Gebr. Sanders

Rettungsversuch unter dem Schutzschirm


Bramsche. Das Bettwaren-Unternehmen Gebr. Sanders hat am 29. September beim Amtsgericht Bersenbrück einen Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens stellen müssen. Als Grund nennt das Unternehmen die zum 30. September auslaufende Kreditlinie eines, wie es heißt, überregionalen Bankhauses, deren Verlängerung ungewiss geworden war. Tatsächlich wurde diese Kreditlinie dann auch gekappt. Dabei dürfte es sich, wie im jüngsten Konzern-Zwischenbericht erwähnt, um die Borrowing-Base-Linie der Commerzbank handeln, die eben bis zum 30. September befristet war.

Für Firmeninhaber Hans-Christian Sanders kam diese Entwicklung sehr überraschend. Im Interview mit der Haustex in der September-Ausgabe betonte Sanders noch hoffnungsfroh: "Im Kern sind wir ein solides Unternehmen mit einer guten Basis für die Zukunft." Außerdem hatte er wenige Wochen vor dieser Entscheidung nach eigenem Bekunden noch mit Verantwortlichen dieser Bank zusammen gesessen, ohne dass sich eine Änderung in der Zusammenarbeit abgezeichnet hätte.

Erst kurz vor dem 30. September legten Äußerungen der Bank den Verdacht nahe, dass die Prolongation kein Selbstgänger werden würde. Unverzüglich, so Sanders, mobilisierte er seine Mitarbeiter in der Buchhaltung, um einen Insolvenzantrag abzuwenden und die Voraussetzung eines Schutzschirmverfahrens gegenüber dem Amtsgericht belegen zu können: die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens. Trotz der Kürze der Zeit gelang dies.

Das Schutzschirmverfahren stehe Unternehmen offen, die sich in einer wirtschaftlichen Schieflage befänden, aber noch zahlungsfähig seien und positive Aussichten auf eine Sanierung hätten, teilt das Unternehmen mit. Während dieser Phase ist die Geschäftsführung voll handlungsfähig. Kurz nach dem Antrag auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung teilte das Amtsgericht Bersenbrück der Sanders-Geschäftsführung mit, dass ihm stattgegeben wurde. Das Amtsgericht Bersenbrück hat Herrn Rechtsanwalt Michael Mönig, Münster, zum vorläufigen Sachwalter ernannt. Er wird Inhaber Sanders in den kommenden drei Monaten bei seinen Sanierungsbemühungen begleiten.

Das eingeleitete Verfahren gewähre der Gesellschaft für einen Zeitraum von drei Monaten die Handlungsfähigkeit im operativen Geschäft, geschützt von Vollstreckungen und Zwangsmaßnahmen der Gläubiger, erklärt Inhaber Sanders. Er ist nach eigenen Worten sehr optimistisch, bis kurz vor Ende dieses Jahres das Unternehmen durch geeignete Maßnahmen wieder in sicheres Fahrwasser zu bringen. Der Markt beziehungsweise die Kunden hätten sich äußerst kooperativ gezeigt, um ihrerseits zum Erhalt und zur Gesundung des Unternehmens beizutragen, etwa durch eine Verkürzung von Zahlungszielen.

Ziel der anstehenden Sanierungen müsse es seitens des Unternehmens nun sein, die entstandene Schieflage zu korrigieren und die Gruppe in ihrer Unternehmensbilanz schlanker aufzustellen, berichtet der Inhaber. Es gelte, die hohen Zinslasten zu reduzieren sowie finanzielle Altlasten abzubauen. Ausdrücklich betont er, dass er dabei nicht an einen gezielten Personalabbau denke. "Das steht für mich nicht auf der Tagesordnung", so der Geschäftsführer.

Der Kurs der Sanders-Anleihe sank am Tag nach der Antragstellung auf ein Allzeit-Tief von 11,75 Euro für eine Anleihe von nominal 100 Euro. Bis Anfang Oktober berappelte sie sich wieder auf etwa 25 Euro.

Kurz darauf die nächste, zu erwartende Hiobsbotschaft: Am 22. Oktober wäre die nächste halbjährliche Zinszahlung auf die Anleihe von Gebr. Sanders fällig geworden, eine Summe von knapp einer Million Euro. Am 6. Oktober teilte das Unternehmen aber mit, dass man die Kuponzahlung aussetzen werde. Grundlage sei die Genehmigung des Amtsgerichts Bersenbrück, das dem Antrag des Unternehmens auf Einleitung eines Schutzschirmverfahrens in Eigenverwaltung stattgegeben hatte, so das Unternehmen Sanders.

Kurz vor der Beendigung der Kreditlinie veröffentlichte das Unternehmen den ungeprüften Konzern-Zwischenbericht für das erste Halbjahr 2016. Die Zahlen bestätigen nicht unbedingt den Optimismus des Firmeninhabers. Die Umsatzerlöse per 30. Juni stagnieren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 22 Millionen Euro. Der Rohertrag habe aber aufgrund eines profitableren Produktmixes um vier Prozent gesteigert werden können. Obwohl es gelungen ist, das Rohergebnis um fast 400.000 Euro auf 8,8 Millionen Euro zu verbessern, beläuft sich das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit auf -2,1 nach -1,6 Millionen Euro. Hauptursächlich dafür sind ein um 4,6 Prozent erhöhter Personalaufwand, um 400.000 gestiegene sonstige Betriebsaufwendungen und ein um 300.000 Euro verschlechtertes Zinsergebnis. Der Konzernfehlbetrag beläuft sich auf -2,2 nach -1,3 Millionen Euro. Der Cashflow nach DVFA wird mit -1,14 nach 0,03 Millionen Euro angegeben. Dabei ist es jedoch gelungen, den Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit substanziell von -4,2 auf -0,5 Millionen Euro zu verbessern.

Die Bilanzsumme verkürzte sich in den ersten sechs Monaten von 52,4 auf 50,3 Millionen Euro. Wesentliche Veränderungen auf der Aktiv-Seite sind einerseits die Erhöhung der Forderungen und sonstigen Vermögensgegenstände um rund 400.000 Euro auf 3,5 Millionen Euro, andererseits die Verringerung des Kassenbestandes um rund 1,4 auf 0,7 Millionen Euro. Auf der Passiv-Seite sanken die Rücklagen von 7,0 auf 4,8 Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten stiegen leicht auf 38,4 Millionen Euro.

Die Zahl der Mitarbeiter sank von 656 auf 636, im Wesentlichen verursacht in den Werken in der Ukraine.

Nicht geholfen haben dürfte dem Unternehmen ein Maschinendefekt beziehungsweise ein durch Überspannung ausgelöster Brand in der Ausrüstung in Bramsche. Dazu kam es dem Zwischenbericht zufolge zu Produktionsausfällen im August und September. Diese gelte es aufzuholen, heißt es. Derzeit würden Gespräche mit den Versicherungen hinsichtlich des Sach- und Betriebsunterbrechungs-Schadens geführt.

Hoffnungsfroh heißt es im Zwischenbericht, dass man sich um eine sinnvolle Weiterentwicklung der Passivseite bemühe, also der Verbindlichkeiten. Dies könne nur im Gesamtkontext der Anleihe darstellbar sein. Vor diesem Hintergrund erwarte man eine Verlängerung der demnächst auslaufenden Kreditlinien. Diese Erwartung wurde enttäuscht, wie man jetzt weiß. Ursprünglich erwartete man ein Wachstum auf 58 Millionen Euro Bruttoerlöse, nach 53,5 Millionen Euro 2015.

Als Addendum fügte Marketing-Leiter Peter Andres dem Zwischenbericht am 30. September an, dass aufgrund des Schutzschirmverfahrens materielle Veränderungen in der Bilanz nicht auszuschließen seien: "Über aktuelle Zahlen wird bei Bedarf und zu gegebener Zeit neu berichtet."

Nächster Meilenstein ist der 22. Oktober. Dann ist die nächste Zinszahlung auf die 22-Millionen-Anleihe fällig, eine knappe Million Euro.
aus Haustex 10/16 (Wirtschaft)