Bauking: Podiumsdiskussion sucht Wege aus der Azubi-Krise

"Leerstelle Lehrstelle"


"Die Baustoffbranche muss für junge Menschen sexy werden, um wieder mehr Auszubildende für den Beruf des Groß- und Außenhandelskaufmanns in Baustoffhandel und -industrie zu begeistern". Zu diesem Fazit kamen die Teilnehmer der Podiumsdiskussion "Leerstelle Lehrstelle!", die jetzt auf Initiative der Bauking AG, Hannover, in der ACO Akademie in Rendsburg stattfand. Die Veranstaltung wurde durch ein "Hangout on Air" live in ein Youtube-Video übertragen, sodass sich auch Internetnutzer aktiv beteiligen konnten.

Nach zweistündiger Diskussion waren sich Michael Knüppel (Bauking), Michael Hölker (Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel), Thomas Bannas (ACO Hochbau), Christian Rabe (Hagebau) und Claudia Marion (Schulungsbüro für Baustoffkunde) einig: Handel und Industrie sollten beim Thema Ausbildung gemeinsam initiativ werden. Angeregt wurde eine bundesweite Imagekampagne für die Baustoffbranche unter dem Dach des BDB.

Mit ganz praktischen Vorschlägen, wie Unternehmen auf Auszubildende zugehen können, hatte zu Beginn die Dortmunder Personalexpertin Britt Lorenzen in einem Impulsvortrag in die Podiumsdiskussion eingeleitet. Recht schnell wurde in der von Bauking-Personaldirektor Marc-Oliver Windbacher moderierten Veranstaltung jedoch klar, dass Maßnahmen wie Ausbildungsmessen den Mangel an Auszubildenden in der Branche nicht beseitigen können.

Azubi-Knappheit so massiv wie nie in der Branche

Michael Knüppel, Vorstand Vertrieb, Marketing und Personalentwicklung der Bauking, sagte, die Azubi-Knappheit sei in diesem Jahr so massiv wie nie zuvor in der Branche angekommen: "Von unseren 100 Ausbildungsplätzen sind erst zwei Drittel besetzt", schilderte er die Lage bei Bauking. Und dies, obwohl das Unternehmen der Personalentwicklung strategisch einen hohen Stellenwert einräume und eine sehr aktive Ausbildungsbeauftragte beschäftige. Viele kleinere der bundesweit 2.000 Baustoffhändler und auch das Handwerk hätten noch weit mehr Probleme, Lehrstellen zu besetzen. Thomas Bannas, Geschäftsführer ACO Hochbau, bestätigte den Trend auch für die Industrie. Sein Appell: "Ein Unternehmen alleine kann die aktuellen Herausforderungen nicht lösen. Wir müssen eine Bündelung hinkriegen, damit unsere Branche überhaupt wahrgenommen wird."

Dass Defizite in der öffentlichen Wahrnehmung bestehen, weiß BDB-Hauptgeschäftsführer Hölker von seiner Lobbyarbeit in Berlin: "Den Politikern ist nicht bewusst, dass unsere Branche in Deutschland mit 3,1 Millionen Beschäftigten ein wichtigerer Arbeitgeber ist als die Automobilindustrie mit 2,2 Millionen Arbeitsplätzen."

Noch weniger bekannt ist die Baustoffbranche bei Schulabgängern, wie Claudia Marion, Geschäftsführerin von Das Schulungsbüro für Baustoffkunde, betonte: "Der Baustoffhandel ist nicht in den Köpfen der jungen Menschen. Wir sind nicht sexy", stellte sie fest. Die meisten Auszubildenden im Baustoffhandel seien durch Empfehlungen ihres Umfelds in der Branche gelandet, nicht weil sie sich bewusst dafür entschieden hätten.

"In Eurer Branche ist keine Party"

Christian Rabe, Bereichsleiter Einkauf der Hagebau, der auf dem Podium die Baustoffkooperationen vertrat, kritisierte die fehlende Präsenz von Baustoffhandel und Baustoffindustrie bei Google. Schlüsselbegriffe wie "Ausbildung" und "Zukunft" ergäben keine Treffer auf den ersten Seiten. Genau das habe seine zwöwlfjährige Tochter festgestellt und ihr Fazit lautete: "In Eurer Branche ist keine Party." Die Forderung nach einem stärkeren Engagement in den digitalen Medien wurde auch aus dem Plenum unterstützt, das eifrig mitdiskutierte. Künftig sei multimediales Ausbildungsmarketing gefragt. "Sonst können wir die Attraktivität unserer Branche nicht vermitteln", so eine Stimme aus dem Publikum. Ein weiterer Zuhörer wies auf eine bundesweite Kampagne für den Tischlerberuf hin, die es geschafft habe, dieses Berufsbild wieder in aller Munde zu bringen. Die Idee, auch eine entsprechende Marketingoffensive für die Baustoffbranche zu starten, fand im Podium viel Zuspruch. Knüppel forderte eine Initiative des BDB.

Hölker bestätigte, der zunehmende "Leidensdruck" mache es notwendig, sich des Themas Ausbildung verbandseitig anzunehmen. In der Arbeitsgruppe Aus- und Weiterbildung sei bereits die Idee geboren, ein Anforderungsprofil für Ausbildungsbetriebe im Baustoffhandel zu erstellen. Wer die Kriterien erfülle, dürfe ein Schild "Guter Ausbildungsbetrieb" an seiner Tür anbringen. Für eine große Kampagne erfordere es aber erhebliche finanzielle Mittel. Er erwarte nicht, solch ein Millionenbudget zu erhalten. Knüppel, Rabe und Bannas widersprachen und plädierten dafür, den Appellen Taten folgen zu lassen. Bannas sagte vor Ort einen finanziellen Beitrag zu.

Moderator Windbacher zeigte sich begeistert von den konkreten Ergebnissen der Diskussion und fasste zusammen: "Wir wollten mit dieser Podiumsdiskussion Impulse setzen und heute ist uns das gelungen. Wir haben eine klare Willenserklärung gehört, dass die Branche sich gemeinsam des Themas Aus- und Weiterbildung als Arbeitsfeld annimmt."
aus BTH Heimtex 10/15 (Wirtschaft)