Kauf von Holzprodukten ist aktiver Klimaschutz

Nur 11% der Architekten sehen Holz als Baustoff der Zukunft


Kurzfristige Modeströmungen sind eine Sache. Sie kommen und gehen. Nachhaltiger sind die so genannten Megatrends. Sie haben epochemachenden Charakter, dauern bis zu 30 Jahre an, beeinflussen nicht nur einzelne Gruppen, sondern eine ganze Gesellschaft und haben längst eine globale Wirkung. "Wenn wir Megatrends richtig erfassen, hilft uns das, die Zukunft nicht bloß zu erraten, sondern mitzugestalten", erklärte Adalbert Westermann, Marketingdirektor bei Pfleiderer auf dem 9. Europäischen Holzwerkstoffplatten-Symposium.

Zukunftsforscher haben 11 Megatrends herausgearbeitet. Die Schlagworte lauten: Globalisierung (Nationalitäten verlieren an Bedeutung, Schwellenländer werden zu Wirtschaftsgiganten), Female Shift (Familien- und Partnerrollen verändern sich), Konnektivität (Netzwerke und Internet führen zu mehr Transparenz), Urbanisierung (2025 wird es 26 Städte mit über 10 Mio. Einwohnern geben), Silver Society (steigende Lebenserwartung), Neo-Ökologie (Nachhaltigkeit in allen Bereichen, Bio wird Standard), Gesundheit (Medizin wird ein immer größerer Dienstleistungssektor), Neues Lernen (Bildung ist der Motor für sozialen Aufstieg), Mobilität (gute Jobs bedeuten oft Ortswechsel), New Work (Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben schwindet, der Laptop wird zum Arbeitsplatz), Individualisierung (mehr Freiheit für den Einzelnen).

Alle diese 11 Megatrends wirken sich auf das Lebens- und Konsumverhalten der Menschen aus. Nicht erst in der Zukunft, sondern schon jetzt. Was bedeutet das für die holzverarbeitende Industrie? Adalbert Westermann wirft einen Blick auf die Urbansierung. Das Wachstum bei Holzhäusern wird heute noch von Einfamilienhäusern bestimmt. Die Stadt der Zukunft aber braucht Mehrfamilienhäuser. Will der Holzwerkstoff auch dort ein Wort mitreden, muss er Investoren, Architekten und Planer von seinen Eigenschaften als Baumaterial überzeugen. Holzwerkstoffhersteller müssen eigene Konzepte vorlegen, wie sich Renovierungsvorhaben und neue Bauwerke mit ihren Produkten gestalten lassen. Umfragen zeigen, dass Holz bei Architekten zu 11 % und bei Bauunternehmern nur zu 7 % als Baustoff der Zukunft gehandelt wird. Vorn liegen Ziegel und Beton. Trotzdem bestätigen beide Berufsgruppen dem Holz die positiven Attribute von Nachhaltigkeit, Natürlichkeit und guter Optik. Darauf lässt sich aufbauen.

Neo-Ökologie ist ein weiterer Megatrend, der die Nutzung von Holz direkt beeinflusst. Zum einen in der Sensibilität für den Wert des Waldes, zum anderen in dem guten Ruf von Holz als natürlichen Rohstoff. "Aber unsere Industrie hat es bis heute nicht verstanden, in diesen guten Ruf eingebunden zu werden", warnt Westermann. "Wir müssen die Tatsache, dass Holz als Klimaschützer CO2 speichert, bis hinunter zum Endverbraucher kommunizieren." Der Konsument, so Westermann, wolle sicher sein, mit seinem Kauf von Möbeln und anderen Holzprodukten das Richtige getan zu haben.

Dem Verbraucher diese Sicherheit zu vermitteln, dabei kann der Megatrend Gesundheit helfen. Die Nachricht von krankmachenden Baustoffen und Inhaltsstoffen bleibt jedoch ein Hemmschuh. Seit Jahren, kritisiert Westermann, diskutiere die Holzwerkstoffindustrie das Thema Formaldehyd. Jedoch auf einem technischen und wissenschaftlichen Experten-Niveau. "Wir müssen aber Argumente und Antworten nicht nur für Politiker, sondern vor allem für den Endkunden finden." Eine Fülle von Zertifikaten und Ökolabeln allein reicht nicht aus.

Als vierten Megatrend greift Adalbert Westermann die Individualisierung heraus. Warum er diese Entwicklung als wichtig für die holzverarbeitende Industrie erachtet? Weil sie eine der stärksten Triebfedern für gesellschaftliche Veränderung ist. Und weil sie sowohl Einflüsse auf die Baumarkt-Kultur wie auch auf die Entwicklung von Nischenmärkten hat. "Unsere Industrie steckt genau zwischen Massenmarkt, Baumarktkultur und Nischenmarkt" sagt Westermann. "Produkte werden immer variantenreicher und kurzlebiger. Die Sortimentstiefe nimmt zu, ebenso die Dekorvielfalt." Man dürfe neue Entwicklungen nicht verschlafen, wie etwa Leichtbaumaterial aus Holz, das derzeit noch ein Nischenprodukt sei. "Wir müssen langfristige Entwicklungsprojekte in verschiedene Richtungen anschieben."
aus Parkett Magazin 01/15 (Holz)