Bodenbelagshersteller beugt sich Druck des Handels

Parador muss Webshop wieder vom Netz nehmen

Parador hat seinen Webshop für Bodenbeläge auf parador.de nach nur sechs Wochen wieder vom Netz genommen. Damit beugt sich der Bodenbelagshersteller dem massiven Druck aus dem Handel, den die Coesfelder auch mit Private Label-Produkten beliefern. Große Einkaufskooperationen des Holzhandels hatten gefordert, die Online-Direktvermarktung einzustellen und strichen Parador von ihrer Lieferantenliste.

Anfang Oktober war die Welt für Parador noch in Ordnung. In einer Pressemitteilung kündigte der Hersteller von Boden- und Wandbelägen zu Mitte des Monats an, nicht nur mit einer vollkommen neu gestaltete Webseite online zu gehen, sondern zugleich den digitalen Verkauf seiner Produkte einzuläuten.

User hätten ab sofort die Möglichkeit, Produkte des Hauses zum UVP direkt online zu erwerben. Neben der Profilierung der Markenpräsenz im Netz wolle man mit dem Onlineshop neue Wege beschreiten, um Offline- und Onlineverkaufswelt sinnvoll miteinander zu verbinden - auch zusammen mit den Handelspartnern, hieß es in der Mitteilung.

"Wir folgen der Herausforderung des Marktes", erklärte Lubert Winnecken, Vorsitzender der Parador-Geschäftsführung, den Schritt. Die neuen Kompetenzen, auch das E-Business in der gesamten Prozesskette bedienen zu können, biete dem Handel eine große Chance, selbst professionell im Netz zu agieren. "Ziel sei es, auch online ein leistungsfähiger Partner für den Handel zu sein" ließ sich Winnecken weiter zitieren.

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Branche. Aber schnell wurde klar: Die Handelspartner werteten den Schritt in die Online-Direktvermarktung als Affront. Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Bedeutende Einkaufskooperationen strichen Parador von ihren Lieferantenlisten.

Damit wurde der wirtschaftliche Druck für Parador offensichtlich zu groß: Am 19. November teilten die Coesfelder offiziell mit, dass der Webshop zum 1. Dezember wieder von der Homepage genommen werde. Zur Begründung verwies man auf die "sehr heterogene" Bewertung des Onlineshops in der Branche.

"Mit der Entscheidung, den Online-Shop bis auf weiteres zu schließen, setzen wir ein ganz klares Signal, dass wir den Markt mit unseren Handelspartnern gemeinsam gestalten wollen", erklärte Lubert Winnecken. Es gehe nicht darum, Parador auf Kosten des Handels einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, sondern darum, die Bedeutung des Produktes zu stärken, indem man dem Verbraucher auf Augenhöhe im Markt begegne. "Und auf Augenhöhe bedeutet heute, einen schnellen und komfortablen Produktzugriff auf allen Kanälen zu ermöglichen."

In zahlreichen Branchen sei diese Entwicklungsstufe des Multichannel-Vertriebs auf Industrie- und Handelsseite bereits erfolgreich umgesetzt. "Dennoch verstehen wir die ersten Reaktionen des Handels. Vor diesem Hintergrund reagiert Parador als verlässlicher Marktpartner."

Gleichwohl sei es aus Sicht des Unternehmens notwendig, einen zweiten Blick aus der Perspektive des Verbrauchers zu unternehmen. "Niemand kann und wird die Entwicklung in Richtung Allverfügbarkeit der Produkte aufhalten. Der Verbraucher selber ist heute soweit, sich in Sekundenschnelle alle Informationen - auch unabhängig von einem Verkäufer - im Netz zu beschafften und die Produkte direkt online zu kaufen."

Die technischen Möglichkeiten und die daraus entstandenen Konsumentenerwartungen gäben damit die Höhe der vertriebspolitischen Messlatte vor, heißt es weiter in der Mitteilung. "Künftig gilt es, alle möglichen Kaufwege sinnvoll miteinander zu verweben und in puncto Vermarktung von Produkten und Services gemeinsam mit dem Handel weiter in Richtung Verbraucher zu gehen." Es werde immer wichtiger, die Vermarktung von Produkten und Services als einen Teil des Beziehungsmanagements zwischen Industrie, Handel und Verbraucher zu gestalten. Diese Aufgaben müssten gemeinsam auch für eine Online-Plattform gelöst werden.

Kommentar

"Rote Karte" für Direktvermarktung



Man schrieb das Jahr 2000, als Parador die Entscheidung traf, seine Produkte auch über Baumärkte zu vertreiben, was bei den bis dahin exklusiv belieferten Holz- und Baustoffhändlern einen Sturm der Entrüstung auslöste. Doch es war ein laues Lüftchen, verglichen mit dem, was den Coesfeldern in den vergangenen Wochen ins Gesicht blies und Thema Nr. 1 in den einschlägigen Branchen war. Einen vergleichbaren Affront eines Industrieunternehmens mit seinen Kunden im Holz-, Bodenbelags- und DIY-Handel hat es selten gegeben - ein Drama in drei Akten.

1. Akt: In einem Kundenbrief hatte Parador mitgeteilt, als Direktvermarkter in den Internethandel einzusteigen und die "Möglichkeit zu bieten, Markenprodukte zum UVP online zu bestellen". Zugleich würden damit die "Anforderungen des Marktes nach Preistransparenz und Orientierung im Internet" erfüllt. Und weiter: "Gerne unterstützen wir Sie dabei, wenn Sie selbst professionell im Netz agieren möchten." Ein wohl gemeintes Angebot, könnte man denken - doch es ging hoch wie eine Bombe.

2. Akt: Als größte Einkaufskooperation des Holzhandels ergriff Holzland mit einer Blitzumfrage die Initiative. "Werden Sie die Firma Parador weiterhin als Lieferant der (Parkett-)Eigenmarke HQ fördern?", hieß es da unter anderem, was von den Mitgliedern mit einem deutlichen Nein beantwortet wurde. Ein Ultimatum, das Thema E-Commerce zu beenden, ließ Parador verstreichen, weshalb andere Parketthersteller eingeladen wurden, Angebote abzugeben. Mit der Hagebau und Eurobaustoff machten weitere Verbundgruppen ihren Unmut gegenüber Parador deutlich.

3. Akt: Am 19. November dann die überraschende Kehrtwende: Nach vier Wochen stellt Parador - zermürbt vom Druck aus dem Markt - den Online-Direktvertrieb ein. Schadenfreude wollte bei der Konkurrenz nicht aufkommen. "Da sieht man mal wieder, wie wir armen Hunde der Industrie vom Handel durch die Manege geführt werden", kommentierte ein Geschäftsführer.

Die Marktpartner sehen das offensichtlich anders: Was Parador "Preistransparenz" nennt, ist für den stationären Handel ein Schreckgespenst. Um die Vergleichbarkeit via Internet zu umgehen, platziert man Eigenmarken oder weniger bekannte Zweit-Label. Dennoch: Auf die großen Namen will niemand verzichten, wie "Parkett im Holzhandel", die Schwesterzeitschrift von BTH Heimtex, bei einer großen Umfrage ermittelte.

Das Thema polarisiert wie kein zweites. Die Problematik E-Commerce/Marke brachte ein Händler so auf den Punkt: "Der selektive Vertrieb ist heute kaum mehr vorhanden und auch nur noch begrenzt zeitgemäß. Eine klare Struktur der Vertriebswege ist aber möglich und nötig - Direktvertrieb der Industrie an End- oder Handwerkskunden ist für eine Industriemarke in unserer Branche völlig inakzeptabel. Auch hier gilt noch ein gewisses Maß an notwendigem Vertrauen zwischen Handel und Hersteller. Die Erschließung neuer Vertriebswege muss für Industrien, die eine ,starke Marke’ werden wollen, immer in Zusammenarbeit mit den bestehenden Kunden passieren."

Dem ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen.

Ein Kommentar von Ulrich Baumert
aus BTH Heimtex 12/14 (Wirtschaft)