Amorim stellt die Weichen für die Zukunft

"Ohne Innovationen gibt es kein Wachstum"

2015 hat Amorim das fünfte Jahr in Folge einen Umsatzrekord erzielt. Darauf will sich der portugiesische Kork-Branchenprimus aber nicht ausruhen, sondern visiert mit seiner Agenda 2020 weiteres Wachstum an - durch die Erschließung neuer Märkte, neuer Zielgruppen und vor allem durch Innovationen. Die Voraussetzungen für die Expansion werden durch erhöhte Investitionen geschaffen, unter anderem in die Produktionskapazitäten von schnelldrehenden Schlüsselprodukten wie Hydrocork und einen neuen Showroom im Werk Oleiros. |Claudia Weidt berichtet aus Oleiros

Im Victoria and Albert Museum in London, in der berühmten Gaudi-Kirche Sagrada Familia in Barcelona und im portugiesischen Hauptquartier von Microsoft: Überall steht man auf Kork. Der Bodenbelagsklassiker hat den altmodischen Touch von früher abgestreift; Korkbeläge gibt es schon längst nicht mehr nur in der typischen beige-braunen Naturoptik, sondern gefärbt, digital bedruckt, mit Vinyl-Nutzschicht oder als neuartiges filigranes geometrisches Mosaik und auch als wasserbeständige Hydrocork-Variante.

In den letzten fünfzehn Jahren hat die Amorim-Gruppe, weltweit die Nr. 1 der Korkbranche, viel in Forschung, (Weiter-)Entwicklung und Innovation von Kork investiert, um dem Naturmaterial mit den vielen Produktvorteilen mehr Aufmerksamkeit und Absatz zu verschaffen. "Kork ist ein natürliches Polymer mit einer Honigwabenstruktur und verfügt über zahlreiche positive Eigenschaften, die es gilt, noch besser auszunutzen", sagt Marketingdirektor Carlos de Jesus. In manchen Industrien wie dem Flugzeugbau oder bei der neuen U-Bahn von Siemens ersetzt Kork bereits künstliche Werkstoffe, weil er leichter ist, dämmt und isoliert. Innovationen sind für die Portugiesen der Schlüssel für die Umsetzung ihrer Agenda 2020, die auf ein weiteres nachhaltiges Umsatzwachstum zielt. 7,5 Mio. EUR an Investitionen werden dafür bereitgestellt und ein "signifikanter Teil" dieses Budgets sei Bodenbelägen zugedacht, verkündet Amorim-Präsident Antnio Rios Amorim.

Bodenbeläge bilden mit 17,8 % Umsatzanteil bzw. 109,8 Mio. EUR Umsatz (2015) die zweitgrößte unter den insgesamt fünf Sparten von Amorim. Die Produktion konzentriert sich in den beiden Werken Oleiros und Lourousa in Nordportugal, die über eine Gesamtkapazität von 10 Mio. m2 verfügen. 80 % davon wurden im vergangenen Jahr ausgeschöpft, d.h. 8 Mio. m2 abgesetzt. Wichtigster Markt ist Deutschland mit der von Tomas Cordes geführten Vertriebsgesellschaft Amorim Deutschland in Delmenhorst und deren Tochter Cortex in Nürnberg. Amorim ist weitestgehend autark: bis auf die Vinyl-Deckschicht bei einigen Produkten ist die Fertigung komplett vertikal integriert. Auch Korkfurniere, die früher zugekauft werden, gehören seit Anfang des Jahres zum Portfolio.

Vinyl ist "der Renner", Kork Hauptumsatzträger

Das Boden- und Wandsortiment gliedert sich heute in sieben Linien. Corkcomfort umfasst klassische Korkbeläge, auch gefärbt, zum Verkleben und für die schwimmende Verlegung. Einen ganz neuen Look zeigt hier die Kollektion Novel Symmetries von dem renommierten italienischen Fliesendesigner Antonio Bullo. Er hat filigrane geometrische Korkmosaiken entworfen, die in einem neuartigen Korkblock-Verfahren hergestellt werden. Artcomfort steht für digital bedruckten Designkork für die schwimmende Verlegung. Unter Vinylcomfort werden Designbeläge mit Vinyl-Nutzschicht in drei Stärken (0,2, 0,3 und 0,55 mm) geführt, der "Renner der letzten Jahre", wie Cordes offenbart. Die Wachstumsraten der jüngeren Vergangenheit resultierten aus diesem Bereich.

Dekwall sind Korkwandbeläge, auch gedruckt und gefärbt. In Deutschland sei dieses Marktsegment schwierig, dafür ein Thema in Osteuropa. Im neuen Showroom in Oleiros machen es die dort gezeigten Wandkorkmuster in aparten Rost-, Metall- und Lederoptiken schwer verständlich, warum sich dafür so wenig Interessenten finden. Unter der Bezeichnung Parquet läuft dreischichtiges Fertigparkett, das für Amorim an Bedeutung verliert.

Zwei Hoffnungsträger für die Zukunft sind Authentica und Hydrocomfort. Authentica wird als "grüner" Designbelag propagiert. Dafür wurde der PVC-Anteil deutlich verringert durch eine dünnere Decklage -nur noch eine 0,55 mm dicke transparente Folie- und den Verzicht auf einen PVC-Träger. Dafür wurde die mittlere Korkschicht verstärkt. "Das fertige Produkt besteht zu 96 % aus natürlichen Werkstoffen", wird bei Amorim betont. Damit fühlt man sich gut gerüstet, falls der Trend wieder mehr Richtung Natur gehen sollte. Die 28 Dekore hat Bodendesign-Koryphäe Andreas Dotzauer entwickelt.

Neues Flaggschiff heißt Hydrocork

Das neue Flaggschiff ist die Neuentwicklung Hydrocork. "Damit haben wir das Problem gelöst, keine wasserbeständige Qualität anbieten zu können", freut sich Cordes. Bislang hat Amorim auf HDF-Träger gesetzt, der bei Hydrocork durch ein Kork-Compositmaterial substituiert worden ist. Der nur 6 mm starke Belag verfügt über eine 0,55 mm-Vinylnutzschicht, wird schwimmend verlegt und ist durch seine geringe Dicke ideal für das Bauen im Bestand und die Renovierung. Neben der Wasserfestigkeit ist ein weiterer Vorteil, dass der Telegrafier-Effekt weitgehend minimiert werde, wie das Unternehmen versichert. Hydrocork ist vor allem bei Hotellerie und Gastronomie gut eingeschlagen und so gefragt, dass jetzt für 1,2 Mio. EUR die Kapazitäten ausgebaut und das Produktionsverfahren optimiert wird. Der neue Hydro-Korkträger befindet sich übrigens derzeit im Test bei anderen Bodenbelagsherstellern.

Reine Vinylbeläge zu vermarkten, schließt Amorim für sich kategorisch aus. "Wir werden immer Hybridkonstruktionen mit einer oder mehreren Korkschichten produzieren und anbieten, um die Vorteile von Kork mit zu nutzen und zu argumentieren", unterstreicht Cordes. Derweil wird bereits an den nächsten Weiter- und Neuentwicklungen gearbeitet. Kurz vor dem Marktlaunch steht die "Schöner Wohnen"-Kollektion. Europas größtes Wohnmagazin hat mit Amorim Korkböden geschaffen, "die die Natürlich- und Zeitlosigkeit des Materials mit Optiken und Farben kombinieren, die den Zeitgeist einfangen." Angekündigt ist außerdem eine Serie speziell für das Objekt mit der Handschrift des umtriebigen Star-Designers Hadi Teherani.
aus Parkett Magazin 04/16 (Wirtschaft)