Attacke auf das Klick-Patent

Macht eine alte Kegelbahn den Unterschied?


Das Klickprofil hat die Verlegung von Fertigparkett und Laminatboden revolutioniert. Mittlerweile gibt es eine lange Reihe von Entwicklungsstufen und Varianten. Wer die Patente dafür hält, kann von Fußbodenherstellern Lizenzgebühren verlangen. Bei weltweit jährlich 1,6 Mrd. m2 verlegtem Boden mit Klickprofil fließen rund 200 Mio. EUR in die Geldbeutel der Patentinhaber, heißt es. Das sind vor allem die Firmen Unilin und Välinge. Beide haben in einem jahrelangen Streit hohe Anwalts- und Gerichtskosten verschleudert, bis die Vernunft siegte und eine gegenseitige Patentanerkennung (cross licence) alle Marktteilnehmer beruhigte. Auch andere Unternehmen haben gelegentlich eigene Klickprofile patentieren lassen. Am Basisprofil von Unilin und Pergo (Mohawk) und Välinge aber kamen sie nicht vorbei. Bisher bescheinigte die Justiz dem Ursprungspatentinhaber stets das Recht, Lizenzgebühren von allen Folgepatenten zu verlangen.

Um das Ursprungspatent (EP 1026 341) zu Fall zu bringen, gibt es nur zwei Wege. Entweder wartet man auf das Auslaufen des Patentes - das ist im Jahr 2017 der Fall, doch haben Unilin und Välinge vorgesorgt und sich eine große Anzahl von Patenten auf Weiterentwicklungen der Klickverbindung gesichert - oder man bestreitet die Rechtmäßigkeit des Grundpatentes. Das geht nur vor Gericht und mit stichhaltigen
Beweisen.

Diesen zweiten Weg beschreitet nun eine Firma namens Innovations4Flooring. Hinter diesem Unternehmen steht ein großer Hedgefond mit Sitz in auf der steuerlich günstigen Karibikinsel Curacao. Dort befindet sich auch der Sitz der neuen Firma, die von Brancheninsidern geführt wird: Geschäftsführer John Rietveldt stand einst als Marketingleiter in Diensten von Tarkett und Entwicklungschef Eddy Boucké hat unter anderem bei Välinge gearbeitet. Finanziell gestützt von der niederländischen Beteiligungsgesellschaft Ramphastos unter Marcel Boekhoorn haben sie bereits zwei eigene Klickverbindungen auf den Markt gebracht. Das erste davon, ein Druckknopfsystem mit der Bezeichnung 3L Triple Lock, ist in Europa und den USA patentiert. Nach eigenen Angaben wurden bereits sieben Fußbodenhersteller als Kunden gewonnen. Eine zweite Klickverbindung zum Einwinkeln an der Längsseite und Herunterdrücken an der kurzen Seite ohne Plastikfeder nennt sich Click4U. Hier läuft die Patentanmeldung.

"Wir zahlen keine Lizenzgebühren an Unilin", betont John Rietveldt und weiß, dass er damit die juristische Auseinandersetzung provoziert. Zwar setzt Rietveldt auf ein anwaltliches Gutachten aus den USA, das ihm bescheinigt, kein Unilin-Patent zu verletzen, doch das ist keine rechtsgültige Entscheidung. Bei Flooring Industries, der Patentabteilung von Unilin, hat man reagiert. Mitte Januar 2015 wurde in Den Haag die gerichtliche Aufhebung des Patents von Innovation4Flooring beantragt. Die aber ziehen ihrerseits in den Niederlanden gegen Unilin vor Gericht. Die Attacke gilt dem 18 Jahre alten Grundpatent. "Das war keine neue Idee", glaubt man herausgefunden zu haben. Schon zuvor habe es in Deutschland eine Kegelbahn mit einer vergleichbaren Verbindung der Holzdielen gegeben. Unabhängige Gutachten dritter Parteien (Prof. De Schutter, TNO Diana) sollen diese Behauptung stützen.

Was bedeutet der jüngste Streit um die Klick-Rechte für die Branche? Zunächst geht es nur um ein Patent in den Niederlanden - eine Art Musterprozess für den Rest der Welt. Wer derzeit Fußböden mit einem Profil des Anbieters Innovations4Flooring auf den Markt bringt, trage das Risiko, später die Zeche nachzahlen zu müssen. Sollte der Angriff auf das Unilin-Patent dagegen erfolgreich sein, dürften sich einige Marktteilnehmer die Hände reiben. Vor allem die chinesische Wirtschaft sei interessiert, westliche Weltpatente zu Fall zu bringen.

Die Macher von Innovations4Flooring fühlen sich als "Befreier der Branche" vom Joch des Klick-Monopols. "Wegen der alten Patentrechte kommen viele neue Ideen nicht zum Tragen", meint John Rietveldt. "Die Lizenzgeber werden immer reicher, und obwohl der Quadratmeterpreis für viele Fußböden sinkt, bleibt die Lizenzgebühr gleich hoch." Ob er selber bei seinem eigenen Klickpatent die Lizenzpreise den Verkaufspreisen anpassen würde, das will sich Rietveldt nach eigener Aussage freilich noch überlegen. Warum aber wartet er nicht auf das Auslaufen des Unlin-Patents im Jahr 2017? Warum teure Rechtsstreitigkeiten vom Zaun brechen? Die Antwort dürfte in den über 100 Folgepatenten liegen, die Unilin und Välinge auf der Basis des Grundpatentes in der Schublade haben. Auch diese könnten dann möglicherweise in Frage gestellt werden. Die Entscheidung in den Niederlanden soll noch in diesem Jahr erfolgen.


Manchmal miteinander, manchmal gegeneinander



Der Siegeszug des Laminatbodens geht seit 1996 einher mit der Entwicklung des Klickprofils. Viele haben ihre Finger im Spiel. Unilin favorisiert ein Prinzip mit Vorspannung, Välinge gibt dem eingerasteten Profil mehr Spiel. 2008 ließen die Meisterwerke eine werksseitig eingefügte Kunststoff-Feder (Masterclic Plus) patentieren und schlossen später ein Kooperationsabkommen mit Välinge. 2010 legten Classen (Megaloc) und Pergo ihre Patente zur Fold-Down-Verlegung zusammen, um sie weltweit zu vermarkten. Mitte 2011 wies das Landesgericht Düsseldorf eine Patentverletzungsklage von Pergo Europe gegen die Verbindung des Laminatbodens Grandeur der Spanolux-Tochter Balterio zurück. Im Mai 2013 erhielt Välinge von einem schwedischen Gericht die Bestätigung, dass seine 5G-Plastikfeder ein anderes Patent sei als das Pergo "locking rod" Prinzip. Der chinesische Produzent Yekalon mit seinem 3R Tap&Go Locking oder Inovar Floor, ein Laminatbodenhersteller aus Malaysia - sie und eine Menge anderer Unternehmen weltweit haben eigene Profile entwickelt und sich teilweise in gerichtliche Auseinandersetzungen begeben. Zuletzt war es vergleichsweise ruhig.

Das gilt auch für die Hersteller von Fräswerkzeugen. "Wir haben keinen Auftrag zur Fertigung von Werkzeugen für neue Klickprofile erhalten", sagt Maschinenhersteller Homag zum Thema Innovations4Flooring. Sollte das geschehen, würde man sich vorher absichern, um nicht wegen Beihilfe zur Patentverletzung belangt werden zu können.


Stellungnahme Unilin



Sowohl in den Pressemitteilungen als auch auf der Pressekonferenz anlässlich der Domotex bezieht sich das Unternehmen Innovations4Flooring ausschließlich auf ein Unilin-Patent.

ParkettMagazin hat deshalb Unilin Fooring um ein Stellungnahme gebeten, die wir nachfolgend im Wortlaut wiedergeben:

"Unilin ist keineswegs mit der Darstellung von I4F einverstanden und wird auf geeignete Weise reagieren, wenn I4F-Produkte auf dem Markt auftauchen, die eine Verletzung des Unilin- und Pergo-Patentportfolios darstellen. Verschiedene dieser Patente, einschließlich des diesbezüglichen EP1 026 341, sind bereits mehrere Male Gegenstand von Nichtigkeitsverfahren vor verschiedenen nationalen und selbst übernationalen spezialisierten Gerichten gewesen. Jedes Mal wieder beschließen diese Gerichte, dass diese Patente gültig sind. Es steht dritten Parteien natürlich frei, nochmals ein solches Verfahren anzustrengen, um ihrer PR-Darstellung Nachdruck zu verleihen. Sowieso kann ein letztendlicher Beschluss erst Ende 2017, Anfang 2018 erwartet werden, lange nach dem Verstreichen der Laufzeit dieses EP 1 026 341. Es sei auch deutlich, dass bis jetzt keine "unabhängige" Bestätigung vorliegt, dass die I4F-Technologien keine Verletzung von Patenten Dritter darstellen. Ein solches "unabhängiges" Urteil kann nur von einem unabhängigen Gericht kommen und selbstverständlich nicht von einem Anwalts- oder Patentbüro, das in Auftrag eines bestimmten Auftraggebers eine bestimmte Meinung wiedergibt." Bart Van der Stockt, Managing Director und Verantwortlicher für das Patent- und Lizenzgeschäft von Unilin und Pergo
aus Parkett Magazin 02/15 (Bodenbeläge)