Raumtex Nord mit mehr Ausstellern

Familientreffen in Hamburg

Bei der fünften Raumtex Nord stimmte nicht nur die Atmosphäre, sondern auch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Zwar ging die Zahl der Besucher etwas zurück. Aber angesichts der Qualität des Publikums waren die Aussteller zufrieden. So zufrieden, dass sich die Stimmen mehren, die gerne eine vierte Raumtex im Osten der Republik hätten.


Die Raumtex Nord in Hamburg-Schnelsen ist fast ein kleines Familientreffen unter Raumausstattern. Man fühlt sich wohl, trifft nette Bekannte aus der Branche zum Plausch und freut sich über das Flair der Hansestadt. Und man schätzt den Charme und die Ruhe, das fachkompetente, gleichwohl breite Ausstellungsprogramm.

"Die Stimmung ist sehr leger. Die Raumtex Nord ist für uns eine wichtige Messe", sagte denn auch Jens Erichsen von Böge & Erichsen Wohnträume aus dem nordfriesischen Breklum. "Man kann morgens anreisen und abends wieder nach Hause fahren. 90 % unserer Lieferanten sind hier. Die Heimtextil in Frankfurt ist einfach too much." Und Anike Malu Brodersen von Malu B. Interieur aus dem nordfriesischen Reußenköge kommt gezielt nach Hamburg, um nach der Raumtex noch etwas zu unternehmen.

Besucher wie die Raumausstatter Uwe Reich aus Ahrensburg bei Hamburg, Margot Kastorf aus Schwarzenbek in Schleswig-Holstein oder Rudolf Schumacher aus Haren an der Ems schätzen das übersichtliche, kompakte Messeformat mit guter Organisation und ebensolchem Service. Sie sind seit der ersten Auflage im Jahr 2010 Stammgäste auf der Raumtex Nord. Der Einzugsbereich der Messe reicht allerdings über Norddeutschland hinaus bis ins Münsterland, nach Berlin oder Magdeburg. Neben Händlern und Handwerkern aus den Bereichen Raumausstattung, Fachmarkt, Interieur und Innenarchitektur informieren sich hier auch zahlreiche Entscheidungsträger von Möbelhäusern und Filialisten über die aktuellen Kollektionen.

Allerdings waren es in diesem Jahr mit 1.500 etwas weniger Fachbesucher als im vergangenen. Trotz des leichten Rückgangs entspricht dies aber immer noch dem Besucherstand von 2012.

Mehr Aussteller

Dafür ist die Zahl der Aussteller gestiegen. Im Erdgeschoss und ersten Stock der Messe präsentierten 112 (2013: 97) Firmen sich und ihr Sortiment an Dekos und Gardinen, Polsterstoffen, Gardinentechnik, Sonnenschutz, Technik für die Polsterwerkstatt, Tapeten, Decken- und Wandbespannungen. Neu war das Thema Fußboden.

Neu dabei waren auch Gerster, Rasch Textil und Unland. Vermisst wurden dagegen Gardisette und Jab Sicht- und Sonnenschutz sowie Chivasso und Soleil Bleu, Joka und Joop/Stoeckel & Grimmler. Die Fachschule für das Handwerk aus Oldenburg informierte über ihre aktuellen Kursangebote und zeigte in Kooperation mit Drapilux kreative Fenstermode für Senioren. Abgerundet wurde das Angebot durch regionale Aussteller, die der Raumtex Messe Lokalkolorit bringen.

"Die Besucher sind orderfreudig. Aber man verkauft tendenziell keine Musterpakete. Der Kunde sucht, was er konkret braucht, und ordert lieber effizient", beschreibt Manfred Juling, Geschäftsführer beim Osnabrücker Textilverlag Geos Geilfuss, die Geschäfte auf der Raumtex. Die familiäre Atmosphäre macht intensive Gespräche möglich, die Aussteller nahmen sich in der Regel viel Zeit für das interessierte Publikum.

Aussteller loben die Besucherqualität

"Es sind zwar weniger Kunden da als im vergangenen Jahr. Aber wir schreiben die gleiche Anzahl an Aufträgen", stellte Marcel Doek von Vriesco mit seiner Marke A House of Happiness fest: "Die Kunden kommen gezielt, auch Neukunden, und mustern Kissen und Bügel." Und auch Klaus Hohberger, Firmenchef der Textilmanufaktur Löhner aus Oberfranken, setzte klare Prioritäten: "Ein guter Kunde ist wichtiger als 100, die vorbeilaufen." Entsprechend zufrieden war er mit fast 80 % Neukunden. Bei der Heco lobte man neben der Qualität des Publikums vor allem die gute Stimmung.

Die Stimmung im Markt hat sich allerdings eingetrübt. Die Situation sei derzeit auch für gesunde Firmen extrem schwierig, war in Hamburg zu hören. Nach einem guten August habe man im September ordentlich einen auf den Deckel gekriegt. Gerade im Bereich Deko und Gardine müsse man kämpfen, sich etwas einfallen lassen. Das Stückgeschäft gehe weiterhin drastisch zurück. Eine monatelange Vorlaufzeit bei Polsterarbeiten gebe es inzwischen nicht mehr. Alarmierend die Aussage von Messe-Veranstalter Christoph Pfister, das zahlreiche Einladungskarten für die Raumtex Nord zurückgekommen seien; offensichtlich, weil diese angeschriebenen Raumausstatterfirmen nicht mehr existieren.

Firmen, die eine große Sortimentsbreite anbieten können, sind aber immer noch zufrieden. So etwa der Osnabrücker Textilverlag Geos Geilfuss. Geschäftsführer Juling ist mit dem wirtschaftlichen Verlauf des Jahres zufrieden. Polsterstoffe entwickelten sich positiv, der Sonnenschutz sei supersteigend. Und die neue Stoffkollektion für Herbst und Winter komme gut an.

Ähnlich die Aussage bei Rasch Textil aus Bramsche: Im Stoffbereich habe man einen kleinen Zuwachs zum Vorjahr und bei Tapeten liege man gut im Rennen und freue sich sogar über ein gutes Plus, so Verkaufsleiter Joachim Haug.

Rufe nach der Raumtex Ost werden lauter

Trotz der Unwägbarkeiten des Marktes: Messeveranstalter Christoph Pfister sieht das Konzept seiner Raumausstatter-Fachmessen in Rheinberg, Ulm und Hamburg bestätigt: "Unsere Gäste haben sich offensichtlich wohlgefühlt und schätzen die Raumtex als ihren Treffpunkt für Trends und Tipps", lautete seine Bilanz. "Die Veranstaltungen leben von ihrem ganz eigenen Charme, von der jeweiligen Location und von ihrem familiären Charakter."

Für ihn steht es deshalb außer Frage, das bewährte Konzept allenfalls dezent fortzuentwickeln. So ist für 2015 eine Erweiterung des Sortiments in die von den Besuchern gewünschten Bereiche Teppiche, Tapeten und Sattlerbedarf geplant. Vielleicht lässt sich Pfister auch von den immer lauter werdenden Stimmen beeinflussen, die sich eine weitere Raumtex vorstellen können - im Osten Deutschlands.
(Birgit Genz)
aus BTH Heimtex 11/14 (Wirtschaft)