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Keine Bedenkenanmeldung gegen die eigene Leistung

Es kommt schon mal vor, dass ein Handwerker gegen die Vorleistung eines anderen Gewerkes Bedenken anmelden muss. Kurios erscheint da der Fall eines Bodenlegers, der gegen die eigene Leistung nachträglich Bedenken anmelden wollte. Ist das überhaupt möglich?

Der Fall
Ein Bodenleger verlegte einen Elastomer-Bodenbelag in einem Bürogebäude. Nach der Verlegung wies der Bodenbelag durch den Eintrag von Sandkörnern über die gesamte Fläche kleine Pickel auf. Der Auftraggeber verlangte, den Bodenbelag vollständig zu erneuern, da er die Auffassung vertrat, dass die kleinen Sandkörner Mängel seien.

Der Bodenleger entgegnete, dass die Herstellung einer pickelfreien Oberfläche nicht in dem Bauvertrag vereinbart worden sei. Er empfand die Pickel nicht als störend und war auch der Auffassung, dass die völlige Erneuerung des Bodenbelags aufgrund des hohen finanziellen Aufwands unverhältnismäßig sei. Der Auftragnehmer ergänzte, dass er nichts dafür könne, dass sich Sandkörner auf der Oberfläche befinden.

Der Bodenleger argumentierte, dass der Boden auch so genutzt werden könne. Er versuchte sich durch eine eigene Bedenkenanmeldung von den Folgen der Leistung zu befreien. Der Auftragnehmer hat also gegen seine eigene Leistung Bedenken angemeldet, weil auf der Oberfläche Sandkörner eingetragen worden waren.
Der Auftraggeber verklagte den Bodenleger auf eine Zahlung in Höhe von 35.000 EUR für die Erneuerung des Bodenbelags.

Entscheidung des Gerichts
Alle Gerichtsinstanzen gaben dem Auftraggeber Recht. Ein Sachverständiger stellte fest, dass es sich bei den Pickeln um Ausführungsfehler handelte. Der Auftragnehmer muss zum Zeitpunkt der Abnahme ein mangelfreies Werk herstellen, darauf hat der Auftraggeber einen Anspruch. Pickel in der Oberfläche des Bodenbelags sind deshalb Mängel. Bis zur Abnahme trägt der Auftragnehmer die Gefahr für die Beschädigung seines Werkes.

Auch wenn der Auftragnehmer keinen Einfluss darauf hat, dass Sandkörner auf die Oberfläche gelangen, so haftet er dennoch dafür. Jede zufällige Beschädigung des Bodenbelags bis zur Abnahme ist vom Auftragnehmer zu beseitigen.

Der Auftragnehmer versuchte sich von den Rechtsfolgen der mangelhaften Eigenleistung durch eine Bedenkenanmeldung zu befreien. Darin wies der Auftragnehmer den Auftraggeber darauf hin, dass aufgrund von bestimmten Umständen - hier eventuell das Eintragen von Sand z. B. durch geöffnete Fenster oder Bauarbeiten im Gebäude - es zu einer Beschädigung der Leistung kommen kann.

Allerdings muss die Bedenkenanmeldung immer vor der Ausführung abgegeben werden. Der Auftraggeber muss immer die Möglichkeit haben, die Bedenken zu prüfen, um eine Entscheidung bezüglich der Ausführung oder der Beseitigung von möglichen Mangelquellen zu treffen. Im vorliegenden Fall hatte der Auftragnehmer gegen seine eigene Leistung Bedenken angemeldet. Dies geht grundsätzlich nicht.

Das Argument des Auftragnehmers, dass die Neuverlegung des Bodens unzumutbar sei, wurde vom Gericht zurückgewiesen. Der Auftragnehmer hat eingewandt, dass die Neuherstellung mit erheblichen Kosten von rund 35.000 EUR verbunden sei, der Boden jedoch genutzt werden könne.

Es sind Mängel an dem Boden vorhanden, die die Gebrauchstauglichkeit einschränken. Eine fachgerechte Nachbesserung kann in solchen Fällen auch wegen der hohen Kosten nicht verweigert werden. Die Pickel sind nicht nur als optische Mängel zu betrachten. Der beauftragte Sachverständige hatte festgestellt, dass im Bereich der Pickel die Lebensdauer des Bodens herabgesetzt ist. Hohe Kosten sind kein Argument gegen eine Mangelbeseitigung. Nur wenn das sogenannte objektive Interesse des Auftraggebers an der Ausführung einer mangelfreien Leistung sehr gering ist, der Aufwand für die Mangelbeseitigung jedoch mit sehr hohen Kosten verbunden ist, kann das Argument unverhältnismäßig hoher Kosten herangezogen werden.

Wären auf dem Bodenbelag lediglich einige kleinere Pickel vorhanden gewesen, die nur eine optische Erscheinung sind, so wäre der Austausch des Bodenbelags mit Kosten in Höhe von 35.000EUR nicht zumutbar gewesen.

Praxishinweis
Aufgrund eigener handwerklicher Fehler ist keine Bedenkenanmeldung möglich. Falls es jedoch Planungsfehler oder fehlerhafte Vorgaben des Auftraggebers gibt - hier z. B. aufgrund von Anordnungen eines Architekten -, so besteht die Möglichkeit für den Auftragnehmer, aufgrund eines Mitverschuldens den Auftraggeber an den Kosten der Mangelbeseitigung zu beteiligen.

Der Einwand unverhältnismäßig hoher Kosten ist nur möglich, wenn der Auftraggeber ein offensichtlich geringes Interesse an einer Mangelbeseitigung hat. Hier wäre eventuell die Sichtweise des Auftraggebers zu betrachten, ob er selbst auf eigene Kosten eine Mangelbeseitigung durchführen würde, wenn lediglich einige kleinere optische Mängel auf der Oberfläche vorhanden wären. Würde er dies nicht tun, ist auch eine Mangelbeseitigung als unverhältnismäßig anzusehen.
aus FussbodenTechnik 06/15 (Recht)