Nachgefragt bei Gert Bauerfeind

"Dämmung hängt nicht nur von der Materialdicke ab"


Im Selit-Hauptwerk in Erbes-Büdesheim werden in einem modern ausgestatteten Prüflabor alle wichtigen Eigenschaften des Gesamtsystems von Oberbelag und Unterboden getestet und verbessert. Parkett Magazin befragte Gert Bauerfeind, Laborleiter und Produktmanager bei Selit, über die aktuellen Entwicklungen.

Parkett Magazin: Was ist der Unterschied zwischen Unterlagen für Laminat- und Vinylbeläge?

Gert Bauerfeind: Laminatböden sind relativ starr und haben eine hohe Lastverteilung. Elastische Vinylböden dagegen leiten eine punktuelle Belastung nach unten weiter. Daher müssen ihre Unterlagen fester sein. Diese Eigenschaft könnte zu Lasten anderer Anforderungen gehen und muss durch gute Produktentwicklung ausgeglichen werden.

Warum verarbeiten Sie nur Polystyrol?

Wir benötigen bei Unterlagen eine Balance zwischen steifen und elastischen Eigenschaften. Andere Schaumstoffe sind eher fest oder geben unter Belastung schneller nach. Polystyrol kombiniert beides und ist besser geeignet, wenn man die Formulierung richtig einstellt.

Und warum keine mineralstoffgefüllten Unterlagen?

Die haben zwar zum Teil durchaus hohe Druckfestigkeiten, aber der elastische Anteil ist zu gering. Mit dem sogenannten Twin-Foam bekommt der Kunde unserer Ansicht nach eine vielseitige Wunschunterlage, weil hier sogar zwei unterschiedliche Schaumlagen in einem Produkt vereint sind.

Wie dick sollten Unterlagen für die verschiedenen Anwendungen eigentlich sein?

Dicken des Materials haben nur mit Wärmedämmung und Ausgleichsfähigkeit zu tun. Für Schalldämmung gibt es in dieser Hinsicht und auch in Bezug auf das Material keine nachgewiesenen Zusammenhänge. Vergleiche gelten, wenn überhaupt, immer nur innerhalb einer Produktgruppe. Unsere Vinylbodenunterlagen liegen zwischen 1-1,5 mm Dicke und Laminatunterlagen fangen bei 1,6 mm an, können auch 5 mm dick sein oder für thermische Dämmzwecke sogar 10 mm erreichen.

Sie testen im Prüflabor eigene und fremde Produkte. Was wird da in erster Linie geprüft?

Es geht um eine ganze Reihe verschiedener Eigenschaften. Bei den mechanischen Prüfungen wird die Druckfestigkeit für temporäre wie auch für dauerhafte Lasten - wie es etwa bei Möbeln der Fall ist - getestet. Aber bei der Prüfung der Ausgleichsfähigkeit für punktuelle Unebenheiten oder auch beim sogenannten Kugelfalltest auf dem Laminatboden sind elastische Bestandteile einer Unterlage notwendig, um gute Ergebnisse zu erreichen. Hier gilt es, eine gute Balance zwischen druckfest und elastisch zu erreichen. Neben den mechanischen Prüfungen führen wir aber auch akustische Tests durch. Die Tritt- und Gehschalldämmung liefert hier wichtige Messwerte. Weitere übliche Prüfungen sind Brandklassen-Prüfungen, Stuhlrollentest, Wasserdampfdurchlässigkeit, Wasseraufnahme und einige andere.

Und soll eine Unterlage noch mehr können?

Neue Ideen kommen ständig. Wir stellen uns zum Beispiel die Frage, ob eine Unterlage der klimabedingten Ausdehnung eines Oberbodens entgegen wirken könnte. Wir vermuten, dass sich mit größerer Länge der Laminatdielen auch das Ausdehnungsverhalten ändert. Es ist auf jeden Fall nicht linear. Dazu haben wir schon Untersuchungen vom TÜV machen lassen. Lösungen sind aber noch nicht spruchreif.

Am Ende wünschen sich Industrie und Handel nachvollziehbare Normen - auch für Unterlagen.

Das ist richtig. Daher sind wir an der Normengebung auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene beteiligt. Für Bodenbeläge gibt es solche Regelungen schon lange. Für Verlegeunterlagen aber noch nicht. Da bestehen zwar technische Spezifikationen, aber eine Produktnorm existiert bisher nur als Entwurf.
aus Parkett Magazin 06/16 (Wirtschaft)