Interface Deutschland GmbH

Interface macht Großhandel zu Schlüsselkunden


Paradigmenwechsel bei Interface: Der Teppichfliesen-Spezialist sucht zukünftig strategische Partnerschaften mit dem Großhandel. Nicht weniger als die Eroberung des kleinen und mittleren Objektgeschäfts ist das Ziel von Deutschland-Vertriebsleiter Nils Rödenbeck.

BTH Heimtex: Interface ist ein Spezialist für Teppichfliesen. Wird sich das bald ändern? Matt Miller, Interface-Geschäftsführer auf den amerikanischen Märkten, hat jüngst in einem Interview davon gesprochen, dass das Produktsortiment bereits kommendes Jahr mit LVT ergänzt werden könnte.

Nils Rödenbeck: Es gibt tatsächlich Überlegungen, ein kombiniertes Programm aus Teppichfliesen und Designbelägen in ausgewählten Märkten zu testen. In manchen Segmenten besteht eine solche Nachfrage. Es gibt aber keine Entscheidung, LVT generell in das Sortiment aufzunehmen.

Grundsätzlich halte ich eine solche Erweiterung für sinnvoll. Für uns in Deutschland spielt das Thema in naher Zukunft aber keine Rolle. Wir können Teppichfliese und mit ihr wollen wir noch viel erreichen.

BTH Heimtex: Interface ist bekannt dafür, sich ehrgeizige Ziele zu setzen sowohl in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit als auch auf die Umsatzentwicklung. Wie laufen derzeit die Geschäfte in Ihrem Verantwortungsbereich Deutschland?

Rödenbeck: Wir haben zwischen 2013 und 2015 rund 70 % mehr Umsatz erreicht. Wir sind auf einem guten Weg und planen auch für 2016, prozentual zweistellig zu wachsen - und zwar weiterhin profitabel. Wir haben 2016 drei zusätzliche Außendienstmitarbeiter für das Ausschreibungsgeschäft eingestellt. Noch einmal so viele kommen 2017 dazu; zudem verkleinern wir die Verkaufsgebiete.

Der Markt für Teppichfliesen wächst und hat aus unserer Sicht mittlerweile einen Anteil von 12 % am gesamten Objektmarkt für textile Bodenbeläge in Deutschland in einem Volumen von 45 Mio. m2. Wir schätzen, dass dieser Anteil jährlich um 1 % wächst. Unser mittelfristiges Ziel ist es, größter Hersteller von textilen Bodenbelägen für das Objekt in Deutschland zu werden. Und das wohl gemerkt in einem Markt, der momentan insgesamt nicht größer wird, und in dem Wachstum nur über Verdrängung stattfindet.

BTH Heimtex: Der Interface-Konzern und auch die Region EMEA (Europa, Mittlerer Osten und Afrika) treten derzeit auf der Stelle: Umsätze und Erlöse werden lediglich gehalten. Deutschland ist eine Ausnahme. Was machen Sie anders als Ihre Kollegen?

Rödenbeck: Wir sind heute die drittgrößte Vertriebsgesellschaft in EMEA hinter Großbritannien und Frankreich. Ich sehe insgesamt vier wesentliche Gründe, die zum Erfolg beitragen. Wir haben vor rund zehn Jahren unseren Vertrieb neu ausgerichtet und zu 100 % auf das Ausschreibungsgeschäft bei Architekten, Bauherren und Endkunden ausgerichtet. Heute ist Interface dort eine Marke und bekannt für gute Produkte und Mitarbeiter, die motiviert, schnell und pfiffig sind.

Gleichzeitig beweisen unsere Designer und Produktentwickler ein gutes Händchen bei der Sortimentsgestaltung. Kollektionen wie Urban Retreat und World Woven kommen an. Parallel hat sich der Markt neuen Dessinierungen, Farben und Oberflächen geöffnet, die sich am Trend Natur/Natürlichkeit orientieren. Die stärkere Vermischung der Bereiche Arbeiten und Wohnen hat unserer Teppichfliese als flexiblem Designprodukt zusätzlich Rückenwind verschafft in dem für uns zentralen Segment Büro. Der Megatrend Modularität und die Erfolgsgeschichte von Designbelägen helfen uns auch sehr dabei, gute Ergebnisse zu erreichen.

BTH Heimtex: Welche Rolle spielt der Großhandel bei dieser Erfolgsgeschichte? Ist er nur Zuschauer?

Rödenbeck: Wir suchen gerade einen Key Accounter für unseren Vertrieb über den Großhandel. Eine solche Position hat es bei Interface in Deutschland noch nie gegeben. Der Kanal wird für uns von Jahr zu Jahr wichtiger. Ab 2017 werden wir den dreistufigen Vertrieb als zusätzliche Absatzsäule fest in unserer deutschen Organisation etablieren.

Wir gehen davon aus, dass 70 % des gesamten Marktes für textile Objektbeläge in Deutschland kleine und mittlere Projekte mit Flächen bis zu 500 m2 sind. Dieses lukrative Geschäft wird maßgeblich abgewickelt über den Großhandel. Von "Zuschauer" kann also nicht die Rede sein. Ganz im Gegenteil.

BTH Heimtex: Nur arbeitet der Großhandel im Alltagsgeschäft bisher selten mit der Teppichfliese. Für den Raumausstatter, Fachhändler und Bodenleger wird fast immer Bahnenware zur Hand genommen.

Rödenbeck: Das ist richtig. Aber hier verändert sich etwas. Vor fünf Jahren haben wir darum gekämpft, mit Bodenbelagsgrossisten über gemeinsame Kollektionierungen sprechen zu können - allzu oft vergeblich. Die Großhändler, die damals abgewunken haben, weil kein Kunde sie nach Teppichfliese gefragt hat, laden uns heute ein, um gemeinsame Möglichkeiten auszuloten für eine Fliesenkollektion. Sie sagen: Das Thema kommt.

BTH Heimtex: Warum ist das so? Und ich frage jetzt nicht nach den bekannten technischen, gestalterischen und logistischen Vorteilen des Produktes.

Rödenbeck: Es ist der Push-Pull-Effekt: Unsere jahrelange Arbeit im Projektgeschäft trägt Früchte. Der Raumausstatter, der Fachhändler, der Bodenleger und der Architekt, mit dem wir die akquirierten Objekte abwickeln, wissen mittlerweile, dass die Teppichfliese funktioniert und Sinn macht. Diese - in Deutschland - neue Botschaft wird von eben diesen Multiplikatoren in den Markt getragen und löst Folgeaufträge aus. Was aber bleibt, ist die Bezugsquelle bei diesem Geschäft: der Großhandel.

BTH Heimtex: Im deutschsprachigen Großhandel sieht man die Vertriebspolitik von Interface aber traditionell skeptisch. Wie soll auf dieser Basis eine Zusammenarbeit aussehen?

Rödenbeck: Das ist richtig. In den Großhandelsumfragen von BTH Heimtex loben aber die selben Großhändler neben Produktqualität und Markenstärke unsere Managementqualität. Das heißt, sie wissen, dass wir unsere Arbeit gut machen. Gleichzeitig steigen unsere Umsätze mit den Grossisten seit Jahren kontinuierlich und machen heute schon 30 % aus.

Wir kümmern uns zur Zeit aber nicht intensiv um die Großhändler. Das können und dürfen wir mit unserem aktuellen Personal, welches 100 % auf das Projektgeschäft fokussiert ist, auch gar nicht. Denn sonst besteht die Gefahr, dass wir uns verzetteln und weder das eine noch das andere richtig und glaubwürdig machen. Denn Großhandel und Ausschreibungsgeschäft sind zwei völlig unterschiedliche Welten. Das haben wir mittlerweile gelernt. Das wird der neue Key Accounter Großhandel in Zukunft umsetzen. Er oder sie soll von morgens bis abends Großhandel denken und leben.

Das neue Vertriebskonzept wird von mir verantwortet. Der Key Accounter berichtet wie die beiden Verkaufsleiter auch direkt an mich. Auch mein Vorgesetzter, der Vice President Sales EMEA, möchte den neuen Mitarbeiter vor der Einstellung kennenlernen. Das zeigt, wie wichtig der Großhandel für uns werden soll.

BTH Heimtex: Was bieten Sie dem Großhandel konzeptionell an?

Rödenbeck: Es wird einen Paradigmenwechsel geben in der Zusammenarbeit zwischen Großhandel und Interface. Wir suchen strategische Partner unter den Großhandelshäusern. Diese bekommen unsere Teppichfliesen nur noch mit Co-Branding - also Großhandels- und Interface-Marke tauchen gemeinsam auf. "Weiße Ware" wird es für die strategischen Partner nicht mehr geben. Neben unseren Produkten dürfen zudem in der jeweiligen Kollektionskarte keine textilen Bodenbeläge anderer Hersteller sein.

Die Partner erhalten von uns im Gegenzug intensive Unterstützung in Form von Vertriebszusammenarbeit, Marketing- und Werbekampagnen sowie Schulungen auch in den einzelnen Niederlassungen. Dort wird zukünftig jeder Verkäufer von Bodenbelägen verstehen, wie man mit der Teppichfliesen-Karte arbeitet und verkauft. Wir nehmen auch jederzeit an Gesprächen mit wichtigen Kunden des Großhandels teil, um zu unterstützen und konkret Aufklärungsarbeit zu leisten.

BTH Heimtex: Gehen Großhandelshäuser, die kein Interesse an einer strategischen Partnerschaft haben, in Zukunft leer aus und haben keinen Zugang mehr zu Interface-Produkten?

Rödenbeck: Nein. Selbstverständlich nicht. Alle anderen können ganz normal mit uns kollektionieren wie bisher auch.

BTH Heimtex: Sie verlangen viel vom Großhandel, obwohl Sie selbst sagen, dass deren Kunden nur vereinzelt nach Teppichfliesen fragen, noch seltener konkret nach einer von Interface. Sie sind keine Marke in der dreistufigen Marktverteilung.

Rödenbeck: Das ist richtig. Wir sind nicht Anker. Vor zehn Jahren waren wir aber auch keine Marke beim Architekten. Heute sieht das anders aus. Auch der Endkunde, der Bauherr weiß heute durchaus, wer wir sind. In Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden sind wir mit dem Konzept "Interface Express" bereits im Tagesgeschäft erfolgreich aktiv.

BTH Heimtex: Gibt es denn für den Rest des Jahres noch Themen, von denen Sie schon berichten können?

Rödenbeck: Wir sind natürlich wieder auf der Orgatec Ende Oktober in Köln (siehe rechts sowie Vorbericht auf Seite 142, Anm.d.R.). Das ist unsere wichtigste Messe. Nachhaltigkeit, naturnahe Bürogestaltung, die neue Kollektion World Woven sowie unser Umzug mit der Deutschland-Zentrale innerhalb Krefelds werden die bestimmenden Themen sein auf unserem Messestand, der die Besucher wieder in die Interface-Welt einlädt.

BTH Heimtex: Wann können Ihre Kunden Sie in den neuen Geschäftsräumen in Krefeld besuchen?

Rödenbeck: Im Oktober haben wir das ehemalige Speditionshaus im Mies van der Rohe Business Park in Krefeld bezogen. Die offizielle Eröffnung ist Mitte November. Wir sind sehr glücklich am neuen Standort. Das historische Ensemble zeugt von der ehemals großen Bedeutung Krefelds als Standort der Textilindustrie, in deren Tradition wir uns sehen (siehe Kasten auf Seite 29).

Das Gespräch führte Jochen Lange. | jochen.lange@snfachpresse.de


Daten + Fakten
Interface Deutschland GmbH
Girmesgath 5 47803 Krefeld
Tel.: 02151/ 37 18-0 Fax: 02151/ 37 18-35
info-de@interface.com www.interface.com

Geschäftsführer: Jan Hasselman
Vertriebsleiter Deutschland: Nils Rödenbeck
Marketing und Presse: Anne Salditt
Anwendungstechnik: Volker Wachsmuth
Mitarbeiter: 45, davon 20 im Außendienst in Deutschland
Großhandelsquote: 30 %
Muttergesellschaft: Interface Inc.
Gründungsjahr: 1973
Konzernumsatz 2015: 1 Mrd. USD (895 Mio. EUR)
Mitarbeiter: 3.100
Europäisches Zentrallager: Scherpenzeel (NL)
Europäische Produktionsstätten: Niederlande, Irland
Produktionsmenge Europa: 14 Mio. m2
aus BTH Heimtex 10/16 (Wirtschaft)