Harms am Wall

Krimi um Bremer Traditionshaus


Bremen. Jetzt wird es endgültig ernst für Hans Eulenbruch, den ehemaligen Inhaber und Geschäftsführer des traditionsreichen Bremer Textilhauses Harms am Wall: Nach umfangreichen Ermittlungen hat die Bremer Staatsanwaltschaft Ende März Anklage wegen besonders schwerer Brandstiftung gegen ihn und einen weiteren 53 Jahre alten Mann erhoben, den vermeintlichen Komplizen, laut Bremer Lokalpresse ein Mann aus dem näheren Umkreis Eulenbruchs und Privatdetektiv.

Das war geschehen: In der Nacht vom 6. auf den 7. Mai 2015 richtete ein Großbrand in dem Geschäft Harms am Wall einen Millionenschaden an. Die Zerstörung ist so groß, dass das Gebäude abbruchreif ist. Die beiden benachbarten Gebäude wurden ebenfalls dermaßen in Mitleidenschaft gezogen, dass auch sie abgerissen werden müssen. Kurz nach dem Brand musste Eulenbruch für das Unternehmen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit stellen.

Nach Angaben von Hans Eulenbruch wurde er am Abend des Brandes in den Büroräumen des Geschäftes von zwei maskierten Männern überfallen, die die Tageskasse klauen wollten. Bevor sie wieder abgerückt seien, so Eulenbruch, hätten sie ihn auf der Toilette eingesperrt. Nach einiger Zeit soll er sich selbst gewaltsam aus der Toilette befreit und Brandgeruch wahrgenommen haben. Das Feuer, gibt er an, sei eventuell aus Frust über die geringe Beute oder zur Vertuschung durch die beiden Einbrecher gelegt worden. Es gelang dem Geschäftsführer noch rechtzeitig, aus dem brennenden Gebäude zu fliehen, nicht ohne die Aufzeichnung der Überwachungsanlage zu retten. Für die Immobilie kam jede Hilfe zu spät, das Feuer sowie die Folgen der Löscharbeiten setzten dem Haus dermaßen zu, dass es abbruchreif ist.

Den Brandermittlern kamen einige Fakten suspekt vor, nach einiger Zeit fiel der Verdacht der Ermittlungsbehörden auf Eulenbruch selbst. Merkwürdig erscheint, dass die Räuber Eulenbruch zwar eingesperrt haben, ihm sein Handy aber nicht abgenommen haben sollen. Auf den glücklicherweise geretteten Bändern der Überwachungsanlage ist nur ein vermummter Eindringling zu sehen. Fakt ist wohl, dass der Geschäftsinhaber mit dem Vermieter und Besitzer der Immobilie über Kreuz liegt. Das böse Wort der sogenannten heißen Sanierung fällt. Eulenbruch leugnet diesen Verdacht selbstverständlich, auch sein zwischenzeitlich eingeschalteter Rechtsanwalt meint dazu: "Was soll er auch für ein Motiv gehabt haben?".

Wie dem auch sei, die Staatsanwaltschaft ließ Eulenbruch im Juni letzten Jahres nach einer Durchsuchung von Geschäfts- und Privaträumen festnehmen. Die Beweislage reichte allerdings nicht aus, sodass er wieder freigelassen wurde. Im vergangenen Dezember dann die erneute Festnahme und die Unterbringung in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Vortäuschung eines schweren Raubes und vorsätzliche Brandstiftung mit dem Ziel eines Versicherungsbetrugs.

Nun also die Klageerhebung wegen besonders schwerer Brandstiftung gegen die beiden Verdächtigen. Damit droht ihnen eine Haftstrafe von mindestens fünf Jahren. Die Staatsanwaltschaft, berichtet der Bremer Weser Kurier, spreche von einer Kette von Indizien, die in dem Fall dafür sprächen, dass die beiden angeklagten Männer Harms am Wall angezündet hätten. Ein wesentlicher Beweis sei ein Video der Überwachungskamera, das drei Wochen vor der Tat aufgenommen wurde und die Tatverdächtigen dabei zeige, wie sie akribisch eine der Brandschutztüren inspizieren. Auf einem zweiten Video, dieses Mal aus der Tatnacht, sei ein maskierter Mann zu sehen, der Ähnlichkeit mit dem mutmaßlichen Komplizen von Eulenbruch haben soll.

Hans Eulenbruch hatte das Unternehmen Harms am Wall vor 15 Jahren übernommen, zuvor war er Geschäftsführer von Saturn Hansa. Seit der Übernahme engagierte er sich aktiv in der Bremer Handelsszene, unter anderem in der Wall-Werbe-Gemeinschaft und der Handelskammer. Ende Juli letzten Jahres eröffnete nur unweit der Brandruine ein neues Modegeschäft Harms am Wall. Inhaberin ist Eulenbruchs Ehefrau Ulrike, Geschäftsführerin ist Antje Horn, die langjährige Mitarbeiterin und frühere Prokuristin im alten Harms am Wall.
aus Haustex 05/16 (Handel)