E-Commerce

Die Ladentheke virtuell verlängern


Die Konkurrenz aus dem Netz ist schwer zu fassen: Wie groß der Anteil der Onlinekäufe im Bettenhandel ist, weiß niemand so genau. Doch viele Fachhändler sind verunsichert und fragen sich, wie sie mit dem Thema E-Commerce umgehen sollen. VDB-Geschäftsführer Axel Augustin erklärt im Hausetx-Interview, wie sich die Vorteile des stationären Geschäftes mit denen eines Online-Shops vereinen lassen.

Haustex: Auf Heimtextil und Möbelmesse war E-Commerce ein großes Thema. Wie groß ist der Online-Anteil am Bettensortiment derzeit?

Axel Augustin: Das ist nur schwer zu beantworten. Wirklich repräsentative Untersuchungen dazu gibt es nicht. Im Bettenbereich haben wir zudem das generelle Problem, dass die statistischen Abgrenzungen unterschiedlich oder unklar sind. Denken Sie zum Beispiel an Unterfederungen oder Boxspringbetten, die eher unter "Möbel" fallen. Tischwäsche und Frottierwaren sind auch so Grenzfälle, die manchmal mit eingerechnet werden. Insgesamt kann ich mir allerdings nicht vorstellen, dass derzeit mehr als zehn Prozent des - wie auch immer definierten - Umsatzes unserer Sortimente über das Internet läuft.

Haustex: Das ist aber doch schon beachtlich. Dieser Umsatz fehlt dem Bettenfachhandel dann doch in den eigenen Kassen?

Augustin: Nur zum Teil. Primär sehe ich eine Verschiebung innerhalb des Versandhandels. Was früher über Kataloge verkauft wurde, läuft halt jetzt über das Internet. Plakativ gesagt: Amazon statt Neckermann. Danach trifft es wahrscheinlich am meisten die beratungsferneren Vertriebsformen. Zudem gibt es große Unterschiede zwischen den Sortimenten. Bei Bettwäsche hatte der Versandhandel immer schon größere Marktanteile im höheren zweistelligen Prozent-Bereich. Bei Zudecken und vor allem bei Matratzen und Bettsystemen lagen die Anteile deutlich niedriger. Je höher der individuelle Beratungsbedarf, desto schwieriger ist der Online-Verkauf.

Haustex: Heißt das, der Bettenfachhandel muss sich auch künftig keine Sorgen wegen der expansiven Online-Konkurrenz machen?

Augustin: So weit würde ich nicht gehen. Die persönliche Beratung ist sicher in vielen Bereichen ein großer Wettbewerbsvorteil, die Online-Shops machen aber technisch große Entwicklungssprünge. Matratzen-Konfiguratoren, begleitende Telefonberatung beim Online-Shopping oder tolle Animationen machen das Einkaufen im Netz immer attraktiver. Der Qualitäts-Druck auf den stationären Bettenhandel wird also künftig sicher zunehmen.

Haustex: Sollte also jeder Bettenfachhändler künftig selbst einen eigenen Online-Shop betreiben?

Augustin: Davon kann ich nur abraten. Jeder Bettenhändler sollte meines Erachtens erst einmal alles daran setzen, sein Geschäft auf einem Top-Level zu halten. Und zwar in jeder Hinsicht: beim Ambiente, beim Sortiment und bei der Beratung. Wenn er dann noch Zeit und Kapital hat, kann er sich immer noch Gedanken Richtung E-Commerce machen. Aber er muss sich dabei immer klar sein, dass ein professionell geführter Online-Shop vom Aufwand mit einer Filiale vergleichbar ist. Und der Innovationsdruck ist hoch, da Amazon & Co. viel Geld in die Technik investieren, um ihren Shop ständig zu verbessern.

Haustex: Also kann der durchschnittliche Bettenfachhändler gegen die großen Online-Anbieter nur verlieren? Kann er sich gar keine Scheibe vom wachsenden Online-Kuchen abschneiden?

Augustin: Doch! Für die Zukunft sehe ich hochinteressante Möglichkeiten, die Vorteile des stationären Geschäftes mit den Vorteilen des Online-Shops zu vereinen. Ich denke hier an kooperative Online-Shops von Lieferanten mit ihren Handelspartnern, von denen beide Seiten profitieren. Ein weiteres Stichwort ist die "virtuelle Verlängerung der Ladentheke". Dahinter verbirgt sich beispielsweise das Konzept, nicht alle Größen oder Motive einer Bettwäsche-Kollektion im Laden zu führen, aber sofort über ein Tablet für den Kunden noch im Laden zu bestellen. So könnte man theoretisch das Sortiment fast unendlich erweitern, ohne sein Lager zu belasten. Auch das setzt natürlich eine entsprechende Zusammenarbeit mit dem Industriepartner voraus.

Haustex: Ist das nicht ferne Zukunftsmusik?

Augustin: Keineswegs! In anderen Branchen laufen schon entsprechende Praxistests mit den unterschiedlichsten Modellen. Und auch in unserer Branche gibt es schon erste Überlegungen in diese Richtung. Wir haben dieses wichtige und innovative Thema deshalb auch zu einem Schwerpunkt der nächsten VDB-Tagung am 29./30. April 2014 in München gemacht. Wir hoffen, damit einen Startschuss für diesen "dritten Weg" neben Online und Offline für unsere Branche geben zu können.

Haustex: Können auch Nicht-Mitglieder an der VDB-Tagung teilnehmen?

Augustin: Grundsätzlich kann jeder Bettenfachhändler, der Interesse am VDB hat, einmal unverbindlich eine VDB-Tagung besuchen. Lieferanten können zwar nicht VDB-Mitglied werden, wir laden aber die Förderer des von uns organisierten Betten-Presse-Dienstes ebenfalls zur Tagung ein. Von deren Beiträgen finanzieren wir dann die regelmäßigen Presseaussendungen rund ums Bett, mit denen wir pro Jahr in der Regel über fünf Millionen Abdrucke erzielen.


Der VDB ist ein Interessen- und Serviceverband ohne Einkaufsfunktion. Organisatorisch ist er beim Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels angesiedelt.

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aus Haustex 03/14 (Wirtschaft)