Schlau Großhandel nach der Übernahme der Akzo Nobel-Standorte

"Wir sind jetzt überall Vollsortimenter"

Vor rund anderthalb Jahren hat die Unternehmensgruppe Brüder Schlau durch die Übernahme von 37 ehemaligen Akzo Nobel -Standorten ihre Großhandelssparte massiv erweitert. Beim Besuch in der anschließend komplett erneuerten Niederlassung in Hamburg-Hummelsbüttel sprach die Redaktion von BTH Heimtex mit den Verantwortlichen und machte sich ein Bild von der Arbeit des Grossisten.

Die Unternehmensgruppe Brüder Schlau hat Anfang 2014 vom niederländischen Farbenkonzern Akzo Nobel 37 Großhandelsstandorte übernommen. Mit einem Schlag konnte die Großhandelssparte dadurch ihren Umsatz nahezu verdoppeln, von 89,3 auf 166,7 Mio. EUR. Bis dahin bediente man den Profi-Handwerker an 15 Standorten in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg und den neuen Bundesländern. Mit der Übernahme der Akzo-Niederlassungen in Hamburg und Ostdeutschland wurde das Netz der Handwerkermärkte auf bundesweit 54 erweitert. Eingeschlossen in dieser Zahl sind die sieben Standorte des Farben- und Tapetengroßhändlers Fritz Müller, der im April 2015 übernommen worden war, einige Standort-Schließungen sowie eine Neueröffnung im Herbst 2015.

Bei dieser Übernahme bloß von einer Integration zu sprechen, wäre eine große Untertreibung. Neben der Umsatzverdopplung im Großhandel musste die Gruppe die Herkules-Aufgabe einer Standortverdichtung um den Faktor 3 bewältigen. Gleichzeitig wurden die ca. 300 ehemaligen Akzo-Angestellten übernommen, von denen fast alle auch heute noch beschäftigt werden. "Wir sind sehr zufrieden, wie alles gelaufen ist. Das haben wir in erster Linie unseren Mitarbeitern zu verdanken. Das war eine große Leistung, denn es wurde mit dem vorhandenen Personal gestemmt", lobt Ingo Stückmann, Geschäftsführer Schlau Großhandel, seine Mannschaft.

Die Sortimentsanteile haben sich verschoben

Auch Wernfried Fesenberg, Geschäftsführer von Schlau Heimtex Einkauf, zollt den Mitarbeitern vor Ort in den Filialen großen Respekt - den alten wie den neuen. Denn neben der Implementierung einer einheitlichen EDV, der Umorganisation der Logistik sowie der Harmonisierung der Preislisten innerhalb der ersten Monate 2014 mussten natürlich auch die Angestellten in Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen auf die neue Situation eingestellt werden. Der Know how-Transfer fand in beide Richtungen statt: Ehemalige Akzo Nobel-Mitarbeiter arbeiteten eine Zeitlang in den Schlau-Standorten. Umgekehrt lernten Schlau-Angestellte die Abläufe in den neuen Filialen kennen.

Eine sinnvolle Maßnahme, unterschieden sich die Sortimente beider Grossisten doch erheblich. Während Schlau auch Bodenbeläge anbot, konzentrierte sich Akzo Nobel von Haus aus auf das Farben-Sortiment. 2013 machten Bodenbeläge etwa 50 % des Umsatzes der Schlau-Großhandelssparte aus, nach der Übernahme sind es noch ca. 33 %. In die entgegengesetzte Richtung verlief die Entwicklung bei Farben/Werkzeugen: Deren Anteil am Umsatz ist innerhalb eines Jahres von etwa 40 auf knapp 57 % gewachsen. Für Schlau bedeutet das: Aus dem Bodenbelagsgroßhändler mit solider Farbenabteilung ist ein Farbengroßhändler mit starken Umsätzen in der Bodensparte geworden. Geschäftsführer Stückmann formuliert es so: "Wir haben die Farben-Kompetenz von Akzo mit unserer Boden-Expertise zusammengeführt und sind jetzt ein Vollsortimenter an allen unseren Standorten."

Standort Hummelsbüttel komplett umgebaut

Die Veränderungen kann man in der heutigen Schlau-Filiale Hamburg-Hummelsbüttel am Lademannbogen nachvollziehen. Bis 2014 gehörte sie zu Akzo Nobel. In der gleichen Straße hatte damals auch Schlau seinen Standort im Norden der Hansestadt. Der wurde inzwischen aufgegeben. Stattdessen ist nach einem Komplettumbau auf dem ehemaligen Akzo-Gelände ein Schlau-Handwerkermarkt entstanden. "Trugen Bodenbeläge bei uns in der Vergangenheit rund 5 % zum Umsatz bei, peilen wir mittelfristig einen Anteil von 30 bis 35 % an", sagt Niederlassungsleiterin Daniela Vittinghoff. Sie führte den Standort auch schon vor der Übernahme.

Um dieses Ziel zu erreichen, hat Schlau - wie in allen dazugekommenen Standorten - auch in Hummelsbüttel erheblich investiert. Die Verkaufsfläche von 1.050 m2 verfügt jetzt über eine zusätzliche Ebene, eingezogen als Bühne in den vorhandenen Verkaufsraum. Dort ist auf einer Fläche von 250 m2 das für alle Schlau-Niederlassungen charakteristische großräumige Bodenbelagsstudio beheimatet. Die Tapeten-Präsentation wurde hier integriert.

Im Erdgeschoss findet die Kundschaft neben fünf Mischmaschinen und den traditionellen Sortimenten Tapeten, Farben, WDVS, Werkzeug und Zubehör seit der Wiedereröffnung auch ein breites Angebot an Bauchemie. Dafür wurde die Verkaufsfläche erweitert. So kann der Handwerker jetzt wesentlich mehr Produkte selbst aus den Regalen nehmen. "In der Vergangenheit hielten wir sie lediglich hinter der Verkaufstheke im Lager vor", erklärt Vittinghoff.

Positive Reaktionen der Kunden

"Unsere Kundschaft nimmt die hinzugewonnene Sortimentsbreite sehr positiv auf", berichtet Niklas Havemann, stellvertretender Bereichsleiter Nord bei Schlau Großhandel. Das Wichtigste für die Kunden sei gewesen, dass ihre Stamm-Produkte aus Akzo-Zeiten weiter verfügbar sind, der gewohnte Service beibehalten wird und die bekannten Ansprechpartner bleiben. "Für alles haben wir gesorgt", zeigt sich Ingo Stückmann zufrieden. In zahlreichen Schulungen - auch in Zusammenarbeit mit der Industrie - werden die Kunden zusätzlich an die neuen Sortimente herangeführt.

Traditionell setzt sich die Kundschaft von Schlau zusammen aus Malern, Bodenlegern, Raumausstattern und Facheinzelhändlern mit einer durchschnittlich drei bis fünf Mitarbeitern. Mit den ehemaligen Akzo-Standorten hat die Gruppe der Maler an Bedeutung gewonnen.

Die Investitionen in die Märkte machen Sinn, auch das zeigt das Beispiel Hamburg: Nur rund 50 % der Aufträge werden auf den täglichen Lkw-Touren zu den Kunden gebracht. Die andere Hälfte holen die Kunden in den jetzt insgesamt fünf Standorten im Großraum Hamburg selbst ab. In den beiden bestehenden Filialen Hummelsbüttel (in Hamburg) und Rosengarten (am südlichen Randgebiet in Niedersachsen) sowie den neu hinzugekommenen in Rellingen, Wandsbek und Harburg ist das in der Regel ab 6.30 Uhr möglich. Dann stehen beispielsweise die gemischten Farben bereit, die am Abend zuvor bestellt wurden.

Die hohe Abholquote habe auch damit zu tun, dass der Maler gerne flexibel seinen Materialbedarf decke, erklärt Havemann. Auf der anderen Seite lohnt ein Besuch der Handwerkermärkte, weil man sich mit Kollegen, den Ansprechpartnern beim Grossisten oder aus der Industrie austauschen kann. In Hummelsbüttel gibt es beispielsweise einen kleinen Café-Bereich, in dem auch umfangreiche Informationsmaterialen zu Produkten, Verarbeitung und allgemein zur Branche bereitgehalten werden. "Hier laden wir einmal pro Woche zum beliebten Handwerker-Frühstück ein. Das kann auch ein Motto haben und wird gut besucht", sagt Niederlassungsleiterin Vittinghoff. Zusätzlich betreut der Schlau Großhandel die Kunden aus Handel und Handwerk in Norddeutschland - zwischen Flensburg und Soltau und von Bremen bis Lübeck - mit 13 Außendienstmitarbeitern. Zum Team gehören auch die Objektberater.

Verbesserte Logistik

Diese Marktversorgung über die Lieferung direkt an den Profi-Kunden funktioniert laut eigenen Angaben seit der Übernahme effektiver. Schlau kommissionierte in der Vergangenheit ausschließlich in Rosengarten für die Hamburger Kunden und musste morgens mit seinem Lkw erst durch das Verkehrsnadelöhr Elbtunnel fahren, um in die Stadt zu kommen. "Heute sind wir wesentlich schneller geworden. Wir stellen die Touren jetzt in unserem neuen, 1.600 m2 großen Lager in Hummelsbüttel zusammen und beginnen direkt in der Stadt auszuliefern. Das macht uns schneller", erklärt Havemann.

Durchgeführt wird diese Mikro-Logistik mit eigenen Lkw-Fahrern, die feste Touren bedienen. Das sei sehr wichtig, unterstreicht Vittinghoff. Denn der vertrauensvolle Kontakt zwischen Fahrer und Handwerker sei entscheidend für die Kundenbindung und einen guten Service. Täglich erfolgt darüber hinaus die Belieferung innerhalb der Makro-Logistik aus dem Schlau-Zentrallager in Porta Westfalica.

Expansion noch nicht abgeschlossen

Außer Frage steht, dass die Unternehmensgruppe Brüder Schlau durch die Übernahme der Akzo Nobel-Standorte als Großhändler erheblich an Bedeutung gewonnen hat. "Wir sind jetzt geografisch breiter und dadurch besser aufgestellt. Damit fällt die Kundenansprache leichter", sagt Geschäftsführer Stückmann.

Das Verhältnis zu den Lieferanten ist hingegen unverändert, betont Chef-Einkäufer Fesenberg. Man rede zwar teilweise über andere Volumina. "Aber an unserem partnerschaftlichen Verhältnis auf Augenhöhe hat sich nichts geändert. Auch an unserer Strategie, auf Hersteller-Marken in den Schlau-Sortimenten zu setzen, halten wir fest. Für uns gilt die klare Gewaltenteilung: Ein Produzent produziert, ein Händler handelt. Und am Ende muss es für beide ein Geschäft bleiben."

Die Expansion in der Großhandelssparte ist allerdings nicht abgeschlossen. Weitere Übernahmen kündigt Stückmann an. "Es gibt noch weiße Flecken auf der Landkarte. Wir wollen weiter wachsen. Das machen wir aber nur dort, wo es sinnvoll ist - entweder über Neueröffnungen oder gegebenenfalls durch Zukäufe.". jochen.lange@snfachpresse.de


Schlau Daten und Fakten
Schlau Großhandels GmbH
Oehrkstraße 1
32457 Porta Westfalica
Tel.: 05731 / 7 65-0
Fax: 05731 / 7 65-112
info@schlau-grosshandel.de
www.schlau-grosshandel.de

Geschäftsführung: Dr. Ralf Bartsch (Vorsitzender), Ingo Stückmann
Gründung: 2005
Umsatz 2014: 166,7 Mio. EUR
Mitarbeiter: 238
(Stand 31.12.2014)
Niederlassungen: 54

Muttergesellschaft:
Brüder Schlau GmbH & Co. KG
Umsatz Brüder Schlau 2014: 641 Mio. EUR

Schwestergesellschaft:
Hammer System Management GmbH
Geschäftsführung: Dr. Ralf Bartsch (Vorsitzender), Markus Büscher
Gründung: 1976
Umsatz 2014: 477,2 Mio. EUR
Mitarbeiter: 4.824 (Stand 31.12.2014)
Niederlassungen: mehr als 180

Schwestergesellschaft:
Schlau Heimtex Einkaufs GmbH
Geschäftsführung: Dr. Ralf Bartsch (Vorsitzender), Wernfried Fesenberg
Gründung: 1976
Mitarbeiter: 58
(Stand 31.12.2014)
aus BTH Heimtex 11/15 (Wirtschaft)