10. Fußbodenkolloquium Institut für Holztechnologie Dresden

Aktuelle Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung


Alle zwei Jahre veranstaltet das Institut für Holztechnologie Dresden (IHD) sein Fußbodenkolloquium. Zur 10. Auflage kamen knapp 150 Teilnehmer, überwiegend Techniker aus der Industrie und mit Dieter Humm und Gerd Kleditzsch zwei aktive Vertreter der Parkettlegerzunft. Das Programm beinhaltete zwei Themengruppen: Den Entwicklungsstand neuer Prüfverfahren sowie die Präsentation von Produktionsweisen der Fußbodenherstellung.

Prüfverfahren für Werkstoffe und Produkte kos-ten Geld. Auch deshalb stellt sich die Frage: Wer braucht sie überhaupt und zu welchem Zweck? Antworten gibt es mehrere. Da wäre zunächst die Aufstellung von Normen, um einen Qualitätsstandard national und europaweit harmonisiert festlegen zu können. Die Industrie braucht Verfahren, um die Tauglichkeit ihrer Produkte vor dem Warenausgang sicherzustellen. Zum einen ist Rücksicht auf die Aspekte des Verbraucherschutzes geboten, zum anderen will auch der Verarbeiter seine Gesundheit gewahrt sehen. Und schließlich gibt es wirtschaftliche Interessen, etwa die Abgrenzung gegen minderwertige Produkte.

Testinstitute, Industrielabore, Handwerksverbände - alle entwickeln oder haben eigene Kriterien, wie sie die Qualität verwendeter Produkte beurteilen. Werksinterne Prüfungsmethoden der Industrie im Hinblick auf Deckschichtablösungen sind beispielsweise sehr unterschiedlich. Das haben Forscher vom IHD und der Holzforschung Austria abgefragt, um darauf aufbauend die Systeme und geeigneten Methoden vereinheitlichen zu können. Weil aber auch die Ansätze unabhängiger Institute zu großen Teilen von der Industrie finanziert werden, zweifeln Kritiker, ob im Ergebnis nicht nur ein kleinster gemeinsamer Nenner entsteht, der möglichst viele Produkte in den Bereich qualitativ hochwertiger Ware hieven soll. Georg Oberdorfer von der Holzforschung Austria widerspricht dem Verdacht der Einflussnahme: "Als Techniker muss mich das nicht interessieren. Mir geht es nur um die absoluten Werte aus den Untersuchungen."

Beurteilung der Verklebungsqualität von Mehrschichtparkett

Im Rahmen des Projektes Europarquet wird untersucht, wie die Ablösung (Delaminierung) von Deckschichten bei Wechsel von Feuchtigkeit und Temperatur entsteht und wie man sie verhindern kann. Dr. Peter Schober, Abteilungsleiter Bautechnik bei der Holzforschung Austria: "In den vergangenen Jahren erleben wir immer mehr Stress-Szenarien für Holzböden, etwa extrem niedrige Luftfeuchtigkeit unter 20 %, hohe Bodentemperaturen über 28 °C bei Fußbodenheizung und bodentiefer Fensterverglasung oder maschinelle Reinigung im öffentlichen Bereich."

All dem soll ein guter Mehrschichtboden standhalten. Es kommt aber immer wieder zu Delaminierungen. Um die Festigkeit der Verbindung der Deckschichten mit Mittellage/Träger beurteilen zu können, wird eine Labor-Simulation realistischer Stress-Szenarien benötigt. Zudem sind Testmethoden für die Bewertung der Verklebungsqualität im Schichtbaufbau zu entwickeln. Weil Holzart, Elementbreite und Anzahl von Stößen im Element das Entstehen von Schwindspannungen und Beanspruchung der Klebefuge beeinflussen, hat man sich darauf verständigt, nicht den Klebstoff allein, sondern das Gesamtprodukt Mehrschichtparkett zu prüfen.

Das bisherige Resultat lautet: Tests mit kleinen Proben (75 x 75 mm) sind leichter durchzuführen, aber schwieriger in der Unterscheidung zwischen Delaminierung und Holzbruch. Größere Proben (100 mm x Elementbreite) erlauben eine bessere Beurteilung von Fehlverklebungen. Zudem kann man mit dem Abhebeversuch arbeiten - allerdings nicht bei gleichzeitiger Feuchtlagerung, weil kein Klebstoff dieser Beanspruchung standhalte. Messbare Ergebnisse bietet auch der Druck-/Scherversuch, der jedoch eine Laborausstattung und ein breiteres Mehrschichtelement voraussetzt. Es empfiehlt sich, die Parkettproben auf dreierlei Weise vorzubehandeln: 100 Stunden Trocknung bei 60 °C, 6 Stunden Wasserbad bei rund 24 °C und dann 18 Stunden Trocknung bei 80 °C, 2 Stunden Wasserbad bei rund 70 °C und 3 Stunden Trocknung bei 60 °C bis 105 % der Ausgangsmasse (JAS Type 2). Mit so "gestressten" Mehrschichtparkettproben könnten Aufspalt- und Abhebeversuche künftig für verwertbare Daten in Bezug auf normative Verfahren sorgen.

Oberflächenqualität nichtfilmbildender Beschichtungen von Holzböden

Abrieb-, Stoßfestigkeits- sowie Elastizitätsprüfungen nach EN 13696 und auch Chemikalienbeständigkeit nach EN 13442, sagt Dr. Rico Emmler vom IHD, seien nur für filmbildende Systeme geeignet. "Angesichts des Einsatzes von Ölen und Wachsen auf Holzfußböden wird jedoch seitens der Boden- und Beschichtungshersteller zunehmend der Wunsch geäußert, auch die Oberflächenqualität von nichtfilmbildenden Systemen differenziert bewerten zu können." Dazu galt es, den Begriff "nichtfilmbildend" zu definieren. Weil die Norm prEN 14354:2105 Filmbildung mit einer Mindestschichtdicke von 20 m festlegt, müssen nichtfilmbildende Trockenfilme also darunter liegen. Getestet wurden schließlich 18 UV-gehärtete und lufttrocknende Öle sowie ein UV-Walzlack, teilweise industriell, teilweise auf der Baustelle aufgetragen.

In Bezug auf Chemikalienbeständigkeit mit acht Prüfmitteln (Essigsäure, Aceton, Ammoniak 10 %, Zitronensäure, Reinigungsmittel, Kaffee, Ethanol 48 %, Paraffinöl, Wasser) zeigten der UV-Walzlack und ein UV-Öl keine Veränderungen. Bei anderen Beschichtungen erwies sich vor allem das Reinigungsmittel als kritische Substanz. Weil eine empfohlene Erstpflege sich bei UV-Produkten negativ, bei lufthärtenden Ölen positiv auswirkte, während ohne Erstpflege bessere Ergebnisse bei UV-Ölen und UV-Lacken, aber schlechtere bei oxidativ trocknenden Ölen erzielt wurden, forderte die Industrie von den Testern: "Beurteilt lieber die reine Oberfläche ohne Pflegemittel." Die Verschmutzungsneigung der Oberflächen wurde dann mit Farbpigmenten und Teppichschmutz (ISO 11378-1 B2) geprüft. Dr. Rico Emmler: "Rotes Eisenoxid erwies sich am geeignetsten in Bezug auf Praxisnähe und Differenzierbarkeit." Zurzeit läuft ein Ringversuch in fünf Laboratorien. Die Bewertungsskala des Verschmutzungsgrades ist in fünf Stufen eingeteilt. Emmler: "Ein Limit für das Bestehen des Verschmutzungstests könnte der Grad unter 4 im Labor und Feldversuch sein."

Abriebfestigkeit ist der dritte Aspekt der Oberflächenqualität. Eine Zielfrage lautete hier: Wann gehen wasserabweisende Eigenschaften der Beschichtung verloren? Der klassische Tabertest erwies sich als ungeeignet. Daher wurde ein spezielles Nassabriebgerät eingesetzt. Auf diese Weise sei es gelungen, für nicht filmbildend behandelte Holzoberflächen eine Methode zur Beurteilung der Abriebeigenschaften und damit der Wartungsintervalle zu entwickeln. Dr. Emmler: "An der Vereinfachung der Methoden wird noch gearbeitet. Alles wird exakt beschrieben und Normungsgremien sowie interessierten Anwendern zur Verfügung gestellt."

Dimensionsstabilität von Mehrschichtparkett

Deutliche Fugen, Rissbildung, Höhenunterschiede, Quellungen, Verwerfungen, Schüsselungen - all dies sind Schäden an Mehrschichtböden, die unter anderem deswegen entstehen, weil das Parkett in Passivhäusern und anderen Wohnsituationen Temperaturen bis 29 °C und Luftfeuchten zwischen 20 und 85 % ausgesetzt wird. Da wünschen sich Hersteller und Nutzer eine produktionsbegleitende Prüfmethode, um die Eignung eines Parketts in derartigen Stresssituationen festzustellen.

Untersucht wurden 14 unterschiedliche Landhausdielen in drei Prüfzyklen mit 20, 50 und 85 % relativer Luftfeuchtigkeit. "Die Ergebnisse sind nicht in Stein gemeißelt und werden noch mit den beteiligten Partnern diskutiert", erklärte Georg Oberdorfer, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Holzforschung Austria. Eine Reihe von Erkenntnissen aber ist dem Großkammerversuch zu entnehmen: Es gibt deutliche Einflüsse durch Beschichtungssysteme, eine Senkung der Luftfeuchte von 30 auf 20 % hat eine signifikante Reduktion der Holzfeuchte zur Folge, die Temperaturerhöhung beschleunigt den Feuchteausgleich, Reinigung bedeutet zusätzliche Feuchtebelastung, Fußbodenheizung beschleunigt ebenfalls Abläufe, hat aber geringen Einfluss auf die Dimensionsstabilität und verklebte Böden neigen weniger zu Dimensionsänderungen.

Fragwürdige Geruchsprüfung von Fußböden und Beschichtungen

Die Nase in Geruchsproben von Fußböden stecken, das können allein "geprüfte" Prüfer. Sie müssen die Proben im Verhältnis zu einem Aceton-Maßstab riechen und bewerten können. Beim IHD beschäftigt sich Martina Broege seit Jahren mit diesem Thema. Wie wissenschaftlich und nachvollziehbar ist ein solcher Riechtest? Zumal im Wohnraum nicht eine einzige Geruchsquelle vorherrscht, sondern ein Mix aus unterschiedlichsten Einflüssen. Abgesehen vom Zusammenspiel verschiedener Gerüche ist es berechtigt, grundsätzliche Fragen aufzuwerfen, bevor man eine genormte Prüfung verlangt: Ist die angewendete Geruchsmessmethode sinnvoll? Und haben wir bei Holzwerkstoffen überhaupt ein Geruchsproblem? Ungeachtet solcher Zweifel behauptet das IHD: Ja, man könne wiederholbare Ergebnisse erzielen. Die Tagesform der Prüfer sei kein Problem, weil jeder vor dem Test selbst getestet würde. Obwohl es ein subjektives Verfahren bleibe, sei dadurch eine Vergleichbarkeit gegeben.

Zugegeben wird zwar, die Gesundheitsrelevanz durch Gerüche sei schwer nachweisbar und derzeit auch kein Thema. Dennoch hat das IHD im Bezug auf das Umweltsiegel Blauer Engel den Riecher angesetzt. Dabei fielen 19 von 26 Produkten durch. Das AgBB-Schema des Umweltbundesamtes (Emissionen aus Bauprodukten) hat niedrigere Standards. Hier fielen nur 7 Produkte durch die Prüfung. Schwerer wurde es wieder beim Akzeptanztest nach dem finnischen Bauprodukte-Prüfzeichen M1. 12 von 17 Produkten mussten die Segel streichen. "Teilweise liegt es an den Prüfmethoden, dass viele Produkte die Anforderungen nicht erfüllen", meint Martina Broege. Manchen ließe man nicht die Zeit auszugasen. Auch sei etwa die im WKI-Forschungsprojekt untersuchte Methode ISO 16000-28 fehleranfällig, wenig robust und nicht praxistauglich. Eine Überarbeitung der Norm sei vorgesehen. Trotzdem läuft es darauf hinaus, dass sowohl der Blaue Engel wie das AgBB die so genannte sensorische Bestimmung in ihre Vergabegrundlagen aufnehmen wollen.

Prüfverfahren für tief strukturierte Laminatfußböden

Bestehende Abriebprüfungen für Laminatböden mit tiefen Strukturen liefern keine Ergebnisse, die mit Praxiserfahrungen übereinstimmen. Darüber hinaus lässt sich die Stoßfestigkeit mit der so genannten kleinen Kugel schlecht testen und es gibt kein gültiges Prüfverfahren für das Aufpolierverhalten von matten Strukturen. Allen drei Aspekten wollte ein vom EPLF und IHD initiiertes Forschungsprojekt zu Leibe rücken. Die Industrie nämlich interessiert brennend, wo der Abrieb auf strukturierten Laminatböden beginnt. Und das scheint man nicht einfach beurteilen zu können. Denn tiefe Strukturen, heißt es, seien sehr unterschiedlich, schwer zu definieren und Abriebpunkte entstünden eher an scharfen Profilelementen.

Das erstaunliche Ergebnis von fünf Feldversuchen: Es wurden keine Unterschiede in der Abriebfestigkeit von flachen und strukturierten Laminatböden festgestellt. Im Labor allerdings kam man zu einer anderen Aussage. Dr. Rico Emmler: "Wahrscheinlich muss man sich von der Idee trennen, alle verschiedenen Strukturen mit einem Testprinzip erfassen zu wollen." Zur Prüfung der Stoßfestigkeit entwickelte das IHD ein neues Prüfergerät. Mit diesem können auch die alten Stoßfestigkeitsklassen IC1 bis IC4 weiter genutzt werden. Das IHD stellt einen eigenen Klassifikationsentwurf zur Diskussion.

Wie steht es nun um das so genannte Aufpolierverhalten, wenn eine matte, strukturierte Oberfläche durch häufige Nutzung einen Glanz erhält? Das IHD hat eine Versuchsstrecke für visuelle Beurteilung und wissenschaftliche Glanzmessung mit dem Reflektometer aufgebaut. Im Labor wird die Laminatstruktur mit dem Martindale-Gerät poliert. "Dessen Ergebnisse passen gut zu den Feldversuchen", so Emmler. Das Prüfverfahren könne nun genutzt werden, um bei neuen Oberflächenstrukturen die Aufpolierwirkung vorherzusagen. Auf dieser Grundlage sei eine Klassifizierung sinnvoll und könne in die EN 16094 integriert werden. Der Titelvorschlag lautet: Bestimmung der Mikrokratzfestigkeit und des Aufpolierverhaltens.
aus Parkett Magazin 03/16 (Wirtschaft)