Drapilux/Jordan: Interview mit Dr. Norbert Rehle und Jörg Baumhöfener

Erste Bilanz der Vertriebspartnerschaft


Die Schmitz-Werke haben für ihre Objektmarke Drapilux eine Vertriebskooperation mit Jordan geschlossen. Sie nutzen damit die flächendeckende Präsenz des Kasseler Vollsortimenters, der im Stoffbereich unter Insidern als schlafender Riese gilt. BTH Heimtex Redakteurin Birgit Genz sprach mit Dr. Norbert Rehle, Verkaufsleiter Drapilux, und Jörg Baumhöfener, Jordan-Verkaufsleiter Objekt Heimtextilien, über die neue Strategie, deren Umsetzung und die Erfahrungen aus den ersten Monaten der Zusammenarbeit.

BTH Heimtex: Im Januar haben Sie bekannt gegeben, dass die Schmitz-Werke und Jordan eine Vertriebskooperation eingegangen sind, um die Raumausstatter in Deutschland mit den Produkten der Objektmarke Drapilux zu beliefern. Was ist seitdem passiert?

Dr. Norbert Rehle: Wir haben direkt nach der Heimtextil mit der Pressearbeit begonnen, die Kooperation in den wesentlichen Medien noch einmal vorgestellt und die Botschaft auf den Weg gebracht. Parallel haben wir unsere Kunden angeschrieben und direkt darüber informiert, was wir vorhaben, warum wir das vorhaben und dass ab dem Stichtag 1. April der Großteil der deutschen Raumausstatter, der bisher bei uns bestellt hat, nicht mehr direkt von uns bedient wird, sondern von Jordan.

BTH Heimtex: Um wie viele Raumausstatter handelt es sich konkret?

Rehle: Die Branche spricht von derzeit 5.000 Raumausstattern, Kenner sagen, es gibt 3.000 aktive. Und von denen haben wir 2.500 an Jordan übergeben. Wir haben diese 2.500 angeschrieben und auch unser Außendienst hat auf die Kooperation hingewiesen und Fragen rund um dieses Thema beantwortet. Also sehr viel Kleinarbeit, um Einwände und Vorbehalte vor Ort auszuräumen. Das erste Quartal war von rein kommunikativen Dingen geprägt. Gleichzeitig hat Jordan bereits angefangen, mit diesen Kunden Kontakt aufzunehmen und erste Geschäfte zu generieren.

BTH Heimtex: Herr Baumhöfener, waren das alles neue Kunden für Jordan?

Jörg Baumhöfener: Nein. Etwa 15 % waren Neukunden. Die übrigen waren bei uns entweder bereits als Stoffkunden gelistet - oder sie haben von uns Bodenbeläge bezogen und den Stoff direkt mit Drapilux gemacht.

BTH Heimtex: Sind Ihre Fachreisenden für beide Produkte zuständig?

Baumhöfener: In der Regel ist das getrennt. Wir haben bereits im letzten Jahr angefangen, unser Team zu vergrößern. Weiße Flecken auf der Landkarte sind verschwunden, die Gebiete teilweise kleiner geworden. Seit dem 1. Juli haben wir nun 13 sogenannte Fachreisende nur für Heimtextilien, die fest bei uns angestellt sind.

Rehle: Wir hatten in den vergangenen Jahren sieben Außendienstler für die Raumausstatter. D.h. die Kapazität hat sich jetzt fast verdoppelt - und das spüren die Kunden auch. Sie bekommen jetzt regelmäßiger Kontakt zu den Fachreisenden und haben mehr Berührungspunkte mit unserer Marke Drapilux.

BTH Heimtex: Wie wurden die Mitarbeiter von Jordan auf die neue Aufgabe vorbereitet?

Rehle: Wir haben den Außendienst von Jordan auf unser Produkt geschult, im Februar waren alle Mitarbeiter bei uns hier in Emsdetten. Anschließend haben wir in sieben weiteren Veranstaltungen insgesamt 76 Innendienstler in den relevanten Jordan Niederlassungen geschult. Das lief bis in den Mai hinein.

BTH Heimtex: Welche Drapilux-Kunden werden jetzt von Jordan bedient und welche bedient Drapilux direkt?

Rehle: Jordan ist für den Fachhandel zuständig, den klassischen Raumausstatter. Wir behalten den Objekteur und den Raumausstatter, der eine besondere Affinität fürs Objekt hat. Das sind rund 180 Kunden, die wir direkt in Objekte und Bauvorhaben einbinden.

BTH Heimtex: Wie ist denn die momentane Verteilung: Wie viel Prozent Ihrer Produktion vertreiben Sie direkt, wie viel über Jordan?

Rehle: Aktuell läuft deutlich mehr als die Hälfte direkt. Ich gehe davon aus, dass wir uns in den nächsten Jahren durch die Konzentration auf 180 Kunden, die wir sehr eng an uns binden und mit denen wir auch Partnervereinbarungen schließen, stark entwickeln werden.

Baumhöfener: Ich halte es für realistisch, dass wir auch im Bereich der Handelsbetreuung wachsen werden. Durch die intensivere Betreuung werden wir die Umsätze steigern können.

BTH Heimtex: Neben möglicherweise höheren Umsätzen: Wo liegen weitere Vorteile für Ihre beiden Unternehmen?

Rehle: Diese Kooperation ist ja nicht völlig neu. Die Belieferung von Kleinstkunden mit Umsätzen von vielleicht 500 EUR im Jahr haben wir auch vorher schon mit Jordan gemacht.

Aber mit Drapilux stecken wir in einem Dilemma: Einerseits wollen wir mit der Marke flächendeckend im deutschen Fachhandel vertreten sein. Andererseits wissen wir, dass der typische Fachhändler einen unregelmäßigen und oftmals sehr kleinen Bedarf an Objekttextilien hat.

Dass ein Kindergarten oder eine Schule ausgestattet werden muss, passiert bei manchen Kunden eben nur alle zwei Jahre. Trotzdem braucht es für diese Einzelfälle eine relativ teure Betreuungsstruktur.

Wir haben uns gefragt, wie wir das ändern können, und der Großhandel war eine mögliche Antwort. Wir haben uns im Markt umgeschaut und es war schnell klar, dass Jordan der einzige mögliche Kooperationspartner wäre, der nicht nur eine große Affinität zu Textilien hat, sondern auch eine klare Wachstumsstrategie im Fachhandel verfolgt.

Baumhöfener: Bei Jordan treiben wir seit 2014 auch das Objektgeschäft verstärkt voran. Und über Drapilux erhalten wir hier einen schnelleren Zugang zum diesem Markt. Alleine hätten wir dafür viel länger gebraucht.

Wir bauen jetzt unsere eigene Objektkollektion unter der Marke Joka weiter aus, aber abgestimmt auf die Drapilux-Kollektionen.

BTH Heimtex: Was bedeutet "abgestimmt"? Werden sich die beiden Kollektionen nicht kannibalisieren?

Baumhöfener: Nein. Es gibt eine klare Ausrichtung: Mit Joka wollen wir das Segment Hotellerie weiter ausbauen. Drapilux zielt mit seinen Stoffen mit Zusatznutzen auf den Bereich Healthcare und nur zu einem kleineren Teil auf die Hotellerie.

Natürlich werden wir keine Drapilux-Artikel unter Joka vermarkten. Es bleibt ganz klar eine Zwei-Marken-Strategie. Der Außendienst hat beide Marken im Koffer: Joka Objekt und Drapilux Objekt - und natürlich auch die normalen Joka-Stoffkollektionen.

Rehle: Wir sind eine Schaft-Weberei. Unser Jacquard-Angebot geht gegen Null. Und Joka hat auch objekttaugliche Jacquards. Das ist eine sinnvolle Ergänzung.

BTH Heimtex: Durch die Vertriebspartnerschaft vergrößert sich auch der Kundenstamm von Jordan

Baumhöfener: Das ist richtig. Diesen neuen Kunden stellen wir natürlich auch unsere sonstigen Produkte vor - und unsere Dienstleistungen. Wir haben zwei Nähateliers in Fulda und Köln. Konfektion konnte Drapilux bislang nicht anbieten und wir merken jetzt schon, dass dieses neue Angebot genutzt wird.

BTH Heimtex: Ist denn die Umstellung von Drapilux auf Jordan bereits komplett abgeschlossen?

Baumhöfener: Der Aufbau der Außendienststruktur ist noch nicht ganz abgeschlossen. Wir haben noch nicht zu allen Kunden Kontakte gehabt, sind aber schon relativ weit.

Rehle: Von den 2.500 Raumausstattern, die wir abgegeben haben, hat etwa die Hälfte bereits einen Drapilux-Auftrag bei Jordan platziert. Das ist schon eine ganz gute Zahl, wenn man bedenkt, dass wir erst Anfang April den Hebel komplett umgelegt haben.

Das Ziel muss jetzt sein, dass die andere Hälfte in den nächsten Monaten ebenfalls die Erfahrung macht, dass sich die Produkte nicht geändert haben und der Service bei Jordan genauso gut ist.

Baumhöfener: Die Betreuung ist sogar besser, weil sie intensiver ist. Von den Kunden kommt viel positive Resonanz; sogar mehr als wir erwartet haben.

BTH Heimtex: In der Branche ist unterschiedlich auf Ihre Kooperation reagiert worden. Die einen meinten, bei Drapilux wisse man nicht, was man tut. Die anderen fragen, warum man da nicht schon früher drauf gekommen ist. Wie ist Ihre Einschätzung?

Rehle: Wenn man strategische Entscheidungen trifft, gibt es immer Zweifel. Meine sind in den vergangenen beiden Monaten weitestgehend ausgeräumt worden. Wir haben den Markt analysiert und wussten, dass wir reagieren müssen. Einen solchen Schritt zu gehen, trauen sich die meisten nicht. In der Heimtextilienbranche habe ich es jedenfalls noch nicht erlebt. Es war der richtige Zeitpunkt, diese Entscheidung so zu fällen.

Baumhöfener: Andere Hersteller sagen inzwischen, dass sie diesen Schritt verschlafen haben. Aber es muss eben auch passen. Die Unternehmenskulturen von Jordan und Schmitz, die Menschen passen zusammen.

Rehle: Und es macht Spaß, mit Jordan zusammen zu arbeiten. Das ist die Basis für diese Zusammenarbeit.
aus BTH Heimtex 07/15 (Wirtschaft)