Zentralverband Raum und Ausstattung ZVR: Interview mit dem Präsidenten Harald Gerjets

"Mir ist die Zusammenarbeit mit anderen Handwerksverbänden wichtig"


Seit knapp anderthalb Jahren ist Harald Gerjets Präsident im Zentralverband Raum und Ausstattung (ZVR). Im Gespräch mit BTH Heimtex-Redakteurin Birgit Genz erläutert er die Schwerpunkte seiner Arbeit, äußert sich zur Initiative Textile Räume und schätzt die Aussichten für 2015 ein.

BTH Heimtex: Herr Gerjets, Sie stehen seit etwa anderthalb Jahren an der Spitze des ZVR. Wo setzen Sie die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?

Harald Gerjets: Die Rückführung des Raumausstatter- und Sattlerhandwerks in die Anlage A der Handwerksrolle liegt mir sehr am Herzen. Die Meisterpflicht ist angesichts der heutigen Erfordernisse an Ausbildung und fachlich qualifizierte Arbeit zwingend geboten. Mehr Meister bedeutet gleichzeitig eine steigende Zahl von Fachkräften. Nur so kann eine deutliche Qualitätssteigerung der Leistungen erreicht und damit der Forderung der Kunden nach Individualität in Kombination mit Qualität entsprochen werden.

BTH Heimtex: Wie schätzen Sie Ihre Erfolgsaussichten ein?

Gerjets: In der Politik wächst zumindest die Einsicht, dass die Novellierung der Handwerksordnung im Jahr 2004 zu weniger Meistern und damit auch zu weniger Auszubildenden geführt hat. Wenn wir das ändern wollen, müssen wir auch mit anderen Handwerksverbänden zusammenarbeiten. Das ist für mich ein weiterer Schwerpunkt meiner Arbeit.

Wichtig ist mir die Kooperation etwa mit dem Bundesverband Rollladen + Sonnenschutz, dem Bundesverband Farbe, Gestaltung und Bautenschutz, dem Fachverband Fliesen und Naturstein sowie dem Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik. Besonders eng arbeiten wir schon jetzt mit dem Bundesverband der vereidigten Sachverständigen für Raum und Ausstattung und dem europäischen Verband Eurointerior zusammen. Nach dem Umzug unserer Geschäftsstelle nach Köln bilden wir dort eine Bürogemeinschaft. Die kurzen Wege haben die Abstimmung untereinander erleichtert und die Arbeit effektiver gemacht.

Wir profitieren dabei auch von den Erfahrungen im Handwerk und der Verbandsarbeit, die unsere neue Geschäftsführerin Heike Fritsche mitbringt. Mit ihr können die anstehenden Kernaufgaben des Zentralverbandes als Branchenvertretung in handwerkspolitischer, tariflicher, aber auch wirtschaftlicher Hinsicht noch effizienter in Angriff genommen werden.

BTH Heimtex: Wie steht das Raumausstatter-Handwerk denn momentan wirtschaftlich da?

Gerjets: Das Jahr 2014 hat uns zum Abschluss noch einmal volle Auftragsbücher beschert. Es ist allerdings fraglich, ob die Kauflaune der Verbraucher anhält und der Branche die gute Auftragslage erhalten bleibt. Ohnehin haben die Deutschen laut GfK im vergangenen Jahr gerade einmal 133 EUR für Heim- und Haustextilien ausgegeben.

Aber ich will nicht zu pessimistisch sein: Die niedrigen Zinsen sorgen für einen anhaltenden Trend zur eigenen Immobilie, die ausgestattet werden muss. Auf politische Unsicherheit reagieren die Menschen mit einem Rückzug in die eigenen vier Wände. Unbestritten ist, dass die Phase der Aufwertung des Wohnraums andauern wird. Dafür bieten die Raumausstatter hochwertige, spannende und individuelle Lösungen an.

BTH Heimtex: Wie stehen Sie zur Initiative Textile Räume? Sie will ja beim Verbraucher eben die Lust auf Wohntextilien wecken.

Gerjets: Wir wollen weg von DIY und 08/15-Lösungen von der Stange hin zu mehr Individualität und Kreativität. Dafür müssen wir als Verband etwas tun. Dazu gehört auch unsere Unterstützung von Initiativen wie Teppich & Du oder jetzt die Textilen Räume.

Deren Auftakt zur Heimtextil war viel versprechend. Wir hatten unsere Mitglieder bereits im Vorfeld informiert - schließlich wurde die Initiative durch den Raumausstattermeister Martin Pötz ins Rollen gebracht. Geplant ist jetzt, die Raumausstatter gezielt anzuschreiben. Es gibt viele Unternehmer, die eine gemeinsame Kampagne begrüßen. Nun gilt es, die Interessierten einzubinden und weitere Firmen dafür zu gewinnen.

BTH Heimtex: Die Produkte für die individuellen Lösungen findet man auf Fachmessen. Deren Veranstalter klagen aber über ein nachlassendes Interesse seitens des Handwerks und des Handels. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Gerjets: Der persönliche Austausch, das Gespräch zwischen Lieferanten und Abnehmern ist wichtig - und dazu bieten Messen die beste Gelegenheit. National wie international gibt es inzwischen sehr viele Veranstaltungen: internationale Leitmessen, Regionalmessen und die Hausmessen von Einkaufsverbänden und Lieferanten. Hinzu kommt der Außendienst der Industrie und auch das Internet als Informationsquelle für den Raumausstatter dürfen wir nicht unterschätzen.

In diesem Umfeld gibt es unter den Messen einen Verdrängungswettbewerb. In dem können sich Angebote profilieren, die den Besucher in seiner strategischen Geschäftsausrichtung unterstützen.
aus BTH Heimtex 03/15 (Wirtschaft)