Oeko-Tex-Zertifizierung

Strengere Kriterien in der textilen Kette


Frankfurt. Seit dem 1. April gelten bei Oeko-Tex neue Anforderungen für die Zertifizierung umweltfreundlicher und sozial verantwortlicher Produktionsbetriebe (STeP). Das ist auch für die Hersteller von Bettwaren und Bettwäsche relevant. David Pircher von Oeko-Tex erklärt, warum.

So müssen sich STeP-zertifizierte Firmen bei der Beschaffung von Federn und Daunen für die Herstellung von Bettwaren oder Bekleidung verpflichten, ihre Ausgangsmaterialien nur von Lieferanten zu beziehen, die nachweislich auf Praktiken wie Lebendrupf und Zwangsmast verzichten. Oeko-Tex empfiehlt den Unternehmen, sich dies von den Lieferanten durch unabhängige Nachweise wie den Responsible Down Standard (RDS) oder vergleichbare Zertifizierungen auf gesetzlicher Grundlang belegen zu lassen.

Interview mit David Pircher, Business Development Manager, Oeko-Tex

Auch im Bereich der sozialen Verantwortung wurden die STeP-Kriterien angepasst: Etwa, um die schlimmsten Formen von Kinderarbeit auszuschließen und Standards für umwelt- und gesundheitsgerechte Produktionsbedingungen zu schaffen. David Pircher, Business Development Manager bei Oeko-Tex, erklärt im Interview die neue Zertifizierung.

Haustex: Herr Pircher, welche Änderungen sieht die seit 1. April 2015 gültige Neufassung des STeP-Standards vor?

David Pircher: Die Neufassung des STeP-Standards wartet mit Updates und Verbesserungen in unterschiedlichen Bereichen auf. Wir haben beispielsweise einen zusätzlichen Passus zum Thema "Ethics and Compliance" eingeführt und die bestehenden Anforderungen im Modul "Soziale Verantwortung" erweitert. Neu hinzugekommen sind auch zwei weitere verbotene Prozesse, und wir haben die Grenzwerte für PFOS und PFOA sowie Nonylphenol, Octylphenol und deren Ethoxylate verschärft sowie unsere MRSL, also die Liste der eingeschränkt verwendbaren Chemikalien für die Textilherstellung angepasst.

Haustex: Was bedeutet Nachhaltigkeit für die Oeko-Tex-Gemeinschaft?

Pircher: Wir sehen Nachhaltigkeit als ein ganzheitliches, globales geltendes Prinzip, das ökologische, soziale und ökonomische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. Im Grunde geht es darum, dass wir unseren gegenwärtigen Bedürfnissen gerecht werden, ohne das Recht künftiger Generationen aufs Spiel zu setzen, ihre eigenen Bedürfnisse erfolgreich durchzusetzen. Dazu möchte der STeP-Standard im Bereich der Textilproduktion einen sinnvollen Beitrag leisten.

Haustex: Die STeP-Zertifizierung ist seit Juli 2013 im Markt. Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Resonanz der Branche?

Pircher: Grundsätzlich sind wir sehr zufrieden mit der Resonanz der Unternehmen auf unsere STeP-Zertifizierung sowie der erfreulichen Entwicklung der ausgestellten Zertifikate. Besonders im letzten halben Jahr haben wir verstärkt Nachfragen von den Firmen erhalten, was verdeutlicht, dass der STeP-Standard nach mittlerweile gut anderthalb Jahren im Markt eine gewisse Bekanntheit und Bedeutung erreicht hat. Das wird auch durch die beachtliche Anzahl an Neuzertifizierungen belegt, also von Firmen die bisher noch nicht nach dem alten Oeko-Tex Standard 100 zertifiziert waren.

Haustex: Was spricht aus Sicht Ihrer Kunden für STeP?

Pircher: Ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal des STeP-Konzepts ist der umfassende Anspruch des Standards. Im Gegensatz zu anderen Zertifizierungen und Management-Systemen, die sich oft nur auf einzelne Aspekte wie soziale Verantwortung oder Arbeitssicherheit konzentrieren, analysiert STeP alle relevanten Unternehmensbereiche, um eine möglichst aussagefähige Beurteilung im Hinblick auf das erreichte Maß an Nachhaltigkeit zu treffen.

Haustex: Wie können die Unternehmen von der STeP-Zertifizierung profitieren?

Pircher: Ganz allgemein gesprochen bietet STeP einen Imagegewinn, weil die Firmen durch die unabhängige Dritt-Zertifizierung ihre erbrachten Leistungen glaubwürdig kommunizieren können. Und hier liegt auch die spezielle Stärke von STeP - das Scoring in Bezug auf einzelne Unternehmensbereiche und die Gesamtbewertung des Betriebs macht die Vielzahl der messbaren Umwelt- und Sozialkriterien in Form einer einfachen Bewertungsskala sichtbar und zudem auch in ihrer zeitlichen Entwicklung vergleichbar.
Durch die detaillierte Betrachtung der einzelnen Produktionsprozesse gemeinsam mit dem Oeko-Tex-Auditor profitieren die Firmen aber auch ganz konkret von der Zertifizierung. Färbereien und Veredlungsbetriebe können beispielsweise durch eine technisch optimierte Wiederaufbereitung und Wiederverwertung des Abwassers große Mengen an Frischwasser einsparen. Wenn das mit Weitblick und Sachverstand gemacht wird, lässt sich der Frischwasser-Verbrauch gut und gerne um bis zu 70 oder 80 Prozent reduzieren.

Dasselbe gilt selbstverständlich auch für andere Herstellungsprozesse und alle Arten von genutzten Maschinen. Grundsätzlich ermöglichen innovative Ideen und der Einsatz der besten verfügbaren Technologien enorme Einsparungen wertvoller Primär-Ressourcen - von der Abwärme-Nutzung über das Recyceln von Produktionsabfällen bis hin zur Ausleuchtung der Produktionshallen mit stromsparenden Glühbirnen.
aus Haustex 04/15 (Wirtschaft)