FussbodenTechnik-Fachwissen für Fortgeschrittene

Erweiterte CM-Methode zur Unterscheidung von schnellen Zementestrichsystemen

Seit 2010 gab es vermehrt Hinweise, dass die Art der verwendeten Carbidampullen die Ergebnisse der CM-Messung beeinflussen könnte. Dies war der Anlass einer näheren Untersuchung des Einflusses von verschiedenen Carbidampullen auf die Ergebnisse der CM-Messung, die Messgerätehersteller Dr. Frank Radtke durchführte. Diese Untersuchungen führten zur Entwicklung der an dieser Stelle vorgestellten modifizierten Messprozedur, deren Wirksamkeit sich anhand einer Testreihe bestätigte.

Die CM-Methode ist als wichtiges Messverfahren zur Ermittlung des Feuchtegehalts von mineralischen Estrichen seit Langem fest etabliert und mittlerweile auch in Teil 1 und 4 der DIN 18560 Estriche im Bauwesen beschrieben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass deren Entwicklungsmöglichkeiten bereits ausgeschöpft wären. Vielmehr zeigt sich ihr immer noch vorhandenes Potenzial für erweiterte Anwendungen, z. B. an der kombinierten Messung von CM-Feuchte und relativer Luftfeuchte [1] oder an der Bestimmung des in Ettringit kristallin gebundenen Wasseranteils in Estrichen mit ternären Schnellzementen (SZ-T).

Diese selektive Ermittlung des Ettringit-gebundenen Wassergehalts lässt z. B. eine zuverlässige Unterscheidung eines Schnellzementestrichs (SZ-T) von einem mit Estrichzusatzmitteln (EZM) modifiziertem Zementestrich, einem "beschleunigten" Estrich, zu jedem Zeitpunkt nach der Verlegung zu. Aufwändige analytische Untersuchungen im Labor können so einfach umgangen werden.

Die durch Anbieter von Estrichzusatzmitteln propagierte zusätzliche Wasserbindung in Zementestrichen kann überprüft und die Plausibilität von höheren zulässigen Grenzwerten für CM-Feuchte (> 2 CM-%) abgeschätzt werden. Darüber hinaus hat der beschriebene Messvorgang insbesondere die Probenvorbereitung und -zerkleinerung bei der Übertragung auf eine Messung mit einer Normampulle den Vorteil, genauere Messergebnisse zu liefern. Der verfälschende Einfluss der Reaktion von Ettringit-gebundenem Wasser auf die Bestimmung der Belegreife wird wesentlich reduziert. Auch das glücklicherweise selten auftretende Phänomen einer Verpuffung in der CM-Flasche während der Startphase der Messung wird eliminiert.

Ettringit-Bildung in Zementestrichen

Entsprechend dem TKB-Merkblatt 14 können Estriche mit verkürzten Wartezeiten bis zur Belegreife drei unterschiedlichen Produktgruppen zugeordnet werden:

1.Schnellzementestriche mit ternären Schnellzementen (SZ-T); ternär bedeutet drei Hauptbestandteile
2.Schnellzementestriche mit binären Schnellzementen (SZ-B); binär bedeutet zwei Hauptbestandteile
3.Estriche mit Estrichzusatzmitteln (sogenannte beschleunigte Estriche)

Steht das schnelle und zuverlässige Trocknen des Untergrunds im Vordergrund, sind Schnellzementestriche mit ternären Bindemittel (SZ-T) die erste Wahl, denn nur diese können in hohem Maße Wasser durch Ettringitbildung kristallin binden. Diese Ettringitbildung ist lange bekannt und wird auch in anderen schnelltrocknenden zementären Mörteln, wie Spachtelmassen und Fliesenklebern [2], vielfältig genutzt. Insbesondere bei ungünstigen Baustellenbedingungen (niedrige Temperaturen und/oder hohe Luftfeuchten) und großen Estrichdicken ist dies von Bedeutung.

Zusatzmittel in Zementestrichen wiederum reduzieren vorwiegend den Wasserbedarf für eine verarbeitungsgerechte Konsistenz und können damit die notwendige Wartezeit bis zum Erreichen des Grenzwerts für die Belegreife verkürzen. Durch röntgenographische und Rasterelektronenmikroskopie-Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass der Einsatz von Estrichzusatzmitteln die Zusammensetzung der bei der Aushärtung der Zementmörtel entstehenden Hydratphasen praktisch nicht beeinflusst. Damit fehlt die chemische Basis für eine häufig aufgeführte zusätzliche Wasserbindung. Entsprechend anfällig sind diese Zementestriche gegen ungünstige Klima- und Dickenbedingungen [3].

Apparative Untersuchungen setzen einen hohen Aufwand und fachkundiges Personal voraus. Der Nachweis von Ettringit als wasserbindendes Hydratationsprodukt im Zement lässt sich jetzt allerdings auch auf relativ einfache und baustellengerechte Weise bewerkstelligen. Über eine modifizierte Messprozedur der CM-Messung unter Einsatz spezieller Carbid-Ampullen und einer vorgeschalteten Probenvorbereitung - Vorzerkleinern des Prüfguts mittels Rührstab - kann der Ettringitgehalt einer Probe direkt auf der Baustelle gemessen werden. Ein eigens dafür weiterentwickeltes digitales Manometer berechnet den Gehalt an freiem Wasser sowie den aus Ettringit umgesetzten Wasseranteil direkt vor Ort (s. Beschreibung der Messprozedur Anwendung a).

Als Option besteht auch die Möglichkeit den Materialklimawert desselben Probenmaterials mittels der KRL-Methode zu ermitteln. Dadurch werden zusätzliche Informationen zum Trocknungszustand des Estrichs zugänglich.

Beschreibung der Messprozedur

50 g des repräsentativen Probenmaterials werden mit dem Kugelsatz in die CM-Flasche überführt. Das Probenmaterial wird mit einem elektrisch betriebenen Rührstab (mindestens 1.000 Umdrehungen pro Minute) 2 Minuten lang zerkleinert. Nach der Zerkleinerung der Probe werden der CM-Flasche:
-in Anwendung a) 3 Ampullen mit feinem Carbid für die Ettringitbestimmung bzw.
-in Anwendung b) 1 Normampulle für die verbesserte Bestimmung der Belegreife hinzugefügt und das System mit dem Manometer verschlossen.

Für Anwendung a) muss zwingend das geeignete digitale Manometer eingesetzt werden, während für Anwendung b) jedes handelsübliche Manometer verwendet werden kann. In beiden Fällen wird die CM-Flasche zur Durchführung der Messung während einer Minute kräftig geschüttelt und dann 9 Minuten stehen gelassen.

Bei Nutzung des digitalen Manometers startet die Messung mit dem Anstieg des Druckes automatisch und beendet die Datenaufzeichnung nach 10 Minuten. Dann erfolgt der Ausdruck des Messprotokolls mit der Unterscheidung zwischen freiem und Ettringit-gebundenem Wasser (im Fall der Anwendung a) bzw. des Anteils an freiem Wasser für Anwendung b). Anwendung b) liefert für mechanische Manometer nach dem Ablesen am Ende der 9 Minuten Stehenlassen den Anteil des freien Wassers, der für die Beurteilung der Belegreife herangezogen wird.

Nach der Reaktionsdauer von insgesamt 10 Minuten ist die chemische Reaktion in der CM-Flasche noch nicht abgeschlossen und stärker gebundene Wasseranteile liefern zusätzliche Beiträge an den Druck. Diese sind für die Beurteilung von Belegreife und Ettringitwasseranteil nicht von Bedeutung.

Versuchsbeschreibung im Überblick

Bindemittelbasis der untersuchten Estrichproben:
-CEM I-Zement, 42,5 N
-CEM I-Zement, 42,5 N mit 2 unterschiedlichen
Estrichzusatzmitteln (EZM)
-2 unterschiedliche ternäre Schnellzemente (SZ-T)

Probenherstellung und Lagerung:
-CEM I-Proben, 1 : 6 (Zement : Zuschlag)
-SZ-T-Proben, 1 : 4 (Bindemittel : Zuschlag)

Konsistenz: erdfeucht
Probenabmessung: 40 x 40 x 4 cm
Lagerbedingungen: 20 °C / 65 % r. F.
Lagerdauer: 1, 4, 7 und 14 Tage
ProbenbezeichnungProbenr.BezeichnungTageProbe 1CEM I 42,5 N14 TageProbe 2CEM I 42,5 N mit Zusatzmittel 114 TageProbe 3CEM I 42,5 N mit Zusatzmittel 214 TageProbe 4CEM I 42,5 N7 TageProbe 5CEM I 42,5 N mit Zusatzmittel 17 TageProbe 6CEM I 42,5 N mit Zusatzmittel 27 TageProbe 7SZ-T 14 TageProbe 8SZ-T 11 TagProbe 9SZ-T 21 Tag

Die CM-Messungen an den Proben wurden entsprechend der Beschreibung der Messprozeduren durchgeführt. Als eine Referenzmethode wurde das freie und das Ettringit-gebundene Wasser mittels der stufenweisen Darrung ermittelt. Unter dem Begriff der stufenweisen Darrung wird die Temperatur gesteuerte Darrung zwischen 40 und 105 °C jeweils bis zur Gewichtskonstanz in Temperaturschritten von 5 bis 10 °C definiert. Zwischen den CM-Messungen und dem Beginn der stufenweisen Darrung gab es einen Zeitversatz von 7 Stunden.

Ergebnisse

Die Ergebnisse der Untersuchung sind in den Balkendiagrammen 1 und 2 zusammenfassend dargestellt. Bild 1 zeigt das Ergebnis der modifizierten CM-Messung an verschiedenen Proben bei unterschiedlichen Lagerzeiten. Bild 2 stellt das Ergebnis der temperaturgesteuerten Darrmessungen an verschiedenen Proben bei unterschiedlichen Lagerzeiten dar.

Diskussion

1.Zwischen den Proben mit Normalzement und denen mit den ternären Schnellzementen ist eine deutliche Differenzierung beim Ettringit-gebundenem Wasser erkennbar. Dies ist auch bei den Darrproben feststellbar.

2.Bei den Normalzement-Proben stimmt der über die modifizierte CM-Methode ermittelte Gehalt an freiem Wasser sehr gut mit dem Darrwert bei 40 °C überein.

3.Ein Einfluss des bei der Versuchsbeschreibung aufgeführten Zeitversatzes zwischen den CM-Messungen und der stufenweisen Darrung macht sich beim Anteil des freien Wassers in den SZ-T-Systemen bemerkbar. Beim Ettringit-gebundenen Wasser derselben Proben ist dies deutlich weniger ausgeprägt. Markant ist er nur bei Probe 8, dem langsameren SZ-T 1 nach einem Tag.
4.Das bei den Normalzement-Systemen festgestellte "Ettringitwasser" entspricht vermutlich in bestimmten CSH-Phasen kristallin gebundenem Wasser [4].

5.Die Resultate der vorliegenden Untersuchung sind als Ergebnisse von Tastversuchen anzusehen, eine statistische Auswertung macht daher keinen Sinn. Quantitative Schlussfolgerungen sollten auf Basis der vorliegenden Versuchsergebnisse nicht vorgenommen werden, qualitative Schlussfolgerungen zum unterschiedlichen Verhalten von Normalzement-Systemen im Vergleich zu SZ-T-Systemen jedoch sehr wohl.

Zusammenfassung

Eine Plausibilität für höhere Grenzwerte der CM-Messung bei der Bestimmung der Belegreife konnte für Normalzement-Systeme mit den beiden Estrichzusatzmitteln in der vorliegenden Untersuchung nicht gefunden werden. Ergänzend durchgeführte Messungen zur Bestimmung des Ettringit-gebundenen Wasseranteils bestätigen die Eignung der hier beschriebenen modifizierten CM-Methode (Anwendung a) zur zuverlässigen Differenzierung zwischen freiem und Ettringit-gebundenem Wasser in SZ-T-Systemen.

[1] Radtke, KRL ergänzt die CM-Messung - so geht es, FussbodenFuxx 1/2014
[2] Sieksmeier, Welcher Kleber für welche Anwendung, Fliesen und Platten 3/2016
[3] Sieksmeier, Schnellestrich-Bindemittel ternärer Systeme - contra Estriche mit Zusatzmitteln, in 8. Internationales Kolloquium Industriefußböden, 25 - 27. 3. 2014
[4] R. Wonnemann, Untersuchungen über die Rolle der Sulfate und der Alkalien bei der Portlandzementhydratation, Dissertation, TU Clausthal, 1982



Kurz & Knapp
Erweitere Calciumcarbid-Methode hilft bei Unterscheidung von Schnellzementestrichen und beschleunigten Estrichen

1.Das Potenzial der Calciumcarbid-Methode wird aktuell noch nicht ausgeschöpft.

2.Die zusätzliche Bestimmung des in Ettringit kristallin gebundenen Wasseranteils - mittels einer angepassten Messprozedur der Calciumcarbid-Methode - ermöglicht eine Unterscheidung von Schnellzementestrichen (SZ-T) und Estrichen mit Zusatzmitteln.

3.Das TKB-Merkblatt 14 unterscheidet Estriche mit verkürzten Wartezeiten in drei Gruppen:
a)Schnellzementestriche mit ternären Schnellzementen (SZ-T); ternär = drei Hauptbestandteile
b)Schnellzementestriche mit binären Schnellzementen (SZ-B); binär = zwei Hauptbestandteile
c)Estriche mit Estrichzusatzmitteln (sogenannte beschleunigte Estriche)

4.Die Untersuchung von Dr. Frank Radtke zeigt, dass die angepasste Messprozedur eine zuverlässige Unterscheidung zwischen freiem und Ettringit-gebundenem Wasser ermöglicht. Auf diese Weise ist am verlegten Estrich eine Unterscheidung zwischen Schnellzementestrichen (SZ-T) und beschleunigten Estrichen möglich.

5.Die zusätzlich vorgeschaltete Bestimmung der relativen Luftfeuchte (Materialklima-Wert) erlaubt zudem die Abschätzung der Menge an freiem Wasser, die der Estrich abgeben kann.
aus FussbodenTechnik 05/16 (Handwerk)