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Streitfall Stundenlohn: Ohne Vereinbarung keine Vergütung

Ohne eine Stundenlohnvereinbarung erhält der Auftragnehmer keine Vergütung für erbrachte Verlegearbeiten, selbst dann, wenn die Bauleitung zur Anordnung von Stundenlohnarbeiten -bevollmächtigt war. Voraussetzung ist immer ein Vertrag, der zwischen dem Auftraggeber und dem Verlegebetrieb abgeschlossen werden muss.

Sachverhalt

Ein Bodenleger stellte vor der Verlegung eines Bodenbelags fest, dass noch erhebliche Vorleistungen zu erbringen waren. Er hatte mit seinem Auftragnehmer einen Vertrag geschlossen, in dem geregelt war, dass Stundenlohnarbeiten nur auf Anordnung der Bauleitung durchzuführen sind. Der Bodenleger sprach den Bauleiter an und dieser ordnete daraufhin die Stundenlohnarbeiten an. Der angestellte Bauleiter nahm die Stundenlohnzettel in Empfang und prüfte sie. Die späteren Rechnungen enthielten die aufgeführten Stundenlohnarbeiten, die der Bauleiter als fachlich und rechnerisch richtig überprüft hatte. Dennoch verweigerte der Auftraggeber die Bezahlung. Er behauptete, dass eine ausdrückliche Beauftragung (ein Vertrag zur Ausführung von Stundenlohnarbeiten) nicht vorgelegen habe. Der Bodenleger war der Meinung, dass der Vertrag durch die Anordnung des Bauleiters Stundenlohnarbeiten zu erbringen, erfolgt sei.

Urteil

Das Oberlandesgericht hat die Klage auf Bezahlung der Stundenlohnarbeiten abgewiesen. Der Bodenleger erhielt kein Geld.

Eine Voraussetzung für die Bezahlung der Stundenlöhne ist (nach §2Abs.10 in Verbindung mit §15 Abs.1 VOB/B) eine Stundenlohnvereinbarung. Das heißt, sowohl der Auftraggeber wie auch der Bodenlegerbetrieb müssen über die Leistung von Stundenlohnarbeiten eine vertragliche Vereinbarung schließen. Der Auftraggeber hat mit dem Bodenleger keinen Vertrag über die Ausführung von Stundenlohnarbeiten abgeschlossen. Es liegt also keine vertragliche Vereinbarung vor. Die Anordnung von Stundenlohnarbeiten durch den Bauleiter ersetzt diese vertragliche Vereinbarung nicht. Der Bauleiter war lediglich bevollmächtigt, Stundenlohnarbeiten anzuordnen. Allerdings ist der Bauleiter kein Vertreter des Bauherrn. Er durfte einen solchen Vertrag nicht abschließen und hat dies auch nicht getan. Der Bauleiter hätte die Stundenlohnarbeiten erst anordnen dürfen, nachdem zuvor bereits ein Vertrag abgeschlossen worden war.

Praxistipp

Dass ein Bauleiter Stundenlohnarbeiten anordnen darf, heißt nicht, dass auch Stundenlohnarbeiten ausgeführt werden dürfen. Voraussetzung ist immer ein Vertrag, der direkt zwischen dem Auftraggeber und dem ausführenden Unternehmer abgeschlossen werden muss. Stundenlohnarbeiten wirken für viele Unternehmer magisch, da lediglich die Tätigkeiten aufgeschrieben werden müssen und der Aufwand nach Stunden abgerechnet wird. Tatsächlich wird bei keiner anderen Leistungsposition so viel Geld verloren wie in diesem Fall. Kommt es zum Streit, zieht der Auftragnehmer vor Gericht oft den Kürzeren, die Leistungen werden nicht vergütet.

Bei Stundenlohnarbeiten nach VOB/B ist Folgendes zu beachten:

1. Es muss ein Vertrag über die Ausführung von Stundenlohnarbeiten abgeschlossen sein. Vor dem Beginn von Stundenlohnarbeiten müssen diese vertraglich vereinbart sein. Weil Stundenlohnarbeiten für beide Parteien mit einem erheblichen Risiko behaftet sind, hat die VOB besondere Pflichten bei der Durchführung von Stundenlohnarbeiten gesetzt.

2. Dem Auftraggeber ist die Ausführung von Stundenlohnarbeiten vor Beginn anzuzeigen. Nach dem Abschluss eines Vertrags für Stundenlohnarbeiten muss dem Auftraggeber vor Beginn der Arbeiten angezeigt werden, dass diese ausgeführt werden. Diese Anzeige soll dazu dienen, dass der Auftraggeber die Ausführung und den Umfang der Arbeiten kontrollieren kann. Diese Anzeigepflicht entfällt natürlich, wenn der Auftraggeber ohnehin über den Beginn der Arbeiten informiert ist.

3. Der Unternehmer hat einen Stundenlohnzettel zu erstellen. Auf diesem müssen folgende Angaben vorhanden sein:

a) Name und Qualifikation des Mitarbeiters
b) Welche Arbeiten ausgeführt wurden
c) Zeitaufwand, Datum und genaue Zeitangabe (Uhrzeit)
d) Materialaufwand, in einzelnen Positionen (kein pauschaler Aufschlag)
e) Aufwand für Geräte, Maschinen, Gerüste, Fracht und Transportkosten

4. Der Unternehmer hat die geleisteten Arbeitsstunden je nach Verkehrssitte täglich oder wöchentlich einzureichen. Eine Verletzung der Vorlagepflicht führt nicht zum Verlust der Vergütungsansprüche, aber sie werden erschwert.

5. Der Auftraggeber hat die von ihm bescheinigten Stundenlohnzettel innerhalb von sechs Werktagen nach Zugang zurückzugeben. Die Frist beginnt mit Zugang der Stundenlohnzettel beim Auftraggeber. Reicht der Auftraggeber die Stundenlohnzettel nicht rechtzeitig zurück, gelten diese als anerkannt. Es ist dabei egal, ob die Stundenlohnzettel überhaupt nicht oder nur verspätet zurückgegeben werden. Die Stundenlohnzettel sind dann so zu behandeln wie Stundenlohnzettel, die rechtzeitig ohne Beanstandung zurückgegeben worden sind.

Der Auftraggeber kann bei bei einem anerkannten Stundenzettel nur noch einwenden, dass eine wirksame Stundenlohnvereinbarung (Vertrag) fehlt.

6. Beanstandungen muss der Auftraggeber "schriftlich" erheben. Die Einwendungen gegen die Stunden müssen möglichst konkret dargelegt sein. Ein reines Durchstreichen der Stunden reicht dabei nicht aus. Der Auftraggeber muss also jeweils einen Grund angeben, wenn er Leistungen nicht anerkennt.

7. Der Unternehmer hat die Stundenlohnrechnung zwar nicht sofort, jedoch beschleunigt anzufertigen und einzureichen. In der Regel wird eine Frist von vier Wochen als Höchstfrist angesehen.

Fazit: Die Durchführung von Stundenlohnarbeiten ist nicht ganz so einfach, wie dies oft in der Praxis gehandhabt wird. Wenn ein Betrieb sich an alle Regeln hält, sind die Stundenlohnarbeiten in voller Höhe durch den Auftraggeber zu vergüten und auch im Klageweg durchsetzbar.
aus FussbodenTechnik 01/17 (Recht)