BTH Heimtex-Fachteil Kita, Schule, Uni

Was eingebaut werden darf, ist genau festgelegt

Das Bildungswesen ist ein riesiger Markt für Hersteller, Händler und Handwerker. Man muss allerdings die besonderen Entscheidungswege kennen, um im in diesem Segment Umsätze zu machen, wie sich am Beispiel Hamburger Schulen zeigt.

Die Anzahl allgemeinbildender Schulen hat sich zwischen 2002 und 2014 zwar um 17 % von 40.544 auf 33.635 verringert. Doch dieser wichtige Teilbereich des großen Marktsegments Bildungswesen in Deutschland bleibt für Hersteller, Händler und Handwerker unserer Branche lukrativ. So investiert allein die Stadt Hamburg zwischen 2012 und 2019 Im Rahmenplan Schulbau rund 2 Mrd. EUR für alle Bau- und Sanierungsmaßnahmen in den 350 allgemeinbildenden Schulen in staatlicher Verantwortung.

Doch wer genau ist zuständig für die Einrichtung und Ausstattung von Schulen, beispielsweise mit Wandfarben und Bodenbelägen? Nach welchen Kriterien werden die Produkte ausgewählt? Die Antworten auf diese Fragen müssen Hersteller, Händler und Handwerker kennen, wenn sie sich an den Ausschreibungen für die Ausstattung von Bildungseinrichtungen in Hamburg beteiligen wollen.

Herstellerneutrale Ausschreibung

Der in Hamburg für den Bau- und Sanierungsbedarf verantwortliche Landesbetrieb Schulbau Hamburg (SBH) erläutert beispielhaft, wie die Prozesse in der Hansestadt ablaufen und worauf es ankommt. Die Behörde entscheidet unter anderem über den Einsatz der Materialien wie Bodenbeläge in 3.200 Schulgebäuden an 430 Schulstandorten - 80 Berufsschulen eingerechnet. Hier geht es um die Bewirtschaftung einer Gebäudefläche von rund 3 Mio. m2.

"Bei der Beschaffung von Bodenbelägen wird grundsätzlich hersteller-neutral ausgeschrieben. Für Neubau- und Sanierungs-projekte gibt es getrennte Verfahren; vorab erfolgt eine Recherche sowohl durch die von uns beauftragten Architektenbüros als auch durch das zentrale Management von SBH", erklärt Pressesprecher Daniel Stricker. Direkt kontaktiert würden einzelne Hersteller jedoch nicht.

Für Reparaturen und Instandsetzungen bis rund 25.000 EUR werden in Hamburg grundsätzlich Handwerkerzeitverträge ausgeschrieben. Dies erfolge üblicherweise zweistufig, zunächst als offener Teilnahmewettbewerb mit anschließender beschränkter Ausschreibung. Vor allem für kleinere Betriebe richtet die Behörde zusammen mit der Handwerkskammer regelmäßig Informationsveranstaltungen zum Verfahren aus.

"Technische Richtlinien" geben die Anforderungen vor

Grundlage bei Bau und Einrichtung Hamburger Schulen sind die mit der Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB) abgestimmten "Technischen Richtlinien" (TR Schulen). Darin ist festgelegt, welche Bodenbeläge für die verschiedenen Nutzungszwecke bevorzugt verlegt werden sollen (siehe Kasten).

Innerhalb der Gebäude bevorzugt werden Linoleum und keramische Fliesen. Die Ausstattung mit textilen Bodenbelägen müssen die Schulen hingegen mit den Behörden abstimmen. PVC-Beläge sind nur mit ausdrücklicher Zustimmung einzubauen. Die Technischen Richtlinien sehen im Außenbereich ein vierzoniges Schmutzfangsystem sowie im Eingangsbereich Sauberlaufmatten und -läufer jeweils in Türbreite und 2 m Länge vor.

Die Richtlinien legen außerdem fest, dass ausschließlich Voranstriche, Spachtelmassen, Klebstoffe, Fixierungen sowie Unterlagen verwendet werden dürfen, die mindestens als Emicode EC1 (sehr emissions- und geruchsarm) der Gemeinschaft emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe (GEV) eingestuft sind.

Auch das Thema Lebenszykluskosten in Form von Haltbarkeit und Reinigungsaufwand der Bodenbeläge spiele laut Behördensprecher Stricker eine Rolle bei der Auswahl.

Im laufenden Betrieb findet einmal jährlich eine systematische Begehung aller Standorte statt, die Grundlage der Instandhaltungsplanung ist. Zusätzlich ist der SBH über die Schulhausmeister mit eigenem Personal an den Schulen vertreten. Diese stellen laufende Kontrollen und die Ausführung nötiger Reparaturen sicher. "Kommt es zum Austausch von Bodenbelägen geschieht das in der Regel auf Basis der Vorschläge der beauftragten Architekten", erklärt Stricker.

Die "Technischen Richtlinien" für die Ausstattung Hamburger Schulen mit Bodenbelägen
Linoleum ist die Regel - PVC die Ausnahme
In den "Technischen Richtlinien zum Bau und zur Einrichtung Hamburger Schulen" legt die Stadt Hamburg zusammen mit der Behörde für Schule und Berufsbildung konkret fest, welche Arten von Bodenbelägen in welchen Arealen der Schulgebäude bevorzugt zum Einsatz kommen sollen. Linoleum ist nach wie vor stark verbreitet. Textile Beläge müssen abgestimmt werden zwischen Schule und Behörde. PVC-Beläge brauchen eine ausdrückliche Zustimmung.

Linoleum: Allgemeiner Unterricht, Sporthallen und Bewegungsräume, Schulbibliothek, Gemeinschaftsflächen, Wirtschaftsräume, Bereiche für Lehrkräfte, Verwaltung und Hausmeisterwohnung, Umkleide, Musik, Naturwissenschaften

PVC-Beläge: Ausdrückliche Zustimmung der Behörden nötig

PUR-Belag: Sporthallen und Bewegungsräume

Sicherheitsbeläge: Maschinenräume

Textile Beläge: Abstimmung zwischen Schule und den Behörde erforderlich

Schmutzfang- und Sauberlauf: Außen- und Eingangsbereiche

Keramische Fliesen: Naturwissenschaften (nur im Experimentierbereich), Küchen und Spülküchen, Verkehrsflächen (Flure, Treppenhäuser)

Betonwerkstein: Verkehrsflächen (Flure, Treppenhäuser)

Kunststein: Verkehrsflächen (Flure, Treppenhäuser)

Zementestrich mit Beschichtung: Abstell-, Keller- und Lagerräume sowie Zuwegung

Hartstoffestrich oder Mineralstreubelag: Arbeitslehre

Epoxidharzbeschichtung, rutschhemmend: Küchen und Spülküchen

Verlegewerkstoffe und Zubehör: Voranstriche, Spachtelmassen, Klebstoffe, Fixierungen und Unterlagen müssen mindestens der Einklassifizierung EC1 (sehr emissionarm, auch geruchsarm) nach Emicode entsprechen.
aus BTH Heimtex 07/16 (Bodenbeläge)