Interview mit dem Managementberater Volkmar Halbe

"Beeindruckende Dynamik durch LVT"

Wenn Volkmar Halbe von "der Branche" spricht, dann ist die Holz- und Fußbodenindustrie gemeint. 26 Jahre hat er in diesem Bereich Führungspositionen bekleidet - zuletzt 17 Jahre als Geschäftsführer bei Parador. Anfang 2015 wagte der 54-Jährige als Managementberater den Schritt in die Selbständigkeit. Bei seinem Besuch des SN-Verlages in Hamburg befragten wir Halbe auch zu früheren Entscheidungen, die in der Handelslandschaft heftige Dissonanzen auslösten.

BTH Heimtex: Herr Halbe, wie haben Sie die Bodenbelagsbranche wahrgenommen, als Sie vor 17 Jahren bei Parador als Geschäftsführer antraten?

Volkmar Halbe: Die Fußbodenwelt bestand damals aus Textilbelägen, Stein- und Keramikböden sowie "mittelharten Böden". Letztere waren geprägt von den Hauptgruppen Laminat - dem Trendprodukt zu jener Zeit - sowie Parkett als tradiertes, erlebnisintensives Naturprodukt. Rechts und links davon gab es, jedoch nie mit durchschlagendem Erfolg, Kork, Lino und andere Werkstoffe. Laminat hatte seinen europäischen Höhepunkt 2007, als rund 500 Mio. m2 überschritten wurden. Inzwischen hat sich diese Bodenbelagstype bei 460 Mio. m2 eingependelt.

BTH Heimtex: Eine wesentliche Zäsur war vor einigen Jahren der sprunghafte Anstieg von LVT.

Halbe: Auf einmal registrierte die Branche, dass noch eine Produktgattung existiert, die nicht zu einem Nischendasein verurteilt ist. Der Handel war begeistert, denn er hatte eine neue Geschichte über einen Belag zu erzählen, der häufig auch in Verlängerung zum Laminat vermarktet wird. Und vor allem: Er ist preis- und margenstark. Dieser modulare Belag macht Mut zu neuer Kombinatorik. Vor diesem Hintergrund sind zudem völlig neue Themen für die Teppichwelt entstanden, siehe Clicktex von Parador. Dass jetzt auch Hersteller von Textilbelägen diesen Gedanken aufgreifen, um die Teppichfliese in Laminatformaten anzubieten, finde ich höchst spannend.

BTH Heimtex: Es gibt also ein Marktpotenzial für Clicktex & Co.?

Halbe: Davon bin ich fest überzeugt. Die Teppichindustrie ist wach geworden und sieht die Chance, den Verbraucher über neue, handliche Formate zu erreichen, immer mit dem Drang "weg von der Rolle". Auf diese Weise lassen sich auf Vermarkterebene neue Zielgruppen für solche Produkte erreichen, beispielsweise Baumärkte. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass in den vergangenen zwei Jahren durch LVT und jetzt auch interessante Teppichformate eine beeindruckende Dynamik entstanden ist.

BTH Heimtex: Ein Blick auf die Handelslandschaft: Während Ihrer Zeit als Geschäftsführer bei Parador sorgten Sie mit einigen Entscheidungen für Turbulenzen im Handel. So vor allem im Jahr 2000, als Parador dazu überging, auch einige Baumarktketten zu beliefern.

Halbe: Ich bin nach wie vor überzeugt davon, dass die Vielfalt der Absatzkanäle notwendig ist, da sich das Einkaufsverhalten der Verbraucher in einem steten Wandel befindet. Zu Beginn der 2000er Jahre nahm die Bedeutung der Baumärkte erheblich zu und viele Hersteller registrierten, dass ein Großteil ihrer Produkte in diesem Vertriebskanal gesucht wurden - zum Beispiel Laminatböden. Also muss man dort als einer der Leistungsführer präsent sein. Diese Erkenntnis hat uns damals geleitet, auch in die Großfläche zu gehen. Aus heutiger Sicht war dies eine der bedeutsamen strategischen Entscheidungen, die Parador getroffen und umgesetzt hat, denn sie hat Erfolg und Markenbekanntheit gebracht

BTH Heimtex: und im Holzhandel eine Protestwelle ausgelöst.

Halbe: Das kann man wohl sagen. Rund 160 Protestbriefe lagen damals auf meinem Schreibtisch. Nach zehn Jahren haben wir dann einmal überprüft, was aus den Beschwerdeführern geworden ist. Das Resultat: Über 30 % der Firmen waren aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr existent. Daran wird deutlich, dass der Markt in Bewegung ist und die Hersteller gehalten sind, dieser Entwicklung zu folgen.

BTH Heimtex: Nicht weniger heftig war die Reaktion des Handels, als Parador vor wenigen Monaten den Versuch unternahm, seine Böden über einen Onlineshop direkt zu vermarkten.

Halbe: Die im Hause Parador getroffene Entscheidung, einen Webshop zu betreiben, hatte weniger das Motiv, Produkte zu vermarkten. Es ging vielmehr darum, vom Endkunden auch online gefunden zu werden und ihm die Möglichkeit zu bieten, mit einem weiteren Klick einzukaufen. Der Protest aus den Reihen des deutschen Holzfachhandels hat mich aber nicht überrascht.

BTH Heimtex: Immerhin hatte der Druck aus dem Handel zur Folge, dass der Shop vom Netz genommen wurde. Das kann ja wohl nicht Ihre Intention gewesen sein?

Halbe: Hier kommen wir zu dem einzigen Punkt, in dem ich anders entschieden hätte als mein Nachfolger Lubert Winnecken: Für mich wäre der Rückzug zu einem so frühen Zeitpunkt nicht in Frage gekommen, sondern ich hätte das Vertriebsmodell im Markt zur Diskussion gestellt mit dem Ziel, die Akzeptanz des Onlineshops zu bewirken. In anderen Branchen, zum Beispiel bei den Tapetenherstellern, ist das Thema längst durch.

Mit dem Blick nach vorn bin ich ganz sicher, dass die Onlineportale nicht aufzuhalten sind. Es besteht kein Zweifel: Auch bei Bodenbelägen werden sich die Nachfrageströme dramatisch verlagern. Entweder schaffen es die Baumärkte und lokalen Fachhändler, trotzdem Frequenz an ihren Standorten zu erzeugen - beispielsweise durch entsprechenden Service -, oder sie müssen die Konsequenzen tragen.

BTH Heimtex: Stichwort Marke: Um die Bekanntheit von Parador zu steigern hat das Unternehmen viel Geld für Anzeigenkampagnen in führenden Wohnzeitschriften in die Hand genommen. War der Aufwand zielführend?

Halbe: Die Existenzberechtigung der Marke steht für mich außer Zweifel, denn es wird immer eine Klientel geben, die nach einem Ankerpunkt sucht, der für Sicherheit und Preisorientierung steht. Dazu kommt der branchenspezifische Erlebnischarakter des Labels. Ich halte sehr viel davon, Produkte mit einem Markenkern aufzuladen, was langfristige Investitionen erfordert. Eine belastbare Antwort auf die Frage "Lohnt sich das?" wird Ihnen niemand geben, selbst bei den großen Verbrauchermarken nicht, die ständig enorme Summen für Werbung und Marketing bereitstellen.

BTH Heimtex: In den vergangenen Jahren lag die Markenbekanntheit von Parador gestützt zwischen 30 und 35 %. Ungestützt waren es 10 bis 15 %. Welche Hersteller wurden bei der Zielgruppenbefragung ebenfalls genannt?

Halbe: Vor allem Haro. Auch Vorwerk kam immer wieder vor, wobei wir nicht sicher waren, inwieweit die Staubsauger dabei eine Rolle spielten. Für mich war ein wenig erstaunlich, dass Kährs keine Rolle spielte.

BTH Heimtex: Woran hat es eigentlich gelegen, dass Parador nicht in der Lage war, ein Konzept für den Bodenbelagsgroßhandel zu entwickeln.

Halbe: Ausschlaggebend dafür war die Preisarithmetik. Die Margen des Fußbodengeschäftes lassen eine saubere Abbildung der Dreistufigkeit kaum zu. Im Holzhandel ist das anders: Dort beliefert Parador im Wesentlichen den Einzelhandel und der den Endkunden - eine klassische Zweistufigkeit.

Eine Belieferung des Großhandels funktioniert übrigens bei vielen Marken nicht, weil der Handwerker offensichtlich ungern vergleichbare Einzelpreise in seiner Angebotsdarlegung nennt. Derartige Modelle konnte Parador nie abbilden.

Neue Herausforderung als Managementberater


Der Branche ist Volkmar Halbe seit 26 Jahren verbunden, davon über 20 Jahre auf "C-Level". Nach neun Jahren Osmo, trat er 1998 als Geschäftsführer bei Parador ein. Mit Weitblick und viel Gespür für Marketing formte er das Unternehmen zu einem bedeutenden Player in der Bodenbelagsszene. Ende vergangenen Jahres trennten sich die Wege - "und zwar in bestem Einvernehmen", wie der 54-Jährige betont.

Seine Zukunft sieht Halbe als Managementberater. Die Selbständigkeit sei ein alter Traum, wobei es ihm nicht an Zuversicht mangelt: "Man soll das machen, was man meint, am besten zu können", ist seine Leitlinie.

360° Wirksamkeit - Gesellschaft für erfolgreiches Management, bedeutet, "dass wir erfolgreich auf alle Situationen des unternehmerischen Handels reagieren können", beschreibt Halbe das Leistungsspektrum seiner Unternehmung. Das ideale Spielfeld - wie sollte es anders sein - ist die Holz-, Boden- oder Baustoffbranche. Halbe ist auch assoziierter Manager der Taskforce - Management on Demand AG, einer führenden deutschen Sozietät für Interim Management mit Sitz in München.
aus BTH Heimtex 07/15 (Bodenbeläge)