Dura:

Kein Vollsortiment mehr für den Wohnbereich


Die Dura, ehemals größter Tufter Deutschlands, stellt das klassische Geschäft mit dem Handel über ein Vollsortiment für den Wohnbereich ein. Dr. Christian Schäfer (Geschäftsführender Gesellschafter) und Markus von Keitz (Vertriebsleiter) erklären, wie es nach dieser Zäsur weitergeht.

BTH Heimtex: Wie sieht die neue Strategie der Dura aus?

Dr. Christian Schäfer: Wir werden zum Jahresende aus dem klassischen Geschäft mit Servicekollektionen im Vollsortiment für den Wohnbereich aussteigen. Die Kollektion Premium wird dann auslaufen. Vor dem Hintergrund der kontinuierlich sinkenden Absätze der gesamten Branche in diesem Bereich und der gleichzeitig unveränderten Anforderungen im Handel an die Hersteller in Bezug auf Service und Artikelvielfalt wäre eine Fortführung der bisherigen Strategie betriebswirtschaftlich nicht mehr vertretbar. Eine Konsequenz aus dieser Neupositionierung ist, dass das Tufting-Werk der Dura in Hessisch Oldendorf zum Jahresende geschlossen wird. Der Standort wird zum zentralen Lager-, Logistik- und Servicestandort, der von einem noch in Gründung befindlichen Unternehmen betrieben werden soll.

BTH Heimtex: Das wird viele Beobachter verwundern. Haben Sie doch erst Ende vergangenen Jahres, also vor gut sechs Monaten angekündigt, dass eine neue Wohnkollektion kommt und Hessisch Oldendorf gestärkt sowie das Werk als zentraler Tufting-Standort ausgebaut wird. Was ist passiert?

Schäfer: Es ist richtig, dass beide Ankündigungen zeitlich eng beieinander liegen. Doch in diesem Zeitraum haben sich die Rahmenbedingungen stark verschlechtert.

Es ist bekannt, dass die Absätze im Wohnbereich allgemein im Sinkflug sind. Allein in den ersten fünf Monaten 2016 sind laut den Statistiken des Heimtex-Verbands die Umsätze mit Tuftingware für den Wohnbereich unter Berücksichtigung des gegenläufigen Trends im Objektbereich mit wahrscheinlich rund 20 % geradezu dramatisch abgestürzt. Unsere Handelspartner haben uns zudem signalisiert, dass in absehbarer Zeit keine Erholung in Sicht sei. Deswegen haben wir gehandelt und die geplanten Investitionen gestoppt. Gleichzeitig läuft die aktuelle Premium-Kollektion regulär aus. Damit war der Zeitpunkt günstig, die Dura neu aufzustellen.

BTH Heimtex: Wie sieht die Situation für die Dura im Objektgeschäft aus?

Schäfer: Im Objekt ist unsere Entwicklung positiv. Die Kunden fragen insbesondere ebenso gängige wie gerade im Objektgeschäft solide Produkte aus unserem Hause nach, so dass wir in diesem Bereich Marktanteile gewinnen können.

Diesen Bedarf bedienen wir insbesondere auch mit unserem so genannten Express-Programm in Form einer handlichen Objekt-Mappe. Der Umfang ist auf vier Bestseller-Qualitäten in den gängigen Objektkolorits reduziert; auf Spielfarben verzichten wir bewusst. Getuftet wird mit Polyamid, zwei Qualitäten mit Econyl SD-Garn. Der Schwerpunkt liegt auf sehr hoher Lieferfähigkeit. Aufträge bis zu 100 m2 sind garantiert sofort lieferbar; bis zu 1.000 m2 längstens innerhalb von zehn Arbeitstagen. Dieses bereits vor eineinhalb Jahren eingeführte Konzept hat sich als ausgesprochen erfolgreich erwiesen und uns erst in diesen Tagen wieder einen völlig unerwarteten Großauftrag gesichert.

BTH Heimtex: Das können auch andere.

Schäfer: Vielleicht. Aber nur wenige geben eine solche Garantie wie wir und halten sie dann auch.

BTH Heimtex: Ihre große Objektkollektion Dura Contract läuft aber weiter?

Schäfer: Selbstverständlich. Sie ist unsere breit aufgestellte Full-Service-Objektkolletion, die hauptsächlich Tufting-, aber auch sinnvoll ergänzende Nadelvliesqualitäten und Teppichfliesen enthält. Parallel haben wir aber noch die separate Fliesenserie Contract Tiles. Von der Dura Contract, die wir 2012 aufgelegt hatten, stellen wir zur BAU 2017 die Neuauflage vor. Sie wird wesentlich mehr spinndüsengefärbte Qualitäten enthalten. Im Anschluss gibt es dann auch die erneuerte Fliesenserie, die sich aus der großen Contract-Kollektion speist.

BTH Heimtex: Wird es auch ein Express-Angebot für den Wohnbereich geben?

Schäfer: Ja. Das Express-Programm startet nach der Sommerpause und läuft unter der eingeführten Marke Living mit voraussichtlich sechs Qualitäten. Mit beiden Express-Programmen für Wohnen und Objekt adressieren wir den filialisierten Fachhandel, den Einzelhandel sowie den Bodenbelagsgroßhandel.

BTH Heimtex: Wie sieht das aktuelle Nadelvlies-Programm der Dura aus?

Markus von Keitz: Die neue, kompakte Nadelvlies-Mappe der Dura kommt ebenfalls nach der Sommerpause heraus. Sie zeigt alle Klassiker, die man im Objekt braucht, beispielsweise die Qualitäten Robusta und Pixel - Letztere ist übrigens der meist verkaufte Strukturnadelvlies-Bodenbelag in Deutschland, der nicht aus der Schweiz kommt. Zudem gibt es neue Farbpaletten sowie die drei neuen Produkte Style, Business und Pixel Color. Außerdem werden wir unseren Klassiker Robusta zukünftig mit Econyl-Garn produzieren.

BTH Heimtex: Im beratungs- und zeitintensiveren Objektbereich braucht man eine gewisse Personalstärke. Mit wie vielen Außendienstmitarbeitern arbeitet die Dura noch?

von Keitz: Unsere Mannschaft zählt für Handel und Objekt sieben Mitarbeiter - mich als Vertriebsleiter Dura eingeschlossen.

BTH Heimtex: Wo produziert die Dura ihre Tuftingbeläge, wenn das Werk in Hessisch Oldendorf Ende 2016 stillgelegt ist?

Schäfer: Wo wir nach dem Ende der Tufting-Fertigung in Hessisch Oldendorf produzieren werden, steht heute final nicht fest. Das hängt auch davon ab, mit welchen Artikeln wir in den Markt gehen werden. Wir werden daher alle Tufting-Artikel in Zukunft vorwiegend in Lohn produzieren lassen - was übrigens auch schon in Teilen in der Vergangenheit der Fall war. Der aller größte Teil der Bodenbelagsprodukte wird aber aus der Wirth-Gruppe kommen.

BTH Heimtex: Was wird aus den Mitarbeitern am Standort Hessisch Oldendorf?

Schäfer: Alle noch verbliebenen 78 Mitarbeiter scheiden spätestens zum Jahresende aus. Einige werden jedoch eine Beschäftigung in der noch zu gründenden Logistik- und Service-Gesellschaft sowie in der gemeinsam mit der Stadt Hessisch Oldendorf betriebenen Kläranlagen-Gesellschaft bekommen. Die Gespräche laufen derzeit noch.

BTH Heimtex: Sie hatten angekündigt, dass in diesem Sommer die Produktion für das Automobilgeschäft in Fulda ausläuft und die Gruppe sich damit endgültig aus diesem Geschäftsbereich verabschiedet. Wird das so geschehen?

Schäfer: Das ist richtig. Die letzten Partien wurden bis zum 30. Juni 2016 produziert. Das ist Vor-Material in Form von Rollenware für Einlegematten.

BTH Heimtex: Wie haben denn Ihre Handelskunden auf die Nachricht reagiert, dass Sie Hessisch Oldendorf schließen und die Wohnkollektion in ihrer klassischen Art einstellen?

von Keitz: Unsere Handelspartner haben großes Verständnis für unsere auch aus ihrer Sicht nachvollziehbare Entscheidung. Es erscheint offensichtlich, dass sich in dem so stark dezimierten Marktsegment Wohnen der bisher betriebene Aufwand betriebswirtschaftlich nicht mehr lohnt. Ein Resultat dieser Entwicklung auf Handelsseite ist, dass die Mehrheit der Kunden keinen Bedarf für solche vollumfänglichen Service-Kollektionen mehr hat und sich gleichzeitig auf einen Marktauftritt unter Eigenmarke fokussiert. Wir freuen uns aber, dass unsere Handelspartner deutlich gemacht haben, dass sie auch weiter mit uns zusammenarbeiten wollen. Auch deswegen bieten wir in Zukunft die Express-Mappe für den Wohnbereich.

BTH Heimtex: Hätten Sie nicht früher Ihre Geschäftsausrichtung neu justieren müssen, wie es Wettbewerber erfolgreich getan haben?

Schäfer: Wir haben die allgemeine Situation vor einem halben Jahr anders eingeschätzt, als wir es heute tun. Das war falsch. Es wäre für uns von Vorteil gewesen, wenn wir damals diese heutige Erkenntnis bereits gehabt hätten. Die Entscheidung, noch einmal voll auf den Standort Hessisch Oldendorf zu setzen, hat sich vor dem Hintergrund der aktuellen Marktentwicklung als nicht tragbar erwiesen. Das Konzept und die theoretische Idee dahinter waren aber richtig; die Rahmenbedingungen haben aber nicht mitgespielt.

BTH Heimtex: Wo werden zukünftig die Nadelvliesbeläge der drei Marken Dura, Textimex und Filzfabrik Fulda produziert?

Schäfer: Die Nadelvliesqualitäten für die Dura werden ab 2017 vollständig hier in Fulda innerhalb der Wirth-Gruppe hergestellt. Das gilt auch für den Großteil der Produkte für Textimex und die Filzfabrik Fulda. Der Produktionsstandort der Dura-Tochter Horustec in Schmallenberg wird bis Jahresende stillgelegt. Das Produktionsvolumen wird bis dahin schrittweise nach Fulda verlagert, so dass unsere Kunden hiervon nach Möglichkeit nicht betroffen sind.

BTH Heimtex: Was passiert mit den Produktionsanlagen in Schmallenberg?

Schäfer: Die meisten gehen an diverse Standorte im In- und Ausland der Filzfabrik-Gruppe. Der verbleibende Rest wird am Markt frei verkauft.

BTH Heimtex: Wie viele Quadratmeter Nadelvliesbeläge produziert die Filzfabrik Fulda ab 2017?

Schäfer: Wir planen mit 3,3 bis 3,5 Mio. m2. Das ist das aktuelle Volumen in Schmallenberg von Horustec.

BTH Heimtex: Das heißt, dass alle Investitionen am Standort Fulda in Höhe von immerhin einigen Millionen Euro ausschließlich von der Filzfabrik-Gruppe getätigt werden?

Schäfer: So ist es. Die Filzfabrik wird in Zukunft den modernsten und größten Produktionsstandort für hochwertige Objekt-Nadelvliesbeläge hier in Fulda betreiben. Davon profitieren auch die Dura-Kunden.

BTH Heimtex: Wie hoch sind die aktuellen Umsätze der Dura?

Schäfer: Wir haben insgesamt ein Umsatzminus in Höhe des allgemeinen Marktrückgangs. Das rührt her aus dem Wohngeschäft. Im Objekt verzeichnen wir ein zweistelliges Plus und auch im Exportgeschäft wachsen wir. Ich denke, hier sind wir besser als der Markt.

jochen.lange@snfachpresse.de


Daten + Fakten
Dura Tufting GmbH
Frankfurter Straße 62
36043 Fulda
Tel.: 0661 / 82-0
Fax: 0661 / 82-400
vertrieb@dura.de
www.dura.de

Geschäftsführung: Dr. Christian Schäfer, Prof. Dr. Heinz-Christian Knoll
Vertriebsleiter: Markus von Keitz
Außendienst (D/A/CH): 7
aus BTH Heimtex 07/16 (Wirtschaft)