Verband der Bettenfachgeschäfte (VDB)

In München zählten Taktik und Teamgeist


München. Wie kann sich der Bettenfachhandel auf die Veränderungen des Einkaufsverhaltens einstellen? Die diesjährige VDB-Tagung stand ganz im Zeichen der Herausforderungen, die das Internet mit sich bringt. Unter der Überschrift "Erfolgreich die Zukunft gestalten" trafen sich rund 120 Vertreter aus Handel und Industrie in München, um über die Möglichkeiten der Umsatzsteigerung angesichts von Onlineshops, Google, Facebook & Co. zu diskutieren - teilweise recht kontrovers. Der gesellige Teil kam während der Tagung selbstverständlich auch zu seinem Recht.

Der traditionelle VDB-Abend stand einmal mehr im Zeichen des Fußballs. Bei bayerischem Bier und bayerischer Küche trafen sich die Mitglieder zum geselligen Teil ihrer Verbandstagung unweit des Münchner Rathauses im Franziskaner. Dort wurde auch das Halbfinale der Champions League übertragen. Dass der FC Bayern vor heimischem Publikum gegen Real Madrid unterging, konnte die Stimmung der zahlreichen Händler, die sich teils mit Schals und Trikots ausstaffiert als Bayern-Fans outeten, nicht nachhaltig trüben. Und die derbe Klatsche des Rekordmeisters musste man auch nicht als schlechtes Omen für die Branche verstehen.

Gleichwohl beherrschte ein Thema die Tagung, bei der die richtige Taktik, eine gute Mannschaftsaufstellung und mächtige Gegner eine zentrale Rolle spielen. Denn die Konkurrenz des Bettenfachhandels ist meist nur einen Mausklick entfernt - der Onlinehandel ist die große Herausforderung, der sich die Branche und mit ihr der gesamte Einzelhandel stellen müssen.

"Immer mehr Firmen tun etwas", hatte VDB-Geschäftsführer Jürgen Dax zu Beginn der Mitgliederversammlung betont, die der Tagung vorausging, "aber größer ist die Zahl derjenigen, die verwirrt sind." Die Frequenzabfälle in den Innenstädten würden in den kommenden Jahren noch deutlich zunehmen, so Dax, der konstatierte: "Alle können das Problem schildern, aber keiner hat eine Lösung."

Die konnte zwar auch VDB-Präsident Martin Wartig nicht liefern, er blieb aber dennoch optimistisch: "Die Handelswelt verändert sich in nie dagewesenem Tempo. Wir können das Internet und die Onlineshops nicht ignorieren", warnte er, um gleichzeitig Mut zu machen: "Die Fachgeschäfte haben auch weiterhin eine Zukunft", so Wartig. "Probeliegen im Netz kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen."

Marktanteile verschieben sich

Referent Lars Voß von der Düsseldorfer Unternehmensberatung Hachmeister und Partner ging anschließend in medias res: Über 80 Prozent der Deutschen seien, über alle Altergruppen hinweg, im Internet unterwegs; 40 Prozent davon mit mobilen Endgeräten. "Das Internet verändert das Kaufverhalten unserer Kunden. Die sind oft besser informiert als die Verkäufer", erklärte Voß und warnte die Anwesenden: "Das hat unmittelbar Einfluss auf Ihr Geschäft." Von 2007 bis 2011 habe sich der E-Commerce-Umsatz in Deutschland verdoppelt, 2012 ein Wachstum von 30 Prozent verzeichnet. "Die Marktanteile verschieben sich massiv", so Voß, der Anteil des E-Commerce am Einzelhandel liege mittlerweile bei mehr als zehn Prozent.

Mit dem wachsenden Service-anspruch der Endverbraucher habe sich auch das Tempo im Handel erhöht: "Der Kunde will im Moment des Kaufs auch die Befriedigung erleben", so Voß, sprich: eine schnelle Lieferung. Same-Day-Delivery oder Expresslieferungen seien nur einige der Stärken des Onlinehandels. "Durch die hohe Geschwindigkeit im Netz wird auch der Druck auf das Thema Service erhöht."

Dass sich durch die neuen Medien die Kommunikation mit den Kunden verändert, merkt auch der Handel. "Die Hersteller gehen heute viel stärker direkt an die Kunden heran", erklärte Voß. "Umso mehr, je stärker die Marke ist." Zudem habe der Endverbraucher heute riesige Informations- und Bezugsquellen. "Und nur ein Teil ist von Handel und Herstellern zu beeinflussen", so Voß. "Ziel von Handel und Herstellern muss es also sein, den Kunden auf der gesamten Customer-Journey zu begleiten und nicht an die Konkurrenz zu verlieren."

Kontroverse Diskussion

Doch was sich leicht dahersagt, ist die eigentliche Herausforderung der Branche, wie sich auf der Verbandstagung schnell zeigte - denn Handel und Hersteller haben bei aller Notwendigkeit zur Kooperation auch unterschiedliche Interessen. Voß nannte einige Beispiele, wie ein Zusammenspiel beziehungsweise die Unterstützung der Industrie für den stationären Bettenfachhandel aussehen könnte, die anschließend kontrovers diskutiert wurden. Neben unterschiedlichen Materialien und technischen Services für die jeweilige Onlinepräsenz oder den POS war dies unter anderem das Stichwort der "verlängerten Ladentheke", also die Verzahnung des stationären Verkaufs mit dem Gesamtangebot eines Herstellers, das nicht im Laden vorgehalten werden kann.

Wenn ein Händler beispielsweise ein bestimmtes Bettwäsche-Dessin nicht vorrätig hat, aber dem Kunden im Verkaufsgespräch mit dem iPad präsentiert und sofort bestellt, so dass dieser es wenig später entweder im Laden abholen kann oder direkt nach Hause geliefert bekommt, ist die Gefahr gering, dass der Kunde in einen Onlineshop abwandert. Was in der Theorie vernünftig klingt, wirft in der Praxis jedoch noch entscheidende Fragen auf: Wie funktioniert die Logistik, wer übernimmt welche Kosten? Auch in München wurden diese Probleme deutlich.

"Wir arbeiten gerade an einem solchen Konzept, das in absehbarer Zeit dem Handel vorgestellt werden soll", berichtete beispielsweise Marcus Evertz, International Sales Manager bei Irisette. "Die Frage der Kostenübernahme ist aber noch offen." Für Fachhändler Martin Windmüller aus Backnang ist aber gerade dies ein Thema: "Die Kleinstmengenzuschläge in der Logistik sind ein Problem für den Händler", betonte er, während Bert Sander, Geschäftsführer beim Tischwäschehersteller Sander, dagegenhielt: "Der Logistikaufwand bei Kleinstmengen kann nicht von der Industrie übernommen werden, da ist ein Mindestumsatz notwendig."

Als Vertreter des Einkaufsverbundes ABK appellierte dessen Geschäftsführer Thomas Fehr: "Die Zeit tickt. Beide Seiten müssen gemeinsame Ansätze entwickeln." Und Martin Windmüller betonte: "Wenn wir nicht bald etwas tun, verlieren wir Umsätze im zweistelligen Prozentbereich. Wenn der Kunde einen Artikel bei mir nicht findet und wir nicht schnell liefern können, dann kauft er im Netz!"

Reichlich Diskussionsstoff also, der auch bei einer anderen Frage deutlich wurde: den Direktverkäufen durch die Hersteller. In der Frühjahrsumfrage des VDB (siehe gesonderter Artikel) wurden sie von 90 Prozent der Befragten kritisch beurteilt. Fachhändler Marcus Mannsdörfer aus Stuttgart schilderte die Auswirkungen: "Wir haben deutliche Rückgänge in unserem Onlineshop, wenn die Hersteller aktiv werden. Das haben wir bei vielen Marken gespürt." Seine Idee: Eigene Markenshops der Hersteller in die Seiten der Händler zu integrieren. "Den Direktvertrieb durch die Hersteller halte ich für einen falschen Weg", betonte Mannsdörfer.

Doch Unternehmensberater Lars Voß spielte den Ball auch an die Händler zurück: "Es ist wichtig, dass Sie als Händler als lokale Marke wahrgenommen werden", betonte er. "Je stärker eine Herstellermarke ist, desto schwieriger wird es für Sie."

Es ist im Bettenfachhandel also wie im Fußball: Wer in der Champions League Erfolge feiern will, muss sich mit Taktik und Teamgeist auf das Tempo des Gegners einstellen. Der Anspruch "Mia san mia" alleine reicht da nicht.

Die nächste Jahrestagung des VDB findet am 29. und 30. April 2015 in Hamburg statt.
aus Haustex 05/14 (Wirtschaft)