Der interessante Schadensfall: Dunkelvergilbung auf weiß geölter Eiche

Weißes bleibt nicht weiß


Der Sachverständige Dieter Humm berichtete auf dem diesjährigen ZVPF-Sachverständigentag in Kassel von einer Reklamation wegen Dunkelvergilbungen auf weiß geölten Eiche-Landhausdielen. Neben der Ursache für diesen Effekt ging es auch um die Frage, ob es sich um einen schadensersatzpflichtigen Mangel handelt oder nicht.

Nach Fertigstellung eines exklusiven Mehrfamilienhauses in Salzburg nutzte der Investor eine der zum Verkauf stehenden Einheiten über mehrere Monate hinweg als Musterwohnung für Besichtigungen. In den Wohnräumen der Musterwohnung waren durchgängig weiß geölte Eiche-Landhausdielen verlegt worden. Um einen attraktiven Eindruck bei potentiellen Käufern zu wecken, wurden die Räumlichkeiten mit verschiedenen Möbeln und Einrichtungsgegenständen dekoriert.

Als schließlich nach etwa einem halben Jahr die Musterwohnung verkauft werden sollte, wurde festgestellt, dass einige Bereiche des Holzbodens optisch nicht mehr gekalkt weiß wirkten, sondern vielmehr einen Farbton wie normal geölte Eiche aufwiesen. Die Verfärbung trat deutlich sichtbar überall dort auf, wo der Fußboden zuvor durch Gegenstände abgedeckt war bzw. kein Tageslicht auftreffen konnte: Unter Teppichen, Vasen und anderen Möblierungen sowie in einer fensterlosen Abstellkammer war von dem gewünschten Weiß-Effekt nichts mehr zu sehen.
Wegen der veränderten Optik reklamierte der Investor den Eiche-Landhausdielenboden bei der Baugesellschaft, von der er die Wohnung hatte erstellen lassen. Es stellte sich die Frage, inwiefern der Investor einen solchen Effekt hinnehmen muss. Um mögliche Ansprüche gegen die Baufirma und den Parketthersteller, der die Verlegung auch selbst ausgeführt hatte, besser einschätzen zu können, sollte zunächst die genaue Ursache für die Erscheinung geklärt werden. Ein Sachverständiger wurde hinzugezogen.

Ursache

Als Ursachen für Verfärbungen kommen grundsätzlich mehrere Möglichkeiten in Frage. Außer Lichteinflüssen können dies Wechselwirkungen mit Teppichbodenrücken, fehlerhafte Pigmente, Nutzerverhalten oder durch das Öl selbst hervorgerufene Auswirkungen sein. Im vorliegenden Fall kam der Sachverständige nach Besichtigung des Objektes zu dem Schluss, dass es sich um eine Dunkelvergilbung von Ölen handelte. Dieser Effekt kann auftreten, wenn Holzoberflächen nach der Ölbeschichtung vom Tageslicht abgeschirmt werden.
Zurückzuführen ist das Phänomen darauf, dass die ölbasierten Bindemittel in pigmentierten Ölen und Lacken durch Lichteinwirkung eine Strukturveränderung erfahren, die als Farbänderung sichtbar wird. Eine transparente Ölbeschichtung wird in der Folge gelblich und die eingebundenen Weißpigmente werden dadurch optisch überlagert. Es handelt sich also weder um eine chemische Veränderung noch um einen Mangel bei den Weißpigmenten. So kann sich dieser Vergilbungseffekt auch zurückbilden, wenn die Lichteinwirkung wiederhergestellt wird.

Bewertung

Bei der Bewertung der Dunkelvergilbung ist zu berücksichtigen, dass Öle auf Licht nicht mit der gleichen Intensität reagieren. Besonders intensiv reagieren Beschichtungen mit einem hohen Leinölanteil. Wenn also eine weißpigmentierte Beschichtung einen erheblichen Leinölanteil im Bindemittel enthält, ist die optische Beeinträchtigung vorhersehbar. Weil die Hersteller diese negative Wechselwirkung kennen, werden üblicherweise Weißpigmente mit weniger zur Vergilbung neigenden Bindemitteln kombiniert.

Daher kommt die Branche allgemein zu guten Ergebnissen. Die durch einen hohen Leinölanteil verursachten Auffälligkeiten sind also vermeidbar und müssen üblicherweise nicht erwartet werden. Es ist Aufgabe des Sachverständigen, die üblichen und unvermeidbaren
Farbveränderungen, die bei Naturprodukten auftreten, von vermeidbaren Beeinträchtigungen abzugrenzen.

Ergebnis

Im vorliegenden Fall war die Abstimmung von Bindemittel und Pigmenten nicht ordnungsgemäß erfolgt. Man einigte sich auf die Sanierung der gesamten Oberfläche des bemängelten Dielenfußbodens. Das weiß pigmentierte Öl wurde mit einem abrasiven Pad von der leicht gebürsteten Oberfläche abgetragen, bevor ein Neuauftrag mit einem anderen Produkt erfolgen konnte. Insgesamt gestalteten sich die Arbeiten äußerst schwierig. Nicht zuletzt das Engagement des Ölherstellers führte schließlich zu einem zufrieden stellenden Ergebnis.

Blieb noch die Frage nach der Schadensersatzpflicht. Muss der Verkäufer, wenn der Käufer eine weiß geölte Landhausdiele erworben hat, auch eine weiß bleibende Landhausdiele gewährleisten? Ausführungen in der Baubeschreibung können hierzu im Zweifelsfall aufschlussreich sein. Ob es sich um einen vorwerfbaren Mangel handelte oder nicht, bedürfte noch der rechtlichen Würdigung. In diesem Fall folgten beide Parteien der Empfehlung des Sachverständigen, der ihnen geraten hatte, sich einvernehmlich zu einigen.
aus Parkett Magazin 06/16 (Handwerk)