen, die tagtäglich ihren Job machen. Bei Lattoflex sind wir ähnlich strukturiert. Die Familie Thomas ist genauso ansprechbar wie die übrigen Mitarbeiter. Außerdem haben wir in unserem Mitarbeiterstamm eine sehr hohe Kontinuität, Mitarbeiter, die schon 30 und mehr Jahre bei uns sind. Unsere Kunden haben darum seit langem immer die gleichen Ansprechpartner. Gemeinsam hat man gute Zeiten erlebt und weniger gute. Das schafft ganz viel Vertrauen und Verbundenheit. Und der Wettbewerb hat durch seine eigene Personalpolitik in den letzten Jahren mit dazu beigetragen, dass unsere Kunden unsere Personal-Kontinuität zu schätzen wissen. Bei uns treffen sie immer Leute, die durch ihre langjährige Erfahrung Ahnung von der Materie haben. Wir kennen unsere Kunden, ich kenne unsere Kunden persönlich und besuche sie regelmäßig. Der Faktor der persönlichen Verbundenheit ist nicht zu unterschätzen, man vertraut einander und das macht die Arbeit schnell.

Das belegen nicht zuletzt die Ergebnisse Ihrer Matratzen-Umfrage, bei der wir in sechs von 16 Kategorien den ersten Platz gemacht haben. Wir haben den besten Außendienst und den besten Innendienst der Branche. Wenn ich mir die Platzierungen des ein oder anderen Kollegen ansehe, dann weiß auch, warum das so ist.

Haustex: Wenn wir etwas weiter zurück blicken, wie ist Lattoflex zu dem geworden, was es heute darstellt?

Thomas: Im Grunde ist Lattoflex ein Handwerksunternehmen, denn mein Großvater Karl und Vater Wilfried Thomas waren Tischlermeister. Das Unternehmen wurde durch sie von jeher dadurch geprägt, dass wir Dinge mitunter auf eine sehr eigene Weise betrachten, vielleicht auch mal Dinge tun, die nicht ganz ins übliche Schema passen. Aber das erwarten die Kunden zum Teil auch von uns. Wir haben uns auch schon manchmal die Finger dabei verbrannt. Auch das gehört dazu. Aber wir haben niemals den Sinn dafür verloren, dass es letzten Endes darauf ankommt, den Menschen zu dienen. Am Ende brauchen wir doch dort draußen einen Kunden, der sich für unsere Produkte interessiert, ins Geschäft kommt, sich beraten lässt und unsere Produkte kauft.

Darum haben wir einen Sinn dafür entwickelt zu überlegen, was Menschen wirklich wünschen. Unsere Antwort darauf heißt, dass es Leute mit Rückenschmerzen gibt, und die brauchen ein ordentliches Bett. Die Positionierung von Lattoflex ist entsprechend relativ klar und simpel: Wir helfen Leuten mit Rückenschmerzen. 73 Prozent aller Lattoflex-Kunden haben beim Kauf ein Rücken- oder Schlafproblem. Das sind so genannte Problemkunden, und ich liebe Problemkunden. Mit denen kann man auf Augenhöhe reden, weil sie kein Interesse an Werbechichi haben. Sie erwarten einfach, dass wir ihr Problem lösen. Ich glaube, dass unsere Branche einen großen Fehler macht, wenn sie sich nur noch auf die schönen Dinge des Lebens konzentriert. Der Markt dafür ist meiner Meinung nach viel kleiner als der für Leute mit Rückenschmerzen.

Haustex: Also wird es wahrscheinlich kein Boxspring-Bett von Lattoflex geben?

Thomas: Nein, es sei denn, es gelänge uns, das Bett so zu verpacken, dass wir Lattoflex darin hätten. Eines steht fest: Wir werden niemals unsere Positionierung oder unsere Markenaussage aufweichen. Sobald wir mit Lattoflex auch nur geringfügig vom eingeschlagenen Weg abweichen, sind wir schon schwächer. Wir fahren wirklich am Besten, wenn Prof. Dr. Schmidt Menschen mit Rückenschmerzen Lattoflex empfiehlt. Unser Marketing ist reduziert auf die Aussage: "Du hast ein Problem? Wir haben die Lösung!" Das ist ziemlich simpel, aber erfolgreich.

Dieter Tost: Wenn man so will, hat das Unternehmen sich im Laufe der Jahre vom Handwerksbetrieb immer stärker auf das Thema Liegen konzentriert, richtig liegen, bis hin zu dem, was wir heute sind: Ein Anbieter von Schlafsystemen, mit denen sich Rückenschmerzen vermeiden lassen. Wir konzentrieren uns auf eine eindeutige Erkennbarkeit. Das steht im Gegensatz zu dem, was wir heute auf dem Markt erleben. Dort entwickelt sich gerade das Thema Boxspring. Parallel haben wir ein unglaubliches Wachstum an Verkaufsfläche der großen Möbelflächen, die mit Ware und Kunden gefüllt werden müssen. Und Boxspring hat seine Preislagen von früher 5.000, 10.000 Euro oder höher mittlerweile mit dem Thema "schön und hübsch" auf 500 Euro für ein Doppelbett herunter gebracht. In diesem Markt herrscht so ein starker Wettbewerb, darin kann jeder nur zerrieben werden.

Deswegen konzentrieren wir uns lieber auf ein Thema, bei dem wir eine wirklich glaubhafte Kompetenz besitzen: Rückenschmerzen lassen sich vermeiden.

Haustex: Eine wichtige Rolle in der Kundenbindung dürfte auch der Händlerbeirat spielen, den Lattoflex ins Leben gerufen hat.

Tost: Seit 30 Jahren treffen sich zehn bis zwölf ausgewählte Handelspartner zweimal im Jahr. Die Mitgliedschaft in dem Beirat dauert jeweils drei Jahre. Dort sprechen wir darüber, was aktuell auf beiden Seiten an Themen in der Luft liegt. Diese Veranstaltung nehmen wir sehr ernst, denn wir werden von den Mitgliedern in der folgenden Sitzung daran gemessen, was zuvor besprochen wurde.

Thomas: In dem Beirat werden ganz klare Entscheidungen gefällt. Allein in den letzten zehn Jahren haben wir gemeinsam eine Menge an Entscheidungen im Produktbereich getroffen. Das ist natürlich immer eine Gratwanderung zwischen der Vertraulichkeit zu Betriebsgeheimnissen und dem Wunsch zu erfahren, wie die Händler über unsere Neuentwicklungen denken.

Dieter Tost sagte eben etwas sehr Wichtiges, als er die klare Erkennbarkeit erwähnte: Das trifft auf die Markenbildung zu, aber auch auf unseren Umgang mit den Menschen. Wir sind vielleicht etwas eigen und handeln so, wie es viele andere in der Branche nicht tun. Aber auch in diesem Punkt sind wir wiedererkennbar. Ich glaube, das Entscheidende für eine Marke ist auch immer die Definition ihrer Grenzen. Wir sagen bei bestimmten Dingen auch einfach nein. Zum Beispiel hat es bei uns gegen massive Bedenken des Handels nie Latexmatratzen gegeben, weil es unserer Ansicht nach kein geeignetes Material für Matratzen ist. Inzwischen haben es die meisten anderen auch erkannt.

Diese Klarheit und Fokussierung sind das Geheimnis und die Quintessenz dessen, warum wir uns in den letzten Jahren erfolgreicher entwickelt haben als der Markt insgesamt. Die Händler wissen, woran sie bei Lattoflex sind. Und es darf nie ein Zweifel darüber entstehen, wo Lattoflex steht.

Haustex: Sich festzulegen, bedeutet auch immer das Risiko, einen Fehler zu begehen.

Thomas: Sicherlich. Die Entscheidung, keine Latexmatratzen anzubieten, hat uns kurzfristig wahrscheinlich einiges an Umsatz gekostet. Aber langfristig war es dennoch die richtige Entscheidung. Es gibt Momente, da muss man sich einfach mal festlegen. Ein Hauptproblem vieler Unternehmen, die momentan nicht so erfolgreich sind, liegt häufig darin, dass sie irgendwann nicht den Mut gehabt haben, sich zu entscheiden. Letzten Endes entsteht daraus ein Unternehmen, das nicht erkennbar ist und keinen klaren Markenkern besitzt.

Was uns betrifft, kann ich ihnen jetzt schon sagen, dass unser Marketing in fünf Jahren noch genau so aussehen wird wie heute und wie vor ein paar Jahren. Was neben der Erkennbarkeit den Vorteil bietet, dass sich unsere Marketing-Kosten sehr in Grenzen halten. Das Geld setze ich lieber dafür ein, die Endverbraucher in die Geschäfte unserer Händler zu holen. Oder ich veranstalte eine Reise für unsere 100 besten Händler, so wie in diesem März nach Vietnam. Da haben wir eine Woche lang eine entspannte Zeit und schauen uns das Land an.

Haustex: Wie kam die Tischlerei Thomas zur Marke Lattoflex?

Thomas: 1935 hatte mein Großvater Karl Thomas unweit vom heutigen Werk eine Tischlerei eröffnet. 1955 hat er dann als Aussteller auf der Kölner Möbelmesse einen Schweizer Freund getroffen, Hugo Degen. Dessen Frau hatte im Jahr zuvor einen Bandscheibenvorfall gehabt. Und um ihr das Liegen und Schlafen zu erleichtern, hatte er in ihr Bett ein paar Latten eingelegt, die den Rücken besser unterstützen sollten. Diese Idee funktionierte so gut, dass er auf die Idee verfiel, dieses System patentieren zu lassen. Allerdings konnte er die gebogenen Latten nicht selbst produzieren, denn das war technisch nicht einfach zu lösen.

Da kam mein Großvater ins Spiel, der Zeit seines Lebens für jede verrückte Idee zu haben war. Er nahm die Idee mit nach Hause und erzählte sie meinem Vater, der zu der Zeit gerade am Ende seines Holztechnikerstudiums stand. Er hatte im Zuge des Studiums Bekanntschaft mit dem damals neuartigen Trockenleim machen können. Dieser Trockenleim schließlich ermöglichte es, die Latten mit der gewünschten Biegung herzustellen. So werden die Latten heute noch produziert.

1957 wurde diese neue Technologie von meinem Großvater, meinem Vater und Hugo Degen erstmals auf der Kölner Möbelmesse vorgestellt. Solch ein Lattenrost kostete damals aber dreimal so viel wie eine gute Federkernmatratze. Dadurch war das Produkt die nächsten zehn Jahre erst einmal ein Flop. Aber Ende der 60er Jahre verfing die Idee des Lattenrostes immer mehr und die 70er Jahre waren eigentlich die goldenen Jahre des Lattenrostes. Wer damals ein Lattenrost haben wollte, musste damals nach Bremervörde kommen, bis Ende der 70er Jahre dann die meisten Patente fielen. Die Ur-Idee des Lattenrostes ist somit Lattoflex.

Haustex: Und wie kommt es dann, dass auch der Recticel-Konzern Produkte unter der Marke Lattoflex anbietet?

Thomas: Wir haben weltweit etwa 160 Patente und Markenrechte. Und für verschiedene Länder haben wir Lizenzrechte vergeben. Recticel hat sie beispielsweise für Benelux und Frankreich erworben. In diesen Ländern darf Recticel unsere Produkte unter der Marke Lattoflex selbst produzieren und vermarkten. Recticel als Lizenznehmer ist insoweit etwas ungewöhnlich, als der Konzern auf Märkten wie Deutschland auch unser Konkurrent ist. Das hat historische Gründe, da unser früherer Lizenzpartner aus Belgien sein Unternehmen irgendwann an Recticel verkauft hat, damit sind die Lizenzrechte mit unserer Zustimmung auch an Recticel gegangen. Diese Entscheidung haben wir nie bereut, denn die Zusammenarbeit verlief sehr vertrauensvoll. Wir sind zusammen sehr erfolgreich. Belgien ist zum Beispiel eines der stärksten Lattoflex-Länder weltweit. Dort ist die Marke Lattoflex fast ein Synonym für Lattenrost.

Haustex: Der erste Markstein des Marke Lattoflex war die Messepremiere 1957. Welche Ereignisse sind weitere wichtige Marksteine für das Unternehmen?

Thomas: Wir haben den Lattenrost danach immer weiter entwickelt. Es gibt aber auch einige Meilensteine, die nicht unmittelbar etwas mit dem Produkt zu tun haben. Ganz entscheidend war beispielsweise 1983/84 die Einführung der Vertriebsbindung. Damals hatten wir beim Kartellamt angefragt, ob wir es uns erlauben dürfen zu entscheiden, mit wem wir zusammenarbeiten wollen. Deshalb haben wir aktuell auch als eines der wenigen Unternehmen keinen Ärger mit dem Kartellamt.

Der Hintergrund der Anfrage: Wir hatten damals allein in Deutschland ein Händlernetz von rund 5.000 Händlern, denn alle wollten zu der Zeit Lattoflex haben. Nun gibt es aber einen Lieferzwang, der auch eingeklagt werden kann. Daher kann ich keinen vom Markt ausschließen, noch kann ich als Hersteller Preislagen festlegen. Wir wollen aber, dass Lattoflex sauber ist, wir wollten Vermarktung und Vertrieb so weit unter Kontrolle haben, dass wir wissen, was mit Lattoflex draußen passiert.

Wir haben uns darum von unseren Händlern Vertragsbindungsverträge unterschreiben lassen, vom Kartellamt abgesegnet, die einige Basisdaten der Zusammenarbeit regeln: Ausstellungsfläche, Werbung, Schulung etc. Wer dazu nicht bereit war, arbeitete künftig nicht mehr mit Lattoflex. Seit dieser Zeit achten wir sehr fein darauf, dass jeder das Vertragswerk unterschreibt, der mit Lattoflex zusammenarbeiten möchte. Keine Unterschrift, kein Lattoflex. Im Zuge dieser Vertriebsbindung haben wir die Zahl unserer Händler auf nur noch rund 1.000 reduziert, die wir bis heute haben. Diese Maßnahme hat es uns ermöglicht, die Marke mit den Partnern in Ruhe zu entwickeln, die Spaß an der Marke haben und bereit sind, mit uns den Weg zu gehen.

Tost: Kurz darauf, 1984, haben wir das Thomas-Studio-Konzept entwickelt, heute Lattoflex Schlafwerk, für jene, die der Marke noch etwas stärker verbunden sind, und eine noch intensivere Zusammenarbeit wünschen. Daraus ist ein ganz enges Netzwerk von heute 250 Fachhändlern entstanden, die Lattoflex rauf und runter beten können.

Haustex: Gibt es somit Lattoflex-Kunden erster und zweiter Klasse?

Tost: Das würde ich nicht sagen. Aber es gibt Kunden, die Lattoflex als ihren wichtigsten Lieferanten behandeln und solche, für die Lattoflex eine Marke unter vielen ist. Wer unsere teuerste und oberste Linie Lattoflex 300 führen möchte, der muss eben mit Lattoflex eine enge vertragliche Bindung eingehen.

Thomas: Ich möchte, dass wir auf dieser Ebene eine wahrhaftige Partnerschaft pflegen. Bei den meisten, die von einer Partnerschaft reden, ist es meist nur ein einseitiges nehmen. Wir möchten uns auf Augenhöhe begegnen und fragen vorab, was der Partner bereits ist, für unsere Marke zu leisten, bezüglich Fläche, Werbung und so weiter. Wenn das stimmt, räumen wir ihm auch die erste Priorität ein.

Inzwischen fangen fast alle in unserer Branche an, solche Vertriebsbindungen einzuführen, nachdem sie sich zum Teil mit ihrem so genannten selektiven Vertrieb eine blutige Nase geholt haben.

Haustex: Aber auch auf der Produktseite hat sich die Marke doch erkennbar weiter entwickelt.

Thomas: Es gibt sicherlich viele Dinge, die wir entwickelt haben. Es gibt kaum etwas an einem Lattenrost, das nicht von Lattoflex erfunden wurde: der erste Motorrahmen, die erste Schulterzone, erste Zonenverstärkung, erste Kopfhochlagerung, der erste mechanische Sitzfederrahmen, der erste Gasfederrahmen.

Ein großer Meilenstein war dann sicherlich 1996 die Umstellung von Holz auf Glasfaser, bis heute wahrscheinlich der nachhaltigste Schritt. Ich bin fest davon überzeugt, dass er unseren Erfolg und unser Überleben sichert. Denn ich glaube nicht mehr daran, dass man in einem Wettbewerb von ähnlichen Produkten, ausgenommen Verbandsprodukte, noch überleben kann. Am Ende bleibt ein Lattenrost optisch ein Lattenrost.

Es zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Unternehmen: Die Erkennbarkeit und Unterscheidbarkeit von Lattoflex in Menschen, in meiner Person, in der Marke, der Kommunikation bis hin zum Produkt. Der Begriff Marke kommt von der Markierung, der Wegmarke. Die muss Orientierung bieten, dafür muss man sie aber auch erkennen. Ein Wegweiser, der mir nicht sagt, wo es lang geht, erfüllt nicht seinen Zweck. Lattoflex ist im Konzert der Schlafsystem-Anbieter klar positioniert, nämlich anders als alle anderen. Dadurch sind wir ganz klar erkennbar. Je ähnlicher und je schwammiger wir werden, umso schwieriger wird es Lattoflex zu vermarkten. Das gilt auch für unsere Handelspartner.

Haustex: Welche Märkte bedient Lattoflex selbst?

Tost: Dazu zählen Deutschland, Schweiz, Österreich, Italien, Dänemark. In Polen und Tschechien haben wir Partner, in Asien sind wir in Japan und Thailand sehr stark aufgestellt. In China starten wir gerade mit einem neuen Partner. Das sind unsere Hauptländer. In den USA haben wir außerdem noch Restkunden, aber dieser Markt wird in den kommenden Jahren sicherlich wieder stärker von uns bedient werden. Er ist allerdings ein ganz schwieriges Pflaster, der Markt dort tickt völlig anders als bei uns. Unsere gesamte Branche tut sich dort schwer.

Haustex: Begonnen haben Sie mit eigenen Stores in Deutschland. Wie haben sich Ihre Retail-Pläne hierzulande entwickelt?

Thomas: Vor gut zwei Jahren haben wir damit begonnen, in Deutschland eigene Marken-Stores zu eröffnen. Seitdem hat sich das Konzept komplett weiter entwickelt. Die ersten beiden Stores in Lippstadt und Nordhorn haben wir wieder geschlossen. Dort haben wir unendlich wertvolle Lernerfahrungen machen können. Wenn man den Store in Ravensburg und den gerade in Speyer eröffneten Store mit den beiden geschlossenen vergleicht, liegen dazwischen riesen Evolutionssprünge. Unser erstes Ziel war es zu lernen, wie man Lattoflex vor Ort erfolgreich vermarktet. Das neue POS-System, wie in München vorgestellt, haben wir in den Stores entwickelt. Ohne unsere Stores hätten wir es in München so nie präsentieren können.

Außerdem verfügen wir jetzt über ein komplettes Drehbuch darüber, wie man im Beratungsgespräch am besten vorgeht, um Lattoflex zu verkaufen. Das haben wir in den Stores entwickelt und verfeinert. Wir testen dort jeden Tag, was man noch verändern und verbessern kann. Durch diese Erfahrung verstehen wir jetzt viel besser, warum wir im Handel so erfolgreich sind. Denn wir wissen jetzt, wie Bettenfachhandel geht. Die meisten unserer Kollegen stellen zwar etwas her und wissen theoretisch, wie Handel funktioniert, aber eben nur theoretisch. Sie lassen Schulungen von Leuten machen, die noch nie selber im Laden verkauft haben. Das ist so, als wenn ich eine Chirurgenausbildung von jemandem bekomme, der noch nie selbst operiert hat.

Wir haben aber auch wirtschaftlich gemerkt, wie wir immer näher ans Thema herankommen. Speyer läuft seit der ersten Woche in den positiven Zahlen, in Lippstadt war das noch nicht der Fall. Lippstadt war mit 220 Quadratmetern viel zu groß, Speyer hat knapp 170 Quadratmeter einschließlich Lagerräumen. Wenn wir jetzt für den Handel Schulungen machen, wissen wir, wovon wir reden, und das registrieren unsere Partner sehr wohl.

Haustex: Ihr ursprüngliches Ziel war es aber doch nach eigenem Bekunden, weiße Flecken in der Handelslandschaft zu besetzen.

Thomas: Richtig, die Stores bieten uns eine Perspektive, Standorte zu besetzen, die für uns noch ein weißer Fleck sind. Wir haben heute speziell in Mittelzentren Standorte, die fachhandelsbefreit sind.

Ich glaube, dass alle unsere Partner im In- und Ausland von den Store bereits unglaublich profitieren konnten, weil wir alles schon einmal selbst ausprobiert haben. Das große Problem, das wir in der Industrie haben: Wir reden von Dingen, von denen wir häufig keine Ahnung haben. Welcher der Verkaufstrainer aus der Industrie hat denn selbst schon mal tagtäglich in einem Laden gestanden? Ich rede hier nicht von den Beratertagen. Einige lassen sich ihre Schulung sogar vom TÜV zertifizieren. Aber hat der TÜV jemals einen Bettenhandel betrieben?

Ich habe Lattoflex fast dazu gezwungen, sich einmal mit der Führung eines Stores auseinanderzusetzen und zu erfahren, wie es ist, wenn mal eine Woche lang niemand durch die Ladentür kommt, um unser Produkt zu kaufen. Oder wie schwierig es ist, gutes Personal zu bekommen. Diese Erfahrungen haben uns enorm weiter gebracht, auch in der Ebenbürtigkeit als Gesprächspartner für den Handel. Inzwischen haben wir einen Heidenrespekt dafür, was ein Händler in seinem Geschäft leistet.

Haustex: Mit welcher Strategie wollen Sie die Expansion der Lattoflex-Stores vorantreiben?

Tost: Wir werden mindestens noch ein Jahr unser Konzept testen und weiter verfeinern. Wir haben einige drängelnde Kunden, die die Entwicklung sehr spannend finden und gerne selbst einen Marken-Store mit uns eröffnen möchten, wenn das Konzept steht. Es ist beispielsweise als Satellit eines angestammten Geschäftes geeignet, auf kleiner Fläche mit überschaubaren Kosten. Und in einer Region, deren Kunden man mit dem Stammhaus nicht erreicht, aus welchen Gründen auch immer, die aber auch nicht durch andere Fachhändler bedient wird.

Entscheidend ist, dass man den Partnern ein bewährtes, multiplizierbares und vor allem reproduzierbares Geschäftsmodell zur Verfügung stellt. Wie man das dann letzten Endes nennt, ob Franchise-Modell oder Filial-System, ist ja egal.

Thomas: Ihre Befragung zeigte ja auch, dass Lattoflex den ersten Platz im Bereich Verkaufsförderung bekam. Das ist wirklich keine Selbstverständlichkeit, wenn man sich die anderen renommierten Anbieter ansieht. Der Handel hat aber inzwischen realisiert, dass die Dinge funktionieren, die wir ihm anbieten. Wir verteilen zum Beispiel über unsere Handelspartner im Jahr rund 20 Millionen Flyer: ohne Preise, ohne Aktion, reine Marken-Flyer. Seit Jahren möchten wir diesen Flyer einstellen, mal etwas Neues machen, wir können ihn allmählich selber nicht mehr sehen. Die Händler bestehen aber darauf, ihn immer wieder verteilen zu können, weil sie überzeugt davon sind, dass der Flyer wirklich funktioniert. Er schafft Frequenz in den Läden.

Reklame hat in meinen Augen nur einen einzigen Sinn, nämlich kaufende Kunden zu erzeugen. Und das schafft man nicht mit schöner Imagewerbung, wie sie zuhauf wieder auf der Möbelmesse zu sehen war. Und wenn sie das nicht tut, dann lässt man es am besten bleiben und spart sich das Geld. Ich glaube, wir haben in den letzten Jahren verlernt, worum es wirklich geht. Das sind guter Schlaf, Rückenschmerzen, was unterscheidet mein Produkt von anderen Produkten. Eine Marke muss unterscheidbar sein, und das muss ich kommunizieren. Das hat sich seit Domizlaff und seinem Buch über die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens nicht wesentlich geändert.

Tost: Ein gutes Beispiel ist unsere Aktion mit dem Testschlaf. Bei der zweiten Auflage hatten wir 50.000 Bewerbungen erhalten, in der ersten sogar 70.000. Rückblickend kann man leicht sagen, dass die Aktion ein Erfolg werden musste. Aber vorher war das gar nicht so klar. Schließlich haben wir die Leute mit den schlimmsten Rückenschmerzen ausgewählt und ihnen unser Schlafsystem vier Wochen zur Probe zur Verfügung gestellt. Dass danach über 96 Prozent von ihnen sagen, dass sie weniger Rückenschmerzen haben und ihre Schlafprobleme gelöst sind, stand nicht von vornherein fest, das hätte bei dem neuen System mit etwas Pech auch anders ausgehen können.

Dieser Wert von 96 Prozent bedeutet eine enorme Motivation für die Lattoflex-Mitarbeiter und das Verkaufspersonal in den Geschäften: "Ich produziere Kundenzufriedenheit, und diese Zufriedenheit schafft mir obendrein noch neue Kunden." Das erleichtert das Verkaufen enorm, denn wir versprechen, dass wir das System anstandslos zurück nehmen, wenn ein Kunde zu den vier Prozent gehört, deren Schlafbeschwerden durch Lattoflex nicht besser werden.

Haustex: Lattoflex war früher regelmäßiger Aussteller auf der Möbelmesse. Warum heute nicht mehr?

Thomas: Wir haben uns vor einigen Jahren gegen die Messe entschieden, weil wir festgestellt haben, dass Nutzen und Aufwand nicht mehr in einer vernünftigen Relation zueinander standen. Alles in allem kommt man auf eine viertel Million Euro an Kosten für solch eine Messe, wenn man es richtig machen möchte, einschließlich Übernachtungen und Personalaufwand. Auf der anderen Seite findet Akquise auf dieser Messe kaum noch statt. Wir haben ganz intensiv Statistiken geführt und Jahr für Jahr waren 98 Prozent der Besucher auf unserem Stand bereits Lattoflex-Kunden. Außerdem kamen von den Kunden immer weniger Leute zur Messe, die obendrein immer kürzer blieben. Zeit für ein fruchtbares Gespräch hatten wir auf der Messe trotzdem nicht. So etwas wie letztes Jahr in München hätte ich in Köln niemals veranstalten können. Für das Messebudget können wir heute viel mehr Marketing machen, unsere Lattoflex-Reisen veranstalten. Davon haben wir und unsere Partner viel mehr.

Tost: Im Anschluss an München haben wir noch einmal innerhalb von vier Wochen rund 400 Verkäufer mit dem neuen System vertraut gemacht und sie geschult. Zu dem Zeitpunkt, als die neuen Produkte in den Handel kamen, waren bereits rund 750 Leute darauf eingestellt und heiß darauf. Der Benefit für unsere Partner ist dadurch wesentlich größer als durch einen schönen Stand auf der Messe.

Haustex: Erschwerend kommt hinzu, dass Lattoflex nicht wegen der Messe den Zwang hat, regelmäßig im Januar mit etwas Neuem aufwarten zu müssen.

Thomas: Genau. Es gibt ja immer zwei Dinge, die dann schief gehen können. Entweder man präsentiert etwas, was technisch noch gar nicht ausgereift ist, und noch ein halbes Jahr benötigt, bis es wirklich marktreif ist, wenn überhaupt. Oder man stellt etwas vor, das dem Namen Innovation nicht wirklich gerecht wird. Ich glaube, das ist eine fatale Falle der Messe, denn wer bringt dort schon den Mut auf zu erklären, dass man in diesem Jahr nichts Neues zu zeigen hat. Wir konnten stattdessen unsere gesamte Entwicklungsarbeit langfristig auf den Event in München ausrichten, und nur sechs Wochen später war der Handel mit den neuen Produkten und dem kompletten Marketing-Paket ausgestattet. Dadurch hatte die Spannungskurve bei unseren Partnern gar keine Chance abzusacken, wie es nach einer Messe häufig der Fall ist.

Haustex: Wie lange kann der Handel die neue Unterfederung jetzt vermarkten, beziehungsweise wann kommt die nächste Lattoflex-Innovation?

Thomas: Bei der Unterfederung kann ich dafür garantieren, dass in den nächsten zehn Jahren nichts passieren wird. Außer evolutionären Veränderungen. Aber das Grundprinzip wird bleiben. Dadurch, dass wir die Unterfederung vom Rahmen getrennt haben, gibt uns dies die Möglichkeit, mit neuen Funktionen zu spielen und es zu variieren, ohne das Grundsystem anzufassen. Das bedeutet für den Handel eine größtmögliche Konstanz in der Beratung. Wir wollen unsere Händler nicht permanent mit neuen Produkten überfordern. Wir haben allerdings fantastische neue Ideen für neue Funktionen in der Hinterhand als so genanntes add-on. In diesem Jahr wird allerdings noch nichts passieren in der Hinsicht.



Lattoflex - in Kürze


Thomas GmbH + Co. Sitz- und Liegemöbel KG
Walkmühlenstraße 93
27432 Bremervörde
Tel.: 04761/979-0
Fax: 04761/979-161
E-Mail:info@lattoflex.com
Internet: www.lattoflex.com

Geschäftsführer: Boris Thomas, Wilfried Thomas
Produkte: Unterfederungen, Matratzen
Mitarbeiterzahl: 220

Absatzmärkte:
eigener Vertrieb: Deutschland, Österreich, Schweiz, Tschechien, Dänemark, Japan, Taiwan, USA, Russland
über Lizenzpartner: Benelux, Frankreich, Spanien, Niederlande, China
aus Haustex 02/14 (Wirtschaft)