Interface Deutschland: Interview mit Vertriebsleiter Nils Rödenbeck und Marketingleiterin Anne Salditt

"Im Bürosegment dreht sich der Markt in Richtung Teppichfliese"


Der allgemeine Trend zur Modularität bei Bodenbelägen beflügelt die Absatzzahlen von Teppichfliesen in Deutschland. Das spürt auch Weltmarktführer Interface: Die deutsche Tochter in Krefeld verzeichnete 2014 einen Umsatzrekord. BTHHeimtex-Redakteur Jochen Lange hat sich mit Vertriebsleiter Nils Rödenbeck und Marketingleiterin Anne Salditt über die technischen Besonderheiten der textilen Fliesen unterhalten. Weitere Gesprächsthemen waren die Vertriebsstrategie des -Teppichfliesen-Spezialisten und die Neuheit Microsfera, ein Produkt mit besonders niedrigem CO2-Fußabdruck.

BTH Heimtex: Bei unserem letzten Interview vor etwas mehr als einem Jahr hatten Sie sich mehr Wettbewerber auf dem deutschen Markt für Teppichfliesen gewünscht, um das Produkt stärker in den Fokus des Interesses zu rücken. Mittlerweile ist modularer textiler Bodenbelag in Form von Fliesen und Planken ein Trend geworden, dem immer mehr Hersteller folgen. Ist damit Ihr Wunsch in Erfüllung gegangen?

Nils Rödenbeck: Grundsätzlich finde ich es gut und hilfreich, wenn die Teppichfliese beziehungsweise der modulare textile Bodenbelag präsenter wird. Und ich kann bestätigen, dass sich hier in den vergangenen 15 Monaten viel getan hat. Zahlreiche Wettbewerber forcieren die Vermarktung von Teppichfliesen und -planken. Andererseits reagiert der Markt auch auf die Stärken dieser Art textilen Bodenbelags. Hier profitieren wir sicherlich davon, dass das Thema Modularität ein großer Trend bei Bodenbelägen im Allgemeinen ist - z.B. auch bei elastischen und Hartbelägen.

Entscheidend ist aber immer, dass die textilen Produkte, die jetzt modular angeboten werden, über ein so hohes Qualitäts- und Leistungsniveau verfügen, dass sie das Image der Teppichfliese fördern. Die Reklamation einer Teppichfliese - egal von welchem Hersteller - wiegt für uns als Spezialist schwerer, als für einen Hersteller von klassischer Bahnenware, der auch Teppichfliese macht. Das verunsichert den Markt gegenüber dem Produkt Teppichfliese.

Deswegen ist es für uns von höchster Wichtigkeit, dass Teppichfliesen aus unserem Hause zu 100 % in allen Belangen funktionieren, damit der Markt insgesamt Vertrauen bekommt in das System Teppichfliese. Und wir sind stolz sagen zu können, dass sich mehr als 90 % unserer Kunden auch ein weiteres Mal für uns entscheiden.

BTH Heimtex: Gibt es denn wesentliche Unterschiede in der Art und Weise der Herstellung, die für das technische Funktionieren einer Teppichfliese entscheidend sind?

Nils Rödenbeck: Der Tuftingprozess einer normalen Teppichfliese ist logischerweise vergleichbar mit dem für eine Bahnenware, denn damit beginnen beide Produkte. Der Unterschied liegt in der Rückenbeschichtung.

Wir als Teppichfliesen-Spezialist sind durch unser über Jahrzehnte angesammeltes und immer wieder verfeinertes technisches Know how in der Lage, die Spannungen aus dem Tuch zu bekommen. Damit erreicht unsere Teppichfliese die hohe Dimensionsstabilität, die für die lose Verlegung nötig ist.

In diesem Kontext ist auch zu erwähnen, dass wir ausschließlich in 2 m Breite tuften, weil wir festgestellt haben, dass die Spannungen in einer 4 m-Ware zu hoch sind und die Maßstabilität dann unserem Anspruch nicht genügt. Das ist unser Kapital und Know how, mit dem wir uns seit den 1950er-Jahre beschäftigen.

BTH Heimtex: Von der Technik zur Organisation: Seit Sommer 2014 berichten sie als deutsche Interface-Gesellschaft direkt an den Vorstand der Interface-Geschäftseinheit EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika, Anm. der Red.) und sind nicht mehr nur ein Teil der Region Zentral- und Osteuropa. Warum wurde das geändert?

Rödenbeck: Interface Deutschland hat in den vergangenen Jahren eine so gute Entwicklung gemacht, dass wir hinter England und Frankreich mittlerweile zu den Top 3-Ländern gehören innerhalb der Region EMEA, die neben Asia/Pacific und Amerika eine von insgesamt drei Regionen ist, in denen unsere amerikanische Mutter aktiv ist. Für die sind wir eine absolute Wachstums- und Investitionsregion.

BTH Heimtex: Bedeutet dies, dass auch der Außendienst in Deutschland erneut größer geworden ist?

Rödenbeck: Aktuell haben wir eine Mannschaft mit 20 Außendienstmitarbeitern. Das hat sich nicht verändert. Davon bearbeiten immer jeweils zwei als Team eine Region. Ein Team besteht aus einem Generalisten, der Ansprechpartner für Objekteure und Großhändler ist, sowie einem Spezialisten, der sich um Architekturbüros und Endkunden kümmert.

Die aktuellen Entwicklungen bestätigen uns in unserer Personalpolitik. Unsere Erfolge haben wir als Team erreicht. Und wir wollen weiterhin wachsen, was sicherlich auch dazu führen wird, dass wir unsere Mannschaft im Außendienst aufstocken werden.

BTH Heimtex: In welchen Vertriebskanälen ist Interface in Deutschland hauptsächlich aktiv?

Rödenbeck: Wir fokussieren uns auf drei Haupt-Kundengruppen: Architekten und Designer, Endkunden bzw. Key Accounts sowie Objekteure und Großhändler. Die Zusammenarbeit mit den Architekten und Designern haben wir seit 2007 aufgebaut und intensiviert. Heute sind wir im Projektgeschäft sehr gut aufgestellt. Das Besondere: Dieses Projektgeschäft wickeln wir immer partnerschaftlich mit unseren Objekteuren und Großhändlern ab und beziehen sie so frühzeitig mit ein. Von diesem Vorgehen profitieren unsere Partner und mittlerweile hat sich das auch in der Branche herumgesprochen.

Anne Salditt: Und auf der anderen Seite profitieren natürlich auch wir von dieser Zusammenarbeit mit Objekteuren und Großhändlern im kleineren Objektgeschäft bis 700 m2, an denen unsere Partner näher dran sind als wir. Diese enge Kooperation und die gemeinsame Abwicklung von größeren Aufträgen hat dazu geführt, dass die Verarbeiter und Händler die Vorzüge der Teppichfliese mehr und mehr verinnerlichen und uns immer mehr kleine bis mittlere Aufträge aus ihrem Tagesgeschäft generieren, welches vor allem im Renovierungsbereich läuft. Dieser Markt ist heute sehr interessant für uns.

BTH Heimtex: Welche Segmente sind für Interface am wichtigsten?

Salditt: Der Bereich Büro und öffentliche Verwaltung ist für uns zentral und damit am wichtigsten. Dahinter folgen das Hotelsegment und das Bildungswesen. Zwar liegt der Fokus im Office Bereich, dennoch bieten sicherlich alle drei Segmente noch Potentiale.

BTH Heimtex: In unserer aktuellen Großhandelsumfrage Teppichboden (siehe BTH Heimtex 1/2015) ist Interface in der Gunst der Grossisten weiter gestiegen: Sowohl Produktqualität als auch Sortimentsbreite werden gelobt. Nur die Vertriebsstrategie können viele der Befragten nicht immer nachvollziehen. Wie erklären Sie sich das?

Rödenbeck: Ich freue mich über das generell positive Feedback aus dem Großhandel. Das ist für einen Teppichfliesen-Hersteller in Deutschland nicht selbstverständlich.

Dass man mit der Vertriebsstrategie nicht immer zufrieden ist, kann ich nachvollziehen. Das liegt einfach daran, dass wir unser Kerngeschäft im Projektbereich und Ausschreibungsgeschäft sehen und unser Hauptfokus nicht so stark im Großhandel liegt. Aber wir arbeiten daran. Angefangen haben wir mit der im vergangenen Jahr vorgestellten Basic Collection, die wir extra für den Großhandel und die Objekteure für die einfache Bearbeitung von kleinen und mittleren Objekten entwickelt haben. Sie beinhaltet unsere Bestseller in Deutschland.

BTH Heimtex: Wie groß schätzen Sie momentan den gesamten hiesigen Objektmarkt für Teppichfliesen?

Rödenbeck: Wenn wir zu Grunde legen, dass der Objektmarkt für textile Bodenbeläge aktuell ein Volumen zwischen 45 und 50 Mio. m2 hat, dann sehen wir den Anteil der Teppichfliese daran bei 12 %. Im Vergleich zu 2008, als der Anteil noch 7 % ausgemacht hatte, ist das eine erhebliche Steigerung ...

BTH Heimtex: und das in einem insgesamt nicht wachsenden Markt für textile Objektbeläge.

Rödenbeck: Das kommt hinzu und bestätigt uns doppelt in unserer Strategie, voll und ganz auf Teppichfliese zu setzen. Unsere Investitionen in den deutschen Markt zahlen sich jetzt aus. Ich würde sogar sagen, dass sich der Markt speziell im Bürosegment in Richtung Teppichfliese dreht. Hier wird das Produkt als System mehr und mehr verstanden und wir bekommen immer mehr automatische Anfragen, ohne dass wir konkrete Vorarbeit in den Spezifikationen geleistet haben. Das ist in der Vergangenheit höchst selten vorgekommen.

BTH Heimtex: Inwieweit spiegelt sich das in Ihrer Geschäftsentwicklung wider?

Rödenbeck: Mit Blick auf den aktuellen Auftragseingang werden wir, wie schon 2014, auch das laufende Jahr mit einem zweistelligen, prozentualen Umsatzwachstum abschließen. Das erste Quartal ist das Beste in der Geschichte von Interface Deutschland. Zudem haben wir noch nie so viel Umsatz erwirtschaftet wie im vergangenen Jahr.

BTH Heimtex: Mit welchen Produkten überzeugen Sie hauptsächlich Ihre Kunden?

Salditt: Das lässt sich pauschal nicht so einfach sagen und hängt von der Zielgruppe ab. Die bereits angesprochene Basic Collection kommt bei Verarbeitern und Händlern gut an. Andere Produktserien, wie etwa die im vergangenen Jahre lancierten Touch & Tones und Composure, finden besonderen Anklang bei Architekten und Planern.

BTH Heimtex: Interface bringt in vergleichsweise kurzen Zyklen neue Kollektion in den Markt. Das führt zu einem breiten Sortiment, was der Großhandel ausdrücklich lobt. Besteht aber nicht auch die Gefahr, dass sowohl Ihre Kunden als auch Partner im Markt den Überblick verlieren. Gerade für den Großhandel ist es ja wichtig, dass eine Kollektion, die er listet und einlagert, für mindestens drei Jahre lieferbar ist.

Salditt: Das ist richtig. Und darauf können sich unsere Partner auch verlassen. Wir produzieren in Europa und haben ein großes Zentrallager an unserer Europazentrale im niederländischen Scherpenzeel. Die regelmäßigen Neuheiten gehören aber auch zu unserem Selbstverständnis. Wir sagen nicht nur, dass wir Markt- und Innovationsführer sind, wir tun auch etwas dafür, immer eine Nasenlänge gegenüber dem Wettbewerb voraus zu sein.

Wir legen aber über die sicherlich vielen neuen Kollektionen und Produkte, die wir zur Verfügung haben, immer den "deutschen Filter". Nur die Serien, die wir für geeignet halten, bieten wir in Deutschland auch an.

BTH Heimtex: Dazu gehört sicherlich auch die ganz neue Serie Microsfera?

Rödenbeck: So ist es. Sie ist eine Kollektion extra für Europa, die das deutsche Designteam wesentlich mit gestaltet hat und die somit eine klare deutsche Handschrift trägt. Und wir bezeichnen sie mit Fug und Recht - auch wenn der Begriff arg strapaziert wird - als Innovation.

Wir haben sieben Jahre geforscht und entwickelt. Das Resultat ist die nachhaltigste Teppichfliese, die es weltweit im gewerblich genutzten Bereich gibt. Sie hat den niedrigsten CO-Fußabdruck pro Quadratmeter aller Zeiten. Das haben wir erreicht durch Nutzung eines alternativen Garns, durch die neuartige Microtuft-Technik sowie eine einzigartige Verschmelzungstechnik, die das Garn direkt mit dem Rücken verankert und die Latex-Vorbeschichtung überflüssig macht. (Siehe Kasten Seite 26)

BTH Heimtex: Welche Farben, Dessinierungen und Oberflächen charakterisieren Microsfera?

Salditt: Das Produkt hat mit einem klassischen, fluffigen Teppichboden nichts zu tun. Die Dessinierungen und Oberflächen der Microsfera-Artikel im Format einer 25 x 100 cm-Planke gehen in Richtung eines Hartbelags - und liegen damit voll im Trend. Die Farbstellungen reichen von Grautönen mit industriellem Charakter über trendige, durch Denim inspirierte Blauabstufungen bis zu natürlichen Kupfertönen. Wir nennen Microsfera einen Hybrid, weil diese Kollektion optisch einem Hartbelag sehr nahe kommt, aber die akustischen Vorteilen sowie den Komfort eines Teppichbodens mitbringt.


Interface Deutschland Daten und Fakten


Interface Deutschland GmbH
Rote-Kreuz-Straße 2
47800 Krefeld
Tel.: 02151/ 37 18-0
Fax: 02151/ 37 18-35
info-de@interface.com
www.interface.com

Geschäftsführer: Jan Hasselman
Vertriebsleiter: Nils Rödenbeck
Marketing und Presse: Anne Salditt
Gründungsjahr: 1973
Mitarbeiter: 37, davon 20 im Außendienst
Muttergesellschaft: Interface Inc.
Konzernumsatz 2014: 1 Mrd. USD (878 Mio. EUR)
Europäisches Zentrallager: Scherpenzeel (NL)
Europäische Produktionsstätten: Niederlande, England, Irland
aus BTH Heimtex 05/15 (Wirtschaft)