Fachanwalt Andreas Becker informiert

Bodenleger wegen Arbeitsverweigerung fristlos gekündigt

Fall: Ein Mitarbeiter war in einem Betrieb als Bodenleger beschäftigt. Im § 3 des Arbeitsvertrages trafen die Parteien eine Akkordlohnvereinbarung. Danach werden Leistungen je m2 mit einem bestimmten Akkordsatz vergütet. Für den Fall, dass keine Parkett- oder Bodenbelagsarbeiten durchgeführt werden, wurde ein Stundenlohn von 12 EUR brutto vereinbart.

Der Mitarbeiter sollte in nahezu 40 identischen Häusern Bodenbelagsarbeiten mit einem Kollegen ausführen. Am Wochenende trafen sich die beiden Kollegen und berechneten aufgrund der Akkordvorgabe den sich aus ihrer Sicht ergebenen Stundenlohn für die Arbeiten auf diesen Baustellen. Dabei ermittelten sie 7,86 EUR brutto. Am Montag gingen sie mit diesem aus ihrer Sicht unbefriedigenden Ergebnis zu ihrem Vorgesetzten und beschwerten sich über den zu geringen Stundenlohn. Denn aus ihrer Sicht musste nicht nur der Bodenbelag in den Häusern verlegt werden, hinzu kam noch der Transport in die Häuser, die Reinigung des Untergrundes und das Abschneiden der Dämmstreifen.

Die beiden Kollegen forderten einen adäquaten Stundenlohn für die Arbeiten oder einen anderen Einsatzort, bei dem sie mehr verdienen konnten. Der Geschäftsführer lehnte beides ab und forderte die Mitarbeiter auf, die zugewiesene Arbeit auszuführen, und drohte mit einer fristlosen Kündigung. Die beiden Kollegen nahmen den Dienstwagen und fuhren nicht auf die Baustelle, sondern nach Hause. Am darauf folgenden Tag erhielten beide die fristlose Kündigung, gegen die sie sich mit einer Klage wehrten.

Entscheidung des Gerichtes: Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, die Kündigung war rechtmäßig.

Der Mitarbeiter argumentierte, dass er die Leistung verweigern durfte, weil er für seine Tätigkeit nicht genügend Vergütung erhalten sollte. Das Gericht stellte fest, dass Bodenbelagsarbeiten als Arbeitsleistung geschuldet waren. Zu diesen Arbeiten gehörten unstreitig auch die Vorbereitung des Untergrundes, der Transport des Bodenbelages zur Baustelle und der Zuschnitt des Bodenbelages usw. Der Arbeitnehmer meinte, dass für Neben- und Vorarbeiten keine Vergütung vereinbart sei. Der Arbeitnehmer übersah, dass in dem Arbeitsvertrag eine Zulage für den Zuschnitt vereinbart war. Weiterhin stellte das Gericht fest, dass es keine Berechtigung zur Verweigerung der Arbeiten gegeben habe, weil der Transport des Bodenbelages und die Vorbereitung des Untergrundes auch zu den üblichen Tätigkeiten gehört und über die Vergütung dieser Tätigkeiten auch im Nachhinein entschieden werden könnte. Der Arbeitnehmer hat sich über die Vergütung geirrt, dieses Irrtumsrisiko trägt der Arbeitnehmer.

Eine beharrliche Arbeitsverweigerung ist ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung. Der Arbeitnehmer hatte keinen Anspruch darauf, auf einer anderen Baustelle eingesetzt zu werden, nur weil er glaubte, dort mehr Geld zu verdienen.

Praxistipp: Der beschriebene Fall ist für Betriebe anwendbar, die keiner tarifvertraglichen Regelung unterfallen. Soweit ein betrieblicher Tarifvertrag des Bauhauptgewerbes oder des Maler- und Lackiererhandwerks angehört, sind Mindestvergütungen auch im Akkordlohn garantiert.

Folgende Voraussetzungen müssen für eine fristlose Kündigung vorliegen:

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB muss ein "wichtiger Grund" für eine Kündigung vorliegen. Ein wichtiger Grund ist ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten. Dieser Anlass muss so schwerwiegend sein, dass dem Kündigenden das Abwarten der regulären Kündigungsfrist nicht zumutbar ist.

2. Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen ausgesprochen werden.

3. Der Arbeitnehmer muss einen Pflichtverstoß begangen haben, der rechtswidrig ist, d. h. dass es keine rechtfertigenden Umstände geben darf. In dem Fall hatten die Arbeitnehmer geglaubt, dass sie die Leistung verweigern dürfen, weil sie nach nicht genügend Vergütung erhalten.

4. Die Kündigung muss aus Sicht des Arbeitgebers verhältnismäßig sein. Es darf also kein milderes Mittel geben, etwa eine ordentliche Kündigung, eine Änderungskündigung oder eine Abmahnung.

5. Der Arbeitgeber muss eine Interessenabwägung durchführen. Er muss prüfen, ob sein Interesse an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Interesse des Arbeitnehmers an der Einhaltung einer Kündigungsfrist überwiegt. Diese Prüfung muss zugunsten des Arbeitsgebers ausgehen, damit eine Kündigung gerechtfertigt ist.

Eine fristlose Kündigung sollte immer verbunden sein mit den Worten "hilfsweise, fristgerecht".
Sollte das Gericht eine fristlose Kündigung überprüfen und feststellen, dass es keinen Grund für eine fristlose Kündigung gegeben hat, so wird mit den Worten "hilfsweise, fristgerecht" auch eine fristgerechte Kündigung ausgesprochen.

Das Arbeitsgericht würde auch prüfen, ob eine fristgerechte Kündigung wirksam wäre. Oftmals ist eine fristlose Kündigung unbegründet und eine fristgerechte Kündigung begründet.


Für eine fristlose Kündigung könnte folgender Text verwendet werden:


Sehr geehrter Frau, Herr

hiermit kündigen wir das mit uns bestehende Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht zum (Datum). Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist ist für uns nicht zumutbar. (Kündigungsgründe müssen in der Kündigung nicht mitgeteilt werden).
aus FussbodenTechnik 05/14 (Recht)