IBF-Untersuchung im Auftrag des IWM

Risssanierung, aber richtig

Im Auftrag des Industrieverbandes Werkmörtel (IWM) untersuchte das Institut für Baustoffprüfung und Fußboden-forschung (IBF) verschiedene Risssanierungsarten an Calciumsulfatestrichen. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass punktuelles Sanieren von Rissen (Risssanierungsart C) nicht zum Erfolg führt. Wichtig ist vor allem, dass das Reaktionsharz den Riss möglichst vollständig von Oberkante bis Unterkante Estrich verfüllt.

Die Frage, wie Risse bei Estrichen auf Dämmschicht und Estrichen auf Trennschicht fachgerecht zu sanieren sind, stellt ein häufiges Thema in der telefonischen Beratung und der gutachterlichen Tätigkeit des Instituts dar. Sofern Risse im Estrich auftreten, sind diese fachgerecht zu verschließen. Nach dem BEB-Hinweisblatt "Hinweise für die Verlegung von Zementestrichen" (Ausgabe Mai 2014) können bei schwimmenden, auf Trennschicht und im Verbund verlegten Estrichen selbst bei ordnungsgemäßer Ausführung Risse entstehen, die nicht zwangsläufig einen Mangel darstellen.

Risse können mit Reaktionsharz kraftschlüssig geschlossen werden. Danach ist ein Estrich als rissfrei und diesbezüglich als mangelfrei zu bezeichnen. Ein Riss ist sachgemäß ausgebessert, wenn die Tauglichkeit des Estrichs für den normalen oder nach dem im Vertrag vorausgesetzten Gebrauch nicht aufgehoben oder gemindert wird.

Fehlende Aussagen zum fachgerechten Vorgehen

Allgemeingültige Festlegungen, wie ein Riss fachgerecht saniert werden muss, gibt es allerdings nicht. Die Sanierung von Rissen wurde in der Vergangenheit aber häufig in vier Schritten durchgeführt:

1.Die Risse werden zunächst oberseitig V-förmig erweitert und beispielsweise mit Hilfe von Druckluft von Verunreinigungen gesäubert. Ein Aufweiten durch Einschneiden mit Hilfe einer Flexscheibe sollte allerdings vermieden werden. Besser ist das mechanische Aufweiten durch Aufkratzen.

2.Der Estrich wird im Abstand von etwa 20 bis 30 cm rechtwinklig zu den Rissen bis etwa zur halben Estrichdicke eingeschnitten. In die Einschnitte werden zur Verdübelung geeignete Stahlstäbe eingelegt, um die Risse zusätzlich zu verdübeln.

3.Anschließend werden die Risse von Oberkante bis Unterkante Estrich mit einem geeigneten Reaktionsharz kraftschlüssig vergossen. Auch die Einschnitte mit den eingelegten Stahlstäben werden mit Reaktionsharz verfüllt.

4.An der Estrichoberfläche befindliches Reaktionsharz wird zur besseren Anhaftung nachfolgender Schichten mit Quarzsand abgestreut. Glatzenbildungen müssen vermieden werden. Der Estrich sollte zum Zeitpunkt der Risssanierung ausreichend trocken im Sinne der Belegreife für Bodenbeläge sein.

Die beschriebene Methode kann auch bei Heizestrichen angewendet werden, wobei auf die Lage der Heizrohre zu achten ist. Da die Querverdübelung nur durch Einschneiden eingelegt werden kann, besteht die Gefahr von Beschädigungen der Heizrohre.

Untersuchungsprogramm im IBF

Ziel der Untersuchungen war es, zu überprüfen, ob ein Verharzen von Rissen auch ohne Setzen von Estrichdübeln geeignet sein kann. Die hier vorgestellte Untersuchung beschränkte sich auf schmale Risse ( ca. 0,2 mm) in Calciumsulfatestrichen.

Im Rahmen der Untersuchungen wurden drei Risssanierungsarten auf ihre Eignung hin überprüft:
-Risssanierungsart A: Aussaugen, niedrigviskos verharzen
-Risssanierungsart B: Aufweiten, Querdübel einschneiden, aussaugen, niedrigviskos verharzen
-Risssanierungsart C: Querdübel einschneiden, aussaugen, niedrigviskos verharzen (nurim Bereich der Querdübel)

Sanierung der Risse

Zur Durchführung der Untersuchungen wurden Probeflächen angelegt, in denen Risse erzeugt wurden. Bei den Probeflächen des zu sanierenden Estrichs handelte es sich um einen Calciumsulfat-Fließestrich CAFC25F5S45. Zum Zeitpunkt der Sanierung war der Calciumsulfat-Fließestrich belegreif ( 0,5 CM-%).

Für die Sanierung der Risse wurde ein niedrigviskoses 2K-Reaktionsharz verwendet. Laut Herstellerangaben weist es eine Viskosität von h1000mPas (bei 25°C) auf. Dies ist ein Maß für die Fließfähigkeit des Materials (zum Vergleich: Olivenöl h100mPas / Honig h10.000mPas). Das 2K-Reaktionsharz wurde gemäß den Herstellervorschriften verarbeitet. Die beiden Komponenten wurden gemischt, aufgerührt, umgetopft und erneut aufgerührt.

Risssanierungsart A
Bei der Risssanierungsart A wurde zunächst der unmittelbare Rissbereich mit einem Industriestaubsauger abgesaugt. Um den Riss mit Reaktionsharz zu füllen, wurde es auf den Riss ausgegossen, bis sich eine kleine Wulst aus Reaktionsharz gebildet hatte. Das Reaktionsharz kann auf diese Art und Weise in den Riss eindringen. Sobald erste Vertiefungen im Rissbereich erkennbar waren, wurde zunächst das restliche auf der Oberfläche verbliebene Reaktionsharz in Richtung des Risses geschoben und erneut Reaktionsharz aufgetragen. Dieser Vorgang wurde so lange wiederholt, bis kein Reaktionsharz mehr in den Riss eindringen konnte. Anschließend wurde der an der Estrichoberfäche verbliebene Überschuss an Reaktionsharz mit einem Spachtel abgezogen und mit feuergetrocknetem Quarzsand abgestreut.

Risssanierungsart B
Bei der Risssanierungsart B wurde der Riss, wie dies häufig in der Praxis vorzufinden ist, mit einer Steinsäge etwa 1,5 cm tief aufgeweitet und zusätzlich alle 20 cm quer zum Riss eingeschnitten. Der Einschnitt für das Einlegen der Querverdübelung wurde - ebenfalls praxisnah - nur etwa 5 mm tief eingeschnitten, sodass die für die Querverdübelung verwendeten Wellenverbinder etwa deckungsgleich zur Estrichoberkante lagen. Vor dem Verharzen mit Reaktionsharz wurden die Risse durch Absaugen mit einem Industriestaubsauger gesäubert. Die Sanierung der Risse erfolgte analog zur Risssanierungsart A. Die Wellenverbinder wurden nach dem ersten Füllvorgang in das Reaktionsharz eingelegt.

Risssanierungsart C
Bei der Risssanierungsart C wurden die Risse nicht aufgeweitet. Es wurden nur Einschnitte, wie bei Risssanierungsart B beschrieben, zum Einlegen einer Querverdübelung (Wellenverbinder) angelegt. Die Risssanierung erfolgte analog zur Risssanierungsart B, wobei nur die Wellenverbinder der Querverdübelung mit Reaktionsharz fixiert wurden (nicht der Riss selbst). Mit dieser Variante sollte eine fehlerhafte Risssanierung simuliert werden, bei der der Riss selbst nicht oder nur unzureichend mit Reaktionsharz verfüllt wird.

Überprüfung der Risssanierungen

Aus den einzelnen Probeflächen wurden Streifen mit einer Breite von 200mm mit einer Steinsäge trocken herausgesägt. An den Querschnitten der Proben aus dem Bereich der Risssanierungsarten A und B erkennt man, dass die Risse über den Querschnitt mit Reaktionsharz vollständig gefüllt sind. An den Proben aus dem Bereich der Risssanierungsarten C ist dies nicht möglich, da der Riss nur im Bereich der Querverdübelung verfüllt wurde. Auch hier war das Reaktionsharz aber stellenweise bis zur Unterseite des Estrichs eingedrungen.

Die Biegezugfestigkeit der sanierten Calciumsulfat-Fließestriche wurde über eine VierPunkt-Biegezugprüfung ermittelt. Die sanierten Risse lagen dabei in der Mitte der Prüfstreifen. Die Wellenverbinder waren, sofern vorhanden, mittig im Prüfstreifen angeordnet.

Entscheidend neben den erzielten Biegezugfestigkeiten sind die Bruchbilder. Bei den Proben aus dem Bereich der Risssanierungsarten A und B erfolgte der Bruch immer neben dem sanierten Riss, von den Prüfern als "außermittig" bezeichnet.

Zum Vergleich wurde auch die Biegezugfestigkeit des Calciumsulfat-Fließestrichs ohne Riss überprüft. Folgende Mittelwerte wurden gemessen:

Risssanierungsart | Biegezugfestigkeit
A | 6,1 N/mm2
B | 5,8 N/mm2
C | 1,8 N/mm2

Vergleichsprobe ohne Riss: 6,6 N/mm2

Vergleicht man die Werte der Biegezugfestigkeit der Risssanierungsarten A,B und C mit der Vergleichsprobe ohne Riss, so ergibt sich ein eindeutiges Bild: Die Risssanierungsart C weicht am stärksten von der Vergleichsprobe ab; mit ihr wurde keine gleichwertige Biegezugfestigkeit erreicht. Die Risssanierungsart C stellte sich erwartungsgemäß als untauglich heraus.

Die Risssanierungsarten A und B erreichten in etwa die gleiche Biegezugfestigkeit wie die Vergleichsprobe ohne Riss. Der Bruch der Probekörper erfolgte dabei nicht unmittelbar im Rissbereich, sondern "außermittig" neben den sanierten Rissen im Estrich. Bei den Risssanierungsarten A und B wurde der geforderte Kraftschluss erreicht. Entscheidend für eine erfolgreiche und fachgerechte Rissanierung ist, dass das Reaktionsharz ausreichend niedrigviskos ist und der Riss möglichst vollständig von Oberkante bis Unterkante Estrich verfüllt wird. Bei der Rissanierungsart B spielt dann auch eine Querverdübelung für das kraftschlüssige Verschließen von Rissen keine Rolle mehr und kann entfallen.

Fazit: Punktuelles Sanieren nicht erfolgreich


Die Untersuchungen haben gezeigt, dass punktuelles Sanieren von Rissen (Risssanierungsart C) nicht zum Erfolg führt. Wichtig ist vor allem, dass das Reaktionsharz den Riss möglichst vollständig von Oberkante bis Unterkante Estrich verfüllt. Gelingt dies, ist eine zusätzliche Querverdübelung auch bei schmalen Rissen (Rissbreite ca. 0,2 mm) nicht notwendig. Mit geeigneten, ausreichend niedrigviskosen Reaktionsharzen ist eine fachgerechte Risssanierung auch ohne zusätzliches Aufweiten des Risses möglich.

Ein mechanisches Aufweiten des Risses kann das Auftragen des Harzes aber erleichtern. In diesem Fall sollte aber auf ein Einschneiden (Flexen) verzichtet werden, da dabei der Riss erfahrungsgemäß in tiefer liegenden Bereichen des Estrichqeurschnitts durch Staub verschlossen werden kann. Das Reaktionsharz kann den Riss dann nicht mehr vollständig verfüllen. Der Erfolg einer Risssanierung kann durch Anlegen von Öffnungsstellen überprüft werden.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass es für eine fachgerechte Sanierung von Rissen wichtig ist, dass die Ursachen der Rissbildungen vor Durchführung der Risssanierung ermittelt und gegebenenfalls beseitigt werden. Können die Ursachen nicht oder nur unvollständig beseitigt werden, sind auch nach einer trotzdem durchgeführten, fachgerechten Risssanierung neue Rissbildungen an derselben oder an anderen Stellen möglich. Wenn die Rissursachen nicht oder nur unvollständig beseitigt werden können, sind daher in der Regel weitergehende Sanierungsmaßnahmen zur Sicherstellung einer mangelfreien Leistung erforderlich.

Autoren:
-Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung, Troisdorf
-Industrieverband Werkmörtel, Duisburg
aus FussbodenTechnik 06/14 (Wirtschaft)