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Mangelfreie Leistung geschuldet – auch ohne eine Detailplanung


Fall:

Ein Auftragnehmer erhält den Auftrag, in dem Werkstattbereich einer Lkw-Werkstatt einen Fußboden zu einem Pauschalpreis zu verlegen. Das Leistungsverzeichnis stammt vom Auftraggeber.

Einige Zeit nach der Abnahme der Leistung beanstandet der Auftraggeber, das vereinzelt lose Platten sowie großflächige Hohlstellen auf dem Rüttelklinkerboden in der Werkstatt vorhanden sind.

Er setzt eine Frist zur Mangelbeseitigung, die erfolglos bleibt. Der Auftraggeber holt einen Kostenvorschuss für den Austausch der Plattenbeläge ein. Da keine Mangelbeseitigung durchgeführt wird, klagt der Auftraggeber auf einen Kostenvorschuss für die Mangelbeseitigung.

Entscheidung des Gerichts:

Der Auftragnehmer verteidigt sich gegen den Anspruch mit folgenden Argumenten:

1. Der Auftraggeber hat hinsichtlich der Beschaffenheit keinerlei Vorgaben gemacht, sodass nur eine Leistung mittlerer Art und Güte geschuldet ist.

2. Der Auftraggeber hat die Ausschreibung erstellt und als Auftragnehmer habe er entsprechend der Ausschreibung eine Leistung erbracht.

Das Gericht gibt dem Auftraggeber Recht und verurteilt den Auftragnehmer zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 65.000 EUR.

Begründung des Gerichts:

Der verlegte Boden sollte in einer Lkw-Werkstatt eingebaut werden. Der Auftraggeber wusste also, welche Beanspruchung an den Boden gestellt wird. Aus diesem Grund schuldet der Auftraggeber einen Boden, der einer solchen Beanspruchung standhält. Auch wenn in dem von dem Auftraggeber erstellten Leistungsverzeichnis keine planerischen Vorgaben für die Ausführung des Bodens gegeben waren, reicht es aus, dass der Auftragnehmer den Zweck des Auftrags kannte. Dem Auftragnehmer war es nach den vertraglichen Vereinbarungen bekannt, dass der Boden in der Werkstatt verlegt werden sollte.

Als Fachunternehmen muss der Auftragnehmer in einem solchen Fall erkennen, dass der ausgeschriebene Boden den Belastungen in einer Lkw-Werkstatt möglicherweise nicht standhält. Dem Auftragnehmer als Fachunternehmer wird in diesem eine besondere Sachkunde zugeschrieben.

Ein Teil des Schadens war auch entstanden, weil der Auftraggeber den Boden zu früh nach dem Verlegen befahren hatte. Der Auftragnehmer hätte den Auftraggeber darauf hinweisen müssen, dass dieser den neu hergestellten Boden nicht gleich nach der Herstellung belasten darf.

Praxishinweis:

Die Rechtsprechung sieht eine Leistung als mangelhaft an, wenn der mit dem Vertrag verfolgte Zweck nicht erreicht wird und die nach dem Vertrag vorausgesetzte Funktion nicht erfüllt ist. Der Auftragnehmer muss immer prüfen, ob mit der vorhandenen Ausschreibung auch der Zweck und die vorausgesetzte Funktion des Werks erreicht wird. Wird dies mit einem vorgegebenen Leistungsverzeichnis nicht erreicht, müssen (nach §4 Nr. 3 VOB/B) Bedenken angemeldet werden.


Andreas Becker zur Person


Andreas Becker Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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aus FussbodenTechnik 02/15 (Recht)