Interview Joachim Barth, ehem. Bundesinnungsmeister ZVPF

"Meine Vision von mehr Solidarität hat sich nur teilweise erfüllt"


Joachim Barth war 12 Jahre lang Bundesinnungsmeister des Zentralverbands Parkett und Fußbodentechnik. Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung Mitte Mai in Stuttgart übergab er den Stab an seinen Berufskollegen und bisherigen Stellvertreter Peter Fendt. Für seine Verdienste wurde der Parkettlegermeister und Sachverständige mit Büro in Berlin während der Versammlung mit dem Baumann-Fröhlich-Preis ausgezeichnet. Für ParkettMagazin war dies Anlass genug, ihn um ein Resümee seiner Arbeit zu bitten.

ParkettMagazin: "Haben Sie Ihre Visionen als Bundesinnungsmeister umsetzen können?"

Joachim Barth: "Nicht vollends. Denn: Das Handwerk selbst war schon immer in sich zerstritten. Eifersüchtig wurde beispielsweise kritisiert, wenn ein Handwerk sich anschickte, Teilbereiche eines anderen Handwerks ebenfalls auszuführen. Solidarität von Handwerk zu Handwerk fand und findet nicht statt. Die handwerklichen Selbstverwaltungsorgane, bis in die Spitze des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), erwiesen sich als unwillig und unfähig, daran etwas zu ändern. Ehrenamt überließ und überlässt heute noch dem Hauptamt viele Entscheidungen, ohne selbst initiativ zu werden.

Ich hatte die Vision, meine Kollegen der eigenen Branche, wie auch die anderer, die Handwerkskammern und den ZDH dafür zu sensibilisieren. Aus zwei Gründen war es nicht nur meiner Meinung nach höchste Zeit, Forderungen des Handwerks gegenüber der Politik deutlicher zum Ausdruck zu bringen. Einerseits, um der Politik klarzumachen, wann Schmerzgrenzen erreicht und überschritten wurden, andererseits um die oftmals uninteressierten Handwerker selbst für die Sache zu sensibilisieren und zu gewinnen. Das ist mir zum Teil gelungen. Viele Betriebe haben sich Briefaktionen, etwa an Bundestagsabgeordnete, angeschlossen und von dort kamen tatsächlich auch Reaktionen. Weil zunächst aber die eigenen Reihen und Institutionen zu überzeugen waren, stand von vorn fest, dass es kein überragendes Ergebnis geben werde. Viel Kraft und Zeit ging an diesem Reibungsverlust verloren."

PM: "Sind Sie deshalb mit einem weinenden oder lachenden Auge aus dem Amt geschieden?"

Barth.: "Meine größte Enttäuschung besteht darin, dass sich das Handwerk insgesamt noch immer nicht mit der Handwerksordnung der Zukunft befasst. Und dies, obwohl bekannt ist, welche Änderungen der Handwerksordnung in naher Zukunft ins Haus stehen und dass diese Änderungen gravierender sein werden als alle bisherigen. Würden sich unsere Handwerksmeister so defensiv den stetigen Herausforderungen des Alltags stellen, wie unsere Selbstverwaltungsorgane, wären ihre Betriebe längst in der Versenkung verschwunden.

Trotz allem war es richtig, die Vision zu haben, daran zu glauben und Nichts unversucht zu lassen, Änderungen herbeizuführen. Mit jedem Betrieb, mit jedem Stück Handwerk, geht ein Stück Kulturgut und ein Stück Gesellschaft unumkehrbar verloren. Handwerker und handwerkliche Selbstverwaltungsorgane, die glauben, sich dem Problem nicht stellen zu müssen, werden eines Tages eines anderen belehrt."

PM: "Welche positiven Erinnerungen nehmen Sie dennoch aus Ihrer Tätigkeit mit in den ehrenamtlichen Ruhestand?"

Barth: "Wir haben innerhalb des ZVPF sehr viel erreicht. Unser Geschäftsführer Edgar Leonhardt hat in der Geschäftsstelle hervorragende Arbeit geleistet. Wir sind mit der Geschäftsstelle nach Troisdorf umgezogen und haben sie den modernen Bedürfnissen angepasst, ein neues Logo entwickelt, eine neue Homepage gestaltet. Zudem erwies sich die Zusammenlegung der Geschäftsstellen der Bundesinnungsverbände des Parkettlegerhandwerks und des Bodenlegergewerbes als positiv für den Verband. Ebenso positiv war die Entscheidung, die Bundesfachgruppenleiter in den erweiterten Vorstand mit einzubeziehen.

In guter Erinnerung behalte ich auch die stetigen Bemühungen meines ehemaligen Vorstands, auf vielfältige Art und Weise den Gedankenaustausch mit der Industrie zu verstärken. Daraus entstanden sind der Sachverständigenbeirat, die Service-Gesellschaft und die intensive Zusammenarbeit in der Gruppe A15."

Beruflicher Werdegang


1960 Gesellenprüfung Tischler-Parkettlegerhandwerk
1966 Besuch Private Handelsschule Rackow
1970 Meisterprüfung im Parkettlegerhandwerk, Handwerkskammer Berlin
1972 Bodenlegerbrief Handwerkskammer Koblenz
1978 Mitinhaber des elterlichen Betriebes
1979 öffentliche Bestellung und Vereidigung durch die Handwerkskammer Berlin
1984 Alleininhaber des elterlichen Betriebes Aug. Wilh. Rudolph Parkettlegermeister, gegründet 1910
2006 Übergabe des Betriebes an den Sohn (4. Generation), Parkettlegermeister Thorsten Barth
2006 hauptberufliche Sachverständigentätigkeit, anhaltend

Ehrenamtlicher Werdegang


1968 Vorstandsmitglied im Junghandwerkerbund Berlin
1968 Vorsitzender Junghandwerkerbund Berlin (bis 1970)
1975 Geschäftsführer der Parkettlegerinnung Berlin
1986 Mitglied der Vollversammlung der Handwerkskammer Berlin (bis 2014)
1986 Mitglied Berufsbildungsausschuss I Handwerkskammer Berlin (bis 2004)
1985 Obermeister der Parkettlegerinnung Berlin (bis 2001)
1986 Vorstandsmitglied im Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik
1990 Referent Meisterprüfungsvorbereitungskurs Halle/Saale, anhaltend
1996 Mitautor am Kommentar zur ATV DIN 18356 Parkettarbeiten
2001 Stellvertretender Obermeister Innung Parkett und Fußbodentechnik Nordost
2002 Obermeister der Innung Parkett und Fußbodentechnik Nordost (bis 2012)
2003 Bundesinnungsmeister Zentralverband Parkett- und Fußbodentechnik (bis 2014)
2004 stellvertretendes Mitglied der Vollversammlung der BAU BG, anhaltend
2011 Kommentar zur ATV DIN 18356 Parkettarbeiten mit Wilhelm Schmidt u. Norbert Strehle
2012 Ehrenobermeister der Innung Parkett und Fußbodentechnik Nordost
aus Parkett Magazin 04/14 (Wirtschaft)