Caparol

Starke Kontraste für die Orientierung


Barrierefreiheit bedeutet nicht nur, dass ein Gebäude für Rollstuhlfahrer leicht zugänglich ist und alte Menschen so lange wie möglich in ihrer Wohnung bleiben können. Sie steht auch für visuelle Wahrnehmung, die in den vergangenen Jahren bei der Planung von Häusern und Altenpflegeheimen immer stärker ins Bewusstsein rückte. So wurden die beiden DIN-Normen 18040-1 für barrierefreies Planen und Bauen von Außenanlagen sowie 18040-2 für barrierefreie Planung und Ausstattung von Wohnungen und Wohngebäuden auf Initiative von Sehbehinderten-Verbänden um die DIN 32975 ergänzt. Sie regelt die Gestaltung visueller Informationen im öffentlichen Raum. Darauf machen Imme Bode und Martina Lehmann vom Caparol Farbdesignstudio aufmerksam, das gemeinsam mit dem Bodenbelagshersteller Forbo unter der Überschrift "Lebensräume" wohnliche Farb-Material-Konzepte speziell für ältere Menschen entwickelt hat.

Nach Auskunft der beiden Expertinnen kann Farbgestaltung im öffentlichen, halböffentlichen und privaten Raum Menschen mit Seheinschränkungen Hilfestellung bieten, indem die für Orientierung und Sicherheit wichtigen Raumelemente durch stärkere Kontraste hervorgehoben werden. So sind etwa Stufen und Schrägen eine Gefahrenquellen. Sie lassen sich durch den Einsatz farblicher Kennzeichnungen am Boden mit deutlichem Helligkeitsunterschied ausschalten. Architektonische Elemente wie Handläufe, Fahrstuhlzugänge, Türen und Informationsbereiche sollten ebenfalls deutlich sichtbar sein.

"Barrierefreie Helligkeitskontraste zu angrenzenden Flächen geben Orientierung", meint Imme Bode. So kann der Anmeldebereich einer Arztpraxis durch Farbe und Beleuchtung hervorgehoben werden, Stufen im Treppenhaus lassen sich farblich in Setz- und Trittstufe differenzieren. Damit wird die Bewegungssicherheit erhöht.

"Farbakzente ziehen Aufmerksamkeit auf sich und Helligkeitskontraste definieren Raumverhältnisse", ergänzt Martina Lehmann. "Beides kombiniert wirkt bewegungslenkend und unterstützt visuelle Wahrnehmung und Orientierung. Farbakzente ohne Helligkeitskontraste sind bei Seheinschränkungen keine ausreichende Hilfestellung."

Nach der DIN 32975 können Farbkontraste für barrierefreie Raumgestaltung definiert werden. Sie lassen sich mit der Kontrastformel nach Michelson ermitteln, was den gezielten Einsatz vereinfacht. Um auf räumliche Elemente wie den Ansatz von Treppenstufen, Türen und Eingänge sowie Hindernisse wie Säulen, Handläufe und Mobiliar aufmerksam zu machen, muss aber laut Bode und Lehmann nicht unbedingt mit extremen Helligkeitskontrasten gearbeitet werden. So sei beispielsweise Gelb mit Schwarz/Anthrazit für Orientierungssysteme und räumliche Differenzierungen eher ungeeignet.

Barrierefreie Kontraste sollten der Architektur angepasst sein und sich in das Gestaltungsprinzip einfügen. Auf diese Weise kann visuelle Barrierefreiheit nüchtern funktional sein, sehr wohnlich, rustikal und elegant. "Ansprechende Gestaltung und gute Wahrnehmbarkeit sind keine Widersprüche."

Die Expertinnen raten davon ab, Rot und Grün für Orientierungssysteme zu wählen, weil viele Menschen diese Farben nicht unterscheiden können. Vor der Wahl der Farben sollte auch geprüft werden, ob sich der Farb- und Oberflächeneindruck bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen verändert und damit die Kontrastwahrnehmung.

Die für visuelle Barrierefreiheit wichtigen Farbkontraste finden sich in der Broschüre "Lebensräume", die über fünf Farbwelten Anregungen für die Gestaltung von Alten- und Pflegeheimen gibt. Basierend vor allem auf Erfahrungswissen aus der Altenpflegepraxis und wissenschaftlichen Erkenntnissen wurden Farbkombinationen erstellt, die die veränderte Wahrnehmung von Menschen mit Seheinschränkungen oder Demenzerkrankungen berücksichtigt. Die Broschüre kann zusammen mit dem Farbfächer für 15 EUR über caparol.de bestellt werden.
aus BTH Heimtex 05/14 (Sortiment)