Interview mit Ansgar Igelbrink, Bauwerk Boen-Gruppe

"Wir müssen für die Land-hausdiele den Preis verlangen, den das Produkt wert ist"


Der deutsche Parkettmarkt hat sich belebt, aber Versorgungsengpässe mit dem Bestseller Eiche und knappe Kapazitäten im Handwerk dämpfen die Stimmung in der Branche. Preiserhöhungen scheinen unausweichlich - oder? Parkett Magazin befragte Ansgar Igelbrink, der als Senior Vice President der Bauwerk Boen-Gruppe und VDP-Vorstandsmitglied die Lage sowohl aus Industrie-, als auch aus Verbandssicht kennt.

Parkett Magazin: Herr Igelbrink, die Baukonjunktur boomt, der europäische Industrieverband FEP meldet für das erste Halbjahr ein Plus von 3 % beim Parkettabsatz in Deutschland - eigentlich müsste die Parkettwelt also gerade in Ordnung sein. Doch die FEP deutet zugleich an, dass die Situation auf dem deutschen Markt schwieriger wird ...

Ansgar Igelbrink: Dieses Wachstum in Deutschland ist definitiv vorhanden. Problematisch ist allerdings, dass Handwerker fehlen. Dort herrscht momentan ein Engpass. Unsere Kunden haben die Auftragsbücher voll, können aber keine weiteren Aufträge generieren.

Das heißt, der steigende Parkettabsatz kommt Ihnen einerseits zu Gute, andererseits drosselt er Ihnen rückwärts das Geschäft wieder ab?

Sozusagen. Wir nennen das Wachstumsschmerzen. Im Moment gibt es viele Projekte, die Geschäfte laufen gut, doch die Kapazitäten an Parkettlegern sind begrenzt. Ansonsten wäre noch mehr Wachstum möglich.

Lässt sich das entzerren, bzw. die Spitzen verteilen?

Saisonale Schwankungen gab es schon immer. Aber in der Form, wie wir sie früher kannten, sind sie Geschichte. Es gibt keine Algorithmen mehr, auf die man sich verlassen kann. Das Wachstum wird sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Wir müssen Wege finden, wie wir es mit den vorhandenen Handwerkern bewältigen können.

Haben Sie dafür schon Ideen?

Es gibt ja bereits Initiativen, die das Handwerk stärken sollen. Grundsätzlich sind wir jedoch darauf angewiesen, dass die Parkettleger ihre personellen Kapazitäten anpassen.

Wäre die steigende Gruppe der werkstattlosen Handwerker oder mobilen Generalisten ein Ausweg?

Für uns als Bauwerk nicht. Wir setzen auf den Parkettleger, der auch den Markentransport übernimmt, Mehrwert im Verkauf generiert und in den Vertrieb investiert. In dieser Hinsicht sind die mobilen Handwerker unkalkulierbar. Ich will ihnen nicht absprechen, dass sie Parkett verlegen können, aber eine seriöse Objektabwicklung ist über diesen Weg nicht möglich.

Regional sind inzwischen gute Netzwerke zwischen Investoren, Objekteuren und Parkettlegern entstanden. Es ist wichtig, dass sich zwischen diesen Beteiligten langfristige Vertrauensverhältnisse aufbauen. Natürlich kann der regionale bzw. lokale Objekteur oder Parkettleger mit Subunternehmern arbeiten - aber er steht dafür in der Verantwortung.

Bauwerk fördert diese Netzwerke durch intensive Kontakte zu Architekten, Investoren und Bauträgern ...

Ja, wir treten frühzeitig an Investoren heran, um ihnen jenseits des reinen Preisfaktors die Werte unserer Produkte zu vermitteln. Investoren selber wollen auch ihr Endprodukt Wohnung mit Mehrwerten wie Markenprodukten vermarkten und verkaufen. Dieses Jahr ist der Preis allerdings ein Thema, weil wir auf der Rohstoffseite in den letzten Monaten eine weitere Verknappung erleben.

Die ohnehin schon angespannte Versorgungslage beim Bestseller Eiche hat sich also noch weiter zugespitzt?

Verfügbarkeiten sind schon vorhanden - das regelt sich über den Preis. Als Parketthersteller muss man sich genau überlegen, wie viel man bereit ist zu zahlen. Letztlich haben wir uns als Parkettindustrie die aktuelle Situation selbst zuzuschreiben: Wir haben die Landhausdiele viel zu günstig in den Markt hineingepresst. Das hat der Landhausdiele die höchsten Wachstumsraten beschert, weil sie dem Endkunden gefällt. Das ist nun im Rohstoffmarkt angekommen und die Konsequenz sind deutliche Preis-
erhöhungen bei den großen Formaten. Wir werden diese auch direkt weitergeben.

Das sind selbstkritische Worte.

Ja, wir müssen für die Landhausdiele endlich wieder den richtigen Preis verlangen, der dem Wert des Produktes entspricht. Es führt doch zu nichts, wenn wir genauso günstig sein wollen wie unsere Kopien. Unsere Positionierung im Markt kann sich nur verbessern, wenn wir das hochwertige Parkett endlich adäquat bepreisen.

Um wie viel hat sich der Rohstoff Eiche verteuert und wieweit ziehen Sie bei Bauwerk die Preise an?

Auf der Einkaufsseite haben wir Preissteigerungen bis zu 30 %. Diese wirken sich natürlich nicht in vollem Umfang auf das Endprodukt aus, weil sie hauptsächlich die Decklamellen betreffen. Wir werden Preiserhöhungen bis zu 10 % ansetzen und diese auch durchsetzen. Im letzten Jahr konnten wir einige Aufträge nicht bedienen, weil wir die Menge nicht zur Verfügung hatten. Das wird sich nun über den Preis normalisieren. Die Preiserhöhung stellt auch die Wertigkeit des Parkettbodens wieder ins rechte Licht.

Preiserhöhungen sind ein Mittel. Das Umschwenken auf andere Holzarten oder kleinere Formate mit weniger Materialverbrauch als Landhausdielen wären andere Optionen. Sehen Sie dafür allmählich Chancen?

Bei Bauwerk haben wir mit unserer Formpark-Kollektion die Musterverlegung vorangebracht und immer für fest verklebtes Parkett und Musterverlegungen geworben, um die handwerkliche Leistung zu profilieren und uns von Klick-Produkten abzugrenzen. Leider gibt es momentan keine Alternative zur Eiche-Optik. Der Endkunde möchte den Eichenlook, den Farbton in Varianten von pur bis weiß pigmentiert, und er möchte die großzügige Optik der Landhausdiele.

Wir verfügen über alternative Produkte. Wir haben neue Holzarten vorgestellt bzw. bekannte reaktiviert, etwa die Esche oder die Buche. Aber es dauert sehr lange, eine Trendwende herbeizuführen. Letztlich kann das auch über die Spreizung des Preises erfolgen. Wenn die Rohware begrenzt ist und das Endprodukt immer teurer wird, entscheidet irgendwann das Budget und andere Optiken werden interessanter. | Das Gespräch führte Claudia Weidt
aus Parkett Magazin 01/17 (Wirtschaft)