Sleepz, Berlin/Ludwigsfelde

Ein Fachgeschäft mitten in der Hauptstadt, die verlängerte Ladentheke auf dem Land


Berlin. Mit einem stationären Fachgeschäft im Zentrum von Berlin hat Youssef Hassan sein Online-Angebot vor einem Jahr erfolgreich ergänzt. Sleepz profitiert dabei von einer frequenzstarken Lage und verbindet die Beratung im Geschäft mit dem großen Sortiment, das für die Internetangebote des Multichannel-Unternehmens in einem Lager in Ludwigsfelde vorgehalten wird.

Wer aus dem Online-Geschäft kommt, hat es stationär leichter als umgekehrt." Youssef Hassan muss es wissen: Er ist diesen Weg gegangen und seit Ende 2013 mit zwei Schlafportalen im Netz. Im Herbst 2015 kam in Berlin ein 600 Quadratmeter großer Showroom hinzu. Das war kein Zufall: "Ein stationäres Geschäft war von Beginn an eine gesetzte Option", erzählt der Unternehmer, der 1986 mit seinen Eltern aus dem Libanon nach Deutschland flüchtete.

Hassan machte sich 2003 selbstständig, heute beschäftigt er 33 Mitarbeiter und macht rund 6,4 Millionen Euro Umsatz. Ein langer Weg für den gelernten Groß- und Außenhandelskaufmann, der im Münsterland groß geworden ist und BWL mit Schwerpunkt Marketing studiert hat.

Gegründet wurde die Sleepz GmbH 2012 unter dem Dach der BMP Holding, die 66,2 Prozent am Unternehmen hält. Youssef Hassan ist nicht nur Geschäftsführer von Sleepz, sondern auch Investor, der sich mit seinem Unternehmen OVL in die Firma einbrachte: "Ich jongliere nicht nur mit dem Geld von anderen, sondern hänge selbst mit drin." Ein kleiner Seitenhieb auf die zahlreichen jungen Matratzen-Anbieter. "Bisher liefen wir Onliner unter dem Radar des Marktes. Durch die Start-ups wird der Markt aufgemischt, auch finanziell."

Hassan steht für die "alte kaufmännische Schule", wie er sagt, das schnelle Geschäft interessiert ihn nicht. "Wäre der Name Rocket gefallen, hätte ich die Finger davon gelassen", sagt er mit Blick auf die Berliner Samwer-Brüder, die Unternehmen wie Home24, Westwing und Zalando an den Start gebracht haben. "Das Ziel von Sleepz ist in jeder Hinsicht Nachhaltigkeit", grenzt Hassan sich ab. "Das gilt für die Preise, die Marge und den Profit für die Gesellschafter."

Sleepz will sich anders positionieren und die Vorteile des stationären Handels mit denen eines Online-Shops verbinden. "Wir können unten und oben bedienen und verstehen uns als Vollsortimenter", so Hassan. Mit dem Showroom im Herzen der Hauptstadt erhalten die Kunden eine persönliche Anlaufstelle, in der sie fachkundige Ansprechpartner vorfinden und auf vielen Matratzen, Lattenrosten und Betten Probe liegen können. Das Ladenlokal liegt an einer gut frequentierten Straßenecke zwischen Checkpoint Charlie und Finanzministerium. Wer hier an der Ampel steht, nimmt gleichzeitig die Schaufenster von Sleepz und die Internetadresse von perfekt-schlafen.de wahr.

Auf 600 Quadratmetern präsentiert Sleepz das klassische Angebot eines Bettenfachhändlers. Store-Manager Robert Held kam vom KaDeWe und weiß, worauf es im stationären Verkauf ankommt. Textile Sortimente werden als Frequenzbringer gleich im Eingangsbereich in Szene gesetzt, wo neben einem Regal mit Kissen und Plaids der Marke Pad auch die Bettwäsche von Marc OPolo ihren Auftritt hat. Das Matratzenangebot umfasst Namen wie Tempur, Irisette, Röwa, Technogel, Swissflex oder Grafenfels. Rummel und Schlaraffia kommen aktuell hinzu, Boxspringbetten von Brinkhaus sollen bald folgen. Mit Fey und Stearns & Foster ist das Angebot aber auch hier schon prominent besetzt. Bettgestelle, Bettwäsche und Bettwaren sind ebenfalls in breiter Auswahl vorhanden.

Ein Messsystem sucht man im Geschäft allerdings vergeblich. "Wir wollen keine Abhängigkeit von einer Marke schaffen", lautet Hassans Begründung. Beim Service grenzt er sich von den Versprechungen der Start-ups bewusst ab und bietet online wie stationär die vorgeschriebenen Möglichkeiten des Widerrufrechts, aber beispielsweise kein 100-tägiges Probeschlafen: "Wer erst nach drei Monaten spürt, dass eine Matratze nichts für ihn ist, hat schon vorher etwas falsch gemacht", ist er sicher.

Der Kauf einer Matratze, eines Lattenrosts oder einer Bettdecke habe viel mit Vertrauen zu tun. "Kunden müssen sich kompetent und ehrlich beraten fühlen, denn für einen guten Schlaf braucht jeder Mensch perfekt auf seine individuellen Bedürfnisse abgestimmte Produkte", betont Hassan. "Gleichzeitig soll ein Einkauf möglichst schnell und unkompliziert funktionieren - und natürlich zu den besten Preisen."

Spätestens hier kommt der Online-Shop ins Spiel, der mitsamt seiner Logistik hinter all dem steckt, was Sleepz heute ausmacht. Durch das Lager im brandenburgischen Ludwigsfelde nahe Berlin ist Hassan in der Lage, auch für stationäre Kunden ein besonders umfangreiches Sortiment vorzuhalten. "Das ist unsere verlängerte Ladentheke. Auf diese Weise profitieren unsere Kunden im Geschäft vom unmittelbaren Erlebnis einer professionellen Beratung sowie einer ungewöhnlich großen und gleichzeitig schnell verfügbaren Auswahl unterschiedlichster Modelle und Ausführungen."

Diese Multi-Channel-Strategie sieht Hassan als innovativen Schritt auf die Kunden zu. "Wir wollen den Kauf einer Matratze für den Kunden zu einem durchweg positiven Erlebnis machen, an dessen Ende sich alle Schlafprobleme zu einem fairen Preis lösen lassen - und das auf allen zur Verfügung stehenden Verkaufs-Kanälen", erklärt der Händler.

Zur Umsetzung seines Konzeptes hat sich Hassan die Garant-Gruppe als Partner gesucht. "Ich war lange Zeit gegen eine Verbandsmitgliedschaft, um mir meine Unabhängigkeit zu bewahren", erzählt er. Doch gerade beim Umbau des Berliner Geschäftes habe er sehr viel Unterstützung erfahren. Hier arbeiten jetzt drei Verkäufer sowie eine Aushilfe.

Unterstützung holte sich Hassan auch beim Frühphasenfonds des Landes Brandenburg. Initiiert vom Wirtschaftsministeriums und der Investitionsbank des Landes Brandenburg richtet er sich an junge, innovative und kleine Unternehmen, deren Liquidität und Eigenkapitalbasis in der Frühphase gestärkt werden sollen. So konnte er in Ludwigsfelde ein Lager einrichten, von dem aus die Logistik und der Vertrieb abgewickelt werden, aber auch Kundenservice, Einkauf und Finanzen. Vorteil für das Land: Die Arbeitsplätze wurden in Brandenburg geschaffen.

Und dort sollen sie auch langfristig gesichert werden. "Noch arbeiten wir defizitär, aber 2017 wollen wir den Turnaround schaffen", gibt sich Youssef Hassan optimistisch. Den Matratzenmarkt beobachtet er zwar mit einer gewissen Sorge und sagt, dass er mit der Entwicklung der Start-ups "in dieser Geschwindigkeit nicht gerechnet" hat, die TV-Vermarktung ebenso mit sich bringt wie beispielsweise zwei große Casper-Werbeflächen direkt vor seinem Laden.

Trotzdem ist Hassan niemand, der sich einschüchtern ließe. "Momentan suche ich Leute, die in der Lage sind, unser Konzept zu vervielfältigen." Eine Präsenz in den 20 größten Städten Deutschlands könne er sich vorstellen, allerdings nicht als Franchisesystem. "Das", so Hassan, "wollen wir schon selber machen."
aus Haustex 11/16 (Wirtschaft)