Mood: Kompletter Relaunch für 2016 geplant

Die kritische Menge ist unterschritten

Die Qualität der Aussteller und der Besucher auf der Mood stimmt. Aber es sind auf beiden Seiten zu wenige, die nach Brüssel kommen. Deshalb kommt 2016 ein neues Konzept und die Messe wechselt den Standort. Ein Erfolg dieser Maßnahmen wäre der Branche zu wünschen, denn auf der textilen Leistungsschau waren auch in diesem Jahr wieder interessante Produkte zu sehen.

Beginnen wir den Rückblick auf die Mood 2015 mit einem Ausblick auf 2016: Für das kommende Jahr hat der Veranstalter einen kompletten Relaunch der traditionsreichen textilen Leistungsschau angekündigt, vom Konzept über die Location bis hin zum Termin. Dass diese bitter nötig sind, um die Veranstaltung in Brüssel zu retten, dürfte jedem klar sein, der in diesem Jahr durch die Reihen der Messestände gegangen ist.

Mit nur noch 125 Ausstellern waren nochmals deutlich weniger in die Hallen am "Heizel" in der Nähe des Atomiums gekommen als 2014 (knapp 160) - und nur 109 waren wirklich Textilisten. Das sind zu wenig für eine dreitägige Veranstaltung, konstatierten zahlreiche Fachbesucher. Gleichzeitig erodieren auch die Besucherzahlen weiter. Mit rund 4.600 wurden in diesem Jahr gut ein Viertel weniger gezählt als noch 2013 (6.200). Die Mehrheit (85 %) kommt aus Europa, vor allem aus Belgien, den Nachbarländern Deutschland, Niederlande und Frankreich sowie Großbritannien - über den Kanal.

"Die kritische Menge bei Besuchern wie auch bei Ausstellern wurde deutlich unterschritten", stellte Bernd Kout fest. Dabei war der Munzert-Geschäftsführer gar nicht unzufrieden mit dem Messegeschäft: "Die Ergebnisse waren gut. Die Qualität der Besucher war wie im Vorjahr hervorragend." Ähnlich äußerte sich Jochen Rieger, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der Neutex, die drei Jahre nicht auf der Mood ausstellte und jetzt ihre internationale Präsenz steigern und ihre Kompetenz als einer der großen Weber in der EU zeigen will: "Die Messe wurde unseren Erwartungen trotz rückläufiger Frequenz gerecht. Unser Fokus war es, unser Netzwerk in Exportländern wie Benelux, Frankreich und Großbritannien noch enger zu zurren. Die Qualität der Besucher war hoch und sie hatten Zeit für vertiefende Gespräche." Eine erneute Teilnahme will Rieger vom überarbeiteten Konzept und dem Veranstaltungsort abhängig machen.

Immerhin stimmten in diesem Jahr die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. So haben die deutschen Hersteller von Polstermöbeln ein erfolgreiches erstes Halbjahr hinter sich und sind vor allem durch den Export um 2,75 % gewachsen. Auch die Caravanindustrie laufe gut, so Munzert-Vertriebsleiterin Kerstin Baron-Breunig, wovon die deutschen Webereien ebenfalls profitieren. Denen spielen auch die Preissteigerungen beim Leder in die Hände: Der Trend bei Polstermöbeln geht stark in Richtung Stoffe. So sprach man bei Munzert von einer guten Auftragslage; gefühlt sei man bereits über Vorjahr.

Sorgen bereitet der Branche hingegen die Entwicklung bei den Rohstoffen und Vorprodukten. Bei Färbern und Ausrüstern seien für die Chemikalien Preissteigerungen von 200 bis zu 400 % an der Tagesordnung. In China würde jetzt strikter auf die Einhaltung von Umweltstandards geachtet, erklärte Bernd Kout: "Entweder werden die Werke umgestellt oder dicht gemacht. Dadurch fallen Kapazitäten weg und es werden die Preise extrem erhöht." Kerstin Baron-Breunig ergänzte: "Wir haben keine Chance auszuweichen. In Europa bekommt man die Sachen nicht mehr."

Während also in China vermehrt Umweltschutz propagiert wird, spielen die Themen Öko und Nachhaltigkeit in der deutschen Heimtextilienbranche nach wie vor keine große Rolle. "Nachhaltigkeit wird zwar nachgefragt, aber es will ja keiner bezahlen", so Frank Schröder, Vertriebsleiter bei Müller Zell. Nach Meinung von Kerstin Baron-Breunig wird das Thema nicht richtig kommuniziert, von der Industrie sogar totgeschwiegen. Abseits vom Umweltgedanken spielten andere Aspekte eine Rolle: "Von unseren Kunden wird verstärkt nach Qualität, Service, Made in Germany und Verlässlichkeit gefragt. Sie wissen, dass wir bei Munzert Qualität bieten und die Lieferzeiten stimmen."

In Brüssel hatte Munzert Stoffe im angesagten Used Look und mit handwerkliche Strukturen dabei, die über die Bindungstechnik und die Kombination mit der Farbigkeit erzeugt werden. Die weichen Qualitäten mit schönem Volumen gefallen mit ihrem weichen, fast wolligen Charakter. Als reiner All-over, mit etwas mehr Struktur oder mit Muster, etwa als Zickzack, lassen sie sich gut mit einem Uni im Korpus eines Sofas kombinieren. "Es hat eine gewisse Wirkung, aber sticht nicht wie ein Muster ins Auge", erklärte Kerstin Baron Breunig. "Mit einem Uni sehen alles Sofas gleich aus. Mit diesen Stoffen sieht man auch von der Ferne noch eine Wirkung. Das Sofa lebt." Weitere Neuheiten bei Munzert: handwerklich anmutende Stick- und Ziernähte.

Insgesamt standen bei den Neuentwicklungen gedeckte, aber dennoch farbenfrohe Töne sowie handwerkliche Details im Mittelpunkt. Soft used lautet hier das Stichwort - Handarbeit lässt grüßen. Dabei würden ausgefallene Garne immer wichtiger, meinte Niek De Prest als Trendscout der Mood. Im Kommen sind außerdem Strickgarne auch im Objekt. Ausbrennerähnliche Gewebe werden durch Bakterien erzeugt. Ein Outdoorstoff von Gebr. Munzert absorbiert 60 % der UV-Strahlen. Bruvatex präsentierte einen besonders weichen Outdoor Velvet.

Die interessantesten Entwicklungen waren auf der Mood wieder für den Blue Drop nominiert. Dussk gewann mit einem Dekostoff, der je nach Lichteinfall die Farbe wechselt. Geprägtes Rindsleder, das wie eine Rochenhaut aussieht - dafür bekam Prodital Leathers den Blue Drop in der Kategorie Contract. Den Award für Innovation gewann Omexco für eine Wandbekleidung mit gefärbten mosaikartigen Blättern und Rindenstücken der Bananen-Pflanze. B + T Textilia gewann mit einem Zick-Zack-Muster in Jacquard, der wie gestrickt aussieht, den Möbelstoff Blue Drop.

Ein Highlight der Mood 2015 war der Trevira Contract Square mit zehn Spezialisten für das Objektgeschäft, darunter Müller Zell, Création Baumann, Spandauer Velours und Engelberg Stieger. Außerdem mit dabei: drei Garnhersteller. Trevira legte in diesem Jahr mit Bikomponentengarnen los, die eine technische Herausforderung für Textilfabriken sind. Dabei ist beispielsweise die Geschwindigkeit der Spinndüsenfärbung wichtig. Mit diesen Garnen ergeben sich neue kreative Möglichkeiten.

Premiere feierte die Plattform "Launch-Pad" für Start-Up-Unternehmen. Ebenfalls neu auf der Mood war Materia, eine Musterbank mit Neunentwicklungen, die die Innovationsplattform erweiterte. Statt des klassischen Trendforums wurden die 100 trendigsten Stoffe in der Blue-Drop-Selektion präsentiert. Die angeschlossene Indigo präsentierte 110 Studios aus 16 Ländern, die sich auf Textildesigns und Oberflächen spezialisiert haben.
aus BTH Heimtex 11/15 (Wirtschaft)