Markus Kamps

Der Schlafprofi


Goch. Für Endverbraucher ist es nicht immer leicht, im Angebotsdschungel das richtige Schlafsystem oder ein geeignetes Kissen zu finden. Viele landen beim Discounter, wo der Preis und nicht die Qualität das wichtigste Kaufkriterium des Kunden ist. Markus Kamps kann ihnen den Weg in den Fachhandel ebnen: Der Schlafexperte berät herstellerneutral und ohne Verkaufsdruck. Das ist für alle ein Gewinn.

Mir tun die Schultern weh, wenn ich morgens aufwache." Das Problem, das eine ältere Dame Markus Kamps anvertraut, ist ihm durchaus geläufig - er hört es bei seinen zahlreichen Vorträgen im Bettenfachhandel immer wieder. Und doch hat er eine überraschende Antwort parat: "Wir kennen uns erst zwei Minuten, aber sie haben einen relativ kurzen Hals", sagt er der Frau, die an einem Freitagmorgen den Weg ins Oldenburger Bettenhaus Heintzen gefunden hat. Eine knappe Stunde später weiß die Endfünfzigerin, mit welchem Kissen sie dem morgendlichen Schmerzen zu Leibe rücken kann - und was ihre Matratze und der Lattenrost mit all dem zu tun haben.

Der Kissen-Vortrag ist nur einer aus dem umfangreichen Portfolio von Kamps, der als Fachdozent für Bettwaren, Schlafberater und Präventologe ein breites Wissen rund um den gesunden Schlaf besitzt und es landauf, landab an den Mann und vor allem an die Frauen bringt. Häufig sind sie es, die seine Veranstaltungen besuchen.

Ob im Fernsehen oder in Zeitschriften, auf der eigenen Website www.schlafkampagne.de oder eben im Fachhandel, Kamps ist auf vielen Bühnen aktiv und hat dabei einen großen Vorteil: Er ist unabhängig und preist nicht die Produkte eines bestimmten Herstellers an. Das verleiht ihm eine hohe Glaubwürdigkeit. Dies ist in Kombination mit der geballten Ladung Wissen, die er in seinen Vorträgen vermittelt, ein Pfund, mit dem er und seine Kunden wuchern können.

Möglichkeit zur Neukundenakquise


Zu denen gehört beispielsweise seit 13 Jahren Kay Heintzen: "Wir machen die Veranstaltungen mit Herrn Kamps immer zweimal jährlich", erzählt der Bettenfachhändler, der den Schlafexperten stets für mehrere Tage bucht. Heintzen wirbt gemeinsam mit seinen Brüdern in der Tagespresse für die Veranstaltungen in den insgesamt drei Filialen der Familie in Oldenburg und Bremen. "Das dient der Neukundenakquise, aber es kommen natürlich auch Bestandskunden", sagt der Bettenfachhändler. "Andere nutzen Kundenmailings zur Einladung", ergänzt Kamps. "Das hält jeder so, wie es am besten für das jeweilige Geschäft passt."

In der oberen Etage des Oldenburger Bettenhauses finden über 30 Gäste auf bequemen Stühlen Platz. Auf jedem liegt ein Klemmbrett zum Mitschreiben bereit, außerdem ein Informationsblatt mit wertvollen Schlaftipps. Zum Kissen-Vortrag kommen an diesem Vormittag zehn Männer und Frauen. Tags zuvor waren 26 Teilnehmer dabei, die sich Kamps Ausführungen rund um das Thema Matratze anhörten, manchmal ist es noch deutlich voller. Der Matratzen-Vortrag ist meist besser besucht, doch auch beim Kissen-Thema lernen die Teilnehmer viel über das Liegen und die Matratze an sich - alles hängt schließlich mit allem zusammen. In der kleineren Gruppe hat Kamps sogar noch mehr Zeit, um intensiv auf einzelne Teilnehmer einzugehen.

Die Verbraucher treibt nicht nur die Neugierde ins Geschäft. "Ich suche das richtige Kissen gegen morgendliches Kopfweh", erzählt eine Kundin in der Einstiegsrunde, in der Kamps die Problemstellungen abfragt. "Ich habe Verspannungen und vermute, dass mein Kissen zu hart ist", sagt ein Mann, und der Schlafexperte fragt sofort zurück: "Ist es älter als drei Jahre? Nach dieser Zeit sollten man sein Kissen überprüfen und gegebenenfalls austauschen."

Eine andere Kundin klingt verzweifelt: "Ich habe schon sechs Kissen ausprobiert und mich unglaublich geärgert, weil ich dafür sehr viel Geld ausgegeben habe", erzählt sie. Die Antwort verblüfft die Dame zunächst: "Vielleicht liegt es ja gar nicht am Kissen, sondern an ihrer Matratze", sagt Kamps, bevor er schließlich in seinen Vortrag einsteigt. Später wird die Kundin kein siebtes Kissen mitnehmen - sondern einen Termin zur umfänglichen Schlafberatung im Bettenhaus.

Vom Zollstock zur Wirbelsäule


Kamps listet zu Beginn seines Vortrages die häufigsten Problemfelder auf, mit denen es Schläfer zu tun haben: 45 Prozent klagen über Nackenschmerzen, 44 Prozent bereitet die Schulterpartie Probleme, 37 Prozent zwickt es im Lendenwirbelbereich, und immerhin noch jeder Fünfte hat Schwierigkeiten in der Beckenzone.

"Ein Kissen muss so beschaffen sein, dass die Wirbelsäule in vielen Schlafpositionen natürlich gelagert und nicht zu stark abgeknickt ist", erklärt der Schlafexperte mit Hilfe eines Wirbelsäulenmodells. "Es muss individuell genau auf die Bedürfnisse des Schläfers ausgerichtet werden. Entspannung im Schlaf wird in erster Linie durch richtige Liege- und Schlafpositionen erleichtert."

Die Feinanpassung schaffe das richtige Kopfkissen. "Und wenn man verstanden hat, wie das alles zusammenhängt, dann kauft man auch keine sechs Kissen mehr", sagt Kamps, bevor er ein kleines Feuerwerk an Informationen zündet, die er den Teilnehmern anschaulich erklärt - etwa mit Hilfe eines Zollstocks. Der dient zur Erklärung des typischen Sitzverhaltens vieler Menschen, der Körperformen und auch der persönlichen Gegebenheiten seiner Zuhörer.
Kamps vermisst auf diese Art einige Freiwillige und zeigt mit einfachen Mitteln, wo es jeweils anzusetzen gilt - für die meisten ein Aha-Erlebnis, bevor es später an das Dormabell-Messsystem zur genaueren Analyse geht. Anhand der dort ermittelten Zahlen wird die Grundhöhe für ein geeignetes Kissen errechnet. "Man sucht das Kissen möglichst nicht in der Seitenlage aus, sondern in der Rückenlage", erläutert Kamps und gibt Tipps, wie ein Nackenstützkissen dabei positioniert wird: "Erst ran, dann schräg." Das neu erworbene Wissen wird von den Teilnehmern beim anschließenden Probeliegen im Geschäft gleich angewandt.

"Ein Kissen alleine löst keine Schlafprobleme", gibt Kamps seinen Zuhörern noch mit auf den Weg, nennt aber gleichzeitig die wichtigsten Kriterien, die diese beim Kauf beachten sollten: Kissenhöhe, Druckverhalten, Elastizität, Wärmeableitung, Hals-Lordosestütze, Waschbarkeit. "Das Kissen ist unser Ersatz-Teddybär. Wenn es uns mit ihm nicht wohl ist, schmeißen wir ihn raus", so Kamps.

Erst der Vortrag, dann die Beratung


Nach dem Vortrag gibt es niemanden, der nicht vermessen werden möchte. Kay Heintzen und seine Mitarbeiterinnen übernehmen die weitere Beratung, Kamps greift unterstützend ein und macht sogar Handyfotos vom Nacken einer Kundin, damit diese den Unterschied zwischen verschiedenen Kissenarten und -höhen beim Liegen erkennen kann. Auch die Verstellmöglichkeiten des Lattenrostes werden erklärt, und schon bald befinden sich die meisten Teilnehmer in einem intensiven Gespräch. "Ich wollte ja schon mal zur Beratung kommen, aber das ist ja auch immer eine finanzielle Sache", sagt eine Frau. Ein anderes Ehepaar kauft spontan zwei neue Kissen. Eine weitere will sich das Ganze noch einmal in Ruhe überlegen.

Kay Heintzen kann noch anbringen, dass er eine vierwöchige Zufriedenheitsgarantie auf jedes gekaufte Kissen gibt: In dieser Zeit wird die Ware von ihm wieder zurückgenommen, wenn das Kissen nicht passt. Dezent weist auch er noch einmal auf den Gesamtzusammenhang zwischen Kissen, Lattenrost und Matratze hin und wirbt für die Beratungskompetenz seines Hauses. Um einen schnellen Abschluss geht es dabei nicht. Eher darum, das Vertrauen der Kunden langfristig zu gewinnen.

Das funktioniert - schließlich kommt Kamps nicht ohne Grund schon seit 13 Jahren nach Oldenburg. "Jeder, der hier war, erzählt das bestimmt zwei, drei anderen Leuten weiter", ist der Schlafprofi sicher. "Das ist ein Werbeimpuls für den Händler, den man nicht unterschätzen sollte."
aus Haustex 05/15 (Wirtschaft)